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Das ist unser Geheimnis -  Peter Koletzki

Das ist unser Geheimnis (eBook)

Erinnerungen eines Hamburger Jungen
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
212 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-8932-5 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
7,49 inkl. MwSt
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Kindheit und Jugend im Hamburg der Nachkriegszeit. Erzählt aus der Perspektive des 1943 geborenen Jungen. Umzug in die kleine Neubauwohnung in Osdorf, Einschulung, Nachmittage auf dem Fußballplatz. Mit einer verblüffenden Detailfülle lässt uns der Roman in das Zeitkolorit der fünfziger Jahre und das Hamburg von damals eintauchen. Durch seine Gewitztheit, Klugheit und vor allem durch die große Liebe zu seiner Mutter wächst einem der Junge schnell ans Herz. Als die Mutter immer öfter gegen ein Leben rebelliert, das für sie vor allem Verzicht bedeutet, sieht er sich vor ganz neue Fragen gestellt.

Peter Koletzki, geb. 1943, arbeitete als Schiffsmakler in Hamburg. Er bekleidet eine Reihe von Ehrenämtern, seine Hobbys sind Sport, Reisen und Schreiben. 2017 erschien sein Buch: "Das Leben der Ursula Schulz. Auf den Spuren meiner Mutter."

NOTAR ARENDT


Am nächsten Tag machte meine Mutter schon beim Frühstück ein sehr ernstes Gesicht.

„Peterle, wir gehen heute Morgen zu einem Notar. Er heißt Arendt und hat sein Büro hier ganz in der Nähe. Ich erwarte mir gute Nachrichten von ihm. Wir hübschen uns jetzt mal richtig an, damit wir einen guten Eindruck machen.“

Es gab Augenblicke, in denen ich meine Mutter ganz besonders liebte. Das war so ein Moment. Sie konnte sich ein so unbeschwertes, glückliches Lächeln auf ihr Gesicht zaubern. Es war ihr anzusehen, wie sehr sie sich auf den Besuch freute.

Mit der Straßenbahn fuhren wir bis zum Bahnhof Altona. Das Gebäude war in einem schrecklichen Zustand. Von vorn konnte man zwei kleine Türmchen sehen, aber sämtliche Glasscheiben waren kaputt, die Mauern schwarz gefärbt vom Ruß.

Wir stiegen aus, und jetzt waren es nur noch wenige Schritte bis zum Büro des Notars. Meine Mutter faltete einen Briefbogen auseinander. „Ja, die Adresse stimmt noch, Bahnhofstraße 6“, murmelte sie vor sich hin.

Wir gingen zu dem Haus und klingelten an der Tür. Nichts regte sich. Meine Mutter sah hektisch auf die Uhr.

„Ach du liebe Güte – halb neun erst. Der wird noch gar nicht im Büro sein. Was machen wir denn jetzt? Peterle, ich hab keine Lust, hier durch die Gegend zu laufen. Wir setzen uns einfach auf die Treppe und warten. Sehr lang kann es nicht dauern.“

Während wir da nun saßen, versuchte sie mir zu erklären, welche Aufgaben ein Notar hat. Ich verstand das alles nur zur Hälfte, hatte aber den Eindruck, das wir gleich einen für uns sehr wichtigen Mann treffen würden.

Meine Mutter war außerordentlich nervös, und so gab ich mich mit den Erklärungen zufrieden. Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass sie recht unwillig werden konnte, wenn ich mit meinen Fragen zu aufdringlich wurde.

„Es kann nicht schaden, wenn du einen Diener machst und so bist wie immer“, versuchte sie mich mit einem Lächeln auf die Begegnung mit dem Notar vorzubereiten.

Nach einer halben Stunde öffnete sich die große Haustür, und eine junge Frau ging zielstrebig auf die Tür des Notariats zu. Erst im letzten Moment entdeckte sie uns in dem dunklen Treppenhaus.

„Was machen Sie denn hier?“, stieß sie überrascht und fast erschrocken hervor. „Wollen Sie zu Herrn Arendt? Der ist noch nicht da.“

Meine Mutter erhob sich. „Ja, es tut mir leid, dass wir Sie so überfallen. Wir sind erst gestern in Hamburg angekommen, und ich wollte so schnell wie möglich mit Herrn Arendt Kontakt aufnehmen.“

„Ja, also hier können Sie ja nicht sitzen bleiben.“ Damit drehte sie sich um und öffnete die Tür zum Büro. „Kommen Sie mal rein, ein halbes Stündchen werden Sie warten müssen. Einen Termin haben Sie nicht, das würde ich wissen, denn dafür bin ich hier auch zuständig.“

Sie führte uns in ein Wartezimmer und bot meiner Mutter eine Tasse Kaffee an. Ich bekam einen Saft. Meine Mutter guckte ständig auf die Uhr. Es war kurz nach neun Uhr, als Stimmengewirr auf dem Flur zu hören war.

„Was? Das ist ja eine Überraschung, fast schon Gedankenübertragung“, hörten wir eine fröhlich klingende männliche Stimme, und kurz darauf wurde die Tür zum Wartezimmer aufgerissen: „Ist das denn die Möglichkeit! Fräulein Schulz, wie schön, dass Sie da sind.“

Über die Schulter rief er: „Fräulein Hermann, ist der Brief an Fräulein Schulz schon fertig?“

„Ja, Herr Arendt, liegt in der Unterschriftenmappe, zusammen mit der Abrechnung.”

„Na, fabelhaft, dann kommen Sie mal gleich mit. Und wen haben wir da?“ Er schaute freundlich zu mir herunter.

Ich gab ihm die Hand, machte dabei einen Diener und sagte: „Ich heiße Peter Sssssulz“, denn ich neigte ziemlich zum Lispeln, was meine Umgebung im Gegensatz zu mir als sehr erheiternd empfand.

Auch er schmunzelte. „Ja, Verstärkung ist immer gut.“ Er schritt voran, und wir folgten ihm in sein Büro.

„Nehmen Sie bitte Platz. Ich kann Ihnen dann gleich mal vorlesen, was ich für Sie vorbereitet habe. Also, wirklich toll, dass Sie gerade jetzt kommen. Hätte kein besserer Zeitpunkt sein können.“

Er holte das Schreiben an meine Mutter aus der Mappe und schaute es sich genau an. Leise murmelnd las er es noch einmal durch, nickte und erklärte dann: „Wie Sie wissen, Fräulein Schulz, beträgt Ihr Erbanteil 9.500 Reichsmark. Das ist die Hinterlassenschaft Ihres verstorbenen Onkels, Herrn Peters, der in der Mörkenstraße gewohnt hat.

Das hört sich im ersten Moment ganz prima an, aber Ihnen ist sicher bekannt, dass es in den Westzonen eine Währungsreform gegeben hat. Diese Reichsmark nützen Ihnen heute nichts mehr. Aber Sie sollten auch wissen, Fräulein Schulz, selbst wenn Ihnen dieser Betrag bereits im letzten Jahr ausgezahlt worden wäre, hätten Sie dafür nichts Wesentliches mehr bekommen. Seien Sie also froh, dass die Abwicklung des Testaments eben doch länger gedauert hat, denn dadurch bekommen Sie jetzt zwar von der Summe her weniger, aber die Wertigkeit ist viel größer.

Ich weiß nicht, wann Sie angekommen sind. Fräulein Hermann sagte mir eben auf dem Flur, Sie seien erst seit gestern in Hamburg. Na, dann haben Sie vielleicht schon einen kleinen Überblick darüber bekommen, was Sie hier heutzutage für gutes Geld alles kaufen können. Mit Reichsmark wäre das nicht gegangen.

Also, zurück zum Thema. Unsere Wirtschaftsexperten haben einen gesetzlichen Umrechnungskurs festgelegt, das heißt 100 Reichsmark entsprechen einem Gegenwert von 6 Deutsche Mark und 50 Pfennig. In Ihrem Fall heißt das, die 9.500 Reichsmark entsprechen 617 Deutsche Mark und 50 Pfennige.“

Er unterbrach sich, als er merkte, dass meine Mutter ihn immer verständnisloser ansah. „Entschuldigen Sie bitte, Fräulein Schulz, ich überfalle Sie mit diesem bürokratischen Kauderwelsch, und womöglich verstehen Sie kein Wort von dem, was ich erzähle. Haben Sie mich denn so weit verstanden?“

„Ja, ja, machen Sie weiter, Herr Arendt. Ich melde mich, wenn ich etwas nicht verstehe.“

„Gut, also leider gibt es hierzulande nun auch noch eine notarielle Kostenerstattung, Fräulein Schulz, die mich berechtigt, gemäß Tarifordnung meine Kosten für die Abwicklung der Erbschaft in Abzug zu bringen.“

Er seufzte tief auf und schaute meine Mutter und mich abwechselnd an. Kopfschüttelnd sagte er: „Was für ein Schwachsinn. Ich bring das nicht übers Herz. Egal. Fräulein Schulz, ich zahle Ihnen diesen Betrag aus. Sollen sich die Leute ihre Gebührenordnung an den Hut stecken. Mir wird schon etwas einfallen. Also, reden wir lieber über die weitere Vorgehensweise. Ich werde Ihnen jetzt einen Barscheck über einen Betrag von 617,50 Deutsche Mark ausstellen. Eigentlich lasse ich Sie sehr ungern damit durch die Gegend laufen, das ist wirklich viel Geld. Wo sind Sie überhaupt untergebracht? Hat Ihre Tante Hermine Sie so aufgenommen, wie Sie sich das erwartet haben? Sehen Sie, Fragen über Fragen, die ich stelle und deren Antworten mich brennend interessieren. Äh, können wir uns nicht noch einmal verabreden? Das müssen wir ja nicht alles hier im Büro besprechen. Vielleicht irgendwie bei einem Glas Wein oder so. Was meinen Sie?“

Meine Mutter konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, wie dieser arme Mann, der doch so nett war, herumstammelte. Stolz stellte ich fest, dass der Mann meine Mutter auch ziemlich hübsch fand.

„Herr Arendt, ja, sicher, meinetwegen können wir uns treffen. Aber ich bin noch nicht da, wo ich eigentlich mit meinem Sohn sein möchte. Das hat besondere Gründe, und da sind wir beide sicher einer Meinung, darüber möchte ich nicht gerade hier in der Kanzlei mit Ihnen sprechen. Es gibt bestimmt bessere Möglichkeiten.“

„Sehr schön, Fräulein Schulz, sehr schön.“

Warum war der Mann bloß so nervös, dachte ich mir. Irgendwie verbreitete er eine Unruhe, die ich gar nicht vertragen konnte. Ich zupfte meine Mutter am Ärmel. „Mami, können wir bald wieder los?“

Aufgeschreckt schauten mich die beiden an, als wenn ihnen jetzt erst einfallen würde, dass ich auch noch da war.

„Ja, Peterle, der Herr Arendt gibt mir jetzt noch Unterlagen mit, und dann gehen wir wieder.“

„Sie müssen entschuldigen, Herr Arendt“, wandte sie sich an den Mann, „aber es ist so vieles fremd für uns beide. Wir sind noch nicht richtig angekommen, und ich will für mich und meinen Jungen ein ruhiges, sicheres Plätzchen finden.“

„Wir sind auch gleich fertig, Fräulein Schulz. Warten Sie.“ Er unterschrieb mit einer schwungvollen Handbewegung ein Stück Papier und reichte es meiner Mutter.

„Diesen Scheck können Sie jetzt bei jeder Bank oder Sparkasse einlösen. Aber wie schon erwähnt,...

Erscheint lt. Verlag 17.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7504-8932-7 / 3750489327
ISBN-13 978-3-7504-8932-5 / 9783750489325
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