Schlagfertig (eBook)
236 Seiten
ecoWing (Verlag)
978-3-7110-5301-5 (ISBN)
Michael Traindt wurde 1979 in Amstetten (Niederösterreich) geboren. Er studierte Politik- und Rechtswissenschaften in Österreich sowie in Großbritannien. Zum Coach wurde er an der Universität Cambridge ausgebildet und er absolvierte Schauspiellehrgänge in Los Angeles und in Chicago. Als selbstständiger Schlagfertigkeits- und Auftrittstrainer bereitet er Menschen auf schwierige Gespräche und heikle Verhandlungen vor. Zu seinen Kunden zählen auch Politikerinnen und Politiker, die er vor Auftritten berät und in Wahlkämpfen begleitet. Er lebt in Wien und München.
Michael Traindt wurde 1979 in Amstetten (Niederösterreich) geboren. Er studierte Politik- und Rechtswissenschaften in Österreich sowie in Großbritannien. Zum Coach wurde er an der Universität Cambridge ausgebildet und er absolvierte Schauspiellehrgänge in Los Angeles und in Chicago. Als selbstständiger Schlagfertigkeits- und Auftrittstrainer bereitet er Menschen auf schwierige Gespräche und heikle Verhandlungen vor. Zu seinen Kunden zählen auch Politikerinnen und Politiker, die er vor Auftritten berät und in Wahlkämpfen begleitet. Er lebt in Wien und München.
REGEL 1: KENNE DEINE ROLLE – »WISSE, WER DU BIST!«
Eine sehr wirkungsvolle Art, sich gegen persönliche Angriffe zu schützen, ist die Arbeit mit oder an den eigenen Rollen sowie den jeweiligen Rollenerwartungen. Denn die Quellen für schwierige Gesprächssituationen reichen von einem unklaren Rollenbewusstsein über vage Erwartungen an die jeweilige Rolle bis hin zur inneren Ablehnung von Erwartungen oder ganzen Rollen. Im Sprachgebrauch erkennt man dies häufig an Formulierungen wie »er muss noch in seine Rolle hineinwachsen« oder »sie hat ihre Rolle noch nicht gefunden« oder auch »der Chef ist bei der Weihnachtsfeier ganz schön aus der Rolle gefallen«. Wir haben scheinbar relativ genaue Vorstellungen darüber, was wir zum Beispiel von der Rolle »Chef« erwarten, denn sonst wäre ein »aus der Rolle fallen« nicht möglich oder nicht eindeutig erkennbar. Genau um diese Einordnung, was Rollen sind und wie sie in Verbindung mit Schlagfertigkeit stehen, geht es in diesem Kapitel. Es ist dafür zunächst wichtig, sich mit den theoretischen Grundlagen zu beschäftigen, um diese danach auf Praxisbeispiele anzuwenden.
Position und Rolle
Als Grundlage für die Rollenarbeit, wie ich sie in meinen Seminaren bezeichne, dient die Rollentheorie aus der Soziologie. Zwar gibt es nicht »die eine Rollentheorie«, wie Mark Weißhaupt in seinem Buch Rolle und Identität. Grundlagen der Rollentheorie feststellt3, doch Elemente aus den unterschiedlichen Konzepten zum Thema »soziale Rolle« sind für einen schlagfertigen sowie überzeugungsstarken Menschen äußerst hilfreich.
Der Soziologe Ralf Dahrendorf führte mit seiner Arbeit »Homo Sociologicus« die Rollentheorie im deutschsprachigen Raum ein,4 und seine Publikationen dazu gelten bis heute als Standardwerke. Dahrendorf unterscheidet die »soziale Position« von der »sozialen Rolle«. Der Begriff »Position« bezeichnet den Ort in einem Feld sozialer Beziehungen.5 Demnach sind Positionen etwa Geschäftsführerin, Abteilungsleiter, Vorstand, Bürgermeisterin, Minister, Bundeskanzlerin sowie Mutter, Sohn, Onkel oder auch Tennisspieler, Vereinsmitglied. Jeder Mensch hat folglich mehrere Positionen, die bestimmen, welchen Platz wir im jeweiligen Umfeld einnehmen. Jede Position kann man als die Menge von sogenannten Positionssegmenten verstehen. Die Position »Bundeskanzlerin« besteht aus den Positionssegmenten »Bundeskanzlerin-Regierungskollegen«, »Bundeskanzlerin-Parlamentsabgeordnete« oder »Bundeskanzlerin-Wähler«. Diese Unterteilung ist deswegen von Bedeutung, denn, wie Dahrendorf ausführt, »zu jeder Stellung, die ein Mensch einnimmt, gehören gewisse Verhaltensweisen, die man von dem Träger einer Position erwartet; zu allem, was er ist, gehören Dinge, die er tut und hat; zu jeder sozialen Position gehört eine soziale Rolle«.6 Wir übernehmen im Leben damit folglich unterschiedliche Rollen. Während die Position lediglich den Ort angibt, wo man sich in einem Bezugsfeld, wie etwa einem Unternehmen oder einer politischen Einheit, befindet, so bestimmt die Rolle die Art der Beziehung zwischen den Trägern von Positionen mit anderen Positionsträgern im selben sozialen Feld.7
Rolle als die Summe von Erwartungen
Eine soziale Rolle wird daher, nach Dahrendorf, als Summe »von Erwartungen, die sich in einer gegebenen Gesellschaft an das Verhalten der Träger von Positionen knüpfen«8 gesehen. Hier kommt nun die Relevanz für die Schlagfertigkeit ins Spiel, denn wer die Erwartungen nicht erfüllt, läuft Gefahr, dafür »bestraft« und persönlich angegriffen zu werden. Das heißt, wenn in einer Abteilung Pünktlichkeit bei Meetings als Erwartung an die soziale Rolle eines Mitarbeiters geknüpft ist, dann könnte ein Angriff bei Unpünktlichkeit wie folgt lauten: »Schön, dass Sie uns auch die Ehre erweisen, Herr Mustermann. Hoffentlich sind Sie zumindest vorbereitet, wenn Sie schon nicht zur vereinbarten Zeit erscheinen können.« Dies ist eindeutig eine Bemerkung, die auf eine enttäuschte Rollenerwartung, nämlich die der Pünktlichkeit, abzielt. Ich habe dieses Beispiel bewusst gewählt, weil selbst beim Begriff »Pünktlichkeit« nicht eindeutig klar ist, was gemeint ist. Ich habe Unternehmen als Kunden, bei denen »pünktlich sein« eine Stunde vor Beginn einer Veranstaltung bedeutet, etwa weil man vor den Verhandlungspartnern im Raum sein möchte. Auf der anderen Seite kenne ich Unternehmen, die 15 bis 20 Minuten nach der vereinbarten Zeit noch immer als akzeptabel ansehen. Selbst ein scheinbar klar definierter Begriff kann in der einen Abteilung 10 Minuten vor dem Meeting bedeuten und in der anderen Abteilung 10 Minuten danach, um keine Sanktion im Sinne eines angriffigen Kommentars zu erhalten.
Es ist daher zu klären, was meine sozialen Rollen sind und welche Erwartungen von den anderen Positionsträgern, also zum Beispiel Kolleginnen und Kollegen oder unterschiedliche Familienmitglieder, an mich gestellt werden. Auch die Frage, welche Erwartungen ich an mich selbst in der jeweiligen Rolle stelle, ist von zentraler Bedeutung.
Erwartungsarten: muss – soll – kann
In den meisten beruflichen sowie politischen Rollen darf zwischen Muss-, Soll- und Kann-Erwartungen unterschieden werden.9 Muss-Erwartungen betreffen in den meisten Fällen rechtliche Rahmenbedingungen. Der Wahlleiter hat sich an die Wahlordnung zu halten. Die Geschäftsführerin verpflichtet sich zu einem ordentlichen Finanzgebaren. Ein Arzt hält sich an seine Schweigepflicht. Wird eine Muss-Erwartung nicht erfüllt, so zieht dies regelmäßig eine gerichtliche Bestrafung als Sanktion nach sich.
Soll-Erwartungen sind in der Verbindlichkeit durchaus mit Muss-Erwartungen vergleichbar, der Unterschied liegt letztlich nur in den zu erwartenden Sanktionen. Unter Soll-Erwartungen sind Verlässlichkeit, Handschlagqualität oder Vorbildfunktion zu verstehen. Das schließt zum Beispiel jene Führungskräfte ein, die sich keine Zeit für Mitarbeitergespräche nehmen und diese entweder gar nicht durchführen oder in manchen Fällen häufig verschieben. Ein anderes Beispiel wäre die Soll-Erwartung, dass der Inhalt von politischen Vorbesprechungen von Ausschüssen nicht an Medien weitergegeben wird. In beiden angeführten Fällen wird es bei einer Verletzung der Soll-Erwartung zu keinem gerichtlichen Verfahren kommen, aber eine soziale Sanktion bis hin zum sozialen Ausschluss könnten durchaus folgen. »Wenn die Führungskraft mein Mitarbeitergespräch gering schätzt, so sehe ich dieses Führungsinstrument eben auch als lästige Pflichtübung.« Oder: »Mir wäre es am liebsten, wir würden diese Mitarbeiterinnengespräche gleich lassen, es ist jedes Mal eine Enttäuschung, weil ohnehin keine Zeit dafür ist. Ich bereite mich darauf jedenfalls sicher nie mehr vor.« Beides sind Aussagen, die meine Kundinnen und Kunden so oder so ähnlich häufig treffen. Mit Blick auf das zweite Beispiel würde es bedeuten, dass, wenn man dabei ertappt wird, vertrauliche Informationen weiterzugeben, solche vertraulichen Informationen nicht mehr an einen herangetragen werden. Eine Politikerin hat mir im Coaching berichtet, dass nach einer Unterredung zu einer Sachfrage mit einem Politiker aus einer anderen Partei Stillschweigen vereinbart worden war, damit die Beratungen vertraulich weitergeführt werden konnten, bis man eine gemeinsame Vorgangsweise gefunden hatte. Beide einigten sich darauf. Nur zwei Stunden später gab dieser Politiker jedoch ein Medieninterview, in dem er behauptete, dass meine Kundin leider zu keinem Gespräch bereit gewesen sei. Das Vertrauen meiner Kundin in diesen Politiker war damit natürlich zerstört: Die Soll-Erwartung »Vertraulichkeit« an die soziale Rolle wurde nicht erfüllt, und die soziale Sanktion war, dass dieser inhaltliche Austausch wohl nie mehr oder zumindest lange nicht mehr stattfinden wird.
Kann-Erwartungen gehen über das absolut Nötige hinaus. Ein Beispiel für Kann-Erwartungen wäre die Teilnahme an Firmenfeiern oder Betriebsausflügen. Ich erlebe in meiner Praxis, dass dies, also die Partizipation an nicht verpflichtenden Unternehmensveranstaltungen, nicht mehr selbstverständlich ist. Aus einer Soll-Erwartung ist in vielen Unternehmen oder Organisationen eine Kann-Erwartung geworden. Die Teilnahme an beruflichen Netzwerkveranstaltungen, etwa einer Podiumsdiskussion oder einer Buchpräsentation, zählt ebenfalls oft zu Kann-Erwartungen. Ein Kunde meinte dazu: »Ich arbeite so hart, da will ich am Abend einfach niemanden aus meinem beruflichen Umfeld mehr sehen. Meine Leistung spricht für mich, daher brauche ich diese Netzwerkveranstaltungen nicht.« Für seine Situation als Spezialist mag er auch recht haben, nur gerade am Beginn von Karrieren oder auch im politischen Bereich ist die Erfüllung von Kann-Erwartungen sehr wichtig. Eine politische Laufbahn beginnt beim Ehrenamt,...
Erscheint lt. Verlag | 25.2.2021 |
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Verlagsort | Wals |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Authentizität • Beruf • Bloßstellung • erfolgreiche Kommunikation • gespräch mit chef • Gesprächsstrategien • Gesprächstechniken • Gesprächsvorbereitung • Kommunikation • kommunikation buch • Kommunikation im Beruf • Kommunikationsfähigkeit • Kommunikationsfähigkeit verbessern • Kompetenz • Konfrontation • konstruktive Gespräche • Kontern • kontern lernen • Privatleben • schlagfertige Antworten • Schlagfertigkeit • Schlagfertigkeit Bücher • schlagfertigkeit lernen • Schwierige Gespräche führen • Training |
ISBN-10 | 3-7110-5301-7 / 3711053017 |
ISBN-13 | 978-3-7110-5301-5 / 9783711053015 |
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