Maigret und das Dienstmädchen -  Georges Simenon

Maigret und das Dienstmädchen (eBook)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
192 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70138-5 (ISBN)
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Félicie ist jung, naseweis und störrisch, und sie ist die Einzige, die Maigret die entscheidenden Hinweise geben kann, um den Mord an ihrem Dienstherrn Jules Lapin aufzuklären. Der pensionierte Buchhalter wurde am helllichten Tag in seinem Schlafzimmer ermordet. Ein einzelnes Glas steht noch auf dem Tisch in der Gartenlaube. Maigret ahnt, dass da noch ein zweites gewesen sein muss, aber Félicie ist kein einziges wahres Wort zu entlocken.

GEORGES SIMENON, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Liège, ist der 'meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, mit einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts' (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und über 150 Erzählungen), seine Rastlosigkeit und seine Umtriebigkeit bestimmten sein Leben: Um einen Roman zu schreiben, brauchte er selten länger als zehn Tage, er bereiste die halbe Welt, war zweimal verheiratet und unterhielt Verhältnisse mit unzähligen Frauen. 1929 schuf er seine bekannteste Figur, die ihn reich und weltberühmt machte: Kommissar Maigret. Aber Simenon war nicht zufrieden, er sehnte sich nach dem 'großen' Roman ohne jedes Verbrechen, der die Leser nur durch psychologische Spannung in seinen Bann ziehen sollte. Seine Romane ohne Maigret erschienen ab 1931. Sie waren zwar weniger erfolgreich als die Krimis mit dem Pfeife rauchenden Kommissar, vergrößerten aber sein literarisches Ansehen. Simenon wurde von Kritikern und Schriftstellerkollegen bewundert und war immer wieder für den Literaturnobelpreis im Gespräch. 1972 brach er bei seinem 193. Roman die Arbeit ab und ließ die Berufsbezeichnung 'Schriftsteller' aus seinem Pass streichen. Von Simenons Romanen wurden über 500 Millionen Exemplare verkauft, und sie werden bis heute weltweit gelesen. In seinem Leben wie in seinen Büchern war Simenon immer auf der Suche nach dem, 'was bei allen Menschen gleich ist', was sie in ihrem Innersten ausmacht, und was sich nie ändert. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.

GEORGES SIMENON, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Liège, ist der "meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, mit einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts" (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und über 150 Erzählungen), seine Rastlosigkeit und seine Umtriebigkeit bestimmten sein Leben: Um einen Roman zu schreiben, brauchte er selten länger als zehn Tage, er bereiste die halbe Welt, war zweimal verheiratet und unterhielt Verhältnisse mit unzähligen Frauen. 1929 schuf er seine bekannteste Figur, die ihn reich und weltberühmt machte: Kommissar Maigret. Aber Simenon war nicht zufrieden, er sehnte sich nach dem "großen" Roman ohne jedes Verbrechen, der die Leser nur durch psychologische Spannung in seinen Bann ziehen sollte. Seine Romane ohne Maigret erschienen ab 1931. Sie waren zwar weniger erfolgreich als die Krimis mit dem Pfeife rauchenden Kommissar, vergrößerten aber sein literarisches Ansehen. Simenon wurde von Kritikern und Schriftstellerkollegen bewundert und war immer wieder für den Literaturnobelpreis im Gespräch. 1972 brach er bei seinem 193. Roman die Arbeit ab und ließ die Berufsbezeichnung "Schriftsteller" aus seinem Pass streichen. Von Simenons Romanen wurden über 500 Millionen Exemplare verkauft, und sie werden bis heute weltweit gelesen. In seinem Leben wie in seinen Büchern war Simenon immer auf der Suche nach dem, "was bei allen Menschen gleich ist", was sie in ihrem Innersten ausmacht, und was sich nie ändert. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.

1 Holzbeins Beerdigung


Der Augenblick war sonderbar, und es hatte sich wohl wirklich nur um einen Augenblick gehandelt, um die Zeitspanne eines Traums, wie es heißt, auch wenn unsere Träume uns noch so lang erscheinen. Maigret hätte noch Jahre später genau auf die Stelle weisen können, an der es geschehen war, das Stück Gehsteig, auf dem er gestanden hatte, den Quaderstein, auf den sein Schatten gefallen war. Er hätte nicht nur die äußerlichen Gegebenheiten minutiös rekonstruieren können, sondern auch diesen unbestimmten Geruch und das Flimmern der Luft, die ihn an seine Kindheit erinnerten.

Zum ersten Mal in diesem Jahr verzichtete er auf seinen Mantel und befand sich schon um zehn Uhr morgens auf dem Land. Selbst seine dicke Pfeife schmeckte nach Frühling. Es war noch kühl. Maigret ging mit schwerem Schritt, die Hände in den Hosentaschen. Neben ihm Félicie, immer ein Stückchen voraus, denn während er einen Fuß vor den anderen setzte, musste sie zwei schnelle Schritte tun, um mitzuhalten.

Sie kamen an der hellroten Ziegelsteinfassade eines neuen Hauses vorbei. Im Schaufenster lagen verschiedene Gemüse, zwei oder drei Käsesorten und Blutwürste auf einer Steingutplatte.

Félicie eilte noch ein Stück voraus und streckte die Hand aus, um die Glastür aufzustoßen. Wahrscheinlich hatte die Ladenglocke diese seltsame Empfindung in ihm ausgelöst. Es war keine gewöhnliche Ladenglocke. Hinter der Tür hingen Metallröhrchen, und wenn jemand eintrat, schlugen sie gegeneinander und ließen eine zarte Melodie erklingen.

Als Maigret noch ein Kind war, hatte der Metzger im Dorf sein Geschäft renoviert und ein ähnliches Glockenspiel angebracht.

Auf einmal schien sich besagter Augenblick auszudehnen. Für eine unbestimmte Zeit entrückte Maigret dem Geschehen und betrachtete es aus der Ferne, ganz so, als steckte er nicht in dem Körper des schwerfälligen Kommissars, den Félicie hinter sich herzog.

Als hätte sich der Junge von damals dort irgendwo versteckt und größte Mühe, sich das Lachen zu verkneifen, während er die Szene beobachtete.

War das ein Spiel? Was hatte dieser gewichtige Mann mit der stattlichen Statur in dieser Spielzeugkulisse zu suchen? Im Schlepptau dieser Félicie mit ihrem lachhaften roten Hut, die schnurstracks aus einem Kinderbuch gesprungen sein könnte?

Sollte das etwa eine Untersuchung sein? Befasste er sich tatsächlich mit einem Mord und musste den Schuldigen finden, während die Vögel zwitscherten und das Gras in tauzartem Grün leuchtete? Während die Ziegelsteinfassaden in einem Bonbonrosa glänzten, überall Frühlingsblumen sprossen und selbst der Lauch im Schaufenster einem Blumenstrauß glich?

Ja, er sollte sich noch lange an diesen Augenblick erinnern, wenn auch nicht gern. Über viele Jahre hinweg würde man am Quai des Orfèvres die schöne Tradition pflegen, sich an einem heiteren Frühlingsmorgen mit gespieltem Ernst an Maigret zu wenden und zu sagen:

»Hören Sie, Maigret …«

»Was gibt es denn?«

»Félicie ist da!«

Und er würde diese magere Gestalt in ihrem übertriebenen Aufzug wieder vor sich sehen: die großen kurzsichtigen Augen, diese provokante Nase und vor allem dieser Hut, dieses unsägliche scharlachrote Ungetüm mit sumpfgrüner Feder, das auf ihrem Scheitel thronte.

»Félicie ist da!«

Ein Brummen. Man wusste genau, dass Maigret jedes Mal, wenn man ihn an Félicie erinnerte, wie ein grimmiger Bär zu brummen begann. Sie hatte ihm mehr zu schaffen gemacht als so mancher hartgesottene Ganove, den er ins Zuchthaus hatte wandern lassen.

An diesem Maimorgen war Félicie tatsächlich da! Über den Reklametafeln für Speisestärke und Metallputzmittel stand in gelben Buchstaben der Schriftzug: Mélanie Chochoi, Lebensmittel. Félicie stand in der Tür und wartete ungeduldig darauf, dass der Kommissar aus seiner Starre erwachte.

Endlich tat er einen Schritt, fand zurück in die Wirklichkeit und nahm den Faden seiner Ermittlungen im Mordfall Jules Lapie, genannt Holzbein, wieder auf.

Félicie musterte ihn mit einem argwöhnischen, ironischen Blick und wartete, wie schon den ganzen Morgen, auf seine Fragen. Hinter der Ladentheke stand Mélanie Chochoi, eine kleine, rundliche Frau, die ihre gefalteten Hände über den dicken Bauch gelegt hatte, und betrachtete das seltsame Paar, das der Kriminalkommissar und Holzbeins Dienstmädchen abgaben.

Maigret entließ kleine Wölkchen aus seiner Pfeife und blickte auf die braunen Regale voller Konservendosen. Dann schaute er durch das Fenster auf die Straße, die gerade gebaut wurde und von jungen, zarten Bäumchen gesäumt war, die man kurz zuvor gepflanzt hatte. Er zog die Uhr aus seiner Westentasche, seufzte und fragte endlich:

»Sie haben mir gesagt, dass Sie das Geschäft um Viertel nach zehn betreten haben, ist das richtig? Wieso können Sie sich so genau an die Zeit erinnern?«

Ein verächtliches Lächeln huschte über Félicies Lippen.

»Schauen Sie!«, antwortete sie.

Und als er neben ihr stand, deutete sie in das Hinterzimmer, in dem sich Mélanie Chochois Küche befand. Im Halbdunkel sah man einen Korbsessel mit einem roten Kissen, auf dem sich eine Katze mit rötlichem Fell zusammengerollt hatte. Darüber befand sich ein Regal an der Wand, auf dem ein Wecker zehn Uhr siebzehn anzeigte.

Félicie hatte recht. Sie hatte immer recht. Die Lebensmittelhändlerin wunderte sich bestimmt schon über die beiden.

»Was haben Sie gekauft?«

»Ein Pfund Butter. Bitte geben Sie mir ein Pfund Butter, Madame Chochoi. Der Herr Kommissar besteht darauf, dass ich alles genau so mache wie vorgestern! Es war die gesalzene, nicht wahr? Ach, und packen Sie mir doch auch noch ein Tütchen Pfeffer, eine Dose Tomaten und zwei Koteletts ein.«

Die Welt, in der sich Maigret an diesem Morgen wiederfand, war durch und durch sonderbar, und es kostete ihn große Mühe, sich nicht wie ein behäbiger Riese in einem Spielzeugland zu fühlen.

Wenige Kilometer von Paris entfernt hatte er das Ufer der Seine verlassen und war in Poissy den Hügel hinaufgestiegen. Plötzlich, inmitten einer Landschaft von Feldern und Obstgärten hatte er diese kleine eigenartige Welt entdeckt. Ein Schild, das am Rand einer neu angelegten Straße stand, kündigte die Siedlung an: Jeanneville.

Noch vor wenigen Jahren hatte es hier vermutlich nur Felder, Wiesen und kleine Wäldchen gegeben, wie überall in der Umgebung. Dann musste ein Geschäftsmann vorbeigekommen sein, dessen Frau oder Geliebte wahrscheinlich Jeanne geheißen hatte, und schon war diese im Entstehen begriffene kleine Welt zu ihrem Namen gekommen: Jeanneville.

Man hatte Straßen angelegt und Alleen mit zögerlich aufschießenden Bäumchen, deren zarte Stämme gegen Frost und Kälte mit Stroh umwickelt worden waren. Da und dort standen kleine Neubauvillen und Häuschen. Es war weder Dorf noch Stadt, sondern eine eigene, unfertige Welt. Zwischen den Häusern standen Lattenzäune, gähnte Brachland. Vollkommen überflüssige Gaslaternen säumten Straßen, die kaum mehr als ein Name auf blauem Schild waren.

Traumhaus, Villa Abendrot, Trautes Heim, Glück allein – jede Bruchbude trug ein verschnörkeltes Namensschild. Weiter unten lag der kleine Ort Poissy: Man blickte auf das silberne Band der Seine, auf der echte Lastkähne vorüberglitten, und auf Schienen, über die echte Züge fuhren. In der Ferne zeichneten sich auf einer Hochebene die Bauernhäuser und der Kirchturm von Orgeval ab.

In Jeanneville schien nur die alte Lebensmittelhändlerin echt zu sein, Mélanie Chochoi, die das Siedlungsvölkchen in einem Nachbarort aufgestöbert und der man einen nagelneuen Laden eingerichtet hatte, damit in dieser neuen Welt auch Handel betrieben werden konnte.

»Sonst noch etwas, meine Liebe?«

»Moment. Was habe ich am Montag noch gekauft?«

»Haarnadeln!«

Es gab alles bei Mélanie, Zahnbürsten und Puder, Petroleum und Ansichtskarten.

»Ich glaube, das war alles, oder?«

Maigret hatte sich inzwischen davon überzeugt, dass man vom Laden aus weder Holzbeins Haus noch den Weg sehen konnte, der um den Garten herumführte.

»Die Milch!«, erinnerte sich Félicie. »Ich hätte beinahe die Milch vergessen.«

Sie hatte ihr herablassendes Lächeln behalten, während sie dem Kommissar erklärte:

»Sie haben mir so viele Fragen gestellt, dass ich vergessen habe, meine Milchkanne mitzunehmen. Am Montag hatte ich sie jedenfalls dabei, nicht wahr, Madame Chochoi? Ich habe sie in der Küche stehen lassen, neben dem Gasherd. Eine blaue Kanne mit weißen Punkten.«

Über jedes Detail sprach sie mit Würde, als wäre sie die Kaiserin von China und über jeden Zweifel erhaben.

Sie war sehr bedacht darauf, nichts zu vergessen.

»Was habe ich am Montag noch zu Ihnen gesagt, Madame Chochoi?«

»Ich glaube, Sie haben mir gesagt, dass mein Zouzou Würmer hat, weil er immer seine Haare frisst.«

Zouzou war offenbar der Kater, der auf dem roten Kissen im Sessel döste.

»Ach, und Sie haben noch Ihre Filmzeitschrift Ciné-Journal und einen Heftchenroman gekauft.«

Am anderen Ende der Theke lagen farbenfrohe Illustrierte und Groschenromane. Félicie zuckte nur mit den Schultern.

»Was schulde ich Ihnen? Bitte beeilen Sie sich. Der Herr Kommissar besteht darauf, dass alles wie am Montag vor sich geht, und da bin ich nicht so lange geblieben.«

»Übrigens, Madame Chochoi«, mischte sich Maigret ein, »da wir gerade von Montagmorgen sprechen, ist Ihnen ein Auto aufgefallen, während Sie Mademoiselle...

Erscheint lt. Verlag 25.3.2020
Reihe/Serie Georges Simenon
Übersetzer Hansjürgen Wille, Barbara Klau, Bärbel Brands
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Dienstherrn • Kleingartensiedlung • Mord • Paris
ISBN-10 3-311-70138-0 / 3311701380
ISBN-13 978-3-311-70138-5 / 9783311701385
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