Der Schwur (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
320 Seiten
Grafit Verlag
978-3-89425-679-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Schwur -  Sunil Mann
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Die neue Reihe von Bestsellerautor Sunil Mann! Marisa Greco und Bashir Berisha wollen mit einer eigenen Detektei durchstarten. Ermittlungserfahrung haben die alleinerziehende Flugbegleiterin und der albanische Türsteher zwar keine, aber sie sind ein gutes Team - und haben keinen Plan B. Tatsächlich bekommen sie bald einen Auftrag: Die Nigerianerin Joy will, dass die Detektive einen Rollkoffer entwenden. Darin befindet sich das Ticket in die Freiheit - der Pass, den ihre Zuhälterin einzog. Da sich nun auch Joys vierzehnjährige Schwester Faith auf die beschwerliche Reise nach Europa gemacht hat, drängt die Zeit. Denn die Jugendliche darf unter keinen Umständen in die Hände der Menschenhändler gelangen, denen Joy seit Jahren ausgeliefert ist ...

Sunil Mann wurde als Sohn indischer Einwanderer im Berner Oberland geboren und gilt als einer der renommiertesten und vielfältigsten Autoren der Schweiz. Zwanzig Jahre lang hat er als Flugbegleiter gearbeitet, seit einigen Jahren ist er freischaffender Autor. Er schreibt Kriminalromane, Kinder- und Jugendbücher. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. www.sunilmann.ch

Sunil Mann wurde als Sohn indischer Einwanderer im Berner Oberland geboren und gilt als einer der renommiertesten und vielfältigsten Autoren der Schweiz. Zwanzig Jahre lang hat er als Flugbegleiter gearbeitet, seit einigen Jahren ist er freischaffender Autor. Er schreibt Kriminalromane, Kinder- und Jugendbücher. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. www.sunilmann.ch

2

Der Mond ein klauenscharfer Riss im brodelnden Himmel, die Nacht dreht noch einmal alle Regler hoch. Der Bass wummert und jeder gönnt sich eine letzte Line, bevor die Lichter verglimmen und die Wut, von Alkohol, Koks und Enttäuschung befeuert, durch die Straßen tigert.

Bashir Berisha lässt sich gegen die Hauswand fallen und schließt die Augen. Jetzt, nachdem sich das Gewitter verzogen hat, ist die Luft kühl und frisch, ein leichter Nieselregen fällt. Verzerrt spiegelt sich der Neonschriftzug der Bäckerei schräg gegenüber in den Pfützen, Straßenlaternenschein flimmert über den nassen Asphalt.

Acht Stunden vor dem Eingang des Klubs, Bashir fühlt sich wie von einem Güterzug überfahren. Regentropfen glitzern in seinem braunen Haar, das er seit Neustem kurz geschnitten trägt, ein kantiges Gesicht, der Fünftagebart ist ums Kinn herum weiß gesprenkelt. Das schwarze T-Shirt mit dem aufgedruckten Emblem des Klubs auf dem Rücken gehört zur Uniform, ebenso die schwarze Cargohose und die Lederstiefel. Seit er mit Aikido begonnen hat, ist sein Körper sehniger geworden, die Bewegungen präziser, der Geist wacher.

Üblicherweise fallen den Partygängern, die am Einlass von ihm kontrolliert werden, zwei Dinge an Bashir auf: erstens seine Augen. Ihr durchdringendes Hellblau erinnert an Gletschereis und kontrastiert auf attraktive Weise mit seinen dunklen Gesichtszügen. Und dann ist da zweitens diese gut sichtbare Narbe, die sich von der Schläfe quer über die linke Wange zieht.

Acht Stunden. Acht Stunden Betteln, Drohen, Schreien, verzweifeltes Flirten – nach knapp einem Jahr braucht Bashir einen einzigen Blick, um zu entscheiden, wer reindarf und wer besser draußen bleibt. Er kann den Alkoholpegel eines Gastes förmlich sehen, wie viele und welche Drogen er intus hat, sein Aggressionspotenzial. Schlägereien sind schlecht für den Ruf eines Lokals, am vergangenen Wochenende haben Bashir und sein Kollege nur knapp eine Messerstecherei verhindern können. Ein Fressen für die Boulevardmedien, wäre es so weit gekommen.

Wenn es nötig ist, setzt er die Fäuste ein, die einzige Waffe, über die er verfügt. Gegen betrunkene Frauen hilft je nach Fall Gleichgültigkeit oder einfühlsames Zureden, trotzdem kann beides jäh zu Zorn und unhaltbaren Anschuldigungen führen. Vor wenigen Monaten ist ein Kollege von einer komplett betrunkenen Studentin, der er den Zutritt verwehrt hat, der Vergewaltigung bezichtigt worden. Nüchtern zeigte sie sich zwar reuig, die Angelegenheit endete für die junge Frau dennoch vor Gericht.

Acht Stunden Hölle, zweimal jedes Wochenende, Bashir braucht das Geld, sein eigenes Unternehmen läuft miserabel. Milde ausgedrückt.

Bashir schlägt die Augen auf. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite torkeln zwei Männer um die vierzig vorbei, sie wirken betrunken und sehen sich gierig um. Vermutlich suchen sie die Prostituierten drüben in der Kanonengasse. Beide tragen ausgebeulte Jeans und Sweatshirts mit Kapuzen, fleckige Sneaker an den Füßen. Einer der beiden Typen taxiert Bashir herablassend, bevor er seinem Begleiter mit einer halblauten Bemerkung den Arm um die Schulter legt. Der andere grölt schmierig, dreht sich kurz nach Bashir um, lachend gehen sie weiter.

Die Tür des Klubs wird aufgestoßen und eine Horde Jungs taumelt in den frühen Morgen. Blasse Kindergesichter und Pupillen wie Satzzeichen, Designerklamotten im Straßenlook, dazu diese überhebliche Haltung, die Bashir zur Genüge kennt. Koks hebelt die Relationen aus.

Benommen rotten sich die Burschen auf dem Gehsteig zusammen und zünden sich Zigaretten an, es dauert immer eine Weile, bis sie sich wieder in der Realität zurechtfinden.

»Hey, Shipi!«, ruft einer von ihnen Bashir zu.

So großspurig, wie er an der Fluppe zieht, ist er das Alphamännchen der Gruppe. Prompt sehen alle zu Bashir herüber, der zur Antwort nur knapp das Kinn hebt. Albaner sind in dieser Stadt nun mal die Shipis. Von manchen akzeptieren sie diese Bezeichnung, andere riskieren eine gebrochene Nase. Doch Bashir lässt sich nicht so leicht provozieren, nicht mehr. Ausdruckslos fixiert er den Jungen und etwas in dessen Haltung schrumpft zusammen.

»Eine Frage.«

Glück gehabt. Bashir zieht eine Augenbraue hoch.

»Wo läuft um diese Zeit noch was?«

»Google. Kennste?«

Die anderen lachen und der Junge kriegt einen knallroten Kopf. Wut wallt in seinem Blick auf, er ballt die Hände zu Fäusten. Er weiß, dass er gegen Bashir unweigerlich den Kürzeren ziehen wird. Zweimal in Folge kann er sich das als Anführer nicht leisten. Verächtlich spuckt er auf den Boden und fordert seine Schafherde auf, ihm zu folgen. Die einzige Möglichkeit, die ihm bleibt, um seine Würde zu bewahren. Stolpernd verschwinden sie Richtung Bahnhof, an den dunklen Durchgängen zu den Hinterhöfen vorbei, die die Straße säumen.

Am Horizont kündigt sich die Dämmerung an, die letzten Gewitterwolken nehmen den Regen mit. Die beiden Betrunkenen mit den gierigen Blicken sind verschwunden. Vorne an der Langstrasse bewegt sich der Verkehr seit Stunden bloß im Schritttempo. Zürichs Ausgehmeile ist selbst im September weihnachtlich hell erleuchtet. Es wimmelt von Menschen, die unablässig aus den Bars und Klubs gespült werden, es ist laut und aufgeregt, die Taxifahrer sind im Dauereinsatz, die Polizei patrouilliert in weißen Kastenwagen.

Das Klacken von Absätzen durchdringt hell die konstant rauschende Geräuschkulisse, eine Frau biegt in die Seitenstraße ein. Ihre Locken hüpfen bei jedem Schritt, Wellen aus Kupfer und Gold, die sich über ihre Schultern ergießen. Sie trägt eine perfekt passende grüne Brille, die Gesichtszüge rundlich und weich, ihr Kinn allerdings ist markant und entschlossen vorgeschoben. Am Ohr das Telefon, sie spricht leise, tröstend.

Italienerin, denkt Bashir, am anderen Ende der Leitung trotz der frühen Stunde ein Kind. Ihr Kind.

Der graue Hosenanzug wirkt eine Spur zu förmlich, als käme sie von einem Businessmeeting, eine weiße Bluse darunter, dazu dunkle Pumps, die sie größer machen, ein paar maßgebende Zentimeter holt sie damit auf jeden Fall raus.

Die Frau weicht zwei Mädchen aus, die gerade aus dem Klub getreten sind und sich benebelt umsehen, sie streift dicht an Bashir vorbei, so nah, dass er ihr Parfüm riechen kann. Ein warmer Duft, Sandelholz vielleicht. Die Frau reicht ihm bis zur Brust. Noch immer spricht sie ins Telefon, beschwörend jetzt.

»Ich bin ja unterwegs«, hört er sie mit sanfter Stimme sagen. »Leg dich wieder hin.«

Wieder geht die Tür des Klubs auf und ein Bursche mit blond gefärbter Frisur fragt lallend nach dem Weg zum Escher-Wyss-Platz. Bashir erklärt ihm, welchen Bus und welches Tram er nehmen und wo er umsteigen muss, und nachdem sich der junge Mann auf den Weg gemacht hat, schaut sich Bashir nach der Frau mit den kupferfarbenen Locken um. Sie ist nirgends zu entdecken.

So schnell kann sie gar nicht bis ans Ende der Straße gelangt sein, denkt Bashir verwundert und fragt sich, ob sie in einem der Hauseingänge verschwunden ist. Mittlerweile kennt er – zumindest vom Sehen – alle Bewohner in der Nachbarschaft und diese Frau wäre ihm garantiert aufgefallen.

Kopfschüttelnd wendet er sich ab, weil gerade weitere Gäste den Klub verlassen, und hätte deshalb beinahe den unterdrückten Schrei überhört, der aus einem der Hinterhöfe dringt. Bashir stutzt, lauscht, aber nun ist nichts mehr zu vernehmen. Sofort setzt er sich in Bewegung und spurtet die wenigen Meter zum nächsten Durchgang.

Wegen der hohen Hausmauern ist es dunkler im Innenhof als auf der Straße. Kopfsteinpflaster, rechts reihen sich Müllcontainer aneinander, die Wände sind mit Graffiti vollgesprüht. Der rote Volvo steht, vom Gehsteig aus nicht zu sehen, in der hintersten Ecke des Hofs.

Einer der beiden Männer beugt sich über die Frau, hält ihre Handgelenke fest und presst sie auf die Motorhaube des Wagens. Der Rock ist hochgeschoben und gibt den Blick frei auf die Unterwäsche, ihre Anzugjacke aufgerissen und bis zu den Ellenbogen heruntergezerrt. Die Bluse darunter in Fetzen, ein Büstenhalter und nackte Haut schimmern matt in der Dunkelheit.

Der zweite Typ macht sich derweil fiebrig am Reißverschluss seiner ausgebeulten Jeans zu schaffen, er grunzt vor Lust und Vorfreude. Die Frau wirft sich herum, versucht sich zu befreien, doch der Kerl mit dem Kapuzenshirt lacht bloß und hält sie mit eisernem Griff fest. Sie haben ihr ein Taschentuch in den Mund gestopft, damit man ihre Schreie nicht mehr hört.

Ehe Bashir eingreifen kann, rammt die Frau ihrem Widersacher die Spitze ihres Schuhs in den Schritt. Alles spielt sich in Sekundenbruchteilen ab. Der Kerl jault auf, sein Oberkörper klappt zusammen. Sofort kickt sie nach, worauf der Kerl ihre Handgelenke loslässt und zurücktaumelt, mit einem Wimmern sinkt er auf die Knie, die Hände verkrampft zwischen den Beinen. Blitzschnell richtet sie sich auf, stützt sich auf der Motorhaube ab und rutscht nach vorne, gleichzeitig zieht sie das Bein an. Dann tritt sie zu, mit voller Wucht. Bashir hört Zähne zusammenschlagen, sieht den Kopf zur Seite fliegen. Spucke und Blut spritzen auf die Pflastersteine. Ein weiterer Tritt und mit einem trockenen Knacken bricht der Kiefer.

Mittlerweile hat Bashir dem anderen Kerl, der, die Hand nach wie vor am Hosenschlitz, mit glasigem Blick die Szene verfolgt hat, den Arm auf den Rücken gedreht. Er brüllt vor Schmerz, ein winziger Ruck würde genügen, um seine Schulter auszukugeln.

»Alles unter Kontrolle«, ruft Bashir der Frau zu, die von der Motorhaube springt, die Anzugjacke vor der Brust zuhält und hektisch nach ihrer Handtasche langt, die auf den Boden...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2020
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Afrika • Drogenhandel • Flüchtlinge • Flüchtlingspolitik • Juji Fluch • Kokain • Krimi • Libyen Detektiv • Menschenhandel • Migration • Mittelmeer • Nigeria • Privatermittler • realitsätsnah • Rechtspopolismus • Spannung • Voodoo • Zürich
ISBN-10 3-89425-679-6 / 3894256796
ISBN-13 978-3-89425-679-1 / 9783894256791
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