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Als wir Adler wurden (eBook)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
224 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0316-8 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
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Jannik und Loni sind beste Freunde. Zusammen mit den anderen Kindern aus der Straße erleben sie die enormsten Abenteuer. Die Geschichten dafür gibt Bo vor, Janniks älterer Bruder. Doch irgendwann verändern sich ihre Spiele, denn Bo erfindet immer neue Regeln. Eine davon lautet: Loni ist anders. Und das nur, weil ihre Mutter aus Kenia kommt. Jannik muss sich entscheiden, was ihm wichtiger ist - dazuzugehören, oder Loni als Freundin nicht zu verlieren. Aber dann passiert etwas, was niemand vorausgesehen hat ... »Als wir Adler wurden« erzählt von der Angst vor dem Anderen. Von einer Art der Ausgrenzung, vor der auch eine Elfjährige nicht verschont bleibt. Aber auch davon, wie wichtig es ist, nicht wegzusehen, sondern gegen das Unrecht seine Stimme zu erheben.

Uticha Marmon wurde 1979 in Berlin geboren. Sie studierte Dramaturgie, Vergleichende Literaturwissenschaft und Pädagogik und hat danach am Theater und in Verlagen gearbeitet. Heute lebt sie in Hamburg und arbeitet freiberuflich als Dramaturgin, Lektorin und Autorin. Ihr Kinderbuch »Mein Freund Salim« über einen syrischen Flüchtlingsjungen wurde 2016 mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet.

Uticha Marmon wurde 1979 in Berlin geboren. Sie studierte Dramaturgie, Vergleichende Literaturwissenschaft und Pädagogik und hat danach am Theater und in Verlagen gearbeitet. Heute lebt sie in Hamburg und arbeitet freiberuflich als Dramaturgin, Lektorin und Autorin. Ihr Kinderbuch »Mein Freund Salim« über einen syrischen Flüchtlingsjungen wurde 2016 mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet.

Neue Welt


»Los geht’s!«, rief Loni plötzlich und sprang auf. Sie rannte zurück in Janniks Zimmer, und bevor Jannik kapiert hatte, was los war, kam sie angezogen wieder heraus. Da endlich fiel der Groschen.

»Boah, Loni«, rief er und beeilte sich nun ebenfalls. Im Schlafanzug konnte er wohl kaum los. Aber er durfte auch nicht zulassen, dass Loni die Erste auf dem Mars war. »Du bist echt eine Plage! Wer hat dich eigentlich hier reingelassen?«

»Du«, sagte Loni ungerührt, während sie sich die Schuhe anzog. »Beziehungsweise ihr alle. Die gesamte Familie Adler. Vor elf Jahren. Kommst also ein bisschen zu spät, falls du dich beschweren willst.«

Loni lief zur Tür und verschwand aus dem Zimmer. Ihre Locken wippten, wie immer, wenn sie lief.

»He, wo willst du hin?«, rief Jannik, während er, einbeinig in der Jeans steckend, hinter ihr herhüpfte. Dabei wusste er es genau.

»Ich«, sagte sie, »gehe jetzt die anderen treffen. Keine Ahnung, was du machst.« Sie grinste, wedelte mit dem Adlerbuch, und schon war sie zur Wohnungstür raus. Jannik hörte, wie sie die Treppe hinunterlief, dann schlug die Haustür zu. Jetzt musste er sich wirklich beeilen, denn Loni durfte Elias, Kai und Pinar auf gar keinen Fall alleine von den Adlern berichten. Hastig kehrte er in sein Zimmer zurück und zog sich fertig an.

»Tschüss, bin weg!«, rief er kurz darauf durch den Flur.

»Stopp«, kam es als Antwort aus der Küche, dicht gefolgt von Janniks Mutter, die eine Tüte in der Hand hielt.

»Mama«, drängelte Jannik. »Ich muss los, die anderen warten schon.«

Janniks Mutter verkniff sich ein Grinsen. »War Loni also wieder schneller«, stellte sie fest. Dann drückte sie ihm die Tüte in die Hand.

»Geburtstagskuchen für alle«, sagte sie. »Wer auf fremden Planeten unterwegs ist, um die Menschheit zu retten, darf keinen leeren Magen haben. Und jetzt geh schon.«

Jannik warf ihr ein halbes Lächeln zu, während er in die Sneakers schlüpfte. Mama dachte immer voraus. Allerdings nicht ganz uneigennützig, das wusste Jannik. Sie würden spätestens in zwei Stunden Hunger bekommen und in Janniks Küche einfallen, denn seine Mutter machte einfach die weltbesten Stullen. An Samstagen aber hatte Mama ihren Freundinnentag und konnte keine fünf Raumfahrer dort brauchen. Denn meistens saßen dann Pinars und Elias’ Mütter und Susanne Wilke aus der Nummer 9 in der Küche und redeten. Manchmal, wenn sie Zeit hatten, waren auch Luisa und Hanne dabei. Meistens aber musste Kais Mutter in ihrem Café nach dem Rechten sehen, und Hanne arbeitete sowieso fast immer, weshalb Loni ja auch seit jeher mehr bei Jannik lebte als bei Hanne. Wegen ihres Freundinnentags hatte Janniks Mutter also vorgesorgt.

»Tschüss«, sagte Jannik noch einmal, hängte sich die Tüte ans Handgelenk und sah zu, dass er wegkam.

 

Als er vors Haus trat, empfing ihn, wie an jedem anderen Tag, das Geräusch der Druckerei am Ende der Straße. Die Druckmaschinen standen fast nie still, ihr leises Brummen war die Musik, die das Leben in der Milchstraße begleitete. Das Tor für die Angestellten befand sich genau neben Luisas Café.

Der Weg zum Mars führte dort allerdings nicht vorbei. Er war, entgegen allen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht weit. Jannik musste nur zwei Häuser weiter, in die Milchstraße Nummer 4. Im ersten Stock wohnte Elias. Aber dorthin wollte Jannik nicht. Er lief durch die Hintertür in den Garten. Das war anders als bei ihrem Haus. Es war auch anders als bei allen anderen Häusern in der Milchstraße. Die hatten nur Hinterhöfe. Den Garten der Nummer 4 hatte der König sich extra anlegen lassen, als er das Haus gekauft hatte und in die Wohnung im ersten Stock eingezogen war. Im Erdgeschoss hatte er sein Büro, von dem aus er seinen Besitz verwaltete.

Jannik öffnete die Tür. Sie quietschte leise. Durch den Spalt spähte er hinaus. Der Garten lag verlassen da. Kurz überlegte er, ob das vielleicht eine Täuschung war und irgendwo feindlich gesinnte Krakenköpfe auf der Lauer lagen. Es war sogar ziemlich wahrscheinlich an einem Samstagvormittag. Aber dann dachte er wieder an die Adler und dass Loni ihm womöglich zuvorkam.

Er hatte keine Wahl. Mit einem Ruck öffnete er die Tür ganz und trat auf den Rasen. Hatten sich die Bäume am anderen Gartenende bewegt? Nein, das war nur der Wind gewesen. War da ein Geräusch? Ach, bloß das Signal, dass sich bei der Druckerei das Tor öffnete. Jannik sprintete los.

Er rechnete mit einem Angriff. Wenn der kam, würde es heikel werden, Freund von Feind zu unterscheiden. Die Aliens tarnten sich neuerdings in Menschengestalt. Rasch näherte er sich den Bäumen. Noch immer war es still. Jannik spähte zum Haus zurück. Waren sie doch drin und lauerten hinter den Fenstern? Nein. Die waren leer. Wie dunkle Augen schienen sie auf ihn herabzuglotzen. Das ganze Haus war ein vieläugiger Zuschauer.

»Du bist echt ein Schisser, Jannik Adler«, schimpfte er sich selbst.

Er hatte die Bäume erreicht und duckte sich in den Schatten, den das dichte Blätterdach warf. Noch immer rührte sich nichts. Lauerten sie dort oben und hielten die Luft an? War Loni überhaupt schon da?

Da war die Leiter. Sollte er hinaufklettern und riskieren, ihnen direkt in die Falle zu gehen?

Elias hatte das Baumhaus zum achten Geburtstag bekommen. Es war eine Überraschung gewesen. Immer wenn Elias in der Schule war, hatte der König heimlich daran gearbeitet. Um sicherzugehen, dass sie es auch nachmittags nicht entdeckten, hatte er ihnen gesagt, sie dürften nicht zwischen den Bäumen spielen. Ein Fuchs habe dort seit kurzem seinen Bau und es sei zu gefährlich für sie. Sie hatten ihm geglaubt. Alle, bis auf Loni. Die hatte nachgelesen, ob Füchse wirklich so nah bei den Menschen wohnten. Sie taten es nicht. Gefährlich waren sie normalerweise ebenso wenig. Aber das hatte sie ihnen umsonst immer wieder erklärt. So war die Überraschung gelungen, und Elias hatte das Baumhaus tatsächlich erst an seinem Geburtstag entdeckt.

Sie waren noch am selben Nachmittag mit Sack und Pack dort eingezogen. Seitdem war es ihr Hauptquartier.

Jannik kletterte die Leiter hoch. Langsam, leise. Er traute sich kaum zu atmen. Das war es, wodurch sich die meisten Angreifer verrieten. Der Atem. Denn der kündigte sie an, ganz egal, wie leise sie sonst waren. Oben angekommen, guckte Jannik nicht nach unten. Der Mars lag nicht besonders hoch, aber hoch genug, um zittrige Knie zu kriegen. Die anderen kletterten die Leiter immer hinauf, als wäre es nichts. Jannik mochte sie nicht. Aber er musste, wie hätte er sonst den Mars beschreiten können? Er wartete einen Augenblick. Die Planetenkugeln des Vorhangs am Eingang schaukelten im Wind. Sie waren wie die Leuchtsterne über seinem Bett. Ein Überbleibsel aus der Zeit, als alles angefangen hatte.

Jannik überlegte, was er tun sollte. Die Plastikplaneten klapperten beim Hindurchgehen. Spätestens dann würde er sich also auf jeden Fall verraten. Er kletterte auf die Plattform vor dem Eingang. Noch immer geräuschlos, noch immer auf alles gefasst. Wie weiter? Er krabbelte auf allen vieren voran, linste durch den Vorhang. Auf dem Mars war es dunkel. Jetzt war der Moment gekommen, es blieb ihm nichts anderes übrig, als nachzusehen. Langsam streckte er die Hand aus und schob den Vorhang beiseite. Im säuberlich aufgefädelten Weltraum tat sich ein schwarzes Loch auf. Venus, Pluto, Jupiter und eine Reihe kleiner Sterne kollidierten miteinander. Das Weltall zog sich zusammen und beschwerte sich laut klackernd. Er rappelte sich auf und trat mit einem entschlossenen Schritt hindurch.

»Ha!«, brüllte er. Überrumpeln war immer die beste Taktik, wenn man vielleicht dabei war, in eine Falle zu tappen. »Stellt euch!«

Doch der Mars war leer. Durch die Ritzen zwischen den Holzlatten der Wände fiel Licht herein und malte ein Schottenkaro auf den Boden. Oder Gitterstäbe, dachte Jannik.

Die Kisten mit all ihren Sachen, die zusammengerollten Schlafsäcke für die Sommernächte, die sie hier verbrachten, ein paar leere Limoflaschen, alles war da, wo es sein sollte. Das war entscheidend. Auch wenn der Mars aussah wie ein einziger großer Verhau, Jannik kannte den Platz jedes einzelnen Teils, das sie hier oben abgestellt hatten. Und es sah nicht so aus, als wäre gerade erst jemand hier gewesen. Selbst die Hängematte in der Mitte des kleinen Raums hing bewegungslos herab.

Jannick lauschte. Bloß das Knistern der Kuchentüte an seinem Handgelenk und das leise Kratzen, wenn die Äste des Baumes im Wind an den Wänden entlangschrappten.

»Wo seid ihr?«, rief er. Seine Stimme klang viel zu laut in der Stille ihres geheimen Planeten. »Zeigt euch, ihr Krakenköpfe! Ich werde euch zur Strecke bringen.«

Rummmms!

Ein Geräusch, so laut wie ein Donner, ließ Jannik zusammenfahren. Er drehte sich um, aber es war niemand da.

Rummmms!

»Wo seid ihr?«, jetzt brüllte er. Es gelang ihm nicht, die Angst in seiner Stimme zu unterdrücken. Fehlte bloß noch, dass er piepste wie eine Maus.

»Hier!«, donnerte jemand. Das kam von oben. Jannik guckte zur Decke.

Rummmms!

Das Geräusch kam ebenfalls von oben. Wie waren sie denn …? Jannik ließ die Kuchentüte fallen und sprang zum Eingang. Aber die Leiter war weg.

»Was soll das?«, rief er. »Das ist nicht witzig!«

»Ha! Wer ist jetzt der Feigling?«, donnerte die Stimme erneut. Hier draußen, ohne von dem Wellblechdach des Mars gedämpft zu sein, klang sie verdächtig nach Elias.

Jannik lehnte sich hinaus, aber er konnte nichts...

Erscheint lt. Verlag 4.3.2020
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Anders sein • Angst • Ausgrenzung • Diversität • Diversity • Faschismus • faschistoid • Fremdenfeindlichkeit • Fremdenhass • Freundschaft • Kinderbande • Kinderbuch ab 10 • Mut • Radikalismus • Rassismus • rechte Gewalt • Unrecht • Zivilcourage
ISBN-10 3-7336-0316-8 / 3733603168
ISBN-13 978-3-7336-0316-8 / 9783733603168
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