Kurz & Kickl -  Helmut Brandstätter

Kurz & Kickl (eBook)

Ihr Spiel mit Macht und Angst
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
208 Seiten
Verlag Kremayr & Scheriau
978-3-218-01202-7 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
16,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
'Es begann mit heiligen Schwüren und endete mit düsteren Drohungen.' So fasst Kurier-Herausgeber Helmut Brandstätter die 17 Monate der Regierung Kurz zusammen. Bundeskanzler Kurz und sein Vize Heinz-Christian Strache wollten zwei Legislaturperioden gemeinsam regieren. Und 'nicht streiten'. Dabei war von Anfang an klar, dass die FPÖ den Staat von Grund auf verändern und Kurz vor allem an der Macht sein wollte. Herbert Kickl wollte dabei unbedingt Innenminister werden, um aus der Republik Österreich einen autoritären Staat zu machen. Und Sebastian Kurz und seine ÖVP schauten so lange zu, bis sie sich selbst von Kickl bedroht fühlten. Umso erstaunlicher, dass Kurz offenbar nach der Nationalratswahl wieder mit der FPÖ regieren will. Für die neuerliche Macht würde er ignorieren, dass diese Partei mit ihrer Geschichte und vielen ihrer Funktionäre nicht in der Zweiten Republik angekommen ist. Dieses Buch erklärt, wie die FPÖ weiter einen autoritären Staat aufbauen will. Vor allem die Vorfälle rund um den Sturm auf das BVT werden so gezeigt, dass verständlich wird, worum es ging: um einen schleichenden Putsch. Im Ibiza-Video konnten es alle hören, ein Vorbild der FPÖ ist Viktor Orbán. Und sie wollte ein Land wie Ungarn formen, mit einer korrupten Führung ohne Respekt für die Bevölkerung und Medien, die Oligarchen gehören und 'Zack-Zack-Zack' schreiben, was die Regierung befiehlt.

Helmut Brandstätter, geboren 1955, Dr. jur. an der Universität Wien, dann Post-Graduate-Studium an der Johns-Hopkins-University in Bologna, 1982 bis 1997 beim ORF in Wien, Bonn und Brüssel als Redakteur, Korrespondent, Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen und Moderator der Sendung REPORT, 1997 bis 2003 Chefredakteur und Geschäftsführer von n-tv, Berlin, 2003 bis 2005 Mitgründer und Geschäftsführer von PulsTV. 2005 bis 2010 Eigentümer einer Beratungs- und Kommunikationsagentur. 2010 bis 2018 Chefredakteur, seit 2013 Herausgeber des KURIER.

Helmut Brandstätter, geboren 1955, Dr. jur. an der Universität Wien, dann Post-Graduate-Studium an der Johns-Hopkins-University in Bologna, 1982 bis 1997 beim ORF in Wien, Bonn und Brüssel als Redakteur, Korrespondent, Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen und Moderator der Sendung REPORT, 1997 bis 2003 Chefredakteur und Geschäftsführer von n-tv, Berlin, 2003 bis 2005 Mitgründer und Geschäftsführer von PulsTV. 2005 bis 2010 Eigentümer einer Beratungs- und Kommunikationsagentur. 2010 bis 2018 Chefredakteur, seit 2013 Herausgeber des KURIER.

1. Kurz und die Sollbruchstelle Kickl


Es begann mit heiligen Schwüren und endete mit düsteren Drohungen: Am 18. Dezember 2017 wurden Sebastian Kurz und sein Kabinett von Bundespräsident Alexander van der Bellen angelobt. Sofort war von einem „neuen Stil“ der Zusammenarbeit die Rede, der vor allem darin bestehen sollte, dass die beiden Parteien nicht öffentlich streiten würden. Nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos wurde nicht nur schnell gestritten, sondern auch gedroht. Der entlassene Innenminister Herbert Kickl analysierte seinen bisherigen Partner Sebastian Kurz in der Nationalratssitzung vom 27. Mai 2019, zehn Tage nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos, als Mann, dem es nur darum ginge, seinen Machtbereich auszuweiten. Und dann: „Ich habe mit russischen Oligarchen vielleicht weniger zu tun als andere, die hier auf diesen Regierungsbänken sitzen.“ Kickl weiter: „Ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden Wochen und kommenden Monaten vielleicht Dinge erfahren werden, vielleicht auch ein Sittenbild zum Vorschein kommen wird in den Zusammenhängen, wo ich Ihnen nur sagen kann, dass vielleicht das, was wir auf den Bändern von Ibiza sehen, Dinge, die unter Alkoholeinfluss gesprochen wurden, gegen die Wirklichkeit, die nüchtern ist, verblassen könnten.“

Etwas kompliziert in der Satzkonstruktion, aber sehr klar in der Aussage droht hier Kickl mit Enthüllungen, gegen die Straches geplanter Verkauf von österreichischen Interessen an eine vermeintliche russische Oligarchennichte harmlos sein soll. Plötzlich agiert Kickl gegenüber seinem ehemaligen Partner mit Methoden, die er auch sonst gerne anwendet: Er verbreitet Angst.

Halten wir kurz inne: Herbert Kickl war 17 Monate lang als Bundesminister für Inneres Chef von 30.000 Polizisten und vielen Behörden, die für die innere Sicherheit der Republik Österreich zuständig sind. Kaum entlassen, und zwar ganz ordnungsgemäß nach der österreichischen Bundesverfassung, droht der Mann, der auf diese Verfassung angelobt war, mit einem „Sittenbild“, das er offenlegen werde. Der Mann, der über geheime Informationen über Österreich und viele seiner Staatsbürger, vielleicht auch über Geheimnisse von anderen EU-Staaten, Bescheid wusste, stellt negative Konsequenzen für seine Heimat in den Raum. Jene Heimat, die er stets vorgab schützen zu wollen, wenn auch mit fragwürdigen Entscheidungen und geschmacklosen Reimen. Und noch etwas: Nach dem ersten Schock und einem für den Ibiza-Skandal erstaunlich guten Wahlergebnis für die FPÖ bei den EU-Wahlen am 26. Mai 2019 spricht der neue FPÖ-Chef Norbert Hofer schon von der Fortsetzung des angeblich „erfolgreichen Weges“.

In Wirklichkeit war diese Regierung der Beginn des Weges in eine autoritäre Republik. Herbert Kickl hatte die Strategie geplant und dabei Sebastian Kurz den Führersitz und damit den Anschein der Macht überlassen, solange dieser als Kanzler der Planung und den Aktionen Kickls folgte. Noch im Wahlkampf hatte Kurz für den Bundeskanzler die „Richtlinienkompetenz“ nach deutschem Vorbild verlangt, die lag aber in Sicherheitsfragen de facto bald beim Innenminister.

Das Ende dieser Kooperation war dann abrupt, aber es musste kommen, denn Sebastian Kurz merkte, dass er an Macht verlor und Herbert Kickl immer mehr das Geschehen dominieren wollte. Wie das ablief, soll hier beschrieben und analysiert werden.

Herbert Kickl ist die Konstante der FPÖ seit Jörg Haider, er steckt hinter den Kampagnen und den bösen Sprüchen, für die zunächst Haider und dann Strache Applaus bekamen. Zwar war nach der Spaltung vom BZÖ im Jahr 2005 Heinz-Christian Strache FPÖ-Chef, und nach dessen peinlichem Abgang Norbert Hofer – aber Kickl bestimmte stets das Auftreten der FPÖ.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder war es der größte Fehler von Sebastian Kurz, den Kärntner mit der stets aggressiven Rhetorik als Innenminister zu akzeptieren, denn der langjährige FPÖ-Generalsekretär war von Anfang an die Sollbruchstelle der türkis-blauen Koalition. Oder es war eine überaus raffinierte Strategie von Kurz. Denn er wusste, dass er an der Person Kickl die Koalition jederzeit beenden könnte – und immer höhere Beliebtheitswerte haben würde als der ehemalige Philosophiestudent ohne Abschluss. Diese Variante klingt originell, ist aber weniger wahrscheinlich. Aus FPÖ-Quellen ist nämlich bekannt, dass Heinz-Christian Strache zunächst selbst Innenminister werden wollte, dann aber darauf verzichtete, als er sah, wie groß die Arbeitsbelastung und vor allem auch das Gefahrenpotenzial dieses Amtes ist. Als die FPÖ dann Kickl vorschlug, glaubte Kurz nicht mehr zurück zu können, das Innenministerium war bereits der FPÖ zugesagt. Der ÖVP-Chef war in Eile, er wollte noch vor Weihnachten 2017 seine Regierung präsentieren. Dabei ließ er sich sogar die Rücknahme des Rauchverbots in Lokalen abringen, obwohl die ÖVP-Abgeordneten genau das zuvor mit der SPÖ beschlossen hatte. Für eine Auseinandersetzung mit der FPÖ um das Innenministerium hatte Sebastian Kurz keine Nerven mehr. Und Herbert Kickl hatte einen Plan, wie er das Land verändern würde, auch durch die Verbreitung von Angst.

Machtwille und Mediendominanz


Wie hat sich Österreich in diesen eineinhalb Jahren vom Antritt der Regierung am 18. Dezember 2017 bis zum Misstrauensvotum gegen Kurz und sein gesamtes Team am 27. Mai 2019 verändert? Und wer hatte welchen Anteil? Sicher ist: Sebastian Kurz wollte die Macht um jeden Preis, und er verstand es geschickt, damit zu hantieren, wenn auch ohne klare gesellschaftspolitische Überzeugung, was er denn mit der Macht anfangen soll. Herbert Kickl hingegen hatte eine Vision, und für diese brauchte er einen höchst effizienten Apparat. Umso besser, wenn dieser zum Großteil aus bewaffneten Einheiten im Bereich des Innenministeriums bestehen konnte. Die kurze Amtszeit von Türkis-Blau ließ eine grundsätzliche Veränderung der Republik Österreich nicht zu, aber die Ansätze sind zu erkennen, und sie deuten in Richtung eines autoritären Staates, der durch Erzeugung von Angst errichtet werden sollte. Der frühere Vizekanzler Erhard Busek hat ja in seinem Vorwort eine Diskussion mit Kickl beschrieben, wo dieser argumentierte, die Politik müsse den Menschen Angst machen, wenn sie etwas verändern wolle. Kickl machte Angst, und Kurz schaute lange zu, weil er sich im Besitz der Macht so wohlfühlte.

Andreas Mölzer, der wegen rassistischer Äußerungen von seinem Mandat als EU-Abgeordneter zurücktreten musste, hat die FPÖ in einem TV-Interview einmal als „revolutionäre Partei“ bezeichnet. Er hat dann ein wenig geschmunzelt, als wäre es ihm peinlich, so offen seine Gedanken auszusprechen. Aber niemand durfte überrascht sein, als Kickl etwa an der Menschenrechtskonvention zweifelte, die in Österreich im Verfassungsrang steht, oder im ORF-Report formulierte: „Das Recht muss der Politik folgen und nicht die Politik dem Recht.“ Die ÖVP wiederum hat sich immer als bürgerliche und vor allem staatstragende Partei verstanden. Warum die ehemals starken Landeshauptleute und Chefs der Bünde Sebastian Kurz völlig willenlos die Partei übergaben und auch später nur intern murrten, wenn wieder einmal ein sogenannter „Einzelfall“ den Charakter des Partners FPÖ offenlegte, bedarf noch einer genaueren Analyse. Jedenfalls zogen sie sich auf ihre geografischen oder inhaltlichen Bereiche zurück und wollten bestenfalls peu à peu wahrhaben, wie sich Österreich veränderte.

So unterschiedlich Kurz und Kickl im Auftreten sind, so sehr ähneln sie einander im Umgang mit den Medien, vor allem, was das Ziel betrifft: nämlich Einfluss zu haben, und zwar mit vielen denkbaren Methoden, wenn es sein muss auch mit der Verbreitung von Angst.

Der Unterschied lag in der Vorgangsweise. Kurz und seine Gefolgschaft machten es meistens geschickter, der Kanzler setzte lieber Mitarbeiter für Interventionen ein, griff aber auch selbst oft zum Telefon, mit einer Mischung aus Interesse an Redakteuren, deutlichen Wünschen an diese und Druck auf Eigentümer. Kickl agierte mit seinem Medienerlass vor allem gerichtet gegen KURIER, Standard und Falter, der immerhin zu einer kurzfristigen Solidarität unter Journalisten führte. Aber er wollte auch, dass seine Macht in der Regierung bekannt ist. Ein wenig Angst verbreiten, das passte ihm auch. Im ORF kursierte der Spruch: „Wenn du was werden willst, musst du zum Kickl gehen, nicht zu Strache.“ So etwas gefiel dem Politiker, der sich oft zu wenig anerkannt fühlte.

Der Versuch, aus der Republik Österreich einen Staat mit starken autoritären Tendenzen zu machen, ist vorerst gescheitert. Vorerst. In dem Strache-Video geht es, soweit es bekannt ist, um den Zugriff auf Medien und auf Wirtschaftsunternehmen zum Zwecke des Machterhalts, um illegale Parteispenden und um den von der FPÖ erwünschten größeren Einfluss Russlands. Dieser ist bei der FPÖ wie bei den anderen rechten bis rechtsextremen Parteien in...

Erscheint lt. Verlag 25.7.2019
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte anti-demokratisch • autoritär • Bundesregierung • FPÖ • Ibiza • Innenpolitik • Kickl • kurz • message control • Nationalratswahlen 2019 • Orbán • Österreich • ÖVP • Politik • Populismus • Rechtsextrem • Rechtswende • Strache
ISBN-10 3-218-01202-3 / 3218012023
ISBN-13 978-3-218-01202-7 / 9783218012027
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 346 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Wie aktivistische Wissenschaft Race, Gender und Identität über alles …

von Helen Pluckrose; James Lindsay

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
16,99