Kinder im Licht des Drachens -  Monika Kunstmann

Kinder im Licht des Drachens (eBook)

Interessante Kindergeschichten aus Vietnam
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
160 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7481-6193-6 (ISBN)
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Hallo Schulkind, wie schön, dass du in dieses Buch schaust. Komm, wir träumen uns davon, bis nach Südostasien, nach Vietnam. Wir besuchen Ho Chi Minh Stadt, Da Nang, Hoi An und Hanoi. Dort tauchen wir ein in eine fremde, völlig andere Welt, lauschen den Geschichten der Kinder, die dort leben und ergründen das Geheimnis des Drachens. Huh! Einiges wirst du kaum glauben, so seltsam klingt es, aber du wirst auch lachen oder die Luft anhalten, weil es spannend wird. Viel Spaß beim Lesen und beim Betrachten der Fotos.

Monika Kunstmann, Weltenbummlerin aus Leidenschaft, führte von 1990 bis 2012 ein eigenes Reisebüro. Nun im Ruhestand, reist sie weiterhin durch die Welt. Ihre Erfahrungen über fremde Länder, deren Menschen und Kulturen, gibt sie gern an ihre kleinen und großen Leser weiter.

Ho-Chi-Minh-Stadt


Warum Binh auf der Straße frisiert wird


„Bitte nicht zu kurz schneiden…“, Binh rutschte unruhig auf seinem Plastikstuhl hin und her und starrte die alte leere Wand an, vor der er saß. Gern hätte er in einen Spiegel gesehen, um mitverfolgen zu können, ob der Straßenfriseur ihm den gewünschten Haarschnitt verpasste, oder nicht, aber das würde erst möglich sein, wenn er am nächstbesten Moped vorbeiginge. Außer einem Sonnenschirm hatte der Platz hier nichts zu bieten, dafür aber war der Preis gering und sein Taschengeld würde noch eine Weile reichen.

„Wir sind gleich fertig“, murmelte der Friseur und schnippelte um Binhs Ohr herum. „Hab ein wenig Vertrauen, mein Junge, du siehst gut aus.“

„Heute muss ich gut aussehen“, erklärte Binh, „nachher treffe ich mich mit einigen Schülern aus meiner Klasse. Wir haben von der Schule den Auftrag bekommen, unsere Englisch-Kenntnisse zu verbessern.“

„Was hat das mit deiner Frisur zu tun?“ Der Friseur betrachtete den Vierzehnjährigen von allen Seiten wie ein Künstler, der voller Stolz sein vollbrachtes Werk in Augenschein nimmt.

„Naja, wir werden fremde Leute ansprechen müssen, um unsere Fragebögen ausfüllen zu können… Europäer meine ich. Die Vietnamesen sprechen höchst selten Englisch.“

„Stimmt, eher erinnern sie sich an Französisch… aus der Kolonialzeit!“ Ein letztes Schnippen mit der Schere und ein Kopfnicken des Meisters veranlassten Binh aufzustehen und einen Fünftausend- Dong-Schein aus der Hosentasche zu ziehen. „Vielen Dank“, sagte er dabei.

(Dong heißt die Vietnamesische Währung, 26.000 Dong sind etwa ein Euro, eine Rechnerei ist das!

Schnell ging Binh zum nächsten Spiegel und fand seine Frisur einigermaßen in Ordnung. Trotzdem setzte er seine Kappe auf, bevor er in den Park ging, um seine Freunde zu treffen. Die warteten bereits dort.

Der Stadtpark, mit seinen gepflegten Grünflächen und den hohen, seltenen Bäumen, lockte nicht nur Einheimische zu Spiel, Sport oder auf ein schattiges Plätzchen. Häufig „verirrten“ sich auch Touristen hierher und auf die hatte die Gruppe es abgesehen. Sobald die Jugendlichen jemanden entdeckten, der europäisch aussah, pirschten sie sich an ihn heran, lächelten honigsüß und fragten: „Can you help us please?“ (Können Sie uns bitte helfen?) Wenn der Angesprochene stehenblieb, stellten sie sich vor, kreisten ihr „Opfer“ ein und lasen ihre Fragen ziemlich stotternd von ihren mitgebrachten Blättern ab: „Woher kommen Sie? Waren Sie schon einmal in Vietnam? Was gefällt Ihnen hier am besten…“ Dann spitzten sie die Ohren, hingen an den Lippen der Reisenden, die bereitwillig Auskunft erteilten, schrieben alles auf und zogen wie ein Bienenschwarm weiter, um sich auf den nächsten Freiwilligen zu stürzen. Manchmal mussten sie Handys und ein Übersetzungsprogramm zur besseren Verständigung benutzen oder andere Lerngruppen befragen, aber sie erledigten gewissenhaft ihre Arbeiten.

Die Schüler in Vietnam verhalten sich freundschaftlich zueinander. Sie
lernen, lachen oder spielen gern gemeinsam.

„So, langsam haben wir alles, oder, was meint ihr?“ Binh überflog seinen Fragebogen und die seiner Mitschüler. „Allerdings“, er sah hoch und folgte mit den Augen einem Eichhörnchen, „…allerdings wäre es schön, wenn wir noch etwas ganz Besonderes machen könnten… eine Befragung erster Güte…“

Die Schüler kicherten: „Du Superhirn, willst wieder die beste Note haben, wie?“

„Klar. Wenn ich daran denke, wie meine Eltern schuften müssen, um mein Schulgeld zusammenzukratzen, will ich ihnen auf diese Art dafür danken. Ist doch Ehrensache, oder?“

Die anderen nickten.

Ein paar Minuten vom Stadtpark entfernt, machten sich gegen Abend vier Urlauber aus Deutschland, zwei Frauen und ihre Männer, von ihrem Hotel aus auf den Weg, um Ho-Chi-Minh-Stadt zu erkunden. Sie sagten bei jeder Gelegenheit: „Hier in Saigon…“, weil dieser Name ihnen kürzer und irgendwie vertrauter erschien. Das war auch kein Problem, weil selbst die Einheimischen diesen Namen, vielleicht aus Gewohnheit, immer wieder benutzten.

Bereits als die beiden Ehepaare die Straße überqueren wollten, bekamen sie einen Lachanfall, hielten sich die Ohren zu und fragten sich, ob es ihnen jemals gelingen würde, die Fahrbahn lebend zu überqueren. Schließlich übernahm Herr Kuhn, ein grauhaariger, weitgereister und fast zwei Meter großer Mann die Führung: „Mich werden die Brummkreisel wohl nicht übersehen“, rief er, hob den Arm und kommandierte: „Mir nach, ich folge euch!“ Seine Frau lachte hell auf: „Hoffentlich erwischen sie mich nicht zuerst, ich bin am pummeligsten.“

Wie durch ein Wunder gelang es den Urlaubern endlich, die andere Straßenseite zu erreichen, wobei die schlanke Frau Gerstner zwischendurch aufschrie, weil die Mopeds so dicht an ihr vorbei kurvten, dass sie sich beinahe auf einen Rücksitz gesetzt hätte.

„Das wäre nicht so schlimm gewesen“, ulkte ihr Mann, „im Hellen hätten sie dich wieder zurück gebracht, ha, ha, ha.“

„Wie witzig! Was hast du heute zu Mittag gegessen?“

„Wer weiß, was die einem hier alles in die Nudelsuppe tun“, grinste Herr Kuhn, „aber Scherz beiseite, wo wollen wir eigentlich hin?“

Du weißt doch immer, wo es lang geht, was fragst du uns? In diesem Land bist du anscheinend sowieso der Größte, die Vietnamesen sind alle wesentlich kleiner. Also, was siehst du, Gulliver?“ Herr Gerstner hielt sich die Daumen und Zeigefinger wie eine Brille vors Gesicht, sah erst zu Herrn Kuhn auf und dann mit wilden Kopfbewegungen in den Himmel. „Er hat schon einen Dachschaden, das kommt von diesem Lärm hier“, seine Frau zog ihn mit sich. „Kommt erst einmal von der Straße weg.“

Nachdem die beiden Familien sich vor ein kleines Restaurant gerettet hatten, holten Sie den Stadtplan hervor und studierten ihn ausgiebig.

„Ich habe bereits im Internet recherchiert“, sagte Frau Kuhn ungeduldig, „wir wollten doch auf den Bitexco Financial Tower. Lasst uns mit einem Taxi hinfahren, bevor es ganz dunkel wird.“

„Dafür ist es schon zu spät“, sagten die Männer gleichzeitig und winkten ab.

„Hier in der Nähe soll doch so ein hübscher Park sein“, Frau Gerstner zeigte mit dem Finger auf einen grünen Fleck auf der Karte und hoffte, dass sie richtig gezielt hatte.

„Du meine Güte, was sollen wir im Park?“ Herr Kuhn schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Der soll sehr schön sein“, verteidigte Frau Kuhn ihre Bekannte, „wir könnten mal sehen, was die Vietnamesen nach Feierabend so treiben.“

Nach einigem Hin und Her waren sich die Vier einig und spazierten durch den Park. Junge Leute spielten Federball, Kinder sammelten Blätter, fuhren Roller oder Fahrrad. Viele Menschen, auch ältere, nutzten die aufgestellten Sportgeräte, um sich fit zu halten. Eine Frau mit zwei Hunden grüßte freundlich, wobei eins ihrer Tiere den Fremden sofort sein Hinterteil entgegenstreckte. Es wollte nicht gestört werden. Das galt auch für eine Schülergruppe, die die letzten Sonnenstrahlen nutzte, um T-Shirts zu bemalen. Alle sprachen leise, kicherten und begutachteten ihre Malkünste.

„Hier geht es sehr friedlich zu“, staunten die neugierigen Besucher, „eine Oase in dieser riesigen Stadt…“

„Die Stadt ist wirklich riesig“, Herr Kuhn setzte sich auf eine Bank und streckte die langen Beine aus, „…mit fast acht Millionen Menschen. Es gibt eine Kernstadt und rundherum ländliche Gebiete. Sie liegt am Ufer des Saigon-Flusses. Den können wir von oben sehen, wenn wir auf dem Financial Tower sind. Ansonsten gibt es in dieser Stadt alles, was andere Städte ebenfalls zu bieten haben: Theater, Kinos, Museen, Universitäten, Baudenkmäler und Parks…“

„Und nicht weit entfernt befindet sich das Mekong-Delta. Da müssen wir unbedingt auch noch hin… und zu dieser Kirche, äh, Kathedrale, Notre Dame.“ Bei Frau Kuhn meldete sich wieder einmal ihr ewiges Reisefieber, „und dieses alte Postamt! Es ist immer noch in Betrieb.“

Der Stadtpark hat über tausend Bäume, die nicht nur schön aussehen,
sondern bei großer Hitze auch erholsamen Schatten spenden.

…überall im Park haben die Menschen Ruhe und ihren Spaß…

Als im Park die Lichter angingen, verabschiedete sich Binh von seinen Mitschülern und wünschte ihnen einen schönen Abend. „Ich bleibe noch“, meldete sich Lys. Sie war das einzige Mädchen, das wie Binh eine Kappe auf dem Kopf trug. Jetzt nahm...

Erscheint lt. Verlag 28.1.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch
ISBN-10 3-7481-6193-X / 374816193X
ISBN-13 978-3-7481-6193-6 / 9783748161936
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