Ich will verstehen, was du wirklich brauchst (eBook)

Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern. Das Projekt Giraffentraum - Mit einem Vorwort von Marshall B. Rosenberg - Aktualisierte und erweiterte Neuausgabe
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
192 Seiten
Kösel (Verlag)
978-3-641-25846-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich will verstehen, was du wirklich brauchst -  Frank Gaschler,  Gundi Gaschler
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Für ein gestärktes Einfühlungsvermögen
Gewaltfreie Kommunikation in Familie, Kindergarten und Schule bedeutet: sagen, was mich stört, ohne dabei Vorwürfe zu machen, und dem anderen offen zuhören. Erwachsene und Kinder lernen damit, Entscheidungen zu treffen und sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen. In diesem Buch finden Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen viele konkrete Ideen, wie sie ein harmonisches Verhältnis zu den Kindern entwickeln und Wege, in liebevoller Verbindung zu bleiben, auch wenn es mal anstrengend wird. Sie lernen zu verstehen, was Kinder mit ihrem Verhalten ausdrücken wollen und wie man Konflikte so löst, dass jeder bekommt, was er braucht. Mit dem Projekt »Giraffentraum«, um es in der Kita durchzuführen.

Frank Gaschler, geb. 1967, ist Sozialpädagoge, zertifizierter Trainer für Gewaltfreie Kommunikation (CNVC), Assessor für den Zertifizierungsprozess des CNVC, Coach und systemischer Mediator in Unternehmen und Organisationen. Von 2004 bis 2014 war er als Sozialpädagogischer Begleiter an einem privaten Gymnasium tätig. Seit 2004 leitet er Kurse für Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg u.a. für Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen sowohl im deutschsprachigen als auch im internationalen Raum.

Er und seine Frau Gundi Gaschler haben langjährige Erfahrungen im Bereich der Eltern-Kind-Arbeit, in Kindergärten und an Schulen. Gemeinsam entwickelten sie das Projekt »Giraffentraum« zur Einführung der Gewaltfreien Kommunikation in Kindergärten. Sie wohnen zusammen in Hohenlinden bei München.

Einführung

»Ich muss gar nix – ich kann mich entscheiden!

Und außerdem bin ich ein Mensch!«

Unsere Tochter Elia erwiderte diese zwei Sätze mit dreieinhalb Jahren ihrer Erzieherin im Kindergarten, nachdem diese sagte: »Du musst jetzt aufräumen.« Was folgte, waren lange Elterngespräche mit den ErzieherInnen und für uns eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage, wie »gewaltfrei« wir unsere Kinder erziehen wollen.

Meine Frau Gundi und ich beschäftigten uns schon seit einiger Zeit intensiv mit dem Thema Erziehung – nicht nur, weil wir Eltern sind, sondern auch, weil wir Elternkurse (»Starke Eltern – Starke Kinder®«) gaben. In den Kursen und auch zu Hause begegneten uns dabei immer wieder die Fragen, wie wir Grenzen setzen, wie wir Konsequenzen aufzeigen und auch selbst durchhalten können und vor allem die Frage: »Wie viel Orientierung braucht das Kind?«. Der Grundtenor der meisten Erziehungsseminare und Elternratgeber, die wir – vor allem Gundi – damals lasen, war: »Gib deinem Kind Orientierung, damit es sich später für das Richtige entscheiden kann.«

Das klang einfach und auch gut vermittelbar. In der Realität war es allerdings nicht so simpel. Das Orientierunggeben war nicht ganz so leicht, weil Marie (unsere ältere Tochter) und Elia es nicht immer annahmen. Dass die Kinder sich »später« richtig entscheiden würden, war etwas unbefriedigend, wenn »jetzt« das Zimmer immer noch unaufgeräumt war, und auf die Frage, was das »Richtige« sei, habe ich ja selbst für mein eigenes Leben bisher auch noch keine endgültige Antwort gefunden.

Im Zuge ihrer Tätigkeit als Elternkursleiterin stieß Gundi eines Tages auf Marshall B. Rosenbergs Buch Gewaltfreie Kommunikation1 und krempelte damit so einiges in unserer Familie um. In Windeseile verbreitete sie die Idee, es gäbe so etwas wie richtig und falsch nicht, niemand sei für die Gefühle anderer verantwortlich und man bräuchte sich nicht zu entschuldigen, noch dazu, weil es so etwas wie Schuld nicht gäbe. Außerdem: »Man muss gar nix!«

Mein Weltbild drohte einzustürzen! Ich hatte ja schon so einiges mitgemacht: Habe Ich-Botschaften gesendet, Familienkonferenzen abgehalten, positive Formulierungen gefunden und Doppelbotschaften vermieden. Aber jetzt das? Wenn es weder richtig noch falsch gibt, wo bleibt dann die Orientierung? Wenn jeder für seine Gefühle selbst verantwortlich ist, wo bleibt dann das Miteinander, und wenn es keine Schuld gibt, dann kann ja jede tun, was sie will. Was ich hingegen annehmen konnte, war, dass ich nichts muss – schon gar nicht das Buch über Gewaltfreie Kommunikation selbst lesen! Mein Bedürfnis nach Autonomie war damals sehr ausgeprägt. Trotz aller Gegenwehr blieb mir die Veränderung jedoch nicht verborgen. Im Gegensatz zu mir sogen die Kinder den Paradigmenwechsel in unserer Familie mit jeder Pore auf. Nicht, dass Gundis Erziehung plötzlich erfolgreicher wurde – die Kinderzimmer wurden durch den Einsatz der Gewaltfreien Kommunikation auch nicht selbstverständlicher aufgeräumt als durch meinen Belohnungs-, Bestrafungs- und Orientierungsansatz. Was sich veränderte, war vor allem die Beziehung untereinander. Sie erschien mir zunehmend entspannter und vertrauter. Die Lautstärke, mit der Auseinandersetzungen geführt wurden, nahm deutlich ab. Wutausbrüche, Tränen und Gewalt zwischen den Kindern kamen seltener vor, wenn Gundi sich um die Kinder kümmerte, als wenn ich das tat.

Seit mir klar geworden ist, dass ich nicht nur die Rolle »Papa« verkörpere, sondern auch ein Mensch bin, der Bedürfnisse haben darf – und diese auch sättige –, hat sich in unserer Familie sehr viel verändert. Es ist ein Miteinander anstatt ein aufopferndes Füreinander. Ich gebe, weil ich es tun will, und nicht, weil ich muss. Wenn ich nicht bereit bin, es zu geben, dann gibt es vielleicht jemand anderes. Wenn ich es tue, dann ist es ein Geschenk – ohne Gegenleistung, Verpflichtung oder Schuld. Es ist mir eine Freude zu schenken, und ich genieße es, sehen zu können, wie herrlich ich täglich von meinen beiden Mädchen genauso beschenkt werde.

Heute halte ich die Absicht, mit der wir miteinander kommunizieren, für den Schlüssel zur Haltung der Gewaltfreien Kommunikation schlechthin. Reden wir miteinander, um die eigenen Ziele zu erreichen, Recht zu bekommen, zu überzeugen, zu gewinnen? Oder wollen wir verstanden werden und den anderen verstehen? »Worum geht es mir eigentlich, wenn ich mit dir rede?«

Und dabei wirkte sie auf mich sogar noch wesentlich ausgeglichener und zufriedener. Bei den Kindern nahm ich auch wahr, dass sie an Stellen, an denen wir normalerweise in den üblichen Nein-doch-Spielchen endeten, eine Art Neugier entwickelten. Die gipfelte in einer Autofahrt, bei der ich Elia anmotzte, weil sie mit ihrer Brezel auf den Boden gebröselt hatte, und Marie mich fragte: »Papa, worum geht’s dir eigentlich?«

Langsam wurde ich neugierig und erkannte, dass die Gewaltfreie Kommunikation ein nützliches Mittel für die Kindererziehung ist. Allerdings ging Gundi weiter und fragte auch mich nach meinen Gefühlen und Bedürfnissen. Öl ins Feuer! Wollte sie mich jetzt auch erziehen oder vielleicht sogar therapieren? Hatte sie jetzt für unser altes Spielchen »Wer kommuniziert besser« ein neues Mittel – eine Geheimwaffe – entdeckt, mit der sie mich manipulieren und davon überzeugen wollte, dass sie recht hatte? Ich war ziemlich wütend. Einerseits, weil ich unsicher wurde, indem ich merkte, dass sie mich verstand, obwohl ich doch ganz andere Worte gesagt hatte, und andererseits, weil ich ohnmächtig war in der Idee, dass sich das Gleichgewicht zwischen uns verschieben könnte. Insgesamt hatte ich höllische Angst davor, sie könnte mit der Gewaltfreien Kommunikation unsere Beziehung kaputt machen. Es folgte eine Phase hochemotionaler, kontroverser Diskussion.

Die Wende kam, als mir Gundi erklärte, worin ihre Absicht lag. Für sie sei die Gewaltfreie Kommunikation das beste ihr im Moment zur Verfügung stehende Mittel, um uns miteinander in Kontakt zu bringen, um uns gegenseitig zu verstehen und um unsere Beziehung und Partnerschaft zu stärken. Ihre Intention läge darin, etwas für unsere Beziehung zu tun, nicht dagegen. Ihr Lernen und Wachsen mit mir zu teilen, war eine Einladung, den Weg gemeinsam zu gehen.

Ich beschloss daraufhin, das GFK-Buch zu lesen – erst einmal heimlich. Was mich ansprach, waren Marshalls Geschichten – der Humor und die Leichtigkeit und gleichzeitig die Tiefgründigkeit und Wärme, mit der er erzählt. Ich wollte mehr wissen, besuchte ein Einführungsseminar und Übungsgruppen. Wir integrierten die GFK in unsere Elternkurse und entschlossen uns, gemeinsam an einer GFK-Trainerausbildung teilzunehmen.

In diesem Zeitraum bekamen wir eine Anfrage von einer Elternbeirätin aus Elias Kindergarten, ob wir ein Gewaltpräventionsprogramm kennen oder durchführen können. Ihr Wunsch war, die Kinder stark zu machen für den kommenden Lebensabschnitt. Sie fühlte sich ohnmächtig angesichts der Instanz Schule und war besorgt um ihren Sohn. Um ihn vor schmerzlichen Erfahrungen zu schützen, wollte sie ihm etwas als Unterstützung und Kraftquelle mitgeben. Da wir gerade nach Wegen suchten, um unseren neuen und reichen Erfahrungsschatz nicht nur in Elternkursen, sondern auch gezielt an die Kinder weiterzugeben, entstand die Idee, das Projekt »Giraffentraum« zu entwickeln – mit dem Ziel, die Kinder zu stärken.

»Als ich den ›Giraffentraum‹ las, war ich tief berührt, weil er mich an das erinnert hat, warum ich irgendwann einmal die Ausbildung zur Erzieherin gemacht habe: Ich wollte Kinder so sehen, wie sie sind, und nicht, wie sie sein sollten.«

Sabine, Erzieherin

Im Lauf der Konzeption zeigte sich anhand der neuen Bildungspläne, dass es in vielen Kindergärten einen Bedarf gibt nach empathischem Umgang, lebensdienlicher Kommunikation, Leichtigkeit und Aufrichtigkeit. Im April 2005 stellten Gundi und ich mit Hilfe von Sara Hartmann und Barbara Friedlein das Konzept »Giraffentraum« fertig und führten es in Kindergärten in Karlsfeld und Dürmentingen durch. Die Offenheit, das Engagement und die Begeisterung, mit der die ErzieherInnen über ihre Erfahrungen mit den Kindern, den Eltern und innerhalb der Teams berichteten, und all die Erkenntnisse und Veränderungen, die unsere Arbeit dort bewirkt hat, beflügelten uns, weiterzumachen und Projekte in vielen anderen Kindergärten durchzuführen. Diese Ergebnisse finden sich wieder in der Diplomarbeit »Gewaltfreie Kommunikation im Kindergarten – Eine empirische Untersuchung zur Umsetzung des Konzeptes ›Giraffentraum‹ an fünf Kindergärten« von Anne Jaschke (TU Dresden, 2007). Die im Rahmen dieser Untersuchung befragten ErzieherInnen benannten unterschiedliche, jedoch nur positive Auswirkungen auf die Kinder und die gesamte Einrichtung. (Einige ihrer Aussagen finden Sie im Buch zitiert.) Anne Jaschke kommt zu folgendem Schluss: »Es gibt zahlreiche Überschneidungen zwischen den untersuchten Bildungszielen der Bildungspläne von Sachsen und Bayern und den Intentionen des Projektes ›Giraffentraum‹. Viele Lernziele der Bildungspläne in den Bereichen Konfliktlösekompetenzen, soziale Kompetenzen und kommunikative Kompetenzen können mit dem Projekt ›Giraffentraum‹ erreicht werden. Damit stellt es ein geeignetes Handwerkszeug dar, um die Empfehlungen der Bildungspläne in die Praxis umzusetzen.« Gemeinsam mit anderen Trainerinnen und Trainern...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2020
Zusatzinfo mit Illustrationen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte Bedürfnisse äußern • eBooks • Eltern • Erziehung • Erziehungsratgeber • Familienkonflikte • Familienstreit • Gefühle benennen • Gesundheit • Gewaltfreie Kommunikation • giraffensprache • Giraffentraum • Harmonie in der Familie • Kindererziehung • Kinder verstehen • Marshall Rosenberg • Ratgeber
ISBN-10 3-641-25846-4 / 3641258464
ISBN-13 978-3-641-25846-7 / 9783641258467
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