Tod im weißen Häubchen (eBook)

Roman

(Autor)

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2019 | 1. Auflage
384 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45447-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tod im weißen Häubchen -  P. D. James
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P. D. James' berühmteste Krimi-Reihe um Adam Dalgliesh zum Neu- und Wiederentdecken An der renommierten englischen Schwesternschule Nightingale House soll die Funktionsweise von künstlicher Ernährung demonstriert werden. Dafür hat sich eine Schwesternschülerin als »Patientin« zur Verfügung gestellt. Hilflos müssen ihre Mitschülerinnen kurz darauf mit ansehen, wie die junge Frau grausam zu Tode kommt. Unfall oder Mord? Als wenig später im Schwesternwohnheim eine weitere Leiche gefunden wird, ist klar: Im ländlichen England der 70er-Jahre muss Adam Dalgliesh einen Mörder stellen, der das Töten als Heilmittel für alle Übel dieser Welt versteht. Band 4 der Reihe um Commander Adam Dalgliesh. »Was P. D. James von allen anderen ?Queens of Crime? unterscheidet, ist die Wirklichkeitsnähe ihrer Geschichten. Zwar bedient sie sich der Spannungselemente der klassischen Detektivgeschichte, aber sie schreibt am Ende realistische Gesellschaftsromane.« Nina Grunenberg, DIE ZEIT

Phyllis Dorothy James, seit 1991 Baroness James of Holland Park, wurde 1920 in Oxford geboren und verstarb im November 2014 ebendort. Da ihr Mann unheilbar krank aus dem Weltkrieg zurückkehrte, musste sie für sich und die beiden Töchter selbst sorgen. Erst nach langen Jahren in der Krankenhausverwaltung und in der Kriminalabteilung des Innenministeriums konnte sie sich ab 1962 ganz der Schriftstellerei widmen. P. D. James, weltweit als Queen of Crime gerühmt, wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft; ihr Commander Adam Dalgliesh, der die meisten Fälle löst, ist in die Literaturgeschichte eingegangen.

Phyllis Dorothy James, seit 1991 Baroness James of Holland Park, wurde 1920 in Oxford geboren und verstarb im November 2014 ebendort. Da ihr Mann unheilbar krank aus dem Weltkrieg zurückkehrte, musste sie für sich und die beiden Töchter selbst sorgen. Erst nach langen Jahren in der Krankenhausverwaltung und in der Kriminalabteilung des Innenministeriums konnte sie sich ab 1962 ganz der Schriftstellerei widmen. P. D. James, weltweit als Queen of Crime gerühmt, wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft; ihr Commander Adam Dalgliesh, der die meisten Fälle löst, ist in die Literaturgeschichte eingegangen.

2


Trotz des Regens war die Fahrt nicht so anstrengend, wie Ms Beale befürchtet hatte. Sie fuhr einen guten Schnitt und war kurz vor neun in Heatheringfield, gerade noch rechtzeitig, um in die letzte Welle des morgendlichen Berufsverkehrs zu geraten. Die breite Hauptstraße mit ihren King-George-Häuserfronten war von Fahrzeugen verstopft. Frauen fuhren ihre Männer zum Bahnhof oder die Kinder in die Schule, Lastwagen luden ihre Ware ab, Busse spuckten Fahrgäste aus und nahmen andere auf. Es fiel immer noch ein leichter Nieselregen. An den drei Ampeln strömten Fußgänger mit aufgespannten Regenschirmen über die Straße: Die Kinder herausgeputzt in den adretten Uniformen von Privatschulen, die meisten Männer trugen einen Bowlerhut und hatten eine Aktentasche unter dem Arm, und die Kleidung der Frauen zeigte den typischen Kompromiss zwischen großstädtischem Schick und provinzieller Ungezwungenheit.

Da Ms Beale genug damit zu tun hatte, auf die Ampeln und Fußgängerüberwege zu achten und einen Wegweiser zum Krankenhaus zu suchen, konnte sie nur einen flüchtigen Blick auf das schmucke Rathaus aus dem 18. Jahrhundert, die gut erhaltene Reihe der Fachwerkhäuser und die großartige, mit Kriechblumen verzierte Turmspitze der Dreieinigkeitskirche werfen. Sie gewann dennoch den Eindruck, dass es sich um eine blühende Gemeinde handelte, die Sorgfalt auf die Erhaltung ihres baugeschichtlichen Erbes verwandte, wenn auch eine ganze Reihe von Filialgeschäften am Ende der Hauptstraße den Gedanken nahelegte, dass die Sorgfalt dreißig Jahre früher hätte beginnen sollen.

Aber da kam endlich der Wegweiser. Die Straße zum John-Carpendar-Krankenhaus zweigte als breite Allee von der Hauptstraße ab. Auf der linken Seite verlief eine hohe Mauer, die das Krankenhausgelände eingrenzte.

Ms Beale hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Die dicke Aktentasche auf dem Rücksitz des Autos enthielt einen umfassenden Abriss über die Geschichte des Krankenhauses, außerdem eine Kopie des Berichts von der letzten Inspektion durch die Allgemeine Schwesternaufsicht und eine Stellungnahme des Verwaltungskomitees, inwieweit die optimistischen Vorschläge der damaligen Inspektorin hatten berücksichtigt werden können. Das Krankenhaus hatte eine lange Geschichte, wie sie aus ihrer Lektüre erfahren hatte. Es war 1791 von einem wohlhabenden Kaufmann gegründet worden, der in der Stadt geboren und als mittelloser junger Mann nach London gegangen war, um dort sein Glück zu machen. Später war er hierher zurückgekehrt und hatte sich darin gefallen, als Wohltäter seine Nachbarn zu beeindrucken. Er hätte den Ruhm auch kaufen und sein Seelenheil sichern können, indem er die Witwen und Waisen unterstützt oder die Kirche renoviert hätte. Aber das Zeitalter der Wissenschaft und Vernunft hatte das Zeitalter des Glaubens abgelöst, und es war Mode geworden, ein Krankenhaus für die Armen zu stiften. Und so wurde bei der beinahe obligatorischen Zusammenkunft in einem Café des Ortes das John-Carpendar-Krankenhaus ins Leben gerufen. Das ursprüngliche, architektonisch einigermaßen wertvolle Haus war schon lange ersetzt worden: zunächst durch ein massives viktorianisches Denkmal demonstrativer Frömmigkeit und später durch die funktionellere Schmucklosigkeit des 20. Jahrhunderts.

Dem Krankenhaus war es immer gut gegangen. Die Bevölkerung gehörte zum größten Teil der Mittelklasse an, sie war wohlhabend und gern bereit, etwas für wohltätige Zwecke auszugeben, fand aber nicht genug Objekte für ihre Spendenfreudigkeit. Kurz vor Kriegsausbruch war ein Flügel für eine gut ausgestattete Privatstation angebaut worden, die vor und nach der Schaffung des Staatlichen Gesundheitsdienstes reiche und folglich bedeutende Patienten aus London und aus noch größeren Entfernungen anzog. Ms Beale dachte, dass es schön und gut sei, was Angela über das Prestige eines Londoner Lehrkrankenhauses sagte, aber das John Carpendar hatte einen guten Ruf. Eine Frau konnte sehr wohl der Ansicht sein, es gebe schlechtere Stellen als die einer Oberin an einem allgemeinen Krankenhaus, von dem man in der Stadt viel hielt, das annehmbar gelegen war und fest in der lokalen Tradition wurzelte.

Sie war inzwischen am Haupteingang angelangt. Links lag die Pförtnerloge, ein schmuckes Puppenhaus aus kunstvoll versetzten Backsteinen, ein Überbleibsel des viktorianischen Krankenhauses, und rechts der Ärzteparkplatz. Ein Drittel der markierten Abstellplätze war bereits von Mercedes- und Rolls-Royce-Wagen besetzt. Es regnete nicht mehr, und die Dämmerung war der grauen Eintönigkeit eines Januartages gewichen. Alle Lichter im Krankenhaus waren angeschaltet. Es lag vor ihr wie ein großes Schiff vor Anker, hell erleuchtet, voller verborgener Aktivität und Macht. Linker Hand zogen sich die niedrigen Gebäude der ambulanten Abteilung mit ihren Glasfronten hin. Die ersten Patienten gingen in gedrückter Stimmung auf den Eingang zu.

Ms Beale lenkte ihr Auto vor das Fenster der Pförtnerloge, kurbelte die Scheibe herunter und meldete sich an. Der Pförtner ließ sich herab, ans Auto zu kommen, und baute sich gewichtig neben ihr auf.

»Sie sind sicher die Allgemeine Schwesternaufsicht, Miss«, stellte er großsprecherisch fest. »Was ein Pech, dass Sie diesen Eingang gewählt haben. Die Krankenpflegeschule ist im Nightingale House untergebracht, nur ungefähr hundert Meter vom Eingang an der Winchester Road entfernt. Wir benutzen zum Nightingale House immer den Hintereingang.«

In seiner Stimme schwang vorwurfsvolle Resignation mit, als beklage er diesen einmaligen Mangel an Einsicht, der ihn einiges an zusätzlicher Mühe kostete.

»Aber ich kann doch wohl auch von hier aus zur Schule kommen?«

Ms Beale hatte weder die Nerven, sich noch einmal dem Gewühl der Hauptstraße auszusetzen, noch die Absicht, auf der Suche nach einem verborgenen Hintereingang auf dem Krankenhausgelände herumzukurven.

»Das können Sie, Miss.« Der Pförtner gab durch seinen Tonfall zu verstehen, dass nur ein ganz besonders eigensinniger Mensch etwas Derartiges versuchen würde, und stützte sich auf die Autotür, als wolle er vertrauliche und komplizierte Anweisungen geben. Sie stellten sich jedoch als ziemlich einfach heraus. Nightingale House lag innerhalb des Krankenhausgeländes hinter der Aufnahme.

»Fahren Sie hier die linke Straße, Miss, und dann wieder geradeaus an der Leichenhalle vorbei, bis Sie an die Wohngebäude des Klinikpersonals kommen. Dann halten Sie sich rechts. An der Straßengabelung steht ein Wegweiser. Sie können es nicht verfehlen.«

Dieses eine Mal schien diese im Allgemeinen nichts Gutes verheißende Versicherung berechtigt. Das Grundstück des Krankenhauses war ausgedehnt und hatte einen reichen Baumbestand, eine Mischung aus angelegten Gärten, Rasenflächen und zerzausten Baumgruppen. Ms Beale fühlte sich an eine alte Nervenklinik erinnert. Ein so großzügig mit Grund ausgestattetes Krankenhaus war eine Seltenheit. Aber die vielen Straßen waren gut beschildert, und nur eine führte von der Ambulanz nach links. Die Leichenhalle war leicht zu erkennen, ein gedrungenes, hässliches kleines Gebäude, das taktvoll zwischen die Bäume gestellt war und durch seine absichtliche Isolierung noch düsterer wirkte. Das Ärztehaus war neu und unverkennbar. Ms Beale ließ ihrem üblichen, häufig ganz unangebrachten Unmut freien Lauf, dass Verwaltungskomitees von Krankenhäusern immer schneller bei der Hand waren, Wohnhäuser für die Ärzte zu bauen, als angemessene Räumlichkeiten für die Krankenpflegeschule bereitzustellen. Da sah sie auch schon den versprochenen Wegweiser. Ein weiß gestrichenes Brett zeigte nach rechts: »Nightingale House, Krankenpflegeschule«.

Sie schaltete herunter und bog langsam ein. Die neue Straße war schmal und gewunden. Das auf beiden Seiten aufgehäufte nasse Laub ließ kaum Platz für ein einziges Auto. Die Bäume standen bis dicht an den Weg heran, schlossen sich über ihm zusammen und bildeten mit ihren starken schwarzen Ästen einen dunklen Tunnel. Ab und zu ließ ein Windstoß Regentropfen auf das Autodach prasseln oder presste ein fallendes Blatt an die Windschutzscheibe. Die Rasenkante wurde von Blumenbeeten mit kümmerlichen Büschen unterbrochen. Regelmäßig und rechteckig, sahen sie wie Gräber aus.

Unter den Bäumen war es so dunkel, dass Ms Beale das Abblendlicht einschaltete. Die Straße vor ihr glänzte wie ein öliges Band. Sie hatte das Fenster offen gelassen. Ein widerwärtig süßlicher Modergeruch breitete sich im Auto aus und überdeckte sogar den normalen Autogeruch von Benzin und warmem Öl. Sie fühlte sich merkwürdig allein, und plötzlich überkam sie ein irrationales Unbehagen, ein wunderliches Gefühl, aus der Zeit in eine neue Dimension zu reisen und einem unfassbaren und unausweichlichen Entsetzen entgegenzugehen. Der Spuk dauerte nur einen Augenblick, und sie schüttelte ihn schnell ab. Sie dachte an die fröhliche Geschäftigkeit auf der Hauptstraße, die nicht einmal eine Meile von hier weg war, und an die Nähe von Leben und Betriebsamkeit. Aber es war ein seltsames, verwirrendes Erlebnis gewesen. Sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie sich dieser krankhaften Sinnestäuschung überlassen hatte, drehte das Fenster hoch und trat auf das Gaspedal. Der kleine Wagen fuhr mit einem Ruck weiter.

Kurz darauf hatte sie die letzte Kehre erreicht, und vor ihr lag Nightingale House. Vor Überraschung machte sie fast eine Vollbremsung. Es war ein außergewöhnliches Haus, ein erstaunlich großes viktorianisches Gebäude aus roten Ziegeln, burgartig angelegt und so überreich verziert, dass es schon versponnen wirkte. Die Krönung waren die vier großen Türme. Es war hell erleuchtet an diesem dunklen Januarmorgen, und nach der düsteren Straße glänzte es ihr wie ein Schloss aus...

Erscheint lt. Verlag 29.5.2019
Reihe/Serie Die Dalgliesh-Romane
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 70er Jahre • Adam Dalgliesh • britische Krimis • englische Krimis • Ermittler-Krimi • Gesellschaftsroman • Klassiker Neuausgabe • Kommissar • Krimi • Krimi England • Krimi Großbritannien • Krimi-Klassiker • Kriminalromane • Kriminalromane Serien • Krimi-Reihe • krimi reihen • Krimis aus England • Krimi-Serie • Krimis von Frauen • Mord • Mordermittlung • Neuausgabe P.D. James • Nightingale House • P.D. James Dalgliesh • P.D. James deutsch • Polizei Krimis/Thriller • Queen of Crime • Schwesternschule • Schwesterschule • Scotland Yard • Spannender Krimi
ISBN-10 3-426-45447-5 / 3426454475
ISBN-13 978-3-426-45447-3 / 9783426454473
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