No Mercy - Diese Fahrt überlebst du nicht (eBook)

Thriller

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
400 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-26758-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

No Mercy - Diese Fahrt überlebst du nicht -  Taylor Adams
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Die Fahrt in ein neues Leben wird für sie zum Albtraum
Mit einem vollgepackten Auto sind James und Elle auf dem Weg in ein neues Leben. Doch ihre geplante Route durch einen Abschnitt der Mojave-Wüste ist von einem Steinschlag blockiert. Das Paar muss auf eine schlecht ausgebaute Straße ausweichen. Kurz darauf bleibt ihr Wagen liegen. Sie sitzen fest - mitten im Nirgendwo, mit nur einer Flasche Wasser und ohne Handyempfang. Was die beiden noch nicht wissen: Sie sind nicht allein in der Wüste. Eine Meile entfernt hat ein Scharfschütze Position bezogen. Bis auf das Auto gibt es weit und breit nichts, was ihm die Sicht verstellt. Der Himmel ist klar. Es ist der perfekte Tag für ein paar Zielübungen ...

Taylor Adams ist Filmregisseur und Autor. Sein Thriller »No Exit« war international ein großer Erfolg und wurde 2022 verfilmt. Adams lebt im Bundesstaat Washington.

1


Für einen Killer machte William Tapp im Moment einen ziemlich lächerlichen Eindruck.

Rein äußerlich betrachtet, bestand er aus abstehenden Zweigen und verdorrtem Gras. Sah aus wie das Ding aus dem Sumpf, das jemand in der glühenden Sonne der Mojave-Wüste zum Trocknen ausgelegt hat. Jetzt kroch und kletterte er über eine Halde aus Geröll am Rand eines Berghangs. Er keuchte laut. Seine Knie schmerzten höllisch. Sein völlig überfordertes Herz pumpte verzweifelt das Blut in die danach lechzenden Körperteile.

Sein Outfit war auch nicht gerade hilfreich. Er trug einen selbst gebastelten Tarnanzug, unter anderem bestehend aus einem Volleyballnetz, in das er Jutestücke und Wüstengestrüpp als Camouflage eingefügt hatte. Es war ungefähr so komfortabel, als würde er ein verdammtes Treibhaus tragen. Hinhocken war kaum möglich, laufen ziemlich schwierig, und zwischendurch kurz mal zu pinkeln hatte sich als Desaster erwiesen.

Endlich erreichte er den Bergkamm. Über ihm dehnte sich der harsche blaue Himmel. Er setzte den Rucksack ab, in dem sich Cheetos, Weingummis und ein Sixpack Energydrinks befanden, und breitete seine Ausrüstung vor sich aus. Die Aussicht von hier oben war atemberaubend. Unter ihm erstreckte sich die Steppe von Nevada, aus der lavendelfarbene Berge ragten, die den Pulitzerpreis verdient hätten. Tapp nahm nichts davon zur Kenntnis.

Er zog die Kapuze seiner Tarnjacke tief ins Gesicht, spürte das Kitzeln des getrockneten Grases an den Lippen und verwandelte sich in einen kaum sichtbaren Schatten, der mit der Prärie verschmolz.

Jetzt machte William Tapp überhaupt keinen Eindruck mehr.

* * *

»Vorsicht!«

James Eversman trat auf die Bremse, und der Toyota RAV4 geriet ins Schlingern, wie ein Schnellboot, das während der Fahrt den Anker auswirft. Er wurde nach vorn geschleudert, dann rastete der Sicherheitsgurt ein und zerrte ihn zurück. Er spürte einen metallischen Geschmack im Mund. Ob er mit den Lippen gegen das Lenkrad geknallt war oder sich bloß auf die Zunge gebissen hatte, war ihm nicht ganz klar.

Seine Frau Elle reagierte besser, weil ihre Reflexe von drei Tassen Kaffee am Tag geschärft waren. Es gelang ihr, sich mit den Händen am Armaturenbrett abzustützen. Die braunen Haare fielen ihr ins Gesicht, und sie zischte etwas, das in seinen Ohren wie »Arsch-Idiot« klang. Sie fluchte gelegentlich auf sehr eigenwillige Art.

Es war kein Unfall, aber es fühlte sich so an. Der geparkte Streifenwagen – ein braun-weißer Ford mit verstaubten Scheiben – war direkt hinter der S-Kurve vor ihnen aufgetaucht, die sie mit mehr als siebzig Meilen pro Stunde genommen hatten. Der Highway war hier praktisch tiefer gelegt und wurde seitlich von Granitwänden begrenzt, die die Sicht verdeckten. Wenn James nur einen winzigen Moment zu spät gebremst hätte, abgelenkt gewesen oder zu schnell gefahren wäre … Er schob diese Gedanken beiseite, weil sie völlig nutzlos waren. Dank des Anschauungsmaterials beim Erste-Hilfe-Kurs in der Firma wusste er, wie Autobahnunfälle aussahen – ein Kollege hatte das Opfer auf dem Schaubild als »tomatenähnliches Etwas« bezeichnet. Als das Blut wieder in sein Gehirn strömte und der beißende Geruch von verbrannten Bremsbelägen durchs Fenster drang, starrte er auf den Streifenwagen der Paiute County Police, der knapp sechs Schritte vor seiner Stoßstange stand, und dachte nur: Wahnsinn.

»Puh.« Elle schob sich die Haare aus dem Gesicht. »Das wäre beinahe schiefgegangen.«

»Allerdings.«

»Wieso steht der hier mitten auf der Straße?«

»Keine Ahnung …« James’ Stimme klang heiser. »Na, da kommt er ja auch schon.«

Er war ein schmächtiger Deputy Sheriff, der nun auf sie zu trottete. Sein linker Arm hing seitlich herab, die rechte Hand hatte er an seinen gigantischen Stetson-Hut gelegt. Es war schon fast ein Sombrero. Er kam vom rechten Fahrbahnrand, wo James jetzt ein weiteres Fahrzeug bemerkte, das ganz dicht vor der Granitwand parkte. Ein nagelneuer weißer Pick-up-Truck. Er schien nicht beschädigt zu sein, war aber leer. James fragte sich, wo der Fahrer abgeblieben war.

»Ich …« Elle konnte ein Lachen kaum unterdrücken. »Ich glaub, der hat Smokey Bear seinen Hut geklaut.«

»Hör auf zu lachen.«

»Wie war das noch mal mit den zehn Regeln zur Unfallvermeidung?«

»Bitte Elle, reiß dich zusammen.« Er drückte auf den Knopf für das Seitenfenster und hatte das Gefühl, eine Luftschleuse zu öffnen. Stickige heiße Luft schwappte herein, und Kalkstaub drang in seine Nase.

Die Schritte des Sheriffs klatschten auf dem Untergrund, als hätte die Sonne den Asphalt zum Schmelzen gebracht. James atmete vorsichtig ein und hoffte, keinen Hustenanfall zu bekommen – er war nervös, und das war ihm ziemlich peinlich. Zugegeben, das hier war eine neue Erfahrung. Er war bisher noch nie von der Polizei angehalten worden, was er seinem auffällig unauffälligen Fahrstil zuschrieb. Elle hatte ihn mal mit einem dieser Staubsauger-Roboter verglichen, die reiche Leute sich anschaffen. Wie nannte man die noch mal?

»Es tut mir leid.« Der Cop atmete tief durch, als er eine Hand gegen die Tür legte. »Ich hätte das Blinklicht einschalten sollen.«

»Ist nicht so schlimm«, sagte James, obwohl er gegenteiliger Ansicht war. Er wunderte sich darüber, wie jung dieser Polizist war. Als käme er frisch von der Highschool. Er war ziemlich schmal und hatte Akne im Gesicht. Offensichtlich versuchte er gerade, sich einen Schnurrbart wachsen zu lassen, mit mäßigem Erfolg.

»Ich wollte nur … Hier auf der Straße sind normalerweise höchstens drei Fahrzeuge pro Tag unterwegs. So ein Mist! Entschuldigung.« Der Junge räusperte sich und deutete auf den verlassenen weißen Pick-up am Straßenrand. »Da steht ein … so ein verlassener Truck einfach so herum. Die Türen sind nicht abgeschlossen. Der Motor läuft. Vierzig Dollar in einer Geldscheinklammer in der Mittelkonsole. Als wäre der Fahrer ausgestiegen, um sich zu erleichtern, und nicht mehr zurückgekommen. Das Ding steht da einfach so auf der Standspur, wie bestellt und nicht abgeholt.«

»Tja, er hat da wohl geparkt.« Elle schaute ihn fragend an. »Vielleicht hatte er ja was vor?«

James verstärkte sein falsches Lächeln.

Deputy Doogie Howser merkte es gar nicht. Er hatte eine eigenartige Art zu sprechen, betonte seine Satzanfänge, als wären sie Bullet Points in einer Präsentation. Vielleicht wollte er einen Akzent verbergen. Er entschuldigte sich noch mal (und noch mal) und fragte, ob sie jemanden am Straßenrand bemerkt hätten. Natürlich hatten sie das nicht. Die nächste Stadt war Mosby, ein Kaff mit einer Silbermine, das laut Aussage des Deputy »elf Ka-Emm in östlicher Richtung« lag. (Wieso rechnet der in Kilometern?, wunderte sich James.) Also war es eine eigenartige Idee, mitten in dieser Mondlandschaft ein funktionstüchtiges Fahrzeug stehen zu lassen. Und gefährlich.

Der Deputy sagte noch etwas, das James beunruhigte: »Sind Sie auch Polizist?«

»Nein.« Die Frage hatte ihn verblüfft. »Wieso?«

»Feuerwehr? Rettungssanitäter? Sicherheitsdienst?« Der Junge schaute ihn mit verkniffener Neugier an, als hätte er da einen Verdacht. »Ich schwöre Ihnen, ich kann einen Rettungshelfer auf Anhieb erkennen. Hat was mit den Augen zu tun. Sie haben so einen forschenden Blick.«

James zuckte mit den Schultern. »Nein, tut mir leid.«

»Er hat mal Medizin studiert«, sagte Elle. »Aber das ist lange her.«

»Nee«, sagte der Deputy seufzend. »Das zählt nicht.«

Sagt der Sheriff mit dem Sombrero, dachte James. Wahrscheinlich hatte Elle gerade eine noch witzigere Bemerkung auf der Zunge, die sie hoffentlich für sich behalten würde. Er ließ den peinlichen Moment so würdevoll wie möglich verstreichen und sagte dann: »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«

Sheriff Doogie Howser kniff erneut die Augen zusammen. »Wenn Sie jemanden sehen, der allein am Straßenrand herumläuft, eine ältere oder verwirrte Person, dann rufen Sie mich bitte an. Hier in der Wüste gehen immer wieder Leute verloren. Es ist ein weites Land, und unsere Polizeistation ist ziemlich klein.«

»Wie klein denn?«

»Sie sprechen gerade mit fünfzig Prozent davon.«

Dann nickte er knapp zum Abschied, drehte sich um und ging zurück zu seinem Streifenwagen. Seine kleinen Stiefel schlurften über den Asphalt.

»Und er besteht zu dreißig Prozent aus Hut«, flüsterte Elle.

James nickte zerstreut und blieb wachsam.

Hier in der Wüste gehen immer wieder Leute verloren.

Der Deputy knallte die Tür zu, und es klang, als würde ein Schuss abgefeuert. Die Bremsleuchten flammten auf, als er den Streifenwagen zur Seite fuhr und sie mit der Hand durchwinkte. James ließ das Fenster wieder hoch und fuhr los, mit einem letzten verwunderten Seitenblick auf den verlassenen weißen Pick-up. Der Wagen sah völlig unscheinbar aus. Die Fenster reflektierten das grelle Sonnenlicht, sodass man nicht ins Innere schauen konnte. Er bemerkte einen Aufkleber mit den Buchstaben MPR an der Stoßstange, und dann waren sie vorbei, und das Fahrzeug verschwand hinter ihnen. Eine Weile überlegte er noch, wofür MPR stehen könnte – Mexican Public Radio?

Der Highway wurde kurvenreicher, und die Granitfelsen, die in der Wüste aufragten, sahen aus wie bloß gelegte Knochen. James schaute sich jeden Schatten genauer an, suchte die weite Fläche nach Anzeichen für einen...

Erscheint lt. Verlag 14.12.2020
Übersetzer Robert Brack
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Eyeshot
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte eBooks • Mojawe-Wüste • Scharfschütze • Taylor Admas, No Exit • Thriller • Überlebenskampf
ISBN-10 3-641-26758-7 / 3641267587
ISBN-13 978-3-641-26758-2 / 9783641267582
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