Partikeldeposition in der Kinderlunge -  Robert Sturm

Partikeldeposition in der Kinderlunge (eBook)

Theoretische Modellrechnungen zur Teilchenablagerung in präadulten Luftwegen

(Autor)

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2019 | 1. Auflage
112 Seiten
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978-3-7504-5603-7 (ISBN)
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Die Inhalation und intrapulmonale Deposition von verschiedenen Teilchen aus der Umgebungsluft stellen seit vielen Jahrzehnten bedeutende Forschungsbereiche der Lungenmedizin dar. Etliche über die Atmung aufgenommene Partikel gelten mittlerweile als gut klassifizierbare Auslöser unterschiedlicher Lungenkrankheiten. In der näheren Vergangenheit wurde das Hauptaugenmerk der medizinischen Forschung vermehrt auf die Wirkung inhalierter Teilchen in der Kinderlunge gelegt, da junge Probanden in zahlreichen Situationen einer stärkeren Partikelexposition als Erwachsene ausgesetzt sind. Das Buch präsentiert theoretische Modelle zur Vorhersage der Teilchenablagerung in den Lungen unterschiedlich alter Kinder. Dabei wird der Versuch der Herausarbeitung einer eventuellen Altersabhängigkeit der totalen, regionalen und lokalen Deposition unternommen.

Mag. mult. Dr. Robert Sturm, Jahrgang 1971, studierte Erdwissenschaften, Biologie und Physik an der Universität Salzburg und promovierte bei Prof. Dr. Werner Hofmann am Institut für Physik und Biophysik. Seine biophysikalischen Forschungen führten ihn auf das Gebiet der Teilchendeposition und -clearance in der menschlichen Lunge, wo er in zahlreichen Publikationen den Zusammenhang zwischen Ablagerungsintensität und Alter der Probanden diskutierte. Nach Postdoc-Forschungen auf den Gebieten der medizinischen Physik und Bioinformatik arbeitet er seit 2005 als freier Wissenschaftler in Verbindung mit der Universität Salzburg.

1.2 Morphometrie der menschlichen Lunge


In der präadulten Phase zeichnet sich der menschliche Respirationstrakt durch sein kontinuierliches Wachstum aus. Wie anhand umfangreicher morphometrischer Studien demonstriert werden konnte, erfahren sowohl die einzelnen Luftwegsdimensionen (Länge, Durchmesser) als auch die für den Atmungsprozess essenziellen Lungenvolumina eine stetige Vergrößerung [18, 71-80]. Die innerhalb der Entwicklungsphase stattfindende Steigerung einzelner Kapazitätswerte ist insbesondere auf eine signifikante Vermehrung der Alveolen zurückzuführen, welche den weitaus größten Teil der Inhalationsluft aufzunehmen vermögen [1-10, 18].

Für eine geeignete theoretische Darstellung der Teilchendeposition in den Lungen von Kindern unterschiedlichen Alters ist es zunächst notwendig, verlässliche Skalierungsverfahren zu entwickeln, welche die Lungengrößen einzelner Probanden mit hinreichender Genauigkeit abzubilden vermögen. In der Regel gelangt für die Definition altersspezifischer Lungenmorphometrien ein Skalierungsfaktor zum Einsatz, der aus unterschiedlichen mathematischen Näherungsprozessen gewonnen werden kann. Dieser ist entweder für alle Luftwegsgenerationen als konstant zu erachten oder durch eine intraspezifische Variabilität gekennzeichnet [72]. Während im ersten Fall zumeist lediglich eine grobe Approximation der kindlichen Lungengröße erreicht wird, liegt im zweiten Fall häufig eine sehr gute Anpassungsgüte mit entsprechend hohem Realitätsbezug der errechneten Lungengröße vor [18]. In den folgenden Abschnitten sollen zwei unterschiedliche mathematische Verfahren zur Berechnung von Skalierungsfaktoren vorgestellt werden. Die erste Rechenmethode leitet diese morphometrische Größe direkt von der Körperlänge des jeweiligen Probanden ab, wohingegen die zweite Methode die funktionelle Residualkapazität als Bezugsgröße für die betreffenden Kalkulationen verwendet. Beide Ansätze liefern schlussendlich Parameter, welche Werte zwischen 0 und 1 annehmen und als multiplikative Faktoren in die Skalierungsberechnungen einfließen.

1.2.1 Lungenskalierung auf Basis der Körperlänge

Ein relativ simples Skalierungsprinzip, welches insbesondere in der Lungendosimetrie seine häufige Verwendung findet, stellt eine Beziehung zwischen Körperlänge und Lungengröße des betrachteten Probanden her. Der Skalierungsfaktor (SF) lässt sich hierbei konkret mithilfe der Formel

ermitteln, wobei HS die Körperlänge des Untersuchungssubjekts in Metern bezeichnet, wohingegen a einen spezifischen Koeffizienten repräsentiert, welcher für Durchmesser- und Längenskalierung unterschiedliche Werte annimmt und darüber hinaus von Luftwegsgeneration 0 (Trachea) bis 8 (Bronchien) durch eine deutliche Variabilität gekennzeichnet ist (Tab. 1). Da für höhere Luftwegsgenerationen keine Daten für den Koeffizienten a bereitgestellt wurden, empfiehlt sich hier die Anwendung eines alternativen Skalierungsverfahrens oder die Benutzung eines aus den übergeordneten Generationen gewonnenen Mittelwertes [18, 71, 72, 81].

T1

Luftwegsgeneration (z) Koeffizient (a)
Durchmesser Länge
0 — Trachea 0,540 0,559
1 — Hauptbronchien 0,530 0,468
2 — Bronchien 0,507 0,474
3 — Bronchien 0,489 0,502
4 — Bronchien 0,429 0,431
5 — Bronchien 0,441 0,476
6 — Bronchien 0,452 0,441
7 — Bronchien 0,405 0,359
8 — Bronchien 0,333 0,273

Variation des in Glg. (1) verwendeten Koeffizienten a je nach betrachteter Luftwegsgeneration und geometrischer Größe [18, 81].

Für umfassendere Lungenskalierungen mit anschließenden Depositionsberechnungen ist es oftmals notwendig, eine einfache mathematische Beziehung zwischen Alter und Körperlänge der einzelnen Probanden zu definieren. Wie zahlreiche in der Vergangenheit getätigte Untersuchungen recht deutlich zeigen, beträgt die mittlere Körperlänge des Menschen bei dessen Geburt etwa 50 cm. In weiterer Folge tritt ein kontinuierliches Längenwachstum ein, welches bei Knaben und Mädchen bis zum dreizehnten Lebensjahr ungefähr gleich schnell abläuft. Zwischen vierzehntem und achtzehntem Lebensjahr treten zwischen den Geschlechtern entsprechende Differenzen in diesem Entwicklungsprozess auf [18, 82].

Wenn man sich konkret die Körperlängenentwicklung hellhäutiger europäischer Kinder vor Augen führt, bekommt man einen typischen Wachstumsverlauf mit höheren Wachstumsraten am Anfang des Prozesses und niedrigeren Wachstumsraten in dessen Endphase präsentiert (Abb. 7). Für das nach Glg. (1) definierte Lungenskalierungsverfahren empfiehlt sich eine Approximation der Mittelwertsdaten unter Zuhilfenahme regressiver Verfahren. Dabei kann beispielsweise eine simple Polynomfunktion zweiten Grades zur Anwendung gelangen, welche die Datenpunkte mit einer Güte von 98,5 % abzubilden vermag. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass die mittlere Körperlänge bei US-amerikanischen Kindern teils deutlich über jener der europäischen Kinder liegt [18], so dass von einer generellen Verwendung der unter aufgezeichneten Daten abzusehen ist.

A7

Altersbedingte Zunahme der Körperlänge bei europäischen Kindern. Die Mittelwertsdaten wurden mit einem Polynom 2. Grades gefittet. Die Unsicherheiten wurden durch die Standardabweichungen definiert.

Im nachfolgenden Beispiel ist die Größenentwicklung der menschlichen Trachea nachgezeichnet, wobei für die Berechnung der morphometrischen Daten sowohl auf Glg. (1) als auch auf die in Abb. 7 geplotteten Datenpunkte zurückgegriffen wurde. Aus Ausganswerte für die Kalkulationen wurden die adulten Luftröhrendimensionen aus dem Lungenmodell A von Weibel [83] herangezogen, welche sich auf 1,8 cm (Durchmesser) und 12,0 cm (Länge) belaufen. Diese beiden Werte wurden mit altersspezifischen, auf den jeweiligen Körperlängen basierenden Skalierungsfaktoren multipliziert, was jene in Abb. 8 präsentierten Datenpunkte zur Folge hatte.

Dem nachstehenden Diagramm zufolge kann bei Menschen im Alter zwischen 0 und 15 Jahren eine Zunahme des trachealen Durchmessers von 0,57 auf 1,60 cm beobachtet werden. Die Länge der Luftröhre steigert sich im gleichen Altersintervall von 3,53 auf 10,59 cm. Die Abweichungen von diesen Mittelwerten nehmen für gewöhnlich maximale Werte von +/-10 % an. Anhand des hier gezeigten Beispiels lässt sich bereits sehr eindrucksvoll demonstrieren, dass die Luftwegsdimensionen insgesamt einer signifikanten Steigerung unterliegen und einen sehr ähnlichen Wachstumsverlauf wie die Körperdimensionen zeigen. Ab einem Alter von ungefähr 20 Jahren darf der respiratorische Trakt sowohl bei Männern als auch bei Frauen als vollständig ausgewachsen betrachtet werden. Eventuelle Änderungen der Lungenmorphometrie sind hier in erster Linie auf Erkrankungen des Bronchial- oder Alveolarsystems (chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Emphysem usw.) zurückzuführen [84-93]. Auch der Alterungsprozess führt oftmals zu einer teils sehr deutlichen Reduktion verschiedener Lungenvolumina und damit verbundener Kapazitätswerte.

A8

Entwicklung der trachealen Dimensionen (Durchmesser, Länge) bei jungen Menschen zwischen 0 und 15 Jahren. Hier gelangten jene zuvor vorgestellten Modellbetrachtungen zur Anwendung ( Durchmesser; • Länge).

1.2.2 Lungenskalierung auf Basis der funktionellen Residualkapzität

Ein alternatives Verfahren zur Bestimmung einer altersspezifischen Lungengröße basiert auf der sogenannten funktionellen Residualkapazität. Darunter versteht man im Allgemeinen jenes Luftvolumen, welches in der Lunge nach dem Vorgang des Ausatmens verbleibt. Anders ausgedrückt handelt es sich hierbei auch um jene Luftmenge, die während der Normalatmung nicht aus dem respiratorischen Trakt zu entweichen vermag. Aus lungenphysiologischer Sicht ist die funktionelle Residualkapazität (FRC) als Summe des Residualvolumens (RV) und des exspiratorischen Reservevolumens (ERV) zu begreifen. Das Residualvolumen beschreibt die in der Lunge verbleibende Luftmenge nach maximaler Exhalation. Dieses Volumen verbleibt dauerhaft im Respirationstrakt und sorgt unter anderem für dessen Stabilisierung. Das...

Erscheint lt. Verlag 16.12.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Naturwissenschaften Physik / Astronomie
ISBN-10 3-7504-5603-8 / 3750456038
ISBN-13 978-3-7504-5603-7 / 9783750456037
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