Feuer im Schatten (Das Geheimnis der Schwingen 1) (eBook)
425 Seiten
Impress (Verlag)
978-3-646-60611-9 (ISBN)
Aurelia L. Night wurde in Gelsenkirchen geboren, wo sie auch aufwuchs. Nach einer Ausbildung als Schilder- und Lichtreklameherstellerin machte sie ihr Fachabitur in Gestaltung und arbeitet nun in einem kleinen Betrieb. Sie lebt mit ihrem Freund und zwei verrückten Katzen nahe der niederländischen Grenze. Wenn sie nicht selbst schreibt, durchlebt sie Abenteuer auf den Seiten anderer Bücher oder kämpft auf ihrer Xbox gegen Dämonen.
Aurelia L. Night wurde in Gelsenkirchen geboren, wo sie auch aufwuchs. Nach einer Ausbildung als Schilder- und Lichtreklameherstellerin machte sie ihr Fachabitur in Gestaltung und arbeitet nun in einem kleinen Betrieb. Sie lebt mit ihrem Freund und zwei verrückten Katzen nahe der niederländischen Grenze. Wenn sie nicht selbst schreibt, durchlebt sie Abenteuer auf den Seiten anderer Bücher oder kämpft auf ihrer Xbox gegen Dämonen.
Kapitel 1
»Morgen ist bereits der Ball«, durchbrach mein Vater das Schweigen, das sich zwischen uns ausgebreitet hatte, seit wir den Pferdestall verlassen hatten.
»Ich weiß.«
»Du wirst dich von niemandem provozieren lassen, egal was sie sagen werden«, erinnerte er mich.
Ich verkniff es mir, die Augen zu verdrehen, und senkte demütig den Kopf. »Natürlich, Vater.«
»Gut. Du wirst auch mit jeder Dame tanzen, die kommen wird.«
»Ich weiß. Ich darf keine unangenehme Aufmerksamkeit auf mich ziehen«, wiederholte ich die Worte, die er mir, seit ich denken konnte, soufflierte.
»Exakt. Es würde uns allen das Leben kosten, wenn du aus der Rolle fällst.«
Ich schluckte schwer. »Ich weiß.« Bei dem Gedanken, dass ein Fehltritt meinerseits schuld daran wäre, dass meinen Brüdern etwas passierte, wurde mir übel.
»Wann kann ich abdanken?« Die Frage brannte mir unter den Fingernägeln, seit ich im Unterricht mit dem Lehrer darüber gesprochen hatte. Er hatte sich aufgrund meiner Neugierde unwohl gewunden, aber sie dennoch beantwortet.
Jedem Prinzen war es gestattet, vom Thron zurückzutreten, wenn er sich selbst nicht in der Lage sah, das Erbe seiner Familie anzunehmen. Es gab sogar in der helionischen Thronfolge ein paar dieser Fälle. Sie waren selten, aber es gab sie! Und es war politisch nicht einmal problematisch. Die meisten Drachen akzeptierten ein derartiges Verhalten, ohne den neuen Drachenkönig zum Kampf herauszufordern.
Seit ich von dieser Möglichkeit erfahren hatte, war das alles, was ich mir wünschte. Damit es mir endlich möglich war, das Leben zu führen, das ich mir in meinen kühnsten Träumen ausmalte – ohne mich weiterhin in einer Lüge zu verzetteln, die jedes Jahr schwerer auf meinen Schultern lastete.
Zum ersten Mal hatte ich dem König Helions eine überraschte Miene entlockt. »Wieso, Sascha, solltest du abdanken wollen?«
»Du willst, dass ich mein Leben lang mit diesem Geheimnis lebe?«, fragte ich verwirrt. »Wie soll ich eine Frau zur Gattin nehmen? Oder Kinder in die Welt setzen?«
»Wir werden einen Weg finden, wie du die Ehre unserer Familie aufrechterhalten kannst. Wir hatten bereits darüber gesprochen.«
»Da war ich ein Kind, Vater, ich hatte nie eine Wahl. Du kannst nicht von mir verlangen ewig …«, wetterte ich dagegen, doch mein Vater ließ mich nicht aussprechen.
»Solange ich lebe, kann und werde ich das verlangen und das weißt du. Keins meiner Kinder wird jemals abdanken.«
Ein schwerer Brocken legte sich in meinen Bauch und verdüsterte meine Gedanken. Er verlangte allen Ernstes, dass ich dieses Leben lebte? Wie, glaubte er, das rechtfertigen zu können?
Ich richtete den Blick auf den Weg vor mir. »Du weißt, dass das nicht für immer gut gehen kann«, brachte ich mit erstickter Stimme hervor, in dem Versuch, ihn davon zu überzeugen, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken. »Wenn ich jetzt abdanke, kann Bryan richtig auf seine Aufgabe vorbereitet werden. Die wenigsten Drachen werden daran Anstoß nehmen.«
»Schweig! Solange ich lebe, werde ich alles dafür tun, dass dieses Geheimnis unseres bleibt und von niemandem entdeckt wird. Ich gebe dir den Rat, dasselbe zu versuchen. Bryan wird nicht König. Genauso wenig wie Mikael oder Kilian. Sie sind nicht dafür bestimmt, die Krone zu tragen.«
Mit großen Augen sah ich zu meinem Vater. Sein Blick war stoisch nach vorn gerichtet. Mir war es nicht möglich, auch nur den Ansatz seiner Gedanken aus der Mimik zu lesen. Glaubte er ernsthaft, dass er ewig über mein Leben bestimmen, mir für den Rest seines Daseins Befehle erteilen konnte? »Wenn sie die Zeit haben, um all das zu lernen, dann kön…«
»Du bist aber der Erstgeborene!«, fuhr mir der König erneut über den Mund.
»Ich bin nicht …«
Sein dunkler Blick durchbohrte mich und brachte mich zum Schweigen. »Du bist mein erstgeborenes Kind. Du wirst der König dieses Landes werden und solange ich lebe, wird niemand sonst unser Geheimnis erfahren. Und keins meiner Kinder wird abdanken. Haben wir uns verstanden, Sascha?«
Mir lagen eine Menge Worte auf der Zunge, aber alles, was mir in den Sinn kam, würde einen Streit hervorrufen, den ich nicht gewinnen konnte. Er war in seiner Meinung festgefahren. Das Netz aus Lügen zog sich enger um uns und riss uns unerbittlich in die Tiefe, aber es war ihm egal.
»Ja«, hauchte ich und spürte dabei, wie der Zentnersack schwerer wurde und mich zu Boden drückte.
»Wie kommst du mit deinem Training und dem Lernstoff voran?«, wechselte Vater schlagartig das Thema.
»Gut«, erwiderte ich knapp, mir war nicht danach, ein weiteres Gespräch mit ihm zu führen. Am liebsten wollte ich meine Stute antreiben und fortreiten – durch den Wald galoppieren und die Pflichten und Erwartungen hinter mir lassen, die in Anbetracht meiner Situation absolut unangebracht waren.
»Muss ich bei deinen Lehrern nachfragen?«, erkundigte er sich säuerlich.
»Beim Bogenschießen bin ich nicht so erfolgreich wie mit dem Schwert. Aber ich treffe bewegliche Ziele. Beim Messerwerfen hingegen bin ich wieder gut. Scheinbar habe ich eine gewisse Vorliebe für Klingen. Ich vernehme keinerlei Beschwerden von meinen Lehrern«, ratterte ich die Fakten hinunter.
»Gut.«
Die nächste Zeit verging schweigend. Erst als das Schloss wieder in Sicht kam, fing mein Vater an zu sprechen. »Sascha, ich will dir nichts Böses. Du bist mein eigen Fleisch und Blut. Ich liebe dich, auch wenn es dir nicht immer bewusst ist. Aber ich muss die Macht und die Stärke unserer Familie wahren. Du könntest all diese Macht mit einer einzigen Dummheit zunichtemachen.«
»Ich werde dich nicht enttäuschen«, hauchte ich.
Die Eisenkette, die sich mit den Jahren um meinen Hals geschlungen hatte, zog sich straffer und ich glaubte keine Luft mehr zu bekommen. Wie lange sollte das noch so weitergehen?
***
In der Nacht war ich von Albträumen heimgesucht worden, in denen unser Geheimnis auf dem Ball ans Licht gekommen war. Feinde hatten meine Familie gejagt, gefoltert und ermordet, weil ich zu schwach gewesen war meine Lieben zu beschützen.
Mit rasendem Herzen starrte ich an die Holzdecke über meinem Kopf. Bisher wurde sie nicht von der Sonne angestrahlt, das bedeutete, dass ich noch ein wenig Zeit hatte, ehe der Unterricht anfing.
Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Schon seit Wochen wurde auf das Fest hingearbeitet, Speisen wurden vorgekocht, Getränke geliefert. Doch in den Stunden, bevor die Sonne aufging, war es so friedvoll wie sonst nie im Schloss. Es hatte etwas Beruhigendes an sich, der vollkommenen Stille zu lauschen.
Ich öffnete die Augen und drehte meinen Kopf zu dem Spiegel, der an der Wand stand, wendete jedoch den Blick direkt wieder ab. Obwohl es mein Spiegelbild war, war nicht ich in diesem Ebenbild. Dort schaute mir ein anderer entgegen. Ein Fremder. Ein junger Mann, auf dessen Rücken eine ungeheure Last lag, von der niemand etwas ahnte.
Stöhnend stand ich auf, rieb mir über den Kopf und fuhr durch die dunklen, welligen Haare, die auf meinen Schultern zum Liegen kamen.
Im Gegensatz zu meinen Brüdern hatte ich niemanden, der mir beim Ankleiden half, mich weckte oder nur in die Nähe der Räumlichkeiten kommen durfte, wenn ich nicht ausdrücklich danach verlangte. Ich war allein – und das auf so vielen Ebenen, dass ich sie kaum zählen konnte.
Ich schüttelte den Kopf und ging zu dem Balkon, der an mein eigenes einsames Reich grenzte. Hier war ich für einen Moment ich selbst. Es war nur ein kleines Zeitfenster, aber in diesem Augenblick schwand der Druck auf meinen Schultern und ich fühlte, wie ich mich aufrichtete, ehe ich die Maske des glücklichen Prinzen Sascha wieder aufsetzte und die Last mit einem Schlag zurückkehrte. Ich verstand die Angst meiner Eltern, war sie doch dieselbe, die mich dazu trieb, dieses Spiel aufrechtzuerhalten und sich den Regeln zu beugen, die diese Scharade – und mit ihr meine Geschwister – am Leben hielt.
***
In der Mittagssonne stand ich mitten auf dem Hof. Eine kleine Schweißperle rann meine Schläfe hinab. Obwohl es mittlerweile eisig kalt war, schaffte Rogan es dennoch, mir den Schweiß aus den Poren zu treiben. Unsere Schwerter verkeilten sich, als sie schreiend aufeinandertrafen. Ich lehnte mich gegen sein Gewicht, doch meine Bemühungen, ihn aus der Balance zu bringen, ließen nur ein spöttisches Lächeln auf seinen Lippen erscheinen.
»Strengt Euch an, Prinz. Ihr kämpft wie ein Mädchen!«, brachte er lachend hervor.
Ich knurrte. Es war sinnlos, ihn aus dem Gleichgewicht bringen zu wollen. Mit einer schnellen Bewegung löste ich mich aus der Pattsituation und wich der Attacke aus, die daraus resultierte. Ich rollte über den Boden und sprang wieder auf.
»Gut gemacht«, lobte Rogan und nickte anerkennend.
Der Schweiß auf meiner Stirn störte mich, aber wenn ich nur einen Moment unaufmerksam wurde, ließ mein Lehrer mich das spüren. Dieses Theater hatten wir schon oft genug durchgekaut, sodass ich es mittlerweile verinnerlicht hatte.
Mein Atem kam hastig über die Lippen, dabei trainierten wir noch gar nicht lang. Ich presste die Zähne aufeinander und versuchte meine Atmung zu regulieren. Rogan durfte die Schwäche nicht sehen – er war der Feind. Wenn er erkannte, dass ich müde wurde, bedeutete das meinen Tod.
»Mein Prinz?« Eine Dienerin kam zum Platz hochgeeilt. Sie hielt ihr Kleid gerade eben über ihre Füße, damit sie die Treppen hochlaufen konnte, ohne zu fallen.
»Was gibt es?«, fragte ich, wobei mein Blick auf Rogan ruhte, um keine seiner Bewegungen...
Erscheint lt. Verlag | 12.11.2020 |
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Reihe/Serie | Das Geheimnis der Schwingen | Das Geheimnis der Schwingen |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
Schlagworte | Drachen Fantasy • Drachenroman • epische Fantasy Liebesgeschichte • Fantasy Liebesromane Erwachsene • fantasy romance deutsch • High Fantasy Bücher • impress ebooks • Romantasy Bücher • romantische Fantasy Bücher • verbotene Liebe Roman |
ISBN-10 | 3-646-60611-8 / 3646606118 |
ISBN-13 | 978-3-646-60611-9 / 9783646606119 |
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