Bäume - heilig & heilsam -  Carsten Kiehne

Bäume - heilig & heilsam (eBook)

in Sagen, Mythen & Brauchtum
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2020 | 1. Auflage
220 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-7576-4 (ISBN)
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Der Titel >Bäume - heilig und heilsam< besagt: Unsere Vorfahren betrachteten Bäume - jene Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt, wie Khalil Gibran es ausdrückte - keineswegs als leblose Holzlieferanten! Unsere Ahnen erzählten sich Mythen und Sagen vom Weltenbaum Yggdrasil, davon, wie wir mit der Eibe Runen kennen und damit orakeln lernen, warum die Hasel- und Walnuss beim Wünschen hilft, wie man mit der Buche das Kommunizieren erfand, wie man mit Eichen und Linden - unter denen man einst zu Gericht saß - gute Entscheidungen fällt, wie Weiden beim Trauern helfen und dabei unterstützen, Sorgen und Ängste loszulassen, auf welchem Wege man seine Krankheit an den Holunder übergibt und wie ein Apfelbaum das Schicksal ihm verbundener Menschen beeinflusste. Bäume begleiten unser ganzes Leben, von der Wiege bis zum Sarg. In jedem Fest war er einst der Mittelpunkt und ist es als Mai- oder Weihnachtsbaum bis heute. Nicht auszudenken, er würde fehlen: Kaum Obst, kein Bau- oder Streichholz, kein Buch- oder Klopapier und keine Luft zum Atmen! Die Mythen, Sagen und Bräuche erzählen vom geheimen Leben der Bäume (das auch Peter Wohlleben fasziniert) und lassen uns darüber staunen, wie viel unsere Vorfahren von den Wundern dieser Welt erahnten. Geheimnisse nämlich, die die Wissenschaft jetzt erst aufdeckt: Bäume haben ein Gedächtnis, fühlen sich wertschätzenden Menschen verbunden und können allein durch ihre Essenz heilen. Waldbaden ist keine neue Erfindung. Begleite den Sagenerzähler Carsten Kiehne beim Pilgern auf alten Pfaden!

Carsten Kiehne, einer der mittlerweile bekanntesten deutschen Sagenerzähler, forscht seit vielen Jahren zu den Themen >Sinn der Sagen<, >Heilkraft in den Sagen- und Märchenbildern< und >Kraftorte im Harz<. Den rennomierten Autor und Herausgeber über 20 Sagenbücher wie zum Beispiel >Die bekanntesten Sagen aus dem Ostharz und ihre geheime Bedeutung<, >Kräutersagen aus dem Harz< und >Sagenhaftes Glück< kennt man auch aus Funk und Fernsehen. Als Initiator der Interessensinitiative Sagenhafter Harz bietet er Workshops und Führungen zum Thema, sowie eine einjährige Erzählerausbildung an.

Warum die Bäume nicht reden


Früher, da konnten es die Bäume noch, doch sie plapperten nicht wie Menschen, sie sprachen nur, wenn es nottat, was aber den Holzhauern auch arg zusetzte. Ging nämlich einer in den Wald, um einen Baum zu schlagen und setzte seine Axt zum Beispiel an einer Tanne an, so schrie sie gleich: „Haue nicht mich, ich bitte dich, siehst du nicht, welch zähe Tränen mein Körper weint? Schlägst du mich, wird es dir übel ergehen!“ Wollte er aber eine Fichte schlagen, rief das Holz: „Hohoho, was willst du mit mir? Mein Fleisch ist knorkelig und astübersät, du wirst mit mir schwer zu schaffen haben!“ Ging er aber mit erhobenem Beil zu einer Erle, jammerte diese schon von Weitem: „Wehe dir, du schlägst dein Beil in mein Fleisch. Ich blute aus meinem Herzen heraus, verfärbe das Holz und verschmiere dir die Axt!“ – Da ließ der Holzfäller vom Vorhaben ab, verließ den Hain und begegnete am Waldrand dem Herrn Jesus, der ihn fragte, was ihm den so zu schaffen mache? Als der Mann alles erzählt hatte, sprach der Herr: „Geh ruhig wieder hinein und schlage ab, was du willst. Ich werde den Bäumen verbieten zu reden und den Menschen zu widersprechen!“ – Seit dieser Zeit, traut sich kein Baum mehr die Stimme zu erheben, wenn ein Mensch seine Axt erhebt. (nach einem alten deutschen Märchen)

Ob ich dieser alten Sage Glauben schenken kann, weiß ich nicht, doch tut sie mir im Herzen weh. Ich möchte nicht achtlos sein, keinem Menschen gegenüber, aber auch keinem Tier, keiner Pflanze und keinem Stein gegenüber. Nennt mich einen Narren, doch spüre ich deutlich, dass jedem Baum eine Seele innewohnt, ein Geist, der ebenso Liebe wie Schmerz empfindet, der die Menschen gerne mit seinem Holz und seinen Früchten beschenkt, fühlt er sich bloß von diesen geehrt. Ich habe einen guten Freund, der hört die Bäume schreien und wehklagen, reißt ein Kind einem hölzernen Riesen ein Ärmchen ab, schlägt es ihm einen Nagel ins Bein oder ritzt es seinen Namen hinein. „Viele Bäume aber geben ihr Leben gerne und machen keinen Ton“, ergänzt dieser Freund, was mich staunen lässt, „sprichst du sie freundlich an und bittest um ihr Holz!“ Man müsse mit dem Herzen die Antwort erlauschen, wenn sie raunen, wenn sie rauschen, wenn die Bäume blätterraschelnd leise miteinander tuscheln.

Vom Wesen der Bäume


In alten Zeiten war es üblich, durch heilige Haine zu wandeln und sich von den Geistern, welche die Bäume und Sträucher bewohnten, Rat zu erbitten. In jenen Jahren sprachen die Bäume noch zu den Menschen. Nicht wie heute durch das Säuseln der Blätter oder das Knarren der Äste. Nein, sie verständigten sich noch in derselben Sprache, wie wir mit unseren Brüdern und Schwestern zu reden pflegen. Im Ausgleich bekam der Wald unsere Gaben. Nur achtsam wurde er betreten, sorgsam gehegt und gewürdigt. Wie die Bäume ihre Sprache verloren, ist eine andere Geschichte. Doch in den folgenden, „aufgeklärten“ Zeiten verlernten es immer mehr Menschen, den feinen Weisen der Bäume Beachtung zu schenken. Die knorrigen Urgroßväter sind längst grob gehauen und zu feinen Schränken, Kirchengebälk oder Kohle verwandelt worden. Die heiligen Haine sind nicht mehr. Und doch gibt es Waldungen, die sich zu wehren wissen: Der sagenumwobene Hexenwald im Kästenbachtal ist so benebelnd dunkel, dass er die Herzen der ihn durchstreifenden Menschen ebenso in Finsternis und Irre führt.

Die Elfen am Schweinskopf der Teufelsmauer warnten den Bauern, dass mit dem Fällen des letzten Baumes auch die Fruchtbarkeit der Erde ihr Ende fände. Er selbst hielt die Eichen stets in Ehren. Auch sein Weib weihte am Opferstein manche Gabe den Baumwesen und alle erfreuten sich am reichen Leben, bis es die Kindeskinder nach größerem Reichtum dürstete. Sie hieben die uralten Bäume um, ergötzten sich noch kurz am Gold, stellten aber fest, dass mit dem Ende der Elfen auch ihr Glück versiegte und man Gold nicht essen kann.

Wehe auch jenem, der sich an der Konradsburg ins Totholz am Bächlein Liethe stellt oder schlimmer noch, Holz daraus schlägt. Einer „Leiche“ gleich, käme er wieder heraus, beraubt von aller Kraft und Freude. Manchem Gehölz dort sieht man den alten Groll noch heute an.

Die meisten Wälder aber sind gut zu uns Menschen und vergessen schnell. Ja, sie vergeben wohl aus Mitleid?! … Spüren sie doch, dass wir törichten Wesen weder tief verwurzelt im Leben stehen noch mit dem lichten Himmel nah verbunden sind. Ach, ich wünschte, wir würden öfter schweigen und den Bäumen, wie es früher war, einen Moment tiefen Lauschens schenken.

Der verbotene Wald


Einmal ging ein Holzhauer aus Düna ins Hainholz. Doch er wusste, dass seine Ahnen diesen Wald seit vielen Generationen nicht mehr betreten hatten, weil immer wieder Menschen darin spurlos verschwanden. Es waren aber nie nur seltsame Unfälle gewesen. Der Wald schien sich aus irgendeinem Grund der Menschen zu erwehren und sie zu verschlucken. Dem Holzhauer blieb aber nichts anderes übrig, um seine Lieben zu ernähren, musste er Holz schlagen und verkaufen und eben das Hainholz war das einzige Gebiet in der Nähe, wo noch brauchbare Bäume zu finden waren. Langsam ging er auf die Anhöhe zu, die Säge geschultert, das Beil in seiner Rechten und die immer lauter werdenden Stimmen im Ohr: „Kehr um, betritt nicht diesen Wald!“ … Doch seine Pflichten drängten ihn hinein.

Kaum zehn Schritte im Wald gegangen musste er lachen. Welch einem Unfug war er auf den Leim gegangen? Dieser Wald war schön und nichts als wunderbarer Friede. Überall wuchs Bärlauch auf dem Boden und die Baumriesen ragten gen Himmel. Bald hatte der Holzhauer auch den rechten Baum erspäht, dessen Holz seine Liebsten rund einen Monat lang ernähren würde. Er legt seine Säge zu Boden, und begann das Beil freudig in seine Rinde zu treiben. Doch da grummelte der Boden unter seinen Füßen und ein unheimlicher Wind begann die schweren, feuchten Blätter aufzuwirbeln. Fast so, als würde jemand Unsichtbares auf ihn zu stürmen. Doch wie der Wind an seinem Baum ankam, war plötzlich alles still, totenstill sogar. Ihm stockte der Atem. Ein eiskalter Schauer jagte ihm über den Rücken, dann hörte er nur ein ohrenbetäubendes Bersten und Knacken und tausend Vögel, die über ihm im Baume saßen, jagten mit einem Mal aus dem Wald in die Lüfte.

Des Holzhauers Weib, das in Düna die frischgewaschenen weißen Laken an die Leine brachte, sah die Vögel überm Hainholz, erstarrte mit einem Mal im Wissen darum, was geschehen war, und fiel gebrochenen Herzens tot zu Boden. Von ihrem Mann hat man nie wieder etwas gehört noch gesehen. …

Ich war einmal an einem goldenen Herbsttag im Hainholz, um dieser Sage nachzuspüren. Da stand ich nun am Waldrand bei Düna, meine Füße wollten schon freudig hinein, doch mein Geist schrie: „Kehre um, betritt nicht diesen Wald!“ - Einige Schritte lang ignorierte ich meine Intuition, bis mein Herz mir befahl stehen zu bleiben. Vor mir – mitten auf dem Wege – klaffte ein tiefes Loch, dessen Grund nicht einzusehen war, ein Erdfall. Gut war es von einigen Stöcken, welche die umliegenden Bäume im Herbstwind abgeworfen hatten, und vom Laub getarnt. Beinahe hätte es auch mich verschluckt. Sofort beschloss ich, kehrt zu machen und die Sage vom „verbotenen Wald“ für bare Münze zu nehmen. (aufgeschrieben von Carsten Kiehne)

Das Tal der sprechenden Bäume


Einen sprechenden Baum? Das gibt es nicht!", meinen die Menschen immer, aber dieser hier, zwischen Bodetal und Laviershöhe, der singt sogar! Freilich würde er das nur tun, wenn der Wind raunt und den Eisregen mitsamt Schneegestöbern durch die Äste jagt, glauben die Einfältigen oder Tauben. Demjenigen aber, der sich ganz leis verhält und an seinen Wurzeln sitzend lauscht, dem erzählt er von alten Tagen und längst vergangenen Klängen. Ein Holzhauer wollte ihn einmal schlagen, doch wie er seine Axt ansetzte, da vernahm er eine liebliche Stimme und konnte sich nicht satthören. Der Holzhauer vergaß, dass er gekommen war, diesen seltsamen Baum zu fällen, nahm an dessen Stamm Platz und genoss jeden Ton und als das Lied verklungen war, da war sein Herz so übervoll von Freude, aber auch von Liebesweh. Da begann er dem Baum nun zu erzählen, dass er die Bauerstochter beim Altweiberborn im Dorfe im Tale liebte, er ihr aber nicht gleichgestellt wäre und sie ihn nur deshalb verschmähte. „Komm mit ihr her zu mir, dann sing ich ihr wie heute dir!“, hörte er den hölzernen Riesen flüstern. Gesagt, getan. „Ich will dir einen Schatz zeigen, den ich gestern erst gefunden habe!“, hatte der Holzhauer zu ihr gesagt. Sie wusste nicht genau, weshalb sie sich erweichen ließ mitzukommen, doch der Mann – so arm er auch war – gefiel ihr gut, so begleitete sie ihn zum...

Erscheint lt. Verlag 28.10.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
ISBN-10 3-7526-7576-4 / 3752675764
ISBN-13 978-3-7526-7576-4 / 9783752675764
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