Das Bild der Pyramide (eBook)

Commissario Montalbano blickt hinter die Fassaden. Roman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
270 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-7845-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Bild der Pyramide -  Andrea Camilleri
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Heftiger Dauerregen drückt den Bewohnern im sizilianischen Vigàta aufs Gemüt, als Commissario Montalbano Nachricht vom Fund einer männlichen Leiche auf einer Baustelle erhält. Kurz darauf sind die Ehefrau des Ermordeten und ein mysteriöser Begleiter verschwunden. Die örtlichen rivalisierenden Clans weisen alle Schuld von sich und propagieren einen Ehrenmord. Doch Montalbano kommt schon bald Machenschaften um einen lukrativen Bauauftrag auf die Spur ...



Andrea Camilleri ist der erfolgreichste zeitgenössische Autor Italiens und begeistert mit seinem vielfach ausgezeichneten Werk ein Millionenpublikum. Ob er seine Leser mit seinem unwiderstehlichen Helden Salvo Montalbano in den Bann zieht, ihnen mit kulinarischen Köstlichkeiten den Mund wässrig macht oder ihnen unvergessliche Einblicke in die mediterrane Seele gewährt: Dem Charme der Welt Camilleris vermag sich niemand zu entziehen.

Andrea Camilleri ist der erfolgreichste zeitgenössische Autor Italiens und begeistert mit seinem vielfach ausgezeichneten Werk ein Millionenpublikum. Ob er seine Leser mit seinem unwiderstehlichen Helden Salvo Montalbano in den Bann zieht, ihnen mit kulinarischen Köstlichkeiten den Mund wässrig macht oder ihnen unvergessliche Einblicke in die mediterrane Seele gewährt: Dem Charme der Welt Camilleris vermag sich niemand zu entziehen.

Eins


Der Donner krachte so laut, dass Montalbano aus dem Schlaf hochfuhr und vor Schreck fast aus dem Bett gefallen wäre.

Seit mehr als zwei Wochen goss es pausenlos wie aus Kübeln. Die Schleusen des Himmels hatten sich geöffnet, und es schien, als würden sie sich nie wieder schließen.

Es regnete nicht nur in Vigàta, sondern in ganz Italien. Im Norden waren Flüsse über die Ufer getreten, Überschwemmungen hatten schwere Schäden angerichtet, und in einigen Ortschaften waren die Bewohner sogar evakuiert worden. Doch auch im Süden war die Lage ernst. Ausgetrocknete Flussbetten, die man seit Jahrhunderten für tot gehalten hatte, waren wieder zum Leben erwacht und zerstörten rachsüchtig Häuser und Felder.

Am Abend vorher hatte der Commissario im Fernsehen einen Wissenschaftler warnen hören, Italien stehe vor einer gewaltigen geologischen Katastrophe, da keine Regierung jemals ernsthafte Maßnahmen für den Bodenschutz ergriffen habe.

Wie ein Hausbesitzer, der nie darüber nachgedacht hatte, das kaputte Dach oder die beschädigten Fundamente seines Hauses zu reparieren. Und der sich dann wunderte und beschwerte, wenn eines Tages das Haus über ihm zusammenstürzte.

Vielleicht haben wir ein solches Ende verdient, war Montalbanos bitterer Kommentar.

Er machte Licht und sah auf die Uhr. Fünf nach sechs. Zu früh, um aufzustehen.

Mit geschlossenen Augen genoss er das Rauschen des Meeres. Ob es friedlich war oder wütend, es erfüllte ihn jedes Mal mit einem Glücksgefühl. Und dann wurde ihm bewusst, dass es aufgehört hatte zu regnen. Er stand auf und öffnete die Fensterläden.

Dieser Donnerschlag war wie der Abschlussböller eines Feuerwerks gewesen. Tatsächlich fiel kein einziger Tropfen mehr, und die leichten und luftigen Wolken, die nun von Osten heranzogen, würden die dicken schwarzen Regenwolken schnell verjagen. Zufrieden legte er sich wieder ins Bett.

Es würde also keiner jener trüben grauen Tage werden, die ihm die Laune verdarben. Jetzt fiel ihm auch wieder ein, was er geträumt hatte, bevor ihn das Krachen des Donners aus dem Schlaf gerissen hatte:

Er war durch einen stockdunklen Tunnel gelaufen, in der rechten Hand eine Petroleumlampe, die nur wenig Licht spendete. Einen Schritt hinter ihm schleppte sich ein Mann vorwärts, den er kannte, dessen Namen er aber nicht wusste. Irgendwann sagte der Mann:

»Ich kann mit deinem Tempo nicht mithalten, ich verliere zu viel Blut.«

Und er darauf:

»Langsamer kommt nicht infrage, der Tunnel kann jeden Moment einstürzen.«

Der Mann hinter ihm keuchte und rang nach Luft. Dann hörte Montalbano einen Klagelaut und einen dumpfen Aufprall. Er drehte sich um und lief zurück. Der Mann lag bäuchlings auf dem Boden, zwischen seinen Schulterblättern steckte ein großes Küchenmesser. Er war tot, ganz eindeutig. In dem Moment löschte ein heftiger Windstoß das Licht der Petroleumlampe, und der Tunnel stürzte mit dem Grollen und Dröhnen eines Erdbebens in sich zusammen.

Der Traum war die Folge einer üppigen Mahlzeit mit gekochtem Tintenfisch und eines Fernsehberichts über ein Bergwerksunglück in China mit über hundert Toten.

Aber woher kam der Mann mit dem Messer zwischen den Schulterblättern?

Montalbano versuchte sich zu erinnern, beschloss dann aber, der Sache keine Bedeutung beizumessen.

Sanft sank er in den Schlaf zurück.

Da schrillte das Telefon. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass kaum zehn Minuten vergangen waren.

Kein gutes Zeichen, wenn so früh am Morgen ein Anruf kam.

»Pronto?«

»Birtì?«

»Ich bin nicht …«

»Hier steht alles unter Wasser, Birtì!«

»Hören Sie, ich …«

»Birtì, in der Vorratskammer mit den hundert frischen Käselaiben steht das Wasser zwei Meter hoch!«

»Hören Sie …«

»Ganz zu schweigen vom Lager, Birtì.«

»Verdammt noch mal! Jetzt hören Sie doch endlich einmal zu!«, brüllte der Commissario in den Hörer. Es klang wie Wolfsgeheul.

»Ist da nicht …«

»Nein, ich bin nicht Birtino! Das versuche ich Ihnen schon die ganze Zeit zu erklären. Sie haben sich verwählt!«

»Aber wenn Sie nicht Birtino sind, mit wem spreche ich dann?«

»Mit seinem Zwillingsbruder!«

Er knallte den Hörer auf die Gabel und legte sich fluchend wieder hin. Einen Moment später läutete es erneut. Kreischend sprang er aus dem Bett, griff nach dem Hörer und schrie wie von Sinnen:

»Leckt mich alle am Arsch, du, Birtino und die hundert frischen Käselaibe!«

Er legte auf und riss den Stecker aus der Buchse. Aber er hatte sich so aufgeregt, dass nur eines half: eine ausgiebige Dusche.

Er war auf dem Weg ins Bad, als von irgendwo aus dem Schlafzimmer eine seltsame Melodie an sein Ohr drang.

Das konnte nur der Klingelton seines Handys sein. Er ging ran.

Fazio war am Apparat.

»Was ist?«, fragte Montalbano barsch.

»Verzeihen Sie, Dottore, ich habe versucht, Sie auf dem Festnetz anzurufen, aber da war jemand dran, der … Ich muss mich verwählt haben.«

Dann hatte er also Fazio zum Teufel geschickt.

»Du hast dich ganz bestimmt verwählt, denn ich hatte den Stecker gezogen.« Er log mit einer Stimme, die absolut keinen Zweifel ließ.

»In der Tat. Deshalb muss ich Sie ja auf dem Handy belästigen. Wir haben einen Mordfall.«

Was sonst!

»Und wo?«

»In der Contrada Pizzutello.«

Der Commissario hatte den Namen noch nie gehört.

»Wo ist das?«

»Zu kompliziert, Dottore. Ich habe eben Gallo mit dem Dienstwagen zu Ihnen geschickt und bin selbst schon auf dem Weg nach Pizzutello, ich bin gleich da. Ach ja, ziehen Sie sich Gummistiefel an, das Gelände dürfte recht matschig sein.«

»Ist gut. Bis gleich.«

Er beendete das Gespräch, schloss das Festnetztelefon wieder an und war im Begriff, die Badezimmertür zu öffnen, als es erneut läutete. Wenn das noch einmal der Kerl war, der Birtino sprechen wollte, würde er sich die Adresse geben lassen und ihn erschießen. Und die frischen Käselaibe gleich dazu.

»Dottori, was machen Sie, hab ich Sie geweckt?«, fragte Catarella besorgt.

»Nein, ich bin schon eine Weile auf. Was gibt’s?«

»Dottori, ich wollte Ihnen die Erkenntnis vermitteln, dass Gallos Dienstwagen nicht zu Diensten steht und dass im ganzen Fuhrpaket auch kein anderer verfügbarer Wagen verfügbar ist, insofern als sie nicht fahrbar sind.«

»Was soll das heißen?«

»Dass sie auch alle kaputt sind.«

»Und jetzt?«

»Und jetzt hat Fazio mir die Befehligung erteilt, dass ich kommen und Sie mit meinem Auto abholen soll.«

Ach du Schande! Catarella war nicht gerade ein Ass am Steuer. Aber dem Commissario blieb keine andere Wahl.

»Und du weißt, wo der Tote ist?«

»Selbstverständlich, Dottori. Aber zur Sicherheit nehme ich den sprechenden Nawikator mit.«

Der Commissario war startklar und trank schon die dritte Tasse Espresso, als er vor der Haustür einen gewaltigen Schlag hörte. Er zuckte so heftig zusammen, dass der Kaffee aus der Tasse auf seine Jacke und seine Gummistiefel schwappte. Fluchend stand er auf, um nachzusehen, was passiert war.

Als er die Haustür aufriss, wäre er fast gegen die Stoßstange von Catarellas Wagen geprallt.

»Wolltest du mit dem Auto durch die Tür und mich direkt im Wohnzimmer abholen?«

»Ich bitte um Vergebnis und Entschuldung, Dottori, aber wegen des Schlammassels auf der Straße ist es so rutschig, dass der Wagen ins Schleudern gekommen ist. Aber daran bin nicht ich schuld, sondern die wetterologische Lage.«

»Leg den Rückwärtsgang ein und fahr ein Stück zurück, sonst komm ich ja nicht mal aus dem Haus.«

Catarella tat wie geheißen. Der Motor heulte auf, aber das Auto bewegte sich keinen Millimeter vom Fleck.

»Dottori, die Sache ist die, dass der Weg abschüssig ist und die Reifen im Schlammassel durchdrehen.«

Der Moment war zwar völlig unpassend, aber der Commissario verspürte dennoch den Wunsch, ihn zu korrigieren.

»Catarè, es heißt Schlamm und nicht Schlamassel.«

»Wie Sie wollen, Dottori.«

»Und was machen wir jetzt?«

»Dottori, wenn Sie über die Veranda rausgehen und ich dort reingehe, könnten wir die Plätze tauschen.«

»Und wozu soll das gut sein?«

»Dann fahren Sie, und ich schiebe.«

Das klang überzeugend. Sie tauschten die Plätze, und nach zehn Minuten und mehreren Anläufen hatten die Reifen endlich Bodenhaftung. Catarella sperrte die Haustür ab, dann tauschten sie erneut die Plätze und fuhren los.

Nach einer Weile sagte Catarella:

»Dottori, würden Sie mir etwas erklären?«

»Was denn?«

»Warum kann man eigentlich nicht Schlammassel sagen, wenn doch alles voller Schlamm ist?«

»Ein Schlamassel kann natürlich auch bedeuten, dass überall Schlamm ist, aber an sich hat es mit Schlamm nichts zu tun.«

Der sprechende Nawikator sprach seit einer halben Stunde, und seit einer halben Stunde folgte Catarella gehorsam den Anweisungen und sagte jedes Mal »Sissignore«, bis Montalbano fragte:

»Waren wir nicht gerade an der alten Mautstelle Montelusa Bassa?«

»Sissì, Dottori.«

»Und wo ist diese Contrada?«

»Noch ein Stück weiter, Dottori.«

»Aber wenn wir hier schon in der Provinz Montelusa sind, kann es doch nicht noch...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2020
Reihe/Serie Commissario Montalbano
Übersetzer Rita Seuß, Walter Kögler
Sprache deutsch
Original-Titel La piramide di fango
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Alter • Betrug • Commissario Montalbano • detective • Detektiv • Detektivromane • Ermittler • Ermittlung • Frauen / Männer • Kommissar • Kriminalliteratur • Kriminalroman • Kriminalromane • Krimis • Krimis und Thriller • Kulinarik • Leiche • Mafia • Polizei • Polizeiarbeit • Polizist • Privatdetektiv • Psychothriller • Pyramide • Rache • Serienkiller • Serienkrimi • Serienmörder • Sizilien • Spannung • Spannungsroman • Thriller • Verbrechen • Vergeltung • verschwunden • Vigàta
ISBN-10 3-7325-7845-3 / 3732578453
ISBN-13 978-3-7325-7845-0 / 9783732578450
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