Serienmord in Neuharlingersiel. Ostfrieslandkrimi -  Rolf Uliczka

Serienmord in Neuharlingersiel. Ostfrieslandkrimi (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
240 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-95573-801-3 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
3,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Unmittelbar nach Beginn der Krabbensaison wird ein Granatfischer aus Neuharlingersiel bestialisch ermordet in seinem abgetriebenen Kutter entdeckt. Sehr schnell stellen Kommissar Linnig aus Wittmund und sein Team fest, dass es Übereinstimmungen mit einem seit zwei Jahren ungelösten Fall gibt. Ein Serienmörder in der beschaulichen Urlaubsregion? Seinerzeit waren die Untersuchungen ins Leere gelaufen, doch jetzt hoffen sie, neue Ansätze zu finden. Ihre Befragungen lassen sie immer tiefer in ein kompliziertes Beziehungsgeflecht eintauchen. Was war das Motiv: Eifersucht, Rache oder Habgier? Und wie hängen die beiden Fälle zusammen? Hartnäckig verfolgen sie die Spuren, können langsam die losen Enden miteinander verknüpfen und stehen schließlich vor einer überraschenden Lösung...

Kapitel 3


 

Seit Ennos Beobachtungen waren inzwischen das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel mit einem prächtig geschmückten Bootshafen in Neuharlingersiel auch schon wieder Geschichte. Unzählige Touristen hatten sich wie jedes Jahr an Weihnachtsmarkt und Feuerwerk erfreut. Der Winter war ins Land gegangen und das Frühjahr hatte Einzug gehalten. Es war wieder Granatfischersaison an der ostfriesischen Wattenmeerküste.

Enno war mit seinem Käpt´n nach der Winterpause endlich wieder auf Fangfahrt. „So’n Schiet! Da hat uns wieder mal so ein großer Fremdfischer von der Kabeljau-Connection den besten Fang vor der Nase weggeschnappt und macht uns damit nachher auch noch am Markt die Preise kaputt!“ Nanne Gerdes war stinksauer. Zum dritten Mal hatten sie jetzt ein fast leeres Netz nach oben geholt.

Dabei hätten sie eigentlich schon längst wieder in Richtung Heimat schippern wollen. Schließlich waren sie schon fast die ganze Nacht draußen gewesen und ein Silberstreif am Horizont kündigte bereits den Morgen an. Aber sie hatten noch nicht einmal ihre halbe Fangquote im Kühlraum.

„Vielleicht war das ja aber auch wieder dein Freund, der Holländer“ entgegnete Enno Jansen.

„Hör bloß auf!“, polterte Nanne los. „Daran darf ich gar nicht denken. Dann kriege ich das Kotzen!“

„Hm“, knurrte Enno. Auch er konnte den Holländer nicht leiden, obwohl er gar nicht genau wusste, warum sein Chef eigentlich so sauer auf den war. Es musste da noch etwas anderes sein, als nur die Fanggebiete. Allerdings war es nicht das erste Mal, dass der Holländer in ihrem Revier gewildert hatte und sie sich schon manche Nacht umsonst um die Ohren geschlagen hatten. Dabei gab es ungeschriebene Gesetze unter den Fischern, an die sich auch grundsätzlich alle hielten.

„Nützt nichts, wir müssen noch weiter raus. Sonst haben wir mehr Kosten produziert als eingefahren.“

„Jo“, war die einsilbige Antwort. Zwischen den beiden wurde normal nicht viel geredet, jeder wusste, was er zu tun hatte. Enno hatte schon als junger Bursche bei Nanne angeheuert. Dann hatte er seine Ausbildung zum Fischwirt bei ihm gemacht. Irgendwie war er ihm in den mittlerweile zwölf Jahren ans Herz gewachsen. Und so tuckerten sie schweigend zu den neuen Fanggründen.

Nanne stierte in die Nacht hinaus und seine Gedanken fuhren mit ihm Karussell. Sie drehten sich um Willem de Jong, den holländischen Krabbenfischer, der nach Neuharlingersiel gezogen war und dort Grete Harms – Erbin eines Hotels – geheiratet hatte. Anfangs hatte er sich ganz gut in die Gemeinschaft der Krabbenfischer integriert. Willem und er waren damals sogar fast schon ein wenig befreundet. Auch Grete und Beeke verstanden sich zu der Zeit gut.

Dann hatte Willem eine größere Erbschaft gemacht und seinen alten Kutter gegen den modernsten Kutter, der seinerzeit am Markt zu bekommen war, eingetauscht. Der Kutter war natürlich wesentlich stärker, schneller und im Betrieb kostengünstiger als alle anderen Kutter seiner Kollegen in der Fischerei-Genossenschaft. Und vor allem wollten die vergleichsweise enormen Kapazitäten auch ausgelastet werden.

Zwar gibt es bis heute für die Nordseegarnele, auch Granat genannt, gesetzlich keine Fangbeschränkungen, aber es gibt unter den Fischern ungeschriebene Gesetze, die das Zusammenleben ungemein erleichtern helfen. Das heißt im Grunde nichts weiter, als leben und leben lassen. Und dazu gehört auch das Beschränken auf die eigenen Fanggebiete und vor allem: keine Dumpingpreise!

Willem hatte aber begonnen, um das hohe Leistungsspektrum seines Kutters richtig auslasten zu können, auch in anderen Fanggründen zu räubern. Zur Rede gestellt, hatte er das dann immer auf die - durch Fangquoten nicht mehr ausgelasteten - Hochseefischer mit ihren leistungsstarken großen Pötten geschoben. Als ihn dann die Videoaufnahme der Handykamera eines Kollegen überführt hatte, war es in der Fischerei-Genossenschaft zum Krach gekommen und Willem war daraufhin ausgetreten.

Keiner der Kollegen in Neuharlingersiel wusste, wo er seine Krabben seitdem vermarktete. Man ging davon aus, dass er sie direkt an einen Großabnehmer in Holland verkaufte, wo auch die Hochseefischer ihre Krabbenfänge zu Dumpingpreisen loswurden. Nanne hatte irgendwo sogar Verständnis für die Kollegen von der Hochseefischerei, die sich mit ihren Fängen, zum Beispiel beim Kabeljau, an strenge internationale Auflagen und Quoten zu halten haben. Aber wenn sie denn schon, als Ersatz sozusagen, auf die Krabbenfischerei meinten ausweichen zu müssen, dann sollten sie ihre Fänge doch wenigstens nicht zu Dumpingpreisen verkaufen.

Nanne erinnerte sich noch genau: Im Jahr 2011 hatten alle Krabbenkutter in Neuharlingersiel am Kai gelegen, um gegen das Preisdumping zu streiken. Da war Willem mit erhobenem Mittelfinger in seinem Kutter an ihm vorbeigefahren und war erst nach zwei Wochen wieder im Hafen von Neuharlingersiel zurück gewesen. Darauf angesprochen hatte er hämisch lachend geantwortet: „Einer musste ja die Überbestände abfischen und für ein ausgewogenes Preisniveau sorgen.“

Beinahe wäre es da zwischen ihm und Willem zu einer Schlägerei gekommen, wenn nicht ein paar besonnene Kollegen dazwischengegangen wären. Allein bei dem Gedanken daran kochte bei Nanne das Blut hoch. Voller Wut donnerte seine Faust mit solcher Wucht auf den Kartentisch, dass sogar eine Teetasse herunterhüpfte und zu Bruch ging.

„Is wat, Chef?“

„Nee, Enno!“ Der Angesprochene fegte unaufgefordert die Scherben der Tasse zusammen.

Nanne versuchte, sich abzulenken, um auf andere Gedanken zu kommen.

„Der Wind hat gedreht.“

„Jo.“

„Nord-West.“

„Hm.“

„Halbe Stunde.“

„Okay.“

Mit dem Ende dieser ausführlichen ostfriesischen Konversation kamen bei Nanne doch wieder die Gedanken zurück. Es gab da noch etwas, was er dem Holländer nie verzeihen würde und was seitdem immer wieder wie ein Stachel in ihm bohrte. Willem hatte beim letzten Hafenfest versucht, seine Beeke anzubaggern. Er selbst hatte einen über den Durst gehabt und war am Tisch eingeschlafen. Irgendwer hatte ihm dann später erzählt, dass Willem mit seiner Beeke sehr lange und sehr eng getanzt habe. Die hatte allerdings immer beteuert, dass da nichts gewesen sei.

Trotzdem konnte er seitdem das Gefühl nicht loswerden, dass Willem immer noch ein Auge auf sie geworfen zu haben schien. Zumal es in der Ehe von Willem und Grete wohl auch mächtig kriselte. Man erzählte sich, dass der Holländer seine Frau mal mit einem Gast aus dem Ruhrgebiet in flagranti erwischt habe, als er überraschend von einer Fangfahrt zurückgekommen war. Grete hatte sich in den darauffolgenden Tagen nur mit einer Sonnenbrille im Ort sehen lassen.

Der blasse Halbmond war inzwischen mehr und mehr hinter Wolken verschwunden.

„Das sieht nicht so gut aus!“, meinte Nanne.

„Nee.“

„Wahrscheinlich kriegen wir auch noch Regen.“

„Hm.“

Als sie kurz darauf ihr neues Fanggebiet erreicht hatten, ging Enno wortlos raus, um die beiden Baumkurren, die speziellen Grundschleppnetze für den Krabbenfang, klarzumachen. Das schätzte Nanne so an ihm, dass er immer genau wusste, was zu tun war. Nach einiger Zeit kam Enno wieder in das Ruderhaus und goss sich eine Tasse Tee ein.

„Na, denn man los, Chef! Schleppen, bis der Arzt kommt!“ Ein Grinsen ging über Nannes sonnengegerbtes Gesicht.

Er war bereits seit seiner Kindheit mit seinem Vater zum Krabbenfischen rausgefahren. Für ihn war das sein Leben. Er brauchte immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel, um sich wohl zu fühlen. Für das Landleben war er nicht gemacht, wie er immer sagte. Und für Enno schien dasselbe zu gelten.

Seinen ersten Kutter hatte Nanne noch von seinem Vater übernommen, der bereits in der fünften Generation Krabbenfischer in Neuharlingersiel gewesen war. Allerdings hatte er den alten Kutter schon bald durch einen neuen ersetzen müssen. Die Beeke, nach dem Namen seiner Frau, war sein ganzer Stolz. Und vor einigen Jahren bereits hatte er die letzte Rate bezahlt gehabt und daher auch die Krise in der Krabbenfischerei im Jahr 2011 ganz gut überstehen können. Was leider nicht auf alle seiner Kollegen an der ostfriesischen Küste zugetroffen hatte, der eine oder andere hatte aufgeben müssen. Trotzdem musste auch er immer wieder in den Kutter investieren und auf seine Kostendeckung achten.

Sein größter Kummer aber war, dass seine Ehe mit Beeke bislang kinderlos geblieben und ihm inzwischen klargeworden war, dass es für ihn keinen Sohn als Nachfolger geben würde. Schließlich hatte er im letzten Jahr seinen Fünfzigsten gefeiert. Und einige von seinen Kumpels, die sein Problem kannten, hatten ihn getröstet, dass auch Charlie Chaplin sogar im hohen Alter noch mal Vater geworden war. Ja, aber bei seiner Beeke, auch wenn man ihr die Mitte vierzig wirklich nicht ansah, tickte die biologische Uhr.

Zudem war er selbst sogar - mehr oder weniger - der Grund für ihre Kinderlosigkeit: zu wenige Spermien, so der Befund der Ärzte. Das hatte er seiner Beeke...

Erscheint lt. Verlag 31.5.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-95573-801-9 / 3955738019
ISBN-13 978-3-95573-801-3 / 9783955738013
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 471 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
14,99
Roman. Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson

von Hallgrímur Helgason

eBook Download (2011)
Tropen (Verlag)
9,99
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9,49