Frankfurt am Mord (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
320 Seiten
Emons Verlag
978-3-96041-538-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frankfurt am Mord -  Uwe Krüger,  Jonas Torsten Krüger
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Vom Bahnhofsviertel bis zum Kühkopf: Krüger & Krüger zeigen die Mainmetropole in all ihren Facetten. Ein Toter im Rotlichtviertel: Was für Hauptkommissarin Karola Bartsch als einfacher Fall beginnt, entwickelt sich zu einem gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel. Verzweifelt wendet sich Karola an ihren Bruder Karsten, der als naturverbundener Ex-Bulle mit seiner Kneipe eigentlich genug Probleme am Hals hat. Die Spuren führen nicht nur mitten hinein ins kriminelle Milieu der Großstadt, sondern auch hinaus ins Grüne, wo ein maskierter Mörder sein Unwesen treibt ...

Uwe Krüger, geboren in Frankfurt, studierte Biologie an der Goethe-Universität und arbeitete viele Jahre bei einem weltweit agierenden Großhandel für Aquarienfische und als Marketing-Manager für ein internationales IT-Unternehmen. In seiner Freizeit sucht er seltene Vögel und Ideen für den perfekten Mord.

Uwe Krüger, geboren in Frankfurt, studierte Biologie an der Goethe-Universität und arbeitete viele Jahre bei einem weltweit agierenden Großhandel für Aquarienfische und als Marketing-Manager für ein internationales IT-Unternehmen. In seiner Freizeit sucht er seltene Vögel und Ideen für den perfekten Mord.

1


Erster Tag

Kriminalhauptkommissarin Karola Bartsch wachte mit Bauchschmerzen auf: jenes Ziehen im Unterleib, das alle Frauen der Welt zu erdulden hatten. Ein guter alter Bekannter, der ihr mit Krämpfen im Bauch sagte: Nein, auch aus diesem Ei wird keine kleine Karola Bartsch, kein kleiner Mirko Fink.

Dann halt beim nächsten Mal.

Karola schnupperte, atmete die regenverheißende Luft, die sich durch das gekippte Fenster zwängte. Sie lauschte, blinzelte in die Dunkelheit und widerstand der Versuchung, einen Blick auf den Funkwecker zu werfen. Beobachtete lieber die im Luftzug hin- und herpendelnden Bastrollos mit aufgedruckten japanischen Lotusblüten. Unser Kompromiss, dachte Karola und musste lächeln. Wie lange hatten sie sich darüber gestritten? Karola hatte – ganz klassisch und weil es sie an ihre Oma erinnerte – Vorhänge am Fenster gewollt, Mirko fand Jalousien praktischer und moderner. Die Bastrollos mochten beide ein bisschen. Manchmal fragte sie sich, ob Kompromisse überhaupt Sinn machten. Hätte nicht einer für den anderen auf seinen Wunsch verzichten sollen?

Egal, Hauptsache, sie hatten eine Lösung gefunden. Einen Kompromiss. Ob das ein Merkmal für eine funktionierende Beziehung sein mochte?

Karola schnupperte noch einmal. Das frische Laken roch nach Seife und Mirko. Jedenfalls nicht nach Waschmittel. Nach Farbe? Nein, das musste aus ihrem Schlaf herübergeschwebt sein. Sie hatte von Flo geträumt, von Florian Funke, ein von den Medien gefeierter, aber leider illegal agierender Sprayer. Dessen zum Glück unbekannt gebliebene Partnerin sie selbst gewesen war. Noch jetzt lief Karola ein Schauer über den Nacken, wenn sie daran dachte, wie schnell und unrühmlich ihre Karriere als Kriminalistin zu Ende gegangen wäre, hätte man sie erwischt. Das war damals, dachte sie, auch eine Art Kompromiss gewesen: Abbitte für einen Fehler.

Karola Bartsch seufzte lautlos. Und fixierte jetzt endlich die roten Ziffern des Weckers: sechs zu zehn. Meistens gewannen die Minuten, die waren ja auch in der Überzahl. Nur noch dreihundert Sekunden bis zum Aufstehen. Da blieb nicht mehr viel Zeit. Oder doch? Sie drehte sich auf die andere Seite, zum höhlenwarmen Körper neben ihr. Mirko Fink war wach und, ja, blinzelte ihr etwas entgegen. S-O-S? Nein. Dreimal kurz für »S«, okay, das stimmte, aber dann? Einmal kurz, das war ein »E«. Und abschließend: einmal lang, zweimal kurz, einmal lang – wenn das mal kein »X« war …

Karola grinste, stellte sich dumm und funkte einen anatomischen Rhythmus, ein visuelles Oktogon aus acht kurzen Augenaufschlägen zurück. Das Morsezeichen für »Irrtum«.

Mirko wechselte die Kommunikationsform. »Guten Morgen, geliebtes Karöttchen«, sagte er. Morgens war er oft ziemlich albern.

»Morgen, Morse-Mirko«, entgegnete Karola und formte einen Kussmund.

»Schlecht geträumt?«, fragte er, und ihr Lippenkreis platzte. Diese Frage wollte sie weder hören noch beantworten. Karola fuhr ihm mit der Hand durch seine dichten Locken, die sie immer an Merinoschafe erinnerten. »Hat Mann das gemerkt?«

»Deiner schon!« Mirko betonte das Possessivpronomen. »Du hast geächzt und gestöhnt wie Louis de Funès nach einem fast tödlichen Zusammentreffen mit Fantomas.«

Sie lächelte. »Ganz so lustig war’s nicht.«

Mirko drückte seinen Ellbogen in die Matratze, stützte den Kopf auf die Handfläche. Musterte sie neugierig. Ein bisschen wie ein Bernhardiner, dachte Karola. Sein täglicher Umgang mit sensiblen Hündchen musste ja irgendwann auf ihn abfärben. Vielleicht war aber auch diese Sensibilität der Grund dafür, warum Mirko Fink als einer der erfahrensten und besten Hundestaffel-Ausbilder der hessischen Polizei galt.

»Habt ihr denn einen neuen Fall?«, fragte er. »Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass diese Träume dich seit ein paar Monaten seltener heimsuchen.«

Das stimmte. Der Traum, der sie an den jungen Florian Funke gebunden hatte, jener Alp, der zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden war, der war zwar noch nicht völlig verschwunden, seine Präsenz aber nur noch ein schwacher Schatten. Mit dem erfolgreichen Abschluss des Schandfleckenprojektes – hundert Graffitis, gesprüht an für die Stadt Frankfurt beschämenden Plätzen – schenkte der Schlaf ihr endlich wieder traumlose Nächte. Karola wusste, dass sie dieses gute Gefühl erstens dem Umstand verdankte, dass sich Florians Leben endlich eingerenkt hatte – schließlich lebte er seinen gestalterischen Drang mittlerweile zur Zufriedenheit seiner Professoren an der Städelschule aus. Und zweitens Mirkos Geduld. Verständnis. Vertrauen: Er hatte sie nie mit Fragen bedrängt, ihre Alptraumzeit wie eine vorübergehende Krankheit ertragen. Und Karola getragen. Für genau dieses umarmende Schweigen liebte sie ihn.

Jetzt legte er seine Hand auf ihre Brust. Kräftig und warm.

Sie rutschte an ihn heran, knabberte an seinem Ohrläppchen. »Mirkoschatz?«, hauchte sie. »Machst du mir den Hund?«

Mirko antwortete mit einem Stöhnen und rückte näher. »Klar, meine Oberunterüberallkommissarin …«

»Nein, nein Liebster. Nicht so einen kleinen spritzigen Foxterrier, sondern …«

»Yep, alles, was du willst.«

»Wirklich alles?«, fragte sie.

»Ja«, flüsterte er und streichelte ihre Brustwarze.

Sie kicherte. Natürlich war er auf etwas ganz anderes aus als sie.

»Bitte den Bernhardiner!«, sagte Karola und kuschelte ihren monatlichen Schmerz ganz dicht an Mirkos Oberschenkel, verweilte dort für ein paar Herzschläge und sprang aus dem Bett. Als sie Mirkos enttäuschtes Gesicht sah, beugte sie sich hinab, strubbelte ihm die Wolle und grinste.

Tapfer kroch auch er aus dem Bett. »Bernhardiner, ausgerechnet. Die Lebensretter mit ihrem um den Hals gebundenen Fässchen.«

»Genau«, bestätigte sie und schlappte Richtung Bad.

Mirko dagegen trottete in die Küche. Das Lebenselixier für Karola Bartsch hieß nun mal Kaffee. Und der war in der Dose. Da brauchte er an diesem Morgen gar kein Fass aufzumachen.

***

Karsten ließ sich treiben. Kurz vor der Staustufe mit dem viereinhalb Meter hohen Walzenwehr nahm der begradigte, eingezwängte Fluss wieder Fahrt auf, fast so, als wollte er Anlauf nehmen, um die in sein Bett getriebene Schwelle besser überwinden zu können. Das Wasser war trübe, aber das war es fast immer, und so verdreckt wie in den siebziger Jahren war der Main schon lange nicht mehr, sondern immerhin so sauber, dass man sich gefahrlos darin erfrischen konnte. Man musste das Wasser von Papa Main ja nicht gleich zum Zähneputzen verwenden – obwohl Karsten Bartsch das auch schon gemacht hatte. Und die Kopfschmerzen am nächsten Tag waren damals wohl eher dem letzten Glas Äppler geschuldet, das wie immer eines zu viel war. Schon seltsam, dass H2O so ganz anders wirkte, wenn zwei oder drei Kohlenstoffatome zusätzlich mitspielten. Im Grunde war das Universum so einfach gestrickt wie die Farbtafeln im Baumarkt. Die Welt bestand aus rund hundert Farben: That’s it. Der Trick bestand in der Kombination dieser Elemente. Wahrscheinlich hatte Gott seine hundert Farben auf ein paar Würfel geklebt, in einen Becher gesteckt und sich sechs Tage lang köstlich über die Ergebnisse amüsiert.

Der Fluss zerrte an ihm. Ein Stück Treibholz, das es über die Wehrstufe zu wuchten galt. Und mit dem Hochwasser im Rücken war das nicht schwer: Die ganze letzte Augustwoche hatte Wetter-Petrus seine Kübel ausgekippt, die kleinen Bäche aus Spessart und Fichtelgebirge in Wildwasser verwandelt und so den trägen Main abgefüllt und angeschoben, dass man schon froh sein konnte, wenn die Uferwege trocken blieben.

Karsten stieß die Luft aus und schwamm Richtung Wildnis, vierhundert Meter Dschungel mitten in der Stadt, ausschließlich erreichbar mit Boot oder Badehose. Die Halbinsel war einer jener vergessenen Orte, die sich nur noch selten in Großstädten finden ließen: ein weißer Fleck auf Frankfurts Stadtplan. Ein Unort. Nicht einsehbar, nicht bewohnt, nicht für die Öffentlichkeit. Das Treiben und Wirken der Natur an diesem Ort wurde von den Stadtplanern toleriert, weniger aus Einsicht oder Naturschutzgründen, sondern weil das Stadtsäckel nicht ausreichend gefüllt war für einen fachgerechten Rückschnitt dieses naturnahen Auenwaldes zwischen Griesheim und Schwanheim.

Karsten Bartsch war froh darüber. Genoss das Privileg, sich in sommerlicher Hektik eine kleine Auszeit auf dem zu gönnen, was er »seine« Insel nannte. Robinson mit Rückfahrticket, Freiheit für ein rares Stündchen.

Er tauchte unter einem ins Wasser hängenden Vorhang aus silbernen Weidenblättern hindurch, ertastete das Ufer und kletterte durch eine Lücke des aus uralten Sandsteinblöcken gebauten Inselfundamentes an Land. Unter dem Schattenhalbkreis der herabhängenden Äste wucherte die Vegetation weniger dicht als auf der Südseite der Insel, rings um den mächtigen Baumstamm hatten die Hochwasser vergangener Jahrzehnte die Kieselsteine des Mutterbettes freigelegt. Karsten wusste aus langer genießerischer Erfahrung, dass hier genau zu dieser Tageszeit ein Spot Nachmittagssonne durch die Lücke im Baumdach fiel und den Boden wärmte. Er hockte sich hin, legte die langen Arme wie einen Ring um die angezogenen Knie und starrte durch die Blätter hindurch auf das lehmbraune Wasser des Mains.

Wenn der Wind die Backen dick machte, funkelten die Wellen im Nachmittagslicht wie Rubine zwischen dem Weidenvorhang. Heute hatte der Fluss dagegen hochwasserfestes Rouge aufgelegt. Bartsch musste an seinen Lieblingssatz aus der Odyssee denken: »Segelnd auf...

Erscheint lt. Verlag 19.9.2019
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Auwald • Cosplay • Drogen • Falknerei Krimi • Fälschung • Fotografen Krimi • Frankfurt • Hessen Naturschutzgebiete • Krimi • Kühlkopf • Main • Mord • Opelzoo • Ornithologie • Prostitution • Regionalkrimi • Rhein • spannend • Tierkrimi • Unterhaltsam
ISBN-10 3-96041-538-9 / 3960415389
ISBN-13 978-3-96041-538-1 / 9783960415381
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