Mordskind (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
368 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98601-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mordskind -  Susanne Mischke
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Es geschah am helllichten Tag...ein beklemmender Krimi von Bestseller-Autorin Susanne Mischke Als ihr fünfjähriger Sohn Max plötzlich verschwindet, weint Doris dem Satansbraten keine Träne nach. Lieber schnappt sie sich Simon als Ersatzkind, einen echten Musterjungen und Sohn ihrer besten Freundin Paula. In der spießigen Kleinstadt beginnt derweil eine Hexenjagd - schließlich ist Max das zweite verschwundene Kind innerhalb kürzester Zeit ...

Susanne Mischke wurde 1960 in Kempten geboren und lebt heute in Wertach. Sie war mehrere Jahre Präsidentin der »Sisters in Crime« und erschrieb sich mit ihren fesselnden Kriminalromanen eine große Fangemeinde. Für das Buch »Wer nicht hören will, muß fühlen« erhielt sie die »Agathe«, den Frauen-Krimi-Preis der Stadt Wiesbaden. Ihre Hannover-Krimis haben über die Grenzen Niedersachsens hinaus großen Erfolg.

Feindschaften


Der Wind und der Frost der letzten Nacht hatten die Büsche und Bäume kahler werden lassen, und so waren die Männer am Seeufer gut vom Wohnzimmer aus zu erkennen.

Bruno Jäckle, das lange Elend, wie Paula ihn für sich nannte, stand neben dem Steg, in seinem hausbackenen grauen Lodenmantel, und sprach mit einem untersetzten Herrn im modischen Trenchcoat: Staatsanwalt Monz. Daneben unterhielten sich ein junger Mann mit Pferdeschwänzchen und ein ziemlich dicker, älterer. Das waren die Beamten vom Landeskriminalamt. Der Rest, es mochten so an die zehn Personen sein, ausschließlich Männer, vermittelten ein Bild professioneller Routine. Gerätschaften wurden herangeschleppt, Taucheranzüge angelegt, einer sprach lebhaft gestikulierend in ein Funkgerät. Etwas abseits wartete ein uniformierter Polizist mit einem Schäferhund. Der Hund saß still, aufmerksam hielt er den Kopf hoch, die Ohren aufgestellt, die Nase witternd in die Luft gereckt, stolz auf das Lob, das er für seine Arbeit erhalten hatte. Noch ein wenig weiter weg klammerte sich Jürgen Körner an einen Baumstamm. Irgendwann in der Nacht war er eingetroffen, nachdem die Suche nach seinem Sohn am Tag zuvor erfolglos geblieben war. Er war blass und hatte Ringe unter den Augen. Hätte er nicht eigentlich braungebrannt sein müssen, überlegte Paula. Sicher hält er sich meistens in klimatisierten Büros auf. Außerdem, war das im Moment nicht völlig unwichtig?

Doris trat neben Paula ans Fenster. Eben brach die Nachmittagssonne durch die tiefhängenden Wolken, stumm beobachteten sie, wie die drei Taucher der Wasserwacht umständlich ihre Vorbereitungen trafen, dann endlich einzeln den wackeligen Steg betraten und in das stahlgraue Wasser des Grundsees glitten.

Simon saß währenddessen beleidigt in seinem Zimmer auf der Fensterbank. Er wäre gerne bei diesem großen Hund da draußen geblieben. Es musste ein sehr kluger Hund sein. Ein Polizeihund, hatte der Polizist, der gar kein richtiger war, weil er keine Polizeiuniform trug, gesagt. Auf sein Bellen und Winseln hin waren diese vielen Männer gekommen, um nach Max zu suchen. Simon hätte gerne gesehen, wie man Max aus dem Wasser zog. Aber alle, der falsche Polizist, seine Mutter und Doris, hatten ihn in sein Zimmer geschickt. Wenigstens konnte er vom Fenster aus den Männern zusehen, daran hatten sie wohl nicht gedacht.

Die Taucher blieben lange unter Wasser. Doris hatte den Kopf gegen die Scheibe gelehnt und trommelte mit den Fingern dagegen. Das Getrommel zerrte an Paulas Nerven, aber sie konnte ihr doch unmöglich sagen, sie solle damit aufhören. Doch nicht in ihrer schrecklichen Situation. Im Gegenteil, Paula war froh, dass Doris sich so tapfer und ruhig verhielt. Die verzweifelte Hysterie des Vortags war jetzt einer gewissen Dumpfheit gewichen, vermutlich ausgelöst durch Schlafmangel und Beruhigungstabletten.

»Ich mache uns Tee«, sagte Paula und floh vor dem Geräusch in die Küche, wo sie angewidert zum Fenster hinausschaute. Ein hartnäckiges Rudel Reporter lauerte zwischen Doris’ Haus und ihrem Eingangstor, erstmals, seit Paula die Villa bewohnte, war es abgeschlossen. Uniformierte Polizisten passten auf, dass niemand das Gelände betrat.

Es tat Paula gut, irgend was mit den Händen zu tun, es unterbrach wenigstens für Augenblicke das Karussell ihrer wirren Gedanken und Grübeleien, und sie brauchte um einiges länger als sonst für die Zubereitung von zwei Tassen Tee.

»Mein Gott«, stöhnte Doris, als Paula mit dem Tablett erschien, »wie lange das dauert.« Ihr Blick war nach draußen gerichtet. Bereits gestern abend hatte der Hund an dieser Stelle, an der jetzt die Männer herumstanden, Laut gegeben, aber wegen der Dunkelheit konnte nicht mehr allzuviel unternommen werden. Heute morgen waren zuerst die Beamten von der Spurensicherung erschienen, und es dauerte ein paar Stunden, ehe endlich Feuerwehr und Wasserwacht an die Arbeit gehen konnten.

Der Tee in Doris’ unberührter Tasse war bereits kalt geworden, als zwei der Taucher aus dem Wasser stiegen. An ihren Gesten war zu erkennen, dass sie nichts entdeckt hatten.

»Wo ist der dritte?« fragte Doris.

»Wahrscheinlich am Auslauf«, meinte Paula. »Dort ist so ein Rechen, oder ein Gitter, was weiß ich. Damit kein Treibholz den Bach verstopft. Es kommt also nichts«, sie schluckte, »aus dem See raus. Die Strömung treibt alles auf den Auslauf zu. Hat mir der Jäckle erklärt.«

»Der Jäckle«, schnaubte Doris. Gestern hatte er Doris ein paar unangenehme Fragen gestellt, was sie ihm sehr übel genommen hatte, obwohl man ihr von allen Seiten bestätigte, dass dies nun mal zur Routine gehöre. Verschwand ein Kind, zählten die Eltern automatisch zum Kreis der Verdächtigen. So sei das leider, heutzutage, hatte Staatsanwalt Monz mit sichtlichem Bedauern erklärt. Es käme immer wieder vor, dass Eltern versuchten, Kindestötungen als Fremdvergehen zu tarnen.

»Der Jäckle soll lieber diesen Kerl, den du in deinem Garten beschäftigt hast, verhören«, sagte Doris schneidend.

»Das hat er die halbe Nacht getan«, erwiderte Paula leise.

Doris drehte sich abrupt zu Paula um und starrte ihr mit weit aufgerissenen Augen ins Gesicht. »Ich weiß, dass ihm etwas Gräßliches zugestoßen ist« flüsterte sie. »Ich spüre das. Max ist tot.«

»Aber nein, Doris, ich glaube nicht …«

»Aber nein, Doris«, äffte sie Paula mit widerlichem Tonfall nach, und ein irres, meckerndes Lachen brach aus ihr heraus, wie Paula es noch nie bei ihr gehört hatte; sie umklammerte Paulas Schultern, ihre rosa Fingernägel krallten sich schmerzhaft in Paulas Fleisch, als sie schrie: »Ha! Du glaubst nicht! Du und dein Sozialtick, du bist womöglich schuld, dass Max …«

In diesem Moment ging die Tür auf, und Bruno Jäckle betrat das Zimmer, hinter ihm Jürgen Körner. Doris ließ Paula auf der Stelle los, sank kraftlos auf das Sofa und blickte stumpfsinnig vor sich hin, während Paula hilflos vor ihr stand und sich so elend fühlte wie nie zuvor in ihrem Leben.

Jäckle räusperte sich.

»Entschuldige«, flüsterte Doris und wischte sich die Augenwinkel. »Das wollte ich nicht sagen.«

»Fehlanzeige«, sagte Jäckle zu niemand Bestimmtem.

»Sie werden es aber noch an anderen Stellen versuchen, wenn’s sein muss, den ganzen Tag.«

Doris stand auf und ging zu Jürgen, der mit einer in langen Jahren einstudierten Geste den Arm um sie legte. »Vielleicht hat sich der Hund getäuscht«, sagte Doris. Sie sah abwechselnd Jürgen und Paula an, ihre Augen hatten einen hohlen Glanz, wie Glasmurmeln. »Vielleicht ist Max entführt worden. Ich meine, wir sind zwar keine Millionäre, aber ich hatte in letzter Zeit doch viel Presse, wegen meines Kinderbuchs. Vielleicht denkt deswegen einer, ich sei reich.« Sie sah Jürgen so erwartungsvoll an, dass dieser nur bestätigend nicken konnte. »Hat denn immer noch niemand angerufen?«

Jäckle schüttelte den Kopf. Drüben, im Haus der Körners, bewachten Kommissar Hofer, der eiligst von seiner Kur an seinen Arbeitsplatz zurückgeeilt war, und der junge Wurmseher das Telefon. Doch das war nur ein Vorwand, Jäckle glaubte nicht an eine Entführung. Kindesentführer pflegten sich rasch zu melden, bevor der ganze Polizeiapparat in Gang gesetzt war. Vielmehr hatten die zwei den Auftrag, das Haus auf dezente Weise genauestens zu untersuchen. Vom Keller bis zum Dach. Gerade Keller und Dach. Schränke, Tiefkühltruhen und Blumenbeete.

Der dritte Taucher stieg soeben aus dem Wasser, sein Anzug glänzte vor Nässe.

»Schau«, rief Doris, und es klang unnatürlich fröhlich und lebhaft, »der hat auch nichts entdeckt. Es gibt noch Hoffnung, dass er lebt.«

Das Wort Hoffnung war es, das Paula erneut erschauern ließ. Hoffnung hieß, dass da auch das Gegenteil war und dass die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gegenteil zutraf, die größere war.

Bruno Jäckle gähnte. Ein anstrengendes Wochenende lag hinter ihm, mit nichts als Frust. Die »Golden Lion Basement Gang« hatte am Freitagabend ohne ihn spielen müssen, und die Ermittlungsergebnisse waren bislang recht mager. Nichts Brauchbares von der Spurensicherung, keinerlei vernünftige Zeugenaussagen. Der einzige – wieder einmal – festgenommene Verdächtige schwieg sich aus, bald würde man ihn laufen lassen müssen. Hätte er einen guten oder wenigstens einen teuren Anwalt, wäre er jetzt schon frei. Die Durchsuchung des Bauwagens und der Wohnung seiner Mutter hatte rein gar nichts ergeben, auch nicht die Befragungen der gesamten Nachbarschaft. Außer natürlich, dass sie alle den »Ruß’«, wie sie ihn nannten, für zweifelsfrei schuldig hielten. Es gab sogar einige, die ihn an dem Morgen beim Kindergarten gesehen haben wollten, doch bei genauerem Nachfragen verhedderten sie sich in Widersprüche.

Wie viele noch? schrie ihm die Schlagzeile eines Boulevardblattes von seinem Schreibtisch entgegen. Der Hofer hatte es ihm hingelegt. Neben seinem verkrusteten Kaffeebecher sah er das verschwommene Foto eines Mannes zwischen zwei uniformierten Polizisten und die Bildunterschrift:

Ist das die Bestie von Maria Bronn?

Den Rest konnte man sich schenken. Angeekelt versenkte er das Exemplar im Papierkorb. Die Montagsausgabe des Stadtkuriers hielt sich eher zurück. Ermittlungen laufen auf Hochtouren, hieß es dort wahrheitsgemäß in fetten Lettern, und der Bericht fuhr fort:

(wg) – Der Fall des vermissten fünfjährigen Max Körner aus der Ziegeleisiedlung gibt noch immer Rätsel auf. Das Kind stieg, wie eine Zeugin bestätigte, am Freitagmorgen kurz nach acht Uhr aus dem Auto seiner Mutter. Es nahm von dort den Fußweg, der zwischen Sport- und Spielplatz zur Rückseite des...

Erscheint lt. Verlag 2.7.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestsellerautor • Bestsellerautorin • Deutscher Krimi • Doris • ebook günstig • Elisabeth Hermmann • Kindesentführung • Kindsentführung • Krimideutschland • Krimi Kindsentführung • Krimi verschwundenes Kind • Krimi von Bestsellerautor • Roman Kindsentführung • Roman verschwundenes Kind • spannende Bücher • verschwundenes Kind
ISBN-10 3-492-98601-3 / 3492986013
ISBN-13 978-3-492-98601-4 / 9783492986014
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