Eine flexible Architektur für verteilte Netzwerktestbeds -  Dennis Schwerdel

Eine flexible Architektur für verteilte Netzwerktestbeds (eBook)

Genehmigte Dissertation
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2020 | 1. Auflage
276 Seiten
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978-3-7504-8545-7 (ISBN)
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Die Zielsetzung dieser Arbeit ist es, eine generische und flexible Architektur für verteilte Testbeds im Bereich der Netzwerkforschung zu schaffen, die unter den Rahmenbedingungen einer stark verteilten Infrastruktur mit mehreren Anbietern und zahlreichen Nutzern und heterogenen Ressourcen unter Einsatz von verschiedenen Technologien u. a. zur Virtualisierung eine hohe Effizienz bei der Nutzung dieser Ressourcen erreicht und ihre Nutzer bei der Durchführung ihrer Experimente unterstützt und ihnen einen hohen Mehrwert bietet.

Dennis Schwerdel hat sein Studium der Informatik an der TU Kaiserslautern 2008 mit Diplom abgeschlossen. Von 2009 bis 2017 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Kaiserslautern bei der AG Integrierte Kommunikationssysteme von Professor Dr. Müller sowie am Regionalen Hochschulrechenzentrum. In dieser Zeit hat Herr Schwerdel an zahlreichen Forschungsprojekten mitgewirkt. Unter anderem hat er in einem deutschlandweiten Forschungsprojekt im Bereich Future Internet mitgewirkt und neben einem Forschungsthema zur Architektur des Internets die technische Leitung der Experimentalumgebung des Projektes übernommen. In dieser Stellung hat Herr Schwerdel seine Forschungsrichtung zu Netzwerktestbeds gewechselt und für das Projekt ein neuartiges Testbed entwickelt.

Kapitel 1


Einführung

1.1 Motivation

Das Internet ist für die moderne Lebensweise essenziell wichtig. Während das Internet am Anfang der 90er Jahre nur wenigen Menschen ein Begriff war und damals im alltäglichen Leben praktisch keine Rolle spielte, so ist nicht einmal 30 Jahre später das Internet aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Heutzutage nutzen in Europa 85 % der Bevölkerung das Internet [ITU17]; die Nutzungsrate bei Deutschen unter 50 Jahren beträgt über 95 % [MBM+15]. Weltweit nutzt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung das Internet und der Anteil steigt, insbesondere auch in Entwicklungsländern, weiterhin stark an.

Das Internet hat innerhalb weniger Jahre verschiedene Bereiche des Alltags radikal verändert. Soziale Netzwerke und Messagingdienste verändern die Art, wie Menschen kommunizieren. Wissensdatenbanken wie Wikipedia verschaffen Menschen weltweit kostenlosen Zugang zu Wissen aller Art. Onlinemedien und Nachrichtendienste wie Twitter beeinflussen, welche Informationen wir erhalten und wie wir diese konsumieren. Onlineshopping verändert die Art wie wir Produkte auswählen und kaufen und ermöglicht es Unternehmen, völlig neue Märkte zu erschließen und neuartige Produkte zu vertreiben. Die Geschwindigkeit und Stärke, mit der das Internet unsere Gesellschaft verändert, ist atemberaubend und übertrifft selbst Meilensteine der Menschheitsgeschichte wie die Erfindung des Buchdrucks, der Elektrizität oder des Verbrennungsmotors.

Die Entwicklung des Internets ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Informationen, Dienste und Produkte, die über das Internet angeboten werden, unterliegen einer stetigen Veränderung und Weiterentwicklung, sodass es fast unmöglich ist, das Internet in 10 Jahren vorherzusagen. Um dieser stetigen Weiterentwicklung auf Anwendungsebene standzuhalten, muss die Architektur des Internets ebenfalls weiterentwickelt werden, um zu verhindern, dass das Internet an seinem eigenen Erfolg, seinem eigenen Wachstum kollabiert [Car96]. Die Forschung an den Grundlagen des Internets und seiner Architektur ist daher von essenzieller Bedeutung für die weitere Entwicklung unserer modernen Gesellschaft.

Das Internet besteht aus Millionen vernetzter Systeme, die zwar jeweils autonom agieren aber sich zu einem größeren Ganzen, einem verteilten Netzwerk, zusammenschließen. Ähnlich zum Schwarmverhalten einiger Tierarten zeigt auch das digitale Netzwerk autonomer Systeme ein komplexes Gesamtverhalten, das auf den einzelnen Verhaltensmustern der Teilnehmer beruht. In der Wissenschaftstheorie nutzt man auch den Begriff „Emergenz“ für dieses Gesamtverhalten. Wikipedia definiert den Begriff folgendermaßen [Wik18]:

„Die Emergenz (lateinisch emergere ‚Auftauchen‘, ‚Herauskommen, ‚Emporsteigen‘) ist die Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften des Systems nicht – oder jedenfalls nicht offensichtlich – auf Eigenschaften der Elemente zurückführen, die diese isoliert aufweisen.“

Die emergenten Eigenschaften des Internets haben daher das inhärente Problem, nicht analytisch greifbar zu sein1. Daher steht die Netzwerkforschung vor dem grundlegenden Problem, das Internet nur durch Simulationen und realistische Versuchsanordnungen untersuchen und erforschen zu können. Da Simulationen die Realität nur sehr begrenzt abbilden, ist es oft unumgänglich neue Technologien für das Internet in eigenen Versuchslaboren oder gar in Teilbereichen des Internets zu erproben.

Die zur Entwicklung und Erprobung notwendigen technischen und finanziellen Aufwände hemmen oft Forschungsvorhaben und behindern so den dringend nötigen Fortschritt in diesem Bereich. Als eine Lösung dieses Problems werden seit einigen Jahren größere Testbeds für die Netzwerkforschung betrieben in denen Forschungsprojekte Neuerungen für das Internet entwickeln und erproben können.

Obwohl diesen Testbeds eine wichtige Rolle in der Netzwerkforschung zukommt, existieren nur wenige teilweise hochspezialisierte Testbeds. Diese Testbeds sind größtenteils recht unflexibel und nutzen ihre Ressourcen meist nur sehr ineffizient zur Durchführung von Netzwerkexperimenten. Der Stand der Technik bei Netzwerktestbeds ist noch nicht sehr weit entwickelt und das Potenzial an möglichen Verbesserungen sehr hoch. Wenn man die Wichtigkeit, der in diesen Testbeds durchgeführten Experimenten und deren mögliche Auswirkungen auf unsere zukünftige Gesellschaft bedenkt, stellen Netzwerktestbeds eine Schlüsselkomponente der zukünftigen Entwicklung dar, die bisher deutlich zu wenig Beachtung findet.

1.2 Begriffsdefinition “Testbed”

Der Begriff Testbed stammt aus dem Englischen und ist laut Merriam-Webster [MW17] definiert als:

„a vehicle (such as an airplane) used for testing new equipment (such as engines or weapons systems); broadly: any device, facility, or means for testing something in development“

Während die engere Wortbedeutung klar erkennbar aus dem Bereich des Maschinenbaus stammt und hier nicht angewendet werden kann, kann das Wort gemäß der erweiterten Wortbedeutung als ein Gerät, eine Plattform oder ein Mittel, um etwas im Entwicklungsstadium zu testen auch im Bereich Netzwerke verwendet werden.

So beschreibt der Begriff Testbed in diesem Bereich eine Plattform zur Durchführung von Experimenten mit und in vernetzten Systemen. Hierzu bilden die Testbeds als Testumgebung reale Umgebungen vernetzter Systeme nach und erlauben so die Durchführung von Experimenten in einer realitätsnahen Umgebung.

Gerade der Bereich der Netzwerkforschung stellt besondere Herausforderungen an Testbeds. Da hier verteilte und vernetzte Systeme Gegenstand der Forschung sind, muss ein Testbed die Verteiltheit eines weltweiten Datennetzes, wie des Internets mit all den daraus resultierenden Aspekten nachbilden können.

Testbed oder Experimentalplattform

Feldmann et al. [Fel07] unterscheidet Testbeds und Experimentalplattformen dadurch, dass Testbeds im Gegensatz zu Experimentalplattformen ein vorgegebenes Ziel verfolgen und sich so nicht für die Erforschung und Entwicklung von neuen Strukturen mit unbekanntem Resultat eignen. Dieser Unterscheidung steht allerdings der fachspezifische Sprachgebrauch, insbesondere im Englischen, entgegen, der Testbeds und Experimentalplattformen (engl. „experimental facilities“) synonym verwendet2. Die von Feldmann vorgenommene Unterscheidung basiert wohl auf der Übersetzung des Wortes „Testbed“ als „Prüfstand“ nach Langenscheidt wohingegen eine alternative Übersetzung als „Testumgebung“ hier angebrachter wäre3 und diese Unterscheidung, genau wie im Englischen, nicht mehr erlaubt. Im Folgenden werden die beiden Begriffe „Testbed“ (in der Bedeutung von Testumgebung) und „Experimentalplattform“ dem gängigen Sprachgebrauch folgend synonym verwendet.

Praktische Experimente als Säule des wissenschaftlichen Arbeitens

Neben theoretischer Analyse und rechnergestützter Simulation stellen praktische Experimente eine der drei Säulen der Forschung dar. So schreibt auch Fey [Fey08]:

„Die Simulation ist neben der mathematischen Analyse und dem Experiment in der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschung zur dritten Säule des wissenschaftlichen Arbeitens geworden.„

Während die theoretische Analyse Zusammenhänge und Funktionsweisen aufzeigen und darauf aufbauend Vorhersagen treffen kann, können diese nur in einem praktischen Experiment verifiziert werden. Simulationen bieten ein Bindeglied zwischen mathematischer Analyse und praktischem Experiment. In Simulationen können Aspekte untersucht werden, die sich durch ihre Komplexität und Größe, sowohl einer mathematischen Analyse, als auch einem praktischen Experiment, entziehen.

Die Aufgabe eines Testbeds ist es, eine möglichst reale Umgebung bereitzustellen, in der möglichst große und komplexe praktische Experimente durchgeführt werden können und für die Verzahnung mit der mathematischen Analyse und der rechnergestützten Simulation einen möglichst nahtlosen Übergang zu ermöglichen.

1.2.1 Kriterien für die Kategorisierung von Testbeds


Es gibt zwar keine allgemeine Kategorisierung von Testbeds aber es lassen sich dennoch Testbeds anhand einiger charakteristischer Kriterien unterscheiden. Diese Kriterien können für eine Kategorisierung von Testbeds genutzt werden.

Übertragungstechnologie

Das wohl wichtigste Kriterium zur Unterscheidung von Testbeds ist die den Testbeds zugrunde liegende Technologie der Netzwerkanbindung. Während viele Testbeds auf einer kabelgebundenen Netzwerkanbindung basieren, gibt es auch zahlreiche Testbeds für drahtlose Technologien, wie Wireless LAN, diverse Funktechnologien wie LTE oder 5G oder aber auch Technologien für...

Erscheint lt. Verlag 4.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Mathematik / Informatik Informatik
ISBN-10 3-7504-8545-3 / 3750485453
ISBN-13 978-3-7504-8545-7 / 9783750485457
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