Nichts ist die Wahrheit -  Sophie van Lindern

Nichts ist die Wahrheit (eBook)

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2019 | 1. Auflage
264 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-4741-7 (ISBN)
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Klassentreffen 20 Jahre nach dem Abitur in Flensburg. Das weckt Nostalgie und Neugier: Was haben die Schulkollegen seither gemacht? Die Feier endet jäh, weil einer der Gäste ermordet wird, ein Mann mit undurchsichtiger Vita. Geht es um eine offene Rechnung von damals? Was ist wahr an den alten Erinnerungen und was Illusion und Selbstbetrug? Kriminalhauptkommissar Stefan Kleyn ermittelt, unterstützt von Carla Moreno, denn sie kennt die Beteiligten bestens aus ihrer Schulzeit.

1.


Es war im Oktober, ein ungewöhnlich warmer Herbsttag in Angeln, im nördlichen Schleswig-Holstein, fast schon ein wenig schwül und sommerlich. Wer es sich leisten konnte, genoss im Freien die Sonnenstrahlen und schaltete in den Ruhemodus. Auch Carla Moreno. Sie saß gemütlich auf der Terrasse ihrer alten Villa am Langensee, sortierte Belege für ihre Steuererklärung und schaute immer wieder auf das spiegelglatte Wasser. Da sah sie, dass jemand im Laufschritt über den schmalen Uferpfad zu ihrem Haus hinaufeilte. Sie schaute genauer hin: Das war Melissa Meerbusch, ihre Freundin. Sie wirkte aufgeregt oder sogar aufgebracht und schwenkte ein Stück Papier in der Hand. Auf der Terrasse angekommen, ließ sie sich grußlos und schwer durchatmend in einen Gartensessel fallen. »Das ist eine absolute Frechheit!«, keuchte sie und ließ das Stück Papier auf den Tisch fallen. »Eine Gemeinheit! Natürlich gehe ich da nicht hin.« Sie deutete auf den Zettel. Ihre Freundin Carla lächelte und mahnte: »Durchatmen, Melissa, ruhig bleiben – worum geht es denn eigentlich?«

»Stell dir vor, ich habe Post bekommen – von unserer früheren Klassenkameradin Luise Bergmann.« Carla zog fragend die Augenbrauen hoch. »Luise, du weißt doch, die Tochter des Internisten Ludwig Bergmann, Gründer der Klinik Rosenberg, diese arrogante Ziege, die über mich immer wegen meiner Eltern und ihrer Schlachterei hergezogen hat und über dich wegen der Insolvenz deines Vaters.« Carla nickte bedächtig. Ja, sie erinnerte sich an diese Luise. Das war über zwanzig Jahre her. Aber was wollte die jetzt? Carla wartete geduldig auf weitere Aufklärung. »Sie hat mir eine Einladung zum Klassentreffen geschickt, zwanzig Jahre Abitur. Und auch noch so kurzfristig. Für diesen Freitag.« »Ja und?« Carla war irritiert. Melissa fuhr fort: »Sie schreibt, dass du ausdrücklich nicht eingeladen bist, weil du ja nur ein gutes Jahr in unserer Klasse warst. Und außerdem wisse ja niemand, wo du abgeblieben seist.« Melissa atmete empört durch. »Ich schicke ihr eine Mail, dass ich dann auch nicht komme. Was bildet die sich ein.« Sie reichte Carla den Brief. Die las die Einladung an die Klassenkameraden und den Zusatz, dass sie als Gast nicht willkommen sei.

Carla sah auf und versuchte, sich genauer an Luise zu erinnern. Das war ein hübsches, aber überaus intrigantes Mädchen gewesen, das sich seine Freunde nur nach potenziellem Nutzen aussuchte und gegen Mitschüler, die für sie uninteressant waren, subtiles Mobbing organisierte. Carla Moreno, die vor ihrer Heirat mit Juan Moreno-Serna Charlotte von Roehl geheißen hatte, war für die Arzttochter ein besonders willkommenes Opfer gewesen, weil sie in den Monaten vor dem Abitur ihr nobles Internat in der Schweiz verlassen und auf die staatliche Schule in Flensburg wechseln musste, nachdem ihr Vater mit seinem Gutsbetrieb in die Insolvenz gegangen war.

Zudem wohnte Charlotte in der Fördestadt in einer kleinen Etagenwohnung bei einer früheren Angestellten des Familien-Gutes Ahrenberg. Das war willkommener Stoff für die boshafte Luise, die Charlotte als Pleite-Prinzessin und Billig-Baronesse verhöhnt hatte. Obwohl sie eigentlich selbst gern einen Adelstitel gehabt hätte. Zusätzlich zum Vermögen ihres Vaters selbstverständlich.

Geradezu hasserfüllt war die Klassenkameradin gewesen, nachdem Carla sie in einem günstigen Moment ohne Zeugen in der Umkleide der Turnhalle kalt abgeduscht hatte. Frisur, Make-up und Markenkostümchen waren ruiniert. Dennoch – Luises Beschwerde beim Schuldirektor Hartwig Münstermann blieb folgenlos, weil Charlotte mit frommem Augenaufschlag schwor, unschuldig zu sein. So bekam die fiese Luise zur kalten Dusche noch einen Verweis, weil ihre Attacken auf Charlotte in der Schule bekannt waren und man ihr die Verleumdung eher zutraute als der Beschuldigten den Überfall. Eine schmerzhafte Niederlage für die verwöhnte Arzttochter. Immerhin ließ sie Charlotte danach in Ruhe.

Die Erinnerungen liefen wie ein Film vor Carlas Augen ab und sie lächelte. »Nein, Melissa, ich habe eine bessere Idee. Natürlich gehst du da hin. Schaue sie dir alle an, die da kommen. Frage sie aus, was sie erreicht und erlebt haben. Und mache Fotos – ich gebe dir meine kleine Kamera. Nimm alles auf und sage, dass du es für sie tust, weil du das Treffen in einem kleinen Bericht festhalten möchtest. Und danach setzen wir uns zusammen und sehen uns an, was aus ihnen geworden ist, wer es zu etwas gebracht hat und wer nicht. Und ob denn alles so golden ist, wie sie es schildern. Denn erfahrungsgemäß wird nirgendwo so hemmungslos gelogen wie beim Wiedersehen alter Bekannter nach langen Jahren.«

Melissa sah auf: »Ehrlich?« »Ehrlich«, sagte Carla. »Das wird ein Mordsvergnügen. Wir setzen uns zusammen, vergleichen die alten Erinnerungen und sichten die aktuellen Lebensläufe. Endlich ist hier wieder mal was los.« Melissa Meerbusch, die mit ihrem ruhigen Leben auf dem Gut Langen am Langensee auch ohne Aufregungen ganz zufrieden war, sah ihre Freundin prüfend an: »Du sehnst dich wohl wieder nach Mord und Totschlag. Dabei sind deine letzten Abenteuer doch erst wenige Monate vorbei!«

Carla lachte und überlegte schon, wie sie Daten und Fakten über die Schulkameraden von einst sammeln konnte. Der Blick in die Vergangenheit reizte sie. »Was ist denn eigentlich mit Conny und Elsa, ja und mit Thomas?« Auch die Steuerberaterin Cornelia Marten-Lorenzen und die Anwältin Elisabeth Fischer waren mit Melissa und Carla in eine Klasse gegangen, ebenso der Journalist Thomas Berner, der seit ein paar Monaten in einem der Bediensteten-Häuser auf Gut Langen lebte. Die vier Frauen waren mit Berner befreundet. »Wenn ihr vier zusammen hingeht, könnt ihr noch besser recherchieren.« Melissa zögerte. Doch dann schien ihr der Gedanke zu gefallen. »Du hast recht, das könnte ziemlich komisch werden. Ich sage zu. Und die drei anderen schleppe ich mit.«

Jetzt malten sie sich aus, was wohl aus den Mitschülern geworden war, die sie ein wenig besser kannten. Alle Namen fielen ihnen gar nicht mehr sofort ein. Sie versuchten gemeinsam, die Liste der 18 Kollegen aufzustellen, die mit ihnen zusammen in einer Klasse gesessen hatten. Da war neben ihnen und Conny noch Katharina van Heeren-Blum, geborene Müller, gewesen, mit der sie noch vor gut einem Jahr Kontakt gehabt hatten. Doch die Ärztin hatte nicht nur Melissa den Mann ausgespannt, sondern war danach auch noch nach Spanien entschwunden.

»Wie heißt die jetzt eigentlich, da der wirkliche Name ihres Ehemannes ja gar nicht van Heeren-Blum, sondern auch Müller lautete?«, fragte Melissa. »Wäre doch lustig, wenn die einstige Müller-Kati nun wieder Müller hieße, was sie ja nun wirklich nicht wollte. Aber die hat sicher schon wieder einen anderen geheiratet«, spekulierte Carla. »Die Suche nach ihr können wir getrost Luise Bergmann überlassen, der alten Giftspritze. Die beiden mochten sich doch damals schon und strebten im Gleichschritt nach einem Platz in der vornehmen Welt.«

Carla notierte die Namen. »Holger Grüner«, sagte sie. »Weißt du noch – der kam oft zu spät, weil er in der elften Klasse ein Verhältnis mit einer Hausfrau aus der Nachbarschaft der Schule hatte. Die Frau war schon über 30. Für uns war das damals steinalt.« Melissa schlug die Hände vors Gesicht. »Stimmt! Das war ein ganz hübscher Kerl, aber ein wenig zu klein.« »Und Jürgen Hold – erinnerst du dich – der wurde immer rot, wenn man ihn ansprach. Eigentlich nett, aber vollkommen verklemmt«, sinnierte Carla. »Ich glaube, der ist nach Italien gezogen, soll irgendetwas mit der Cinecittà in Rom zu tun haben. Oder gehabt haben«, ergänzte Melissa. »Die beiden, Holger und Jürgen, hingen immer zusammen. Und dann war da noch Ralf Koretzki, der hatte schon während der Oberstufenjahre immer Geschäfte gemacht, T-Shirts aus Thailand und allerhand anderes Zeug verkauft. Ich glaube, der ist Unternehmensberater geworden.«

So langsam kamen die Damen in Schwung und verfielen in Nostalgie. »Weißt du noch – Helmfried Harlander, was ist denn aus dem geworden? Der hat doch immer seine Bratsche mit sich herumgeschleppt und ungefragt überall seine Kunst zum Besten gegeben.« Carla kräuselte die Nase: »Ja, das war ein selbstverliebter Armleuchter. Und Leander Soest, der sich für einen großen Verführer hielt, ein elender Schleimer.« »Aber am schlimmsten«, sagte Melissa, »am schlimmsten von allen war diese Saskia Sund.« Carla holte tief Luft und schnaufte: »Eine widerliche Kuh. Die mochte nur einen Menschen auf der Welt – sich selbst.« »Und hat alle angeschwärzt, wenn sie etwas wusste. Ob die wohl auch kommt? Ach, Carla, das ist Sünde, wenn du nicht dabei bist. Wir würden uns krümmen vor Lachen.« »Melissa, du hast einen Auftrag. Mach die ultimative Recherche und dann legen wir los mit unserer Dokumentation. Darüber amüsieren...

Erscheint lt. Verlag 18.12.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7504-4741-1 / 3750447411
ISBN-13 978-3-7504-4741-7 / 9783750447417
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