Leichengrund (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
448 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-25625-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Leichengrund -  Emelie Schepp
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Ein Fluss voller Leichen, ein schweigsamer Mörder und eine Anwältin, die mit allen Wassern gewaschen ist ... Ein neuer Fall für Jana Berzelius.
Es regnet an dem Tag, an dem sich ein brutaler Mord im schwedischen Norrköping ereignet. Die Leiche einer Frau wird im Fluss gefunden - ihre Beine wurden zusammengenäht. Kurze Zeit später taucht eine zweite »Meerjungfrau« auf, und die Polizei weiß nun, dass sie es mit einem Serienkiller zu tun hat. Als eine weitere Frau vermisst wird, drängt die Zeit. Die eigenwillige Staatsanwältin Jana Berzelius ist die Einzige, die eine Verbindung zum Fall des Mörders Simon Norell sieht. Doch dieser schweigt beharrlich, seit er seine Familie umgebracht hat. Erst wenn Jana Simon erneut zum Sprechen bringt, wird sie den Mörder aufhalten können - doch dazu benötigt sie die Hilfe ihres schlimmsten Feindes ...

Alle Bücher der Jana-Berzelius-Reihe:
Nebelkind
Weißer Schlaf
Engelsschuld
Im Namen des Sohnes
Leichengrund

Die Fälle von Jana Berzelius können einzeln gelesen werden.

Emelie Schepp, geboren 1979, wuchs im schwedischen Motala auf. Sie arbeitete als Projektleiterin in der Werbung, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Nach einem preisgekrönten Theaterstück und zwei Drehbüchern verfasste sie ihren ersten Roman: Der zuerst nur im Selbstverlag erschienene Thriller »Nebelkind« wurde in Schweden ein Bestsellerphänomen und erscheint mittlerweile als Übersetzung in 30 Ländern; die Jana-Berzelius-Serie hat sich weltweit über eine Million Mal verkauft. 2016, 2017 und 2018 wurde Schepp mit dem renommierten CrimeTime Specsaver's Reader's Choice Award ausgezeichnet und damit bereits dreimal zur besten Spannungsautorin Schwedens gekürt.

MONTAG


1


Es war still geworden im Gesprächsraum der Klinik für Forensische Psychiatrie in Vadstena. Nur der Regen war zu hören, der unablässig ans Fenster prasselte.

Danilo Peña und die anderen Patienten saßen müde auf ihren Stühlen, die im Kreis aufgestellt waren. Er ließ den Blick durch die Runde schweifen, ehe er sich wieder an Annie Rosvall wandte. Die rothaarige Psychologin hatte die Beine übereinandergeschlagen. Der Rock ging ihr bis knapp unters Knie, und die Bluse spannte über dem Busen. Ihr Gesicht war niedlich, und sie betrachtete ihn eindringlich, als suchte sie nach etwas in seinem Inneren.

»Sie waren also sieben Jahre alt, als Ihre Eltern starben?«, fragte sie, um ihn zum Erzählen zu ermutigen.

»Ja«, antwortete er und verfluchte, dass diese Therapiestunde so früh am Tag anberaumt war.

Er hasste alles, was mit Gruppentherapie zu tun hatte, und es war die reinste Tortur, vor acht Uhr morgens Fragen über sein Leben beantworten zu müssen.

»Was ist passiert?«, fragte sie.

»Habe ich das nicht schon erzählt?«

»Sie haben kaum etwas erzählt, seit Sie hergekommen sind.«

»Das stimmt!«, mischte sich die Frau ein, die rechts neben Danilo saß. »Jetzt sag schon, was ist eigentlich genau passiert?«

Sophie Engman war fünfundzwanzig Jahre alt, der Bauch hing ihr über die Hose, und ihr blondiertes Haar erinnerte an Zuckerwatte. Danilo wusste, dass sie in die Klinik eingewiesen worden war, weil sie in den Heimen, wo sie den größten Teil ihres bisherigen Lebens verbracht hatte, mehrere Selbstmordversuche unternommen hatte. Das letzte Mal hatte sie das Gebäude angezündet, wobei zwei Mitarbeiter bleibende Schäden davongetragen hatten.

Er seufzte.

»Es war ein … Unfall, könnte man sagen.«

Danilo wollte auf keinen Fall die Wahrheit preisgeben – dass seine Eltern vor seinen Augen erschossen worden waren.

Er hatte sich zusammen mit ihnen und mehreren anderen Familien in einem Container versteckt. Sie waren auf dem Atlantik in Richtung Schweden unterwegs gewesen, weil sie von einem besseren Leben geträumt hatten. Doch es wurde viel schlimmer.

Drei Männer warteten auf sie, als das Schiff anlegte, und töteten alle Passagiere – bis auf sieben Kinder, die ausgewählt und auf eine Insel gebracht wurden, weit vor der Küste bei Norrköping. Dort waren er und die anderen zu Killern ausgebildet worden, um ein Drogensyndikat zu schützen. Sie hatten Kampftechniken und den Umgang mit Waffen gelernt. Und sie hatten neue Namen erhalten. Namen, die in ihre Haut eingeritzt worden waren, um sie daran zu erinnern, wer sie von nun an waren und für immer bleiben würden.

Er trug in seinem Nacken den Namen des Totengottes Hades. Danilo verzichtete darauf, die Stelle zu verstecken. Es war ihm vollkommen gleichgültig, was ihm als Kind widerfahren war. Er hatte all das hinter sich gelassen und ließ die Dummköpfe abblitzen, die neugierig nach der Bedeutung des Namens fragten.

»Und das war also der Zeitpunkt, als Sie …« Annie Rosvall schaute in ihre Unterlagen. »… als Sie in eine Pflegefamilie kamen?«

»Dürfte hinkommen, ja«, sagte er und starrte in den regenschweren grauen Himmel vor dem Fenster.

»Gab es dort auch andere Kinder?«

»Anfangs ja, aber am Ende waren nur noch sie und ich übrig«, antwortete er und begegnete wieder ihrem Blick.

»Das heißt, du hast eine Schwester?«, fragte der Mann, der Danilo gegenübersaß.

Die meisten Patienten wurden unter der Einnahme von Psychopharmaka übergewichtig, doch Nils Andersson bildete eine Ausnahme. Er war extrem mager, und seine dünnen Hände zitterten. Der sonst so zurückhaltende Mann hatte Stimmen gehört und seine Mutter aufgeschlitzt, um die Uhr zum Schweigen zu bringen, die in ihrem Bauch tickte. Seine Schizophrenie war inzwischen unter Kontrolle, und in einigen Tagen würde er in die ambulante Nachsorge entlassen werden.

»Wir sind keine Geschwister«, zischte Danilo.

»Ach so, natürlich, ich bitte um Verzeihung«, sagte Nils. Nervös lächelte er den vierten Patienten in ihrer Gruppe an, Simon Norell, der schweigend neben ihm saß, mit hängender Unterlippe und den groben Fäusten auf den Knien.

»Aber Sie sind mit ihr aufgewachsen, oder?«, hakte Annie Rosvall nach und legte den Kopf schräg.

Danilo streckte den Rücken.

»Das schon, aber wir haben gar nichts gemeinsam«, erwiderte er.

»Haben Sie noch Kontakt mit ihr?«

»Ich habe mit niemandem aus meiner Jugendzeit Kontakt.«

»Wie heißt sie? Wollen Sie uns das erzählen?«

Danilo schüttelte den Kopf. Er wollte ihren Namen nicht nennen – Jana Berzelius. Und er würde weder der Psychologin noch einem seiner Mitpatienten sagen, dass auch in ihrem Nacken ein Name stand: Ker. Die Göttin des Todes. Im Gegensatz zu ihm tat sie alles, um die Narbe zu verbergen. Wirklich alles. Was für ihn durchaus praktisch war.

Sie waren die einzigen Kinder, die die Zeit auf der Insel überlebt hatten. Zusammen hatten sie beschlossen zu fliehen, doch dann hatten sie sich auf der Flucht aus den Augen verloren. Jana hatte einen Unfall erlitten, und als sie im Krankenhaus aufwachte, wusste sie nicht mehr, wer sie war, was der Name in ihrem Nacken bedeutete oder was sie erlebt hatte. Kurz darauf war sie von dem früheren Reichsstaatsanwalt Karl Berzelius adoptiert worden. Später war sie in seine Fußstapfen getreten und selbst Staatsanwältin geworden.

Doch irgendwann hatten diese nächtlichen Albträume begonnen. Erinnerungsbruchstücke waren zurückgekehrt, und sie wollte wissen, wer sie vor ihrer Adoption gewesen war. Eines Tages hatte sie in Danilos Wohnung gestanden, mit ihren perfekten glatten Haaren, ihrem teuren Mantel und ihren Fragen.

Bei diesem Gedanken musste er grinsen. Ihr gesamtes Erscheinungsbild spiegelte ein Leben wider, an dem er nie hatte teilhaben dürfen. Sie hatte alles auf dem Silbertablett serviert bekommen, während er selbst der Gewalt treu geblieben war. Er hatte keine Ahnung, wie viele Menschen er im Lauf der Jahre ins Jenseits befördert hatte.

»Woran denken Sie gerade?«, fragte Annie Rosvall.

»An gar nichts«, erwiderte er knapp.

»Na gut«, meinte sie, und ihr intensiver Blick erlosch.

Er wusste, was sie wollte. Antworten, Beschreibungen und Erklärungen. Es war so einfach. Aber es gab nichts zu sagen. Er dachte nie zurück. Er hatte seine Gefühle abgeschaltet, sobald er den Fuß auf diese Insel gesetzt hatte.

»Aber an irgendwas musst du doch denken«, sagte Sophie genervt.

»Sophie, bitte«, ermahnte Annie Rosvall sie seufzend.

»Aber das macht Danilo immer.«

»Was mache ich?«, fragte er wütend.

»Du windest dich raus. Jedes verdammte Mal.«

»Woher willst du das wissen?«, entgegnete Danilo und ballte eine Hand zur Faust.

Sophie verdrehte die Augen.

»Du fühlst nichts, hast keine Meinung, denkst nie an irgendwas …«

»Halt die Fresse!«, knurrte Danilo, und Nils zuckte zusammen.

»Okay, okay«, unterbrach die Psychologin. »Jetzt halten alle bitte inne und atmen ein paar Mal tief durch.«

»Warum?«, fragte Sophie.

»Damit wir Kraft schöpfen, um weiterzumachen. Und noch etwas, Sophie. Bis wir fertig sind, stelle nur ich hier die Fragen, niemand sonst.«

Charles Olsson raste auf seinem schwarzen Mountainbike durch den eiskalten Regen. Er brauchte nur wenige Minuten bis zum Bau, der direkt neben dem Motala ström lag – dem Fluss, der durch Norrköping verlief und von allen nur Strömmen genannt wurde.

Er hatte keine Ahnung, was der verlassene Raum früher einmal gewesen sein mochte. Er wusste nur, dass dort Zigaretten und Hochprozentiges aufbewahrt wurden und dass man ihn Bau nannte, weil er unter der Erde lag, genau wie ein Kaninchenbau.

Kevin war schon da. Zumindest ging Charles davon aus, denn das blaue Rad seines Klassenkameraden lag im nassen Gras neben den Büschen, die den Eingang fast vollständig verdeckten. Kevin war ebenfalls vierzehn Jahre alt, aber mindestens zehn Zentimeter größer und zehn Kilo schwerer. Mit seinen harten Fäusten verschaffte er sich Respekt auf dem Schulhof. Charles tat alles, um nicht fertiggemacht zu werden, und deshalb konnte er auch nichts anderes als Ja sagen, als Kevin anrief und ihn fragte, ob er ihm dabei behilflich sein könne, neue Zigaretten zu holen.

Er warf sein Rad neben das von Kevin, schob die Büsche vor dem Eingang des Baus zur Seite und rief in den dunklen Abgrund hinab:

»Hallo?«

Das Echo warf seine Stimme zurück.

Widerwillig nahm er den nassen Rucksack ab, ließ ihn in die Öffnung fallen und kletterte die Eisenleiter hinunter.

Ein muffiger Geruch nach Feuchtigkeit und Dreck schlug ihm entgegen. Es war seltsam still hier unten, nur das Rauschen vom Fluss war zu hören. Und es war verdammt dunkel.

»Kevin?«, rief er.

Wieder das Echo. Aber seine Stimme klang jetzt anders. Er hatte Angst. Angst vor der Dunkelheit.

Nervös zog er sein Handy heraus und ließ den Lichtkegel der Taschenlampe über Wände und Boden des unterirdischen Gangs wandern. Was erwartete er eigentlich hier unten? Vampire? Gespenster?

Er schüttelte über sich selbst den Kopf, griff nach seinem Rucksack und ging los. Erst jetzt sah er die offene Tür am Ende des Gangs.

Ob Kevin dort war? Und wenn ja, warum antwortete er nicht?

Als er zur Türöffnung kam,...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2021
Reihe/Serie Jana Berzelius
Übersetzer Annika Krummacher
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Broder Jakob (Jana Berzelius 5)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Anwältin • Bestsellerserie • Brudermord • Camilla Grebe • eBooks • Familienmord • Jana Berzelius • Kanalisation • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kristina Ohlsson • Meerjungfrau • Nebelkind • Norrköping • Preisgekrönte Autorin • Psychiatrie • Samuel Bjørk • Schweden • Schwedenthriller • Skandinavien • Spannung • Storytel Award • Thriller • Thriller Neuerscheinung 2021
ISBN-10 3-641-25625-9 / 3641256259
ISBN-13 978-3-641-25625-8 / 9783641256258
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