Inselgroll. Ostfrieslandkrimi -  Rita Roth

Inselgroll. Ostfrieslandkrimi (eBook)

(Autor)

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2019 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-108-4 (ISBN)
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Dr. Ferdinand Scholz liegt erstochen am historischen Anker von Norderney. Der blutige »Ankermord« auf der idyllischen ostfriesischen Insel gibt Rätsel auf, denn der charismatische Mediziner schien bei seinen Mitmenschen äußerst beliebt gewesen zu sein. Wer hatte einen solchen Groll auf den Inselarzt, dass er ihn brutal aus dem Leben riss? Und was bedeutet die Nachricht, die der Täter auf dem Brustkorb des Toten hinterließ? Gretje Blom nimmt die Ermittlungen auf und stößt auf dunkle Geheimnisse im Leben des Opfers...

Kapitel 2


 

Jan Berg verzog das Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen. Gretjes Anruf, begleitet von diesem dämlichen Klingelton, den er längst geändert haben wollte, passte ihm gar nicht in den Kram. Er war spät dran, ein Notruf hatte ihn aufge­schreckt und Gretje wollte wahrscheinlich nur quatschen.

»He! Gretje«, knurrte er einigermaßen freundlich. »Ich kann jetzt nicht. Ruf mich später an. Ein Notruf!«

»Wollte auch nur sagen, bin schon vor Ort. Und dich vorwarnen, weil …«

»Wo bist du?«, bellte er zurück.

»Am Tatort! Auf der Georgshöhe. Beim Anker.«

 

***

 

»Benimm dich wie ein echter Ostfriese und texte mich nicht voll«, fuhr Bea Bissick ihren Kollegen, Hauptkommissar Jan Berg, an. Mit Blaulicht war er am Campingplatz vorgefahren, um sie abzuholen. »Normalerweise seid ihr Ostfriesen doch als mundfaul verschrien.« War es nicht schlimm genug, dass er sie zu nachtschlafender Zeit aus dem Schlafsack geholt hatte? Na gut, gestand sie sich ein, so früh war es nicht mehr. Aber wie konnte er als erfahrener Inselpolizist so blöd sein, den Campern durch diese Aktion heißen Gesprächsstoff zu liefern? Auf dem Platz konnte sie nicht länger bleiben. Das dumme Geschwätz der Campingclique war ohnehin kaum auszuhalten. Aber jetzt war nicht der Moment, das Problem zu lösen. Sie mussten schnellstmöglich an den Tatort.

»Was hat Gretje genau gesagt? Erzähl! Ich will Einzel­heiten!«, forderte sie ihn auf.

»Unsere alte Spürnase ist schon wieder vor mir am Tatort«, sagte er ärgerlich. »Sie hat das Opfer aber nicht als Erste gesehen, sondern eine junge Mutter. Die hat völlig hysterisch geschrien, hat Gretje gesagt. Bestimmt hat sie etwas übertrieben. Die Frau ist ihr direkt in die Arme gelaufen.«

»Typisch«, sagte Bea. »Ich kenne sie ja noch nicht so lange. Aber es ist doch seltsam, dass Gretje immer mit im Spiel ist, wenn ein Verbrechen geschieht. Hat sie den Notruf abgesetzt?«

»Keine Ahnung. Glaub wohl. Ihr Anruf bei mir war auf meiner Privatnummer. Um mich vorzuwarnen!«

»Vorwarnen? Wovor?«

»Blut!«, stieß er angewidert hervor. »Viel Blut!«

»Hast du ein Problem damit?«

Jan Berg antwortete nicht.

Bea musterte ihren Kollegen von der Seite. Seine Finger krallten sich ums Lenkrad, kaum merklich nickte er.

»Nee, nicht?«, japste Bea. »Ich glaube es nicht. Ein Bulle, der kein Blut sehen kann!« Die Beamtin fing an zu gackern wie ein aufgescheuchtes Huhn. »Ich fass es nicht! Das gibt’s doch nur auf einer Insel. In eurer schönen, heilen Welt. Wird echt Zeit, dass ihr Verstärkung von einer erfahrenen Kollegin aus der Stadt bekommt.« Sie meinte sich selbst.

»Klappe!« Jan Berg stoppte den Wagen, sie hatten ihr Ziel erreicht. Forschen Schrittes nahm er die ersten Stufen zur Georgshöhe. »Moin Piet«, grüßte er im Vorbeigehen Gretjes Freund. An Piet Hansen kam man nicht vorbei, wenn man Gretje kannte. Der hagere Ostfriese begleitete sie wie ein Schatten überall hin. Er hatte es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht, auf die eigensinnige Lady aufzupassen und einzugreifen, wenn sie mal wieder über die Stränge schlug. Nun hatte er Order von seiner ›Miss Marple‹, den Aufgang zu bewachen und niemanden außer Polizei und Rettungsdienst vorbeizulassen.

»Sorry, mein lieber Kollege«, kicherte Bea leise, »aber wenn ich das meinen Kollegen in Osnabrück erzähle …« Plötzlich schaltete sie in einen ernsthaften und besorgten Modus um. Immerhin war sie Profi, spezialisiert auf akute Notfälle. Bea Bissick wurde dann hinzugerufen, wenn es um traumatische Erlebnisse ging. Augenblicklich legte sie dann ihre Schnoddrigkeit ab wie einen Mantel an der Garderobe.

»Lass mich besser vorgehen.«

Sie drängelte sich an Jan Berg vorbei und lief mit federnder Leichtigkeit vor ihm her. Die kleine Polizistin mit dem wippenden Pferdeschwanz war gut trainiert, stellte er wieder einmal fest.

»Zum Kotzen«, nuschelte sie.

Jan Berg blieb stehen, mit dem Spruch konnte er nichts anfangen. Bea Bissick drückte ihm wortlos eine Tüte in die Hand. In fetten Buchstaben stand das darauf geschrieben.

»Hä?«, fragte er grinsend. Er versuchte cool rüberzu­kommen und erkundigte sich, ob sie immer diese Tüten dabeihätte.

»Na ja«, erwiderte sie, »ich benutze die eigentlich als Butterbrotstüte.« Unnötigerweise fügte sie noch hinzu: »Vorher natürlich. Da matscht nichts durch und es läuft nichts aus. Echt gut, die Dinger!« Die Polizistin nahm die Stulle aus der Tüte und warf sie achtlos in das Heckenrosengestrüpp. Sofort stürzten sich kreischende Möwen auf den feinen Imbiss.

 

Gretje Blom lehnte an dem Geländer der Aussichts­plattform, die Hände in die Seiten gestemmt, und hielt nach der Polizei Ausschau. Sie atmete hektisch, kalkweiß im Gesicht, und sah aus, als müsste sie sich vorm Jüngsten Gericht verantworten.

»He!«, begrüßte Jan Berg sie nach Insulanerart.

»Hat ganz schön lange gedauert!« Erst jetzt erkannte sie, dass er Bea Bissick als Verstärkung mitgebracht hatte. »Wo hast du die denn aufgegabelt?« Sie nickte seiner Kollegin zu, zeigte auf die Stelle, wo die Leiche lag, und flüsterte: »Gott sei Dank, dass ihr da seid. Da vorne. Da, auf dem Anker. Der ist tot! Aber noch nicht lange.«

Die Kommissarin aus der Stadt nahm den Tatort in Augenschein. Jan Berg heftete sich an ihre Fersen, bestrebt, keine Schwäche zu zeigen. Bea war schon nah an dem Toten und riet ihrem Kollegen zurückzubleiben. Er nahm das nicht ernst und bemerkte zu spät die dunkle Blutlache. Ihm wurde schwindelig, er stützte sich an einer Bank ab und war dankbar für Beas ›Butterbrotstüte‹, die er sich noch rechtzeitig vor den Mund halten konnte.

Gretje hatte es schon geahnt, sie war sofort bei ihm und stellte sich so vor ihn, dass ihm der Anblick erspart blieb. Sie strich ihm das Haar aus der Stirn. »Junge, Junge, Junge! Das ist ja genau wie früher mit dir. Was machen wir denn nur mit dir?«

Er spuckte und röchelte immer noch. Als nichts mehr kam, wischte er den Schweiß von der Stirn, trank einen Schluck Wasser und riss sich zusammen. Grün im Gesicht und am ganzen Körper zitternd, schlich er sich an seine Kollegin heran, sie stand nur eine Handbreit von dem Toten entfernt.

»Mord!«, flüsterte Gretje und dachte: Immer passiert etwas, wenn ich auf Norderney bin. Wat für ein teuflischer Fluch.

»Bestialisch abgestochen«, knurrte Jan Berg.

Das schnappte der Notarzt bei seiner Ankunft als Erstes auf. Wie immer war er tadellos angezogen, sein Köfferchen schwenkte er in der Hand. Dr. Feldmann war bekannt dafür, dass er im Dienst immer eine Fliege trug. Heute war es ein Exemplar mit Totenköpfen, das seinen Hemdkragen zierte. Auch ohne näher hinzusehen, konnte er den Tod des Mannes, der seltsam unnatürlich auf dem Stockanker lag, diagnostizieren. Für den konnte Dr. Feldmann nichts mehr tun, das beeinträchtigte seine Stimmung jedoch nicht. Ein Anblick wie dieser, die gnadenlose Konfrontation mit dem Ende, wirkte sich nicht mehr negativ bei ihm aus. Bevor er sich dem Toten widmete, musste er noch loswerden, wie schwierig es war, durch die größer werdende Menschen­menge hindurchzukommen.

Gretje Blom, Jan Berg und Bea Bissick hatten es kaum bemerkt, erst jetzt drang das Stimmengewirr von unten in ihre Ohren. Es schwoll beständig an.

Schaulustige blieben stehen. An den Fenstern der nahe gelegenen Rehaklinik drückten sich viele die Nasen an den Scheiben platt. Besonders in den oberen Stockwerken, von denen man einen exklusiven Blick auf den Tatort, einschließlich Leiche, haben musste. Live bei einem Mordfall dabei zu sein, hatte eine magische Anziehungs­kraft. So etwas konnte das Unterhaltungs­programm der Kurverwaltung nicht bieten. Schockiert standen sie herum, rührten sich nicht von der Stelle. Es gab aber auch andere Stimmen, die sich gegenseitig hochschaukelten und fragten, wofür sie überhaupt Kurtaxe zahlten. Ein Mord an einem Kurort. Das durfte nicht sein!

»Ach«, näselte Dr. Feldmann süffisant, »unsere Privat­ermittlerin ist auch schon wieder am Tatort?« Seine buschige Augenbraue schnellte in die Höhe, berührte um Haaresbreite die schwarze Locke auf seiner Stirn. Er war mit Gretje noch nicht fertig. »Sie brauchen wohl öfter mal so ’nen kleinen Kick, auf Ihre alten Tage?« Unsanft schob er sie zur Seite. »Haben Sie etwas angefasst? Oder wieder Indizien verschwinden lassen?« Dr. Feldmann war bekannt für seinen seltsamen, makabren Humor.

»Habe nur ein wenig von dem Blut geleckt«, entgegnete sie schlagfertig. »Ist für euch aber immer noch genug da. Und die Tatwaffe hab ich auch nicht eingesteckt, obwohl die ja daneben lag. Habe dem armen Kerl das Messer ausnahms­weise nicht aus der Brust gezogen.«...

Erscheint lt. Verlag 13.12.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-108-5 / 3965861085
ISBN-13 978-3-96586-108-4 / 9783965861084
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