Pause (eBook)

Wie wir uns die Herrschaft über unsere Zeit und unser Leben zurückholen
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
176 Seiten
Mosaik bei Goldmann (Verlag)
978-3-641-24299-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Pause -  Ulrich Hoffmann
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Stress macht krank. Digitalisierung und Verdichtung treiben uns immer mehr an. Die gute Nachricht: Um dem zu entfliehen, müssen wir nicht komplett aussteigen. Experten sagen, uns fehlen vor allem die kleinen Regenerationspausen im Alltag. Aber was können Sie und ich jetzt sofort tun, um mal kurz abzuschalten? Wie bringen wir die Willenskraft auf, nicht mehr abends im Bett noch Facebook zu checken - und vor allem: Was machen wir stattdessen? Dies ist ein Buch über die fast vergessene Kulturtechnik der Pause. Ein Leitfaden für alle, die ihren Verstand und ihre Seele nicht verlieren oder wenigstens zurückerobern wollen.

Ulrich Hoffmann arbeitet als erfolgreicher Autor, Übersetzer und freier Journalist. Als Autor, Ressortleiter und Textchef war er für alle großen deutschen Verlage tätig und widmet sich vor allem philosophischen wie zeitgeistigen Themen. Ulrich Hoffmann lebt in Hamburg.

nzwischen halten Sie mich wahrscheinlich doch für so einen verbitterten alten Mann aus der »Früher war alles besser«-Fraktion. Dabei entsteht dieses Buch am Computer, die Datei landet im automatischen Backup und wird im Hintergrund mit meinem Heim-Laptop synchronisiert.

Ich habe ein Smartphone und einen E-Reader.

Jedes unserer Kinder verfügt über einen eigenen Laptop, eigene Smartphones, eigene Mailadressen.

Sogar meine Frau ist unter ihrer eigenen E-Mail-Adresse erreichbar. (Glauben Sie mir, das war der größte Schock für mich beim Elternabend: dass immer noch viele Ehefrauen nur über die Mailadresse ihres Mannes korrespondieren. Bizarr.)

Ich habe eines der ersten populären Sachbücher in Deutschland über das Internet geschrieben, hatte schon zuvor Modem und Onlinebanking, habe noch davor meinen ersten Computer selbst zusammengeschraubt.

Kurz: Ich finde Technik interessant und oft nützlich. Und ich bin überzeugt, dass wir, und erst recht unsere Kinder, mit den neuen Möglichkeiten nur sinnvoll werden umgehen können, wenn wir uns mit ihnen auseinandersetzen und bereit sind hinzuzulernen.

Moderne Technik macht das Leben oft leichter und viele Dinge billiger. Das ist, zumindest oberflächlich betrachtet, erst mal gut für jeden. Natürlich bringt die Kombination aus Globalisierung und Vernetzung nicht nur Vorteile mit sich, sondern verursacht auch ernste Probleme. Auf einmal ist es möglich, Millionen von T-Shirts praktisch unkontrolliert unter abartigen Bedingungen am anderen Ende der Welt fertigen zu lassen. Es rechnet sich, in Europa unverkäufliche Lebensmittel in die ärmsten Länder der Welt zu exportieren und dort die lokalen und regionalen Bauern zu ruinieren. Wir können nicht nur für wenig Geld und oft sogar umsonst telefonieren, sondern auch viel häufiger und weiter reisen als noch vor zwei, drei Jahrzehnten – nett für uns, schlimm fürs Klima.

DAS SMARTPHONE IST ETHISCH NEUTRAL

Die Technik per se ist aber trotzdem nicht die Ursache dieser ethischen Probleme, auch wenn sie ihre Entstehung möglich macht. Es ist die Art der Nutzung der Technik, die ethisch verwerflich sein kann.

Lesen als solches ist weder gut noch schlecht. Sie können »Ulysses« lesen oder eine illegal heruntergeladene Ausgabe von »Mein Kampf«. Sie können Kampfsport lernen, um sich fit und selbstbewusst zu fühlen – oder um Ausländer zu jagen.

Wenn wir zu viel auf dem Smartphone tippen, bekommen wir eine Sehnenscheidenentzündung. Ähnliche Verletzungen kann man sich auch beim Sport zuziehen, aber niemand würde deshalb auf die Idee kommen, Tennis ganz grundsätzlich zu verteufeln. Entscheidend ist, das eigene Verhalten so zu modifizieren, dass die Schmerzen verschwinden.

Das Gleiche gilt für den sogenannten »Smartphone-Nacken«, eine schmerzhafte Verkrümmung der Halswirbelsäule. Sie wird nicht durch das Handy verursacht, sondern durch übermäßige Nutzung.

Erfindungen, Internet und Smartphone eingeschlossen, sind erst einmal nur, was sie sind. Es ist unsere Aufgabe, zu den Dingen und ihren Möglichkeiten Stellung zu nehmen. Niemand zwingt Sie oder mich, die moderne Technik zu nutzen. Das Internet existiert ohne unseren Segen und wir auch ohne das Internet. Dasselbe gilt für Smartphones.

Wie bei allen Erfindungen und Veränderungen unterliegen wir dennoch, selbst wenn wir uns verweigern, den sekundären Auswirkungen. Die Sehnsucht nach vorindustriellen Zeiten ist zwar weltfremd, denn es wird nie wieder so wie früher. Letztlich sind wir aber weitgehend frei darin, in welchem Umfang wir selbst Internet, Smartphone und soziale Medien nutzen – auch wenn es sich für viele von uns nicht so anfühlt.

Warum aber besitzen die neuen Medien eine so magische Anziehungskraft auf praktisch jeden? Weil sie unsere Neugier befriedigen. Und weil sie eine Ersparnis von Zeit oder Aufwand versprechen. Tatsächlich kann man dank Apps, Internetangeboten und sozialen Medien einfacher als je zuvor mit Freunden, Verwandten und Bekannten Kontakt halten. Viele Informationen, die einst praktisch unerreichbar waren, sind jetzt sekundenschnell abrufbar, von Öffnungszeiten bis zu wissenschaftlichen Erläuterungen. Mithilfe elektronischer Diener können wir Geld, Zeit oder auch Arbeit einsparen.

Der technische Fortschritt erleichtert nur dann unseren Alltag, wenn wir lernen, mit den neu gewonnenen Möglichkeiten produktiv umzugehen. Der Rest dieses Kapitels widmet sich deshalb der Frage, wie das geht.

INFOS OHNE PAUSE

Fangen wir dort an, wo die Überforderung im Alltag am größten ist. Bei den Informationen, die praktisch nonstop auf uns einprasseln. Wer permanent konsumiert, kann die Inhalte deshalb noch lange nicht sinnvoll nutzen. Erst mentaler Abstand schafft Überblick, und Informationen müssen nicht nur konsumiert, sondern verarbeitet werden.

Im Job ist der größte Produktivitätskiller immer noch die E-Mail. Arbeitnehmer erhalten im Durchschnitt täglich zwischen 20 und 40 E-Mails. Zum Problem wird das, weil sie uns immer wieder aus dem Arbeitsflow reißen. Deshalb: Auf dem Handy und am Computer die sogenannten »Benachrichtigungen« für neue Mails ausschalten. Experten raten dazu, Mails am besten nur zwei bis maximal dreimal am Tag zu überprüfen. Wenn möglich, Mailprogramm in der übrigen Zeit komplett schließen.

Die meisten von uns neigen dazu, das Postfach gleich morgens zu überprüfen. Dann vergehen die nächsten Minuten oder auch Stunden damit, das zu tun, was andere von uns wollen. Nun gibt es natürlich Jobs, wo das sinnvoll oder notwendig ist. In den allermeisten Fällen jedoch empfiehlt es sich, den Vormittag für produktive, konzentrierte Arbeit zu nutzen. Geht wirklich die (Berufs-)Welt unter, wenn Sie erst um elf oder halb zwölf Ihre Mails lesen?

Nutzen Sie die Filter-Regeln Ihres Mailprogramms und lassen Sie Newsletter und alle ähnlichen Infos automatisch in einen entsprechenden Ordner verschieben. Den überprüfen Sie dann seltener, einmal am Tag oder einmal die Woche.

Oft sind in den Mails Links oder Verweise enthalten. Es gibt viele Tools, mit deren Hilfe Sie Webseiten und Infos sammeln und bereithalten können, die Sie zwar nicht jetzt lesen können oder wollen, aber irgendwann, z. B. Pocket, Evernote oder die Leseliste Ihres Browsers. Entscheiden Sie sich für nur eines dieser Tools! Keines ist perfekt, aber besser eins als drei. Je weniger Baustellen, desto übersichtlicher.

Wenn Sie in einem bestimmten Fachbereich auf dem Laufenden bleiben wollen oder müssen, können Ihnen sogenannte Feed-Leser helfen. Die meisten Webseiten, auf denen aktuelle Meldungen erscheinen, lassen sich als Feed abonnieren. Dann können Sie alle diese Seiten am Stück innerhalb einer App abarbeiten, statt Hunderte Newsletter zu abonnieren. Die »Tags« (Schlagwörter) der Artikel helfen zusätzlich dabei, schnell einen Überblick zu erhalten.

Experten raten dazu, sich einen Tagesplan zu machen – gern auch schon am Tag vorher. Sie können das in Ihrem Kalender tun oder eine der zahlreichen To-Do-Apps verwenden, die sich über alle Systeme und Endgeräte synchronisieren. Oder Sie nehmen Stift und Papier. Tatsächlich ermöglichen elektronische Listen es durchaus, sich besser zu organisieren. Es hilft auch zu sehen: Hey, der Tag ist komplett verplant – da geht einfach nichts mehr rein!

Im Privatbereich sind es meist vor allem Textnachrichten auf WhatsApp, Snapchat, Facebook, Twitter und ähnlichen Kanälen, die uns ständig stören. Am einfachsten machen Sie sich – und letztlich auch allen anderen – das Leben, wenn Sie nur auf einem dieser Wege erreichbar sind. Behalten Sie die eine App, auf der die meisten Ihrer Kontakte ebenfalls aktiv sind, und löschen Sie die anderen. Oder verschieben Sie sie zumindest in einen Unterordner.

Schalten Sie Benachrichtigungstöne für alle Apps aus. Den drei Menschen, für die Sie wirklich wahnsinnig wichtig sind, sagen Sie bei Gelegenheit: Wenn ihr mich dringend erreichen müsst, ruft mich bitte an.

Wenn Sie sich nicht trauen, die Apps ganz stumm zu stellen, dann deaktivieren Sie zumindest die Benachrichtigungen für Gruppenchats.

Eine weitere Maßnahme, um den Druck gerade dieser Apps zu lindern: Beziehen Sie Ihre Informationen über die Welt nicht aus Facebook, YouTube, Snapchat oder Twitter, sondern über eine Nachrichten-App. Alle großen Magazine und TV-Nachrichten bieten welche an. Eine reicht. Dann können Sie die entsprechenden Abos in den sozialen Kanälen löschen und diese wirklich nur noch zu ihrem ursprünglichen Zweck nutzen: nämlich um irgendwann, wenn Sie Zeit und Lust haben, mal die Ferienfotos der Ex-Nachbarin und die Katzenvideos der Schulfreundin anzugucken.

Sowohl auf dem Computer als auch am Handy gibt es Stummschaltungen. Sie verschaffen einem Auszeiten, in denen man ungestört arbeiten oder ausruhen kann.

JOB IN DER TASCHE

So, jetzt kommt das Beste: Viele Jobs sind heute mobiler geworden. Mit etwas Glück können auch Sie mal einen Tag zu Hause arbeiten oder zumindest eine längere Pause im Freien oder zum Shoppen einlegen, wenn gerade wenig los ist. Immer mehr Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern flexible Arbeitszeiten anstelle traditioneller 9-to-5-Jobs. Sie fördern diese Entgrenzung aus einem einfachen Grund: Heimarbeiter und Gleitzeitler arbeiten faktisch fürs gleiche Geld härter, länger oder beides.

Wenn Sie diese Möglichkeiten nutzen wollen, müssen Sie also lernen, sich selbst Grenzen zu setzen und diese einzuhalten (siehe Kapitel 6). Gelingt Ihnen dies, ist es natürlich ganz wunderbar, wenn Sie Ihr Büro bei Bedarf auf den Balkon oder in den Park verlegen können. Oder gar auf einen anderen Kontinent....

Erscheint lt. Verlag 11.11.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Abgrenzung • Achtsamkeit • Analog • Anti-Stress • Auszeit • Burn-out • Burnout • eBooks • Echtzeit • Entschleunigung • Entspannung • Handy • Persönlichkeitsentwicklung • Ratgeber • Ruhe • Social Media
ISBN-10 3-641-24299-1 / 3641242991
ISBN-13 978-3-641-24299-2 / 9783641242992
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