Adlerkiller. Küsten-Krimi -  Nick Stein

Adlerkiller. Küsten-Krimi (eBook)

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-95573-887-7 (ISBN)
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Der junge ostfriesische Polizeischüler Lukas Jansen stößt auf einen brisanten Mordfall. Zwei Naturschützer wurden tödlich vergiftet, sie hatten Adler vor ihren menschlichen Feinden geschützt. Die Existenz der Greifvögel bedeutet einen Konflikt mit dem geplanten Bau zweier Windparks – standen die beiden Giftopfer dem großen Geld im Weg? Obwohl er es eigentlich gar nicht darf, ermittelt Lukas auf eigene Faust. Schon in einem Waldstück bei Wittmund in Ostfriesland hatte er ein zerstörtes Adlernest entdeckt. Besteht hier ein Zusammenhang? Oder handelt es sich womöglich um eine persönliche Tat? Die Frau eines der Giftopfer ist Apothekerin und hatte ein handfestes Motiv... Der noch etwas naive Jungermittler steckt bald mittendrin in einem rasanten Fall mit wechselnden Schauplätzen von Kiel an der Ostseeküste bis Carolinensiel an der Nordsee. Unterstützung erhält Lukas von seiner Freundin Lisa von der Spurensicherung. Doch die beiden ahnen nicht, mit wem sie es zu tun haben und wie groß die Gefahr wirklich ist...
In der „Lukas Jansen ermittelt“ - Reihe sind bisher erschienen:
1. Adlerkiller
2. Bienenkiller
3. Nordseekiller
4. Inselkiller
5. NEU: Sturmkiller
Alle Ostfrieslandkrimis von Nick Stein können unabhängig voneinander gelesen werden.



Nick Stein ist das Pseudonym eines Autors mit ostfriesischen Wurzeln, der nach fünfunddreißig Jahren im Fernen Osten nun in den hohen Norden zurückgefunden hat. Auf Reisen durchs Land und auf die Inseln und besonders bei Spaziergängen durch die Wälder fliegen ihm die Ideen für seine Geschichten zu. Der Naturliebhaber siedelt seine Krimis gern im Umweltschutz-Milieu an, denn die Erhaltung der schönen Landschaft und Natur liegt ihm sehr am Herzen.

Kapitel 1


 

Schon von weitem hörte ich die Bässe wummern, das ganze rote Auto, das von hinten heranschoss, war ein einziger Klangkörper, der dröhnte und vibrierte wie in einem Comic-Strip.

Und das auf dieser schönen alten Straße, die mein Opa ausgewählt hatte, um mir das Boßeln beizubringen. Hier fuhr doch sonst niemand lang! Die Straße hatte eine leicht gewölbte Oberfläche, damit das Wasser besser abfloss. Das war aber fies für jeden, der die Kugel so lang wie möglich auf der Straße nach vorn schießen und halten wollte. Und darauf kam es beim Boßeln an.

Ich sah mit Entsetzen, wie nicht weit vor uns die kleine Mona auf die Straße trippelte, mit ihren dürren Beinchen, ganz selbst­vergessen. Sie nahm die Gefahr nicht wahr.

Der rote Flitzer schoss an uns vorbei, das hohe Wimmern der Gitarren, das aus dem Fahrzeug herausdröhnte, verwandelte sich in ein dumpferes Stakkato. Ich hörte die Insassen wie irre lachen. Sie hatten Mona erspäht, der Fahrer steuerte direkt auf sie zu.

Schon hatten sie Mona erreicht. Sie sah erst im letzten Moment auf, erstaunt, dann war sie schon unter dem lärmenden Gefährt verschwun­den.

Das durfte doch nicht wahr sein! Nicht Mona, die Stütze von Opa Tütken! Sein Ein und Alles!

Ich riss mich von der Hand meines Großvaters los und rannte hin. Gleichzeitig sah ich auf das Nummernschild des Autos, das schon hinter der nächsten Kurve verschwand, und merkte es mir.

Die ganze Straße war voller Federn, einige stoben noch zu den beiden Straßenseiten, andere sanken schon wieder zu Boden. Das Huhn selbst war ein blutiger, zerquetschter Matschhaufen, nur der Kopf war noch gut zu erkennen. Mona hatte noch ein Auge geöffnet und sah mich schmerzhaft an. Dann zuckte die Nickhaut, das Lid schloss sich sanft. Mona war tot.

Ich wartete gar nicht erst auf meinen Opa. Ich lief gleich weiter zu Opa Tütken, der sonst oft mitgekommen war zur Boßelstunde. Ein uralter Mann, wie ich damals dachte, weiße Haare, weißer Kinnbart, gebeugt und wohl sehr arm.

Er wohnte in einem winzigen Reetdachhaus hier in Sophiengroden, am Rande der Straße gleichen Namens. Opa Tütken hatte eine kleine Restlandwirtschaft und ein Huhn, das ihm seine Eiweißversorgung gesichert hatte.

»Nu isse dood«, sagte er leise. Er hatte den Lärm gehört und war aus seiner geschnitzten Haustür getreten, als ich atemlos an seiner Reethütte angekommen war. »Büst du ok daar, lütt Lukas?«, nahm er mich wahr. »Hettst dat sehn?«

Ich nickte und konnte kaum sprechen. »Ich habe das genau gesehen, Opa Tütken! Ein roter BMW, der war gar nicht von hier! Wir müssen zur Polizei!«

Opa Tütken seufzte. »Ach, lat man, lütt Lukas. Daarvan ward se ok nich wedder lebennig.« Aber ich sah, wie sich eine Träne in sein linkes Auge schlich.

Opa Tütken griff zu einer Schaufel, die an seiner Hütte lehnte, nahm die Überreste seines treuen Huhns auf die Schippe und warf sie in hohem Bogen auf den Misthaufen neben seinem Haus.

Das war eine schreiende Ungerechtigkeit. Irgendwelche Touristen hatten seinen vielleicht wertvollsten Besitz plattgemacht, und das sollte ungesühnt bleiben?

Mein eigener Opa war inzwischen auch angekommen. »Opa, wir gehen zur Polizei. Wir zeigen die an«, sagte ich ihm voller Über­zeugung. »Ich habe die Autonummer gesehen.«

Aber Opa Jansen redete mir das sanft wieder aus. Er hätte doch kein Auto, und bis zur nächsten Polizeistelle in Wittmund wäre es zu weit.

Das war der Moment in meiner Kindheit, an dem ich mich entschloss, später einmal Polizist zu werden. »Wenn ich groß bin, werde ich eben selbst Polizist, Opa«, teilte ich ihm das gleich mit.

»Jau. Dat maak man«, pflichtete er mir bei. »Könen wi alltied bruken.«

Wir boßelten noch eine Weile weiter, und ich sah, wie Opa ab und zu eine kleine Buddel Köm aus der Tasche zog und ein Schlückchen nahm, wenn er gewonnen hatte. Oma erlaubte ihm das ja nicht. Aber er ließ mich oft genug gewinnen, sodass er ohne Fahne nach Hause kam.

Später schrieb ich der Polizei in Wittmund einen krakeligen Brief und teilte ihr die Autonummer der Täter mit. Und dass die Opa Tütken ein neues Huhn kaufen sollten.

Ich war nur in Sophiengroden gelandet, weil ich zu Hause in Carolinensiel rumgemeckert hatte. Ich war ja erst sechs, ging aber noch nicht zur Schule. Meine Cousine und zwei Freunde von mir aber schon.

»Poppo und Charlotte und Jan haben schon Ferien, warum darf ich keine Ferien haben?«, hatte ich mich bei meinem Vater beklagt. »Ich will auch Ferien haben!«

Und so hatte mich mein Vater zu meinem Opa nach Sophien­groden verbannt, für zwei Wochen. Damit ich auch Ferien hatte.

Später änderten sich meine Berufswünsche noch ein paarmal. Mit zehn wollte ich Torschützenkönig werden, der einzige Monarch, den es in Deutschland noch gab. Mit elf Zoodirektor. Mit dreizehn Wirtschaftsprüfer, nachdem ich mein erstes Bier hatte trinken dürfen.

Aber in der siebten Klasse verpasste mir mein Lehrer in Deutsch eine Sechs. Ich hätte bei meinem Nachbarn Thees abgeschrieben. Was nicht stimmte. Thees hatte bei mir abgeschrieben, aber das konnte ich ja schlecht sagen. Wieder so eine schreiende Ungerechtigkeit.

Einen weiteren Anstoß gab ein Zwischenfall, den ich zu Haus beobachten konnte. Zwei blau-weiße Polizeiautos fuhren mit Blaulicht vor das Gebäude der Sparkasse Leer-Wittmund und blockierten einem roten BMW die Ausfahrt.

Ich war schockiert. War das nicht der gleiche BMW, der vor neun oder zehn Jahren das Huhn überfahren hatte? Er war auch rot, sah genauso aus, wirkte aber viel heruntergekommener. Wenn er es war, hatte sich der Hühnerüberfahrer zu einem Bankräuber gemausert, und jetzt wurde er verhaftet. Was für ein Tag! Es gab also doch noch Gerechtigkeit!

Der entscheidende Anstoß dazu, zur Polizei zu gehen und nicht doch Tierpfleger oder Zoodirektor zu werden, kam ausgerechnet aus der Tierwelt, als ich gerade mit der Schule fertig geworden war.

Nordwestlich des Flugplatzes Wittmundhafen lag schon damals eines der größten Waldstücke der Gegend. Ich fuhr dort oft mit meinem E-Bike hin, um spazieren zu gehen und Tiere zu beobachten.

In der letzten Zeit hatte ich mehrmals einen sehr großen Greifvogel von der Küste in diese Richtung fliegen sehen, und ich wollte wissen, ob das einer des knappen Dutzends Seeadler war, die sich inzwischen in Ostfriesland angesiedelt hatten. Seeadler! Das deutsche Wappentier, bei uns in Ostfriesland!

Sicher, die Adler waren schon vor einiger Zeit zurückgekehrt. Erst in Mecklenburg-Vorpommern, dann in Schleswig-Holstein, dann über die Elbe nach Niedersachsen, die Küste entlang. Und an der Grenze zu Dänemark und tief im Süden gab es auch noch Steinadler, im Osten Schreiadler und am Alpenrand auch noch Gänsegeier.

Aber der König der Greifer war zurück zu uns gekommen, und das hatte mich elektrisiert. Vielleicht sollte ich mich ja im Tierschutz um eine Stelle bemühen, dachte ich.

Dann sah ich das Malheur schon von Weitem. Eine der wenigen großen Eichen lag am Boden und hatte andere Bäume, Kiefern und Fichten, mit zu Boden gerissen. Und noch halb in der Krone, halb am Boden, lag das Nest, der Adlerhorst, groß wie ein Kleinwagen.

Ich fuhr so nah ran, wie ich konnte, und ging hinüber. Im Horst lagen noch Federn und anderes Polstermaterial. Und davor machten sich Ameisen über zwei zerbrochene Eier her. Adlereier.

In beiden lagen kleine, unfertige Adler. Nackte kleine Körper, großer Bürzel, aber schon mit Schnabel und eingerollten Klauen. Die Augen waren noch geschlossen. Der eine hatte am Bürzel schon etwas Flaum. Sie sahen etwas hässlich aus, aber dafür hatte ich sie umso lieber.

Was für eine Schande, und was für ein Trauerspiel, dachte ich. Kaum kommen die ersten Adler hierher nach Ostfriesland, passiert so etwas.

Ich sah nach oben. Die Eltern waren nicht mehr zu sehen. Hoffentlich kamen die irgendwann mal wieder.

Ich nahm zwei Tempotaschentücher aus meiner Tasche und wickelte die beiden noch feuchten Embryos ein. Beweismittel, dachte ich.

Dann ging ich zum Fußende des Baumes. Er war zu drei Vierteln angesägt worden, die Sägespäne, feucht und gelb, lagen noch neben dem Stumpf. Sie sahen aus, als ob sie hier schon ein, zwei Tage gelegen hätten. Den Rest hatte dann der Wind besorgt. Der feige Mensch, der den Baum angesägt hatte, brauchte sich nicht der Gefahr eines stürzenden Baumriesen oder wütender Adlereltern auszusetzen.

Was für ein schreiendes Unrecht, dachte ich. Das darf nicht ungesühnt bleiben!

Mein Entschluss, Polizist zu werden, stand fest. Und zwar bei der Kriminalpolizei.

Gleich zur Tat schreiten, Lukas, sagte ich mir. Ich hatte ein Handy dabei, das mir mein Opa zum Schulabschluss geschenkt hatte, noch nichts Tolles, aber Fotos konnte ich damit gut machen. Ich fotografierte die Stelle von allen Seiten, auch den Horst, die nun leeren Eier und den angesägten Baum nebst Stumpf.

Um die Sägestelle herum verliefen einige Fußspuren. Auch...

Erscheint lt. Verlag 8.11.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-95573-887-6 / 3955738876
ISBN-13 978-3-95573-887-7 / 9783955738877
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