Geld oder Leben (eBook)

Was uns wirklich zufrieden macht
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2021 | 1. Auflage
160 Seiten
Kösel (Verlag)
978-3-641-25552-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geld oder Leben -  Alexander Poraj
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Sein statt Haben
Geld, Partnerschaft, Erfolg, Glück - viele jagen wie fremdbestimmt diesen vermeintlichen Sicherheiten hinterher. Doch einmal erlangt, erweisen sie sich häufig als ausgesprochen flüchtig. Und vor allem taugen sie nicht als Rückhalt, um hoffnungsvoll sein zu können angesichts unserer in vieler Hinsicht unsicheren Zukunft. Verlässliche spirituelle Nachhaltigkeit entsteht, wenn Ängste statt mit Pseudosicherheiten mit unmittelbaren Erlebnissen und tatsächlichen Begegnungen bewältigt werden. Diese Erlebnisse festigen das Vertrauen, verbunden zu sein mit anderen, mit der Erde und vor allem mit sich selbst. Ein Mut machendes Buch, das den Weg zu einer zeitgemäßen Nachhaltigkeit aufzeigt.

Dr. Alexander Poraj, geboren 1964, studierte Katholische Theologie in Freiburg und in Granada/Spanien mit Schwerpunkt Religionswissenschaften. Alexander Poraj ist Zen-Meister der Zen-Linie »Leere Wolke« und »Wolke des Nichtwissens - Kontemplationslinie Willigis Jäger«, spiritueller Leiter des Benediktushofes und Vorstandsvorsitzender der »West-Östliche Weisheit - Willigis Jäger Stiftung«. Er ist verheiratet und Vater zweier Töchter.

Wer hält eigentlich die Pistole?


»Mensch, all’s verwandelt sich; wie kannst denn du allein
Ohn einge Besserung der alte Fleischklotz sein!«

Angelus Silesius

Wer bin ich? Ich halte diese Frage immer noch für die Frage aller Fragen. Denn selbst dann, wenn wir sie an die zweite, dritte oder letzte Stelle in unserer Hitliste der wichtigsten Lebensfragen platzieren würden, sind wir es, die diese Platzierung vornehmen. Wir sind also schon auf der Bühne des Lebens im Kostüm der Selbstverständlichkeit gekleidet, bevor das Stück »Wer bin ich« losgeht. Noch deutlicher formuliert: Ob es Ihnen oder mir passt oder auch nicht, ob wir alle diese Frage für sehr wichtig oder für ganz unwichtig halten, immer haben wir uns bereits als vorhandene und real existierende Ichs vorausgesetzt, die dann großzügig zu entscheiden haben, ob die Frage nach uns selbst wichtig sei oder nicht. Das ist mehr als kurios und zeigt die eigentliche Schwierigkeit, mit der wir es nicht nur hier in diesem kurzen Kapitel zu tun haben werden, sondern vor allem im täglichen Leben, in dem wir alle so tun, als wüssten wir bereits die Antwort. Und die Antwort ist natürlich bejahend und lautet: Ja, es gibt mich. Ich bin!

Das mit der Antwort ist ungefähr so, als würde man eine vermögende Person danach fragen, was denn das Geld an sich sei, und als Antwort zuckt sie desinteressiert mit der Schulter und sagt, sie habe genügend Geld und wüsste nicht, um was es uns eigentlich ginge. Wichtig sei eben, es zu haben, und dafür hätte sie bereits hart gearbeitet und tue das auch weiter, was sie uns und allen anderen dringlichst empfehlen würde, anstatt ihr mit blöden Fragen die kostbare Zeit zu stehlen, die bekanntlich Geld kostet.

Der Unterschied zwischen Sein und Haben sollte spätestens seit Erich Fromms berühmtem gleichnamigen Essay gut bekannt sein, ist er aber nicht. Die »Gretchenfragen« sind meines Wissens, was einen weltweiten gesellschaftlichen Konsens hinsichtlich der Antworten angeht, alle weitestgehend offengeblieben. Selbst das wäre noch nicht das Schlimmste. Als wirklich beunruhigend, ja verantwortungslos halte ich eher die Tatsache, dass wir uns weltweit noch nicht einmal darüber im Klaren sind, dass wir es wirklich nicht wissen. Der in diesem Zusammenhang häufig benutzte Satz »Wir wissen es noch nicht wirklich« baut mit dem geschickt eingebauten Adverb »noch« eine zeitliche Schiene ein, deren Ende in die Gewissheit münden solle, aber eben noch nicht jetzt, und wer – da haben wir den geheimnisvollen Jemand schon wieder – weiß wirklich, ob und wann es so weit sein wird?

Derweilen finden wir alle den Umstand nicht schlimm, und er hindert uns nicht im Geringsten daran, zielsicher die tollsten Bauten und Projekte anzugehen, die sich aber, sollte sich herausstellen, dass ihr Hauptakteur, also das Ich, nicht ganz anwesend ist, als Luftschlösser entpuppen können, weil sie alle von uns für andere errichtet und gebaut werden, also immer schon in der felsenfesten Annahme, dass es uns genauso gibt, wie wir es gerne glauben, dass es uns geben sollte. Wackelt also die erste fundamentale Wahrheit, die da heißt: »Ich bin, du bist, wir sind«, dann wackeln alle anderen »Wahrheiten« auch, weil sie alle durchwegs auf ihr aufgebaut sind. Und glauben Sie mir bitte, es sind viele Bauten, die auf diesem einen unsichtbaren Fundament ihr Dasein fristen und deswegen für sehr viel Aufregung sorgen.

Wissen wir also nicht mit Sicherheit, wer und was wir sind, wie können wir uns dann so sicher sein, dass gerade unsere Ziele, Aufgaben und Werte so wichtig sind? Und wenn ja, dann ist es wer schon wieder, der das behauptet? Und für wen sollen sie so gut und richtig sein? Ich habe die Personalpronomen einfach mal fett gesetzt, damit sie uns in ihrem kontinuierlichen Auftreten überhaupt mal bewusst werden. Wie Sie also sehen können, dreht sich alles, aber auch wirklich alles nur um ich, du, mein, dein, wir oder uns. Das Zentrum jeglicher Erfahrung und Betrachtung müssen immer schon wir sein. Aber wer ist dieses verdammte, besondere oder wunderbare Wir? Genau dieser Frage müssen wir als Erstes nachgehen, denn keiner, und das meine ich hier wörtlich, kann sie uns abnehmen. Und selbst dann, wenn sich doch jemand finden würde, der es könnte, dann müssten wir ihn als Erstes fragen dürfen: Wer bist du? Und er müsste darauf antworten können. Kennen Sie zufällig jemanden, der genau das könnte? Ich nicht, und es hat bisher keiner meinen Lebensweg gekreuzt, der mich diesbezüglich mit seiner Antwort überzeugen konnte. Mehr noch, die meisten meiner Gesprächspartner ignorierten tunlichst die Frage.

Nun also: Auf wen wird geschossen und von wem? Wer hat die Pistole gebaut und wer geladen? Wer hat sie überhaupt erfunden? Und wer hält seine Hände hoch und ist dieser »wer« dabei sicher, dass es wirklich seine Hände sind?

Alle diese Fragen setzen einen anwesenden Jemand voraus. Dieser Jemand aber scheint beim genaueren Hinschauen gar nicht so da zu sein, wie wir es uns wünschen würden. Aber dann frage ich Sie nochmals: Wer ist es, der sich ein Ich wünscht? Etwa ich? Wenn ja, dann müsste es mich bereits vor mir selber gegeben haben, damit ich »ja« zu mir sagen kann. Damit setzt auch der berühmte therapeutische Satz »Sagen Sie ja zu sich« voraus, dass Sie, wenn Sie nicht schon vor Ihrer eignen Existenz zufällig da waren, spätestens beim Nachsprechen des Satzes neben sich stehen oder liegen müssten, damit Sie sich annehmen oder ablehnen können. So gesehen müssten wir alle daneben sein, und zwar neben uns selbst, was eine ernst zu nehmende Pathologie wäre, und wer weiß, vielleicht auch tatsächlich eine ist. So gesehen leiden wir alle an uns selbst. Auf solche grammatikalischen Spiele kommen wir noch zu sprechen. Hier sei schon mal darauf hingewiesen, dass nicht alles, und das meine ich wirklich und wörtlich, was sprachlich und grammatikalisch formulierbar ist, auch tatsächlich, und das bedeutet in diesem Zusammenhang, außerhalb der Sprache existiert. Das meiste eben, was in unseren Köpfen existiert, existiert nur dort und nirgendwo sonst. Das sollte uns schon mal an dieser Stelle beruhigen.

Wir benutzen also seit längerer Zeit die Personalpronomen, was an sich sehr interessant ist und viele organisatorische Bauten ermöglicht. Man kann z. B. einem Ich oder einem Du eine Menge anderer Worte zuordnen, um die beiden voneinander zu unterscheiden oder aber um sie gleichzusetzten. Sprachlich ist fast alles möglich aber eines eben nicht: Es ist nicht zwingend notwendig anzunehmen, dass es mich, dich und die anderen auch noch außerhalb der Sprachwelt gibt. Das ist alles.

Verlustangst?

Ich ahne, dass es manchen von Ihnen bereits etwas schwindlig wird und Sie fürchten – übrigens ganz zu Recht – um den Erhalt Ihrer gewohnten Welt, mit Ihrem Ich in seiner Mitte. Keine Angst, ich nehme sie Ihnen nicht. Ich wollte nur mal eben präzisieren, dass »diese« Welt mehr Ihre Welt ist, und außerhalb Ihrer Welt existiert nun mal »meine Welt«. Und »meine Welt« ist hundertprozentig nicht mit »Ihrer Welt« identisch und ganz sicher von »meiner Welt« unterschieden. Daneben gibt es natürlich eine ganze Menge »anderer Welten«. Erstaunt und verunsichert Sie das? Warten Sie bitte ab. Das ist erst der Anfang. Jedenfalls höre ich Sie erstaunt fragen, wo denn die normale alltägliche Welt wäre, in der wir doch alle gemeinsam leben? Tja, lassen wir mal diese Frage etwas offen. Sie ist nämlich in meiner Hitliste der Gretchenfragen die Nummer zwei. Im nächsten Kapitel werde ich noch auf sie zu sprechen kommen. Auf jeden Fall spricht bereits jetzt schon einiges dafür, dass die gesamte Szene mit der Pistole, dem Händehochhalten und allem, was dazu gehört – und das ist nicht gerade wenig –, vermutlich nicht »die Welt« ist, sondern nur in Ihnen oder in mir passiert und eben nur dort. Ist das nicht eine gute Nachricht?

Irgendwie habe ich den Eindruck, Sie noch nicht ganz überzeugt zu haben. Ist ja auch nicht schlimm. Ein Großteil des Buches liegt noch vor uns.

Kehren wir erst einmal zu der Ausgangsfrage zurück: Wer oder was ist das Ich? Denn auf jeden Fall beansprucht in jeder Welt das Ich die zentrale Position, ganz gleich wie sie aussieht und wo sie sich befinden sollte. Die Suche beginnt. Die Zeit läuft. Werden wir uns finden?

Ich zähle bis zehn und fange mit dem Suchen nach dir an


»Mensch, wo du noch was bist, was weiß, was liebst, was hast,
So bist du, glaube mir, nicht ledig deiner Last.«

Angelus Silesius

Ich habe Sie bereits lange auf die Folterbank gespannt, und nun steht Ihnen eine klare Antwort auf die Ich-Frage zu.

Die klare Frage lautet: Gibt es ein Ich oder nicht?

Die klare Antwort lautet: Ja und nein.

Bitte protestieren Sie nicht sofort. Ich habe Ihnen eine klare und nicht eine eindeutige Antwort versprochen. Angesichts dessen, um was es sich hier handelt, ist meiner Meinung nach eine eindeutige Antwort nicht angebracht. Warum? Lassen Sie es mich erklären.

Entweder – oder

Als Erstes sollten wir uns bewusst werden, dass unser Denken nichts lieber tut, als Gegensätze zu kreieren. Beachten Sie bitte wirklich genau das soeben Gesagte. Ich habe gesagt, dass wir gerne in Gegensätzen denken würden, und nicht, dass es solche gibt. Merken Sie den Unterschied? Lassen Sie ihn bitte auf sich etwas länger einwirken.

Diese Art des Denkens folgt einer Tradition und ist damit alles andere als gottgegeben, von Natur aus richtig oder etwa genetisch angelegt. Allen voran war es Aristoteles, der das Denken unbedingt dahin disziplinieren wollte,...

Erscheint lt. Verlag 26.4.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Ängste • benediktushof • Bewusstsein • eBooks • Freiheit • Geld Fremdbestimmtheit • GeldGier • Geldsorgen • Materialismus • Mediation • Meditation • Momente genießen • Nachhaltigkeit • persönliche Lebensziele und Finanzen • Persönlichkeitsentwicklung • Philosophie • Ratgeber • Spiritualität • Willigis Jäger • Zen • Zen-Meister • Zwang
ISBN-10 3-641-25552-X / 364125552X
ISBN-13 978-3-641-25552-7 / 9783641255527
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