Zartweißer Tod (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
384 Seiten
Grafit Verlag
978-3-89425-645-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zartweißer Tod -  Anna Terboven
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Ihre Haut weiß wie Schnee. Ihre Lippen rot wie Blut. Doch märchenhaft ist an diesem Kriminalroman gar nichts... Ein Frauenmörder treibt sein Unwesen. Der Täter hinterlässt keine Spuren. Zeugen gibt es nicht. Die Toten erinnern bei ihrem Auffinden allesamt an Puppen. Ihre Gesichter sind mit einer Lackschicht überzogen, die Körper mit auffallenden Kleidern und Schuhen ausstaffiert und die Lippen glänzend rot lackiert. Hauptkommissarin Lena Holland und ihr neuer Kollege Henri Stefanski nehmen die Ermittlungen auf, doch sie treten auf der Stelle - die Morde scheinen das perfekte Verbrechen zu sein. Die Beamten stehen unter massivem Druck, denn die Frauen werden immer mittwochs entführt. Wenn Holland und Stefanski weitere Tote verhindern wollen, bleibt ihnen nicht viel Zeit...

Anna Terboven ist das Pseudonym von Renate Dernedde. Sie studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Göttingen, Freiburg und New York. Nach ihrer Promotion war sie als Vertriebs- und Programmleiterin diverser Verlage tätig. Seit 2016 lebt und arbeitet sie als Dozentin in der Erwachsenenbildung in Hamburg.

Anna Terboven ist das Pseudonym von Renate Dernedde. Sie studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Göttingen, Freiburg und New York. Nach ihrer Promotion war sie als Vertriebs- und Programmleiterin diverser Verlage tätig. Seit 2016 lebt und arbeitet sie als Dozentin in der Erwachsenenbildung in Hamburg.

2

Lena Holland, Kriminalhauptkommissarin, Leiterin des Teams Kriminalpolizeiliche Sonderermittlung 100 (KPSE 100) am Polizeipräsidium Hamburg, schob gerade ihr Rührei auf den Teller, als der Anruf aus dem Präsidium kam. Es war 6:25 Uhr: Leichenfund an der Elbe, Falkensteiner Ufer, Höhe Wittenbergen. Sie wollte diesen ersten Montag in ihrer schicken Wohnung eigentlich mit einem aufwendigen Frühstück feiern. Vor ein paar Monaten hatte sie sich von André getrennt, nach sechs Jahren Ehe und noch längerer Beziehung. Erst letzte Woche war sie umgezogen. Das Rührei gab sie kurzerhand auf eine Scheibe Brot und legte eine weitere darauf. Sie griff sich ihre Jacke vom Stuhl in der Diele, nahm die fünf Treppen zur Tiefgarage und ließ den Motor ihres Dienstwagens an. Sie brauchte dringend einen Kaffee, aber dafür war jetzt keine Zeit.

Lena hatte den Kollegen vom Präsidium gebeten, sofort Henri zu informieren, damit sie ihn auf dem Weg zum Falkensteiner Ufer abholen könnte. Henri Stefanski wohnte im Karoviertel. Er war erst seit vier Monaten in ihrem Team und ein paar Fälle hatten sie schon zusammen bearbeitet, nichts Großes so weit. Sie kannten sich noch nicht besonders gut, aber durch die gemeinsamen Einsätze war er schon jetzt ihr engster Mitarbeiter. Henri machte gern auf starker Mann, er wollte nie zugeben, dass er müde war oder Angst hatte. Alles in allem vielleicht etwas machomäßig. In der Kantine versuchte er, mit jungen Schutzpolizistinnen zu flirten und sie mit lässigen Sprüchen anzubaggern. Er brauchte offensichtlich eine Frau. Es schien ihm aber nichts auszumachen, eine Frau als Chefin zu haben.

Sie wusste nur nicht, ob Henri insgeheim ihre Position anstrebte und nach der Einarbeitungsphase darauf hinarbeiten würde. Das würde sich zeigen. Henri war vorher auch bei der Mordermittlung gewesen, aber in einem anderen Team. Als er vor ein paar Monaten bei Lena angefangen hatte, wirkte es so, als wäre er ohnehin schon eingearbeitet und als ginge es nur noch darum, die Kollegen und vor allem seine neue Vorgesetzte kennenzulernen. Henri war nicht wirklich ein Leitungstyp, fand Lena. Na ja, man würde sehen, es gab schließlich immer wieder Überraschungen, wenn es darum ging, was Kollegen sich für sich selbst vorstellten. Fürs Erste fand sie seine Art zwar etwas brummig und unbeholfen, dennoch war er differenziert und gewandt bei der Ermittlungsarbeit und mit den Kollegen.

Lena hielt vor Henris Haustür, stieg aus und klingelte.

»Hallo, Henri, ich bin da«, sagte sie, als der Türöffner summte. »Ich warte im Auto.«

Nein, noch konnte sie ihn nicht einschätzen. Auch weil er dauernd mit seinen privaten Sachen so viel am Hut hatte. Glaubte man dem Flurfunk, hatte er die Trennung von seiner Ex-Frau Sonja noch nicht verarbeitet, obwohl das Ganze nun schon mehr als zwei Jahre zurückliegen musste. Mit seinen Kindern schien es auch schwierig zu sein, dauernd klappten Verabredungen nicht. Wenn man bei der Kripo arbeitete, war es ja ohnehin schwierig, Kinderwochenenden im Voraus zu planen.

»Ich habe dir einen Kaffee mitgebracht«, rief Henri, als er die Wagentür mit dem Zeigefinger aufmachte. In jeder Hand hielt er einen Thermobecher.

»Toll, danke. Den kann ich gut gebrauchen.« Henri brachte ihr bei jeder Gelegenheit Kaffee mit, manchmal sogar Döner oder ein Stück Pizza. Er schien sich ausschließlich von Fast Food und aus der Kantine des Landeskriminalamts zu ernähren. Lena hoffte, dass er mit seinem Foodservice nicht irgendetwas bezwecken wollte. Sie hatte keine Lust auf unausgesprochene Erwartungen und Gefühlschaos. Abgesehen davon, dass sie im Moment froh war, nicht mehr mit André zusammenzuwohnen, würde sie mit einem Kollegen sowieso nichts anfangen.

»Es ist eine sehr junge Frau«, sagte Lena. Der Kaffeeduft breitete sich im Auto aus. Lena trank einen Schluck. Sie wunderte sich kurz darüber, dass nichts, noch nicht einmal die Tatsache eines Leichenfunds, den Genuss von heißem Kaffee schmälern konnte. »Wirklich super, der Kaffee. – Der Mann, der die Leiche gefunden hat, sagte, dass hier ein Unfall passiert sei. Wir werden sehen.«

»Wenn eine junge Frau tot am Elbufer liegt, dann denkt man eher, dass es kein Unfall war.« Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis Henri antwortete.

Auf dem Rugenbarg fuhren sie auf das Ende eines Staus zu, Lena bremste scharf und sah kurz zu ihm hinüber. Er sieht blass aus, dachte sie.

»Du bist blass«, sagte Henri.

»Was?«

Lena war in Gedanken schon wieder bei der Toten. Sie überlegte, ob sie Blaulicht einschalten musste, aber die Autos bewegten sich schon weiter. Sie hoffte, es wäre kein Gewaltverbrechen, und sie wusste natürlich, dass das Quatsch war, schließlich hatte das Landeskriminalamt sie gerufen und schon mitgeteilt, dass die Leiche blaue Flecken am Hals hatte. Sie hatte länger keine junge Frau als Gewaltopfer gesehen und darüber war sie froh. Gut, dass die Tote unter freiem Himmel gefunden wurde. Seit dem Vorfall vor zwei Jahren, als sie stundenlang gefangen gehalten wurde, musste sie sich manchmal zwingen, in geschlossenen Räumen den Opfern und den Spuren von Gewalttaten zu begegnen. Sie trat das Gaspedal durch.

»Mir geht’s gut«, sagte sie, »ich war schon joggen, bevor der Anruf aus dem Präsidium kam. Ich dachte, ich sehe super aus.« Aber eigentlich war ihr nicht nach Späßen zumute. Zum Glück ging Henri nicht darauf ein.

»Du siehst immer super aus«, sagte er, das Gesicht nach vorn zur Straße gerichtet.

Lena warf ihm einen kurzen Blick zu.

Henri sah aus dem Beifahrerfenster und knibbelte mit dem Daumen an seinem Zeigefinger. Der Verkehr bewegte sich jetzt zügig und sie erreichten schnell den Fundort der Leiche.

Auf dem harten Sand unterhalb des Falkensteiner Ufers lag die Tote. Lena sah schon von Weitem eine junge schlanke Gestalt, eine Frau mit langen Haaren, einem Kleid und Schuhen. Sie schätzte sie auf achtzehn, vielleicht neunzehn Jahre. Sie war blond. Das Wasser hatte die Haare durcheinandergebracht und dann platt auf dem Sand angeklebt, es sah aus, als stünde es senkrecht von ihrem Kopf ab. Ein paar nasse Strähnen klebten auf ihrem Gesicht. Der Himmel war noch bedeckt und in dem gedämpften Licht leuchteten ihre roten Lippen. Lena spürte leichte Übelkeit. Was für eine Schönheit, dachte sie, obwohl die junge Frau deutliche Erstickungszeichen aufwies: Ihr Gesicht war bläulich verfärbt. Lena wandte sich abrupt ab, sie konnte die Tote plötzlich nicht mehr ansehen. Ich will das alles gar nicht aufdecken müssen, dachte sie. Irgendwo waren die Eltern dieses Mädchens und sie musste ihnen die Nachricht überbringen. Es war noch nie vorgekommen, dass sie sich bei einem Leichenfund übergeben hatte, aber jetzt war sie kurz davor. Sie zwang sich, tief und ruhig zu atmen. Was war nur los mit ihr? Sie schaute zum Naturschutzgebiet Neßsand hinüber. Am liebsten wäre sie dorthin geflüchtet.

»Du bist ganz weiß«, rief Dirk Lohmann ihr über den Strand zu. Lena warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Musste er so laut sein? Es hatte ausgesehen, als ob er vollkommen auf die Leiche im Sand konzentriert wäre. Dirk war Rechtsmediziner, Lena arbeitete schon lange und im Großen und Ganzen gern mit ihm zusammen, obwohl er in seiner Art manchmal ziemlich schräg war und sich kaum an sonst übliche Regeln hielt. Sie glaubte, dass die Leichen ihn mehr belebten als Gespräche mit Lebenden, den Kollegen vom Präsidium zum Beispiel. Er war schon einige Jahre im Dienst, seine Verfassung schien von unverwüstlichem Gleichmut zu sein. Dabei legte er übergroßen Wert darauf, die in einem Fall entscheidenden Hinweise selbst gefunden zu haben. Er war ein paar Jahre jünger als Lena, sah aber trotzdem viel älter aus, was nicht nur am Vollbart, der sein Gesicht beherrschte und in dem oft Reste von Milchkaffee und Mittagessen hingen, und an seinen strähnigen Haaren lag. Es waren seine Augen, die ihn alt machten, sein Blick war müde, so, als hätte er schon alles gesehen. Kein Wunder, dachte Lena, er dürfte schon Tausende Leichen obduziert haben. Es kam vor, dass er sie bei einem Obduktionsgespräch im Rechtsmedizinischen Institut über einer Leiche auf eine Weise anlächelte, dass man hätte dahinschmelzen können. Aber eben nur, wenn man nicht gerade am offenen Körper eines gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen gestanden hätte. Am Anfang ihrer Zusammenarbeit hatte sich Lena gefragt, ob in seinem Oberstübchen alles in Ordnung war. Sie hatte ein bisschen gebraucht, um sich an dieses strahlende Lächeln über aufgeschnittenen Mordopfern zu gewöhnen. Aber vielleicht strahlte er über die Erkenntnisse, die er aus seinen Untersuchungen zog.

Lena ignorierte seine Bemerkung und nickte ihm zu. Aus der Ferne hörte man noch ganz leise das Grundrauschen von Verkehr, Stadt und Hafen. Wie beruhigend die immer gleiche Geschäftigkeit wirkte, schließlich musste auch sie einfach nur ihre Arbeit machen wie alle anderen. Das Blut kam in ihre Wangen zurück. Es war nichts.

Die Fundstelle war abgesperrt, alle gingen ihren Aufgaben nach. Auch die Kollegen von der Spurensicherung, Jens Ziegler, der Leiter, und Marion Seidel, die Nummer zwei in der Spusi, dazu das Team von vier Mitarbeitern. Alle waren konzentriert, beschäftigt, ordneten ihre Utensilien, alle wussten genau, was zu tun war. Kein unnützes Wort wurde gesprochen, sie waren ein eingespieltes Team. Eine Schiffssirene tutete. Ein Fotoapparat klickte leise, Marion hatte angefangen, jeden Quadratmillimeter aufzunehmen, und Jens war gerade dabei, Proben aus dem Sand an der Fundstelle zu nehmen. Jens und Marion tauschten ab und zu einsilbig Informationen, begleitet von kurzen Blicken, ohne ihre Tätigkeiten zu unterbrechen.

Jens protokollierte ins Diktafon:...

Erscheint lt. Verlag 20.2.2020
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Hamburg • hochspannend • Kommissarin • Kriminalroman • Liebe und Leidenschaft • Medizin • Pathologie • Puppenfetisch • realistisch • spannend
ISBN-10 3-89425-645-1 / 3894256451
ISBN-13 978-3-89425-645-6 / 9783894256456
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