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Das Bestiarium von Mähren (eBook)

Historischer Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
366 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-6144-5 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
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Im Wald nahe des mährischen Dorfes Schoschuwka wird eine Tote mit aufgerissener Kehle gefunden, und sie ist nicht die erste. Die Dorfbewohner sind überzeugt, dass einer unter ihnen sich des Nachts in einen Werwolf verwandelt und arglose Frauen tötet. Bald wird der Müller Heralt verdächtigt und von den aufgebrachten Dorfbewohnern umgebracht. Doch das Morden nimmt kein Ende - bis der königliche Prokurator Ulrich von Kulm und sein Knappe Otto sich auf die Jagd nach der Bestie begeben.



Vlastimil Vondru?ka, geboren 1955, hat in Prag Geschichte und Ethnologie studiert. Danach arbeitete er im Nationalmuseum und betrieb gemeinsam mit seiner Frau eine Werkstatt zur Nachbildung von historischem Glas. Heute widmet er sich ganz dem Schreiben und hat neben zahlreichen wissenschaftlichen Werken über dreißig Historische Romane veröffentlicht. Mit einer Gesamtauflage von einer halben Million Exemplaren gehört er zu den erfolgreichsten Autoren Tschechiens. Besonders beliebt ist die Serie um Ritter Ulrich von Kulm und seinen Knappen Otto.

Vlastimil Vondruška, geboren 1955, hat in Prag Geschichte und Ethnologie studiert. Danach arbeitete er im Nationalmuseum und betrieb gemeinsam mit seiner Frau eine Werkstatt zur Nachbildung von historischem Glas. Heute widmet er sich ganz dem Schreiben und hat neben zahlreichen wissenschaftlichen Werken über dreißig Historische Romane veröffentlicht. Mit einer Gesamtauflage von einer halben Million Exemplaren gehört er zu den erfolgreichsten Autoren Tschechiens. Besonders beliebt ist die Serie um Ritter Ulrich von Kulm und seinen Knappen Otto.

I. KAPITEL


Es war ein warmer, heller Abend im Frühsommer. Schon seit Tagen schien die Sonne, und am Himmel war kein einziges Wölkchen zu sehen. Die Dörfler, die auf den gerodeten Waldlichtungen rings um Burg Hohlenstein lebten, waren zufrieden, denn alles deutete darauf hin, dass Gott ihnen dieses Jahr eine besonders gute Ernte schenken würde. Und sie fanden, dass sie die nach den vielen Jahren der Entbehrungen auch verdient hatten. Den Wald abzuholzen und in urbares Land zu verwandeln war harte Arbeit gewesen. Als sie vor fünfzehn Jahren mit ihrem Burgherrn Zirro in die Hügel des Drahaner Berglands gezogen waren, hatten sie nicht geahnt, welche Notzeiten auf sie zukommen würden. Doch das lag nun hinter ihnen. Jetzt hatten sie ihre kleinen Häuser, und auf den Feldern färbte sich das Getreide golden.

Zirro von Hohlenstein war kein schlechter Herr, und gewiss war er besser als Idik von Schwabenitz, der nicht weit entfernt auf Burg Blanseck residierte und im Namen des Bischofs von Olmütz mehrere Dörfer im Flusstal der Zwitta verwaltete, ein Gebiet, das vom alten Herrschaftssitz Blanz bis fast nach Boskowitz reichte. Während Burggraf Idik die Kirche vertrat, forderte Zirro von seinen Untertanen keine allzu große Frömmigkeit. Auch machte er ihnen hin und wieder Zugeständnisse, etwa indem er sie in den tiefen Wäldern lehensfrei Holz schlagen ließ. Die Hänge des Berglands waren so dicht bewaldet, dass er es ohnehin nicht bemerkt hätte, wenn sie heimlich gerodet hätten.

Schon seit dem Mittag zogen die Männer von Schoschuwka mit zwei Paar Ochsen Baumstämme aus dem Wald, säuberten sie von Ästen und hackten sie zu groben Scheiten, um einen hohen Holzstoß aufzuschichten. In Mähren war es Brauch, zur Sommersonnenwende große Feuer zu entfachen. Der frühere Pfarrer von Schoschuwka hatte den Dörflern zwar mit ewiger Verdammnis gedroht – alles, was an heidnische Zeiten erinnerte, war ihm ein Dorn im Auge –, doch der neue Pfarrer Hilarius begnügte sich mit der Ermahnung, dass am Tag der Sonnenwende Johannes der Täufer geboren sei, weshalb es das Andenken des Heiligen nicht nur mit frommem Gebet, sondern auch mit einer feierlichen Messe zu ehren gelte. Und Zirro von Hohlenstein, der nicht auf Ärger mit der bischöflichen Nachbarschaft erpicht war, behauptete, seine Untertanen würden die Feuer zu Ehren Johannes’ des Täufers abbrennen. Er wusste zwar gut, dass das nicht stimmte, aber Bruno von Schauenburg, der sich breitmachende Bischof von Olmütz, bereitete ihm schon genug Scherereien, da wollte er sich nicht wegen einer Belanglosigkeit wie ein paar Feuern noch weiteren Verdruss zuziehen. Hätte er seinen Untertanen die Sonnenwendfeuer verboten, hätten sie ihm doch nicht gehorcht.

»Wir müssen den größten Haufen errichten«, keuchte der Dorfschulze Dippold, der mit einem riesigen Holzscheit in den Armen oben auf dem Stoß balancierte. In Schoschuwka entzündete man das Feuer auf der Anhöhe hinter dem Dorf, damit es von fern zu sehen war.

»Unserer ist immer der größte«, erwiderte Hubatsch mit Stolz in der Stimme. Der dicke Bauer besaß einen ansehnlichen Hof am Dorfrand und wurde von den anderen beneidet, weil er vier Söhne hatte und daher ganz anders wirtschaften konnte als sie.

Vom Waldrand her tauchten die Jungochsen mit zwei weiteren Baumstämmen auf. Der von der Arbeit verschwitzte Kresta schnallte die Stämme ab und tätschelte den Tieren freundlich den Kopf. Die Ochsen wandten ihm ihre tiefschwarzen Augen zu, als wollten sie ihn fragen, ob sie umkehren und noch mehr Holz holen sollten. Das brachte Kresta zum Lachen. Er rief dem Dorfschulzen zu, dass es nun wohl genug sei.

Bevor Dippold etwas darauf antworten konnte, ertönte hinter ihnen lautes Geschrei, und im nächsten Moment tauchte Hubatschs Sohn Mikesch aus dem Unterholz auf. Wie alle Männer im Dorf trug er lediglich ein Leinengewand mit einem groben Strick um die Taille. »Der Werwolf!«, schrie er, während er auf die Männer am Holzstoß zurannte.

Sofort packten alle ihre Äxte, um sich verteidigen zu können, falls das Ungeheuer auftauchen sollte.

Der Dorfschulze rief: »Was sagst du da? Wo?«, und versuchte so schnell wie möglich vom Holzstoß herunterzusteigen, stolperte aber in der Aufregung und fiel geradewegs hinunter. Normalerweise hätte er brüllendes Gelächter geerntet, so aber achtete kaum jemand auf ihn. Alle standen mit weichen Knien da, und das Herz schlug ihnen bis zum Hals. Der Werwolf trieb wieder sein Unwesen!

»Die Mutter«, schrie der junge Bursche mit schreckgeweiteten Augen und blieb keuchend stehen, »er hat sie getötet!« Er war den ganzen Weg bergauf gerannt, und seine nackten Unterschenkel waren von Dornen blutig zerkratzt.

»Sie ist tot?«, fragte sein Vater heiser. Er ließ die Hand sinken und die Axt zu Boden fallen. Unwillkürlich bekreuzigte er sich und murmelte leise vor sich hin. Er hatte seine Kathrein geliebt.

Mikesch nickte stumm. Dann wandte er sich an den Dorfschulzen und begann atemlos zu erzählen, wie er und seine Brüder den Werwolf bei der Mutter hätten knien sehen. Obwohl sie schreckliche Angst gehabt hätten, seien sie losgerannt, um ihr zu helfen. Als der Werwolf sie hörte, war er aufgesprungen und weggelaufen, doch der Mutter war nicht mehr zu helfen gewesen. Wie den anderen Frauen vor ihr, hatte er ihr die Kehle durchgebissen. Also hatten sie ihre Leiche dort liegen gelassen, Mikeschs Brüder waren dem Werwolf gefolgt und er selbst hierhergelaufen.

»Hoffentlich tut die Bestie ihnen nicht auch noch etwas an«, sagte einer der Männer, die schreckensbleich vor dem Holzstoß standen und die furchtbare Nachricht angehört hatten. Insgeheim waren sie aber auch erleichtert, dass ihren eigenen Familien nichts passiert war.

»Was steht ihr noch herum?«, schrie Dorfschulze Dippold. »Diesmal erwischen wir ihn!«

»Sollten wir nicht zuerst zum Pfarrer laufen, damit er sein Weihwasser mitbringt?«, warf Kresta ein, denn er wusste, dass mit den Dämonen des Waldes nicht zu spaßen war.

Da erwachte Bauer Hubatsch aus seiner dumpfen Apathie. Er nahm seine Axt vom Boden und blickte herausfordernd in die Runde. »Sind wir Mannsbilder oder jämmerliche Wichte, die sich hinter dem Rockzipfel des Pfarrers verstecken?«

Und Dorfschulze Dippold fuhr Kresta schroff an: »Wenn du dich fürchtest, dann lauf zum Pfarrer. – Komm, Mikesch, zeig uns den Weg!«

Kurz darauf folgte das Grüppchen dem schmalen Trampelpfad durch den Wald. Kresta band die Jungochsen rasch an einer Espe fest und eilte den anderen hinterher – nicht, weil er seine Meinung geändert hätte, sondern weil er den Hohn der anderen mehr fürchtete als den Werwolf.

Der alte Hubatsch lief trotz seiner Beleibtheit mit dem Schulzen vorneweg. Er drehte sich zu seinem Sohn um und fragte schnaufend: »Was hat die Mutter denn im Wald gemacht?«

»Sie ist heute Morgen zum Bach gegangen, um Wäsche zu bleichen. Dabei muss es ihr ein Hemd fortgeschwemmt haben, und sie ging es wohl suchen, denn als wir Mutter fanden, hatte sie eines in der Hand …«

»Vermaledeites Hemd!«, fluchte der alte Hubatsch und wurde furchtbar wütend auf sich selbst. Es war noch keinen Monat her, da hatte er seine Frau verprügelt, weil sie das Sätuch verloren hatte. Seine Kathrein war oft zerstreut gewesen. Tränen stiegen ihm in die Augen. Wenn sie diesen Werwolf erwischten, dann gnade ihm Gott!

Die Männer eilten hangabwärts durch den Wald zu dem kleinen Bach und liefen das grasbestandene Ufer entlang bis zu der Stelle, wo die tote Frau mit der blutig aufgerissenen Kehle lag. Die meisten Dörfler wandten den Blick ab, auch der alte Hubatsch. Sie eilten weiter, folgten der Biegung des Baches und kamen durch einen lichten Laubwald. Dort, wo Mikeschs Brüder den Werwolf verfolgt hatten, war das hohe Gras niedergetrampelt, weshalb die Fährte leicht zu erkennen war. An den Blättern einer jungen Birke waren sogar ein paar Blutstropfen zu sehen.

Die Männer verlangsamten ihr Tempo, denn allmählich gerieten sie außer Atem. Das sommerliche Wetter ließ sie schwitzen, und der grobe Leinenstoff klebte ihnen am Leib. Die besondere Erregung der Jagd hatte sie erfasst, und sie hatten keine Angst mehr. Die Äxte fest umklammert, stapften sie durch das Dickicht, den Blick stets nach unten gerichtet, um nicht über eine Wurzel zu stolpern.

»Da seid ihr!«, hörten sie weiter vorn eine Stimme. Hubatschs jüngster Sohn Bendikt kam ihnen entgegengelaufen.

Dippold blieb keuchend stehen. »Was ist passiert? Ist er euch entwischt?«, schnaufte er mit finsterer Miene.

Der Junge schüttelte den Kopf. »Nein. Und wir wissen jetzt, wer der Werwolf ist. Es ist der Müller Heralt! Wir haben ihn erkannt. Er ist in die Mühle gerannt. Meine Brüder bewachen sie, damit er nicht fliehen kann.«

Schon eilte die Schar der Dörfler wieder los. Jetzt mussten sie nicht mehr nach niedergetrampeltem Gras Ausschau halten, sondern nahmen den bequemeren Weg das Bachufer entlang, vorbei an dem hellen Kalksteinfelsen, über den der Bach einige Klafter in die Tiefe rauschte. Unterhalb des Felsens stand auf einer hellen Lichtung das hölzerne Mühlgebäude. Müller Heralt war bei den Dorfbewohnern nicht besonders beliebt. Er galt als Miesepeter und tauchte nur selten in der Schenke auf. Erst vor wenigen Jahren war er mit der Familie seines Bruders nach Schoschuwka gekommen, und nachdem die Frau seines Bruders gestorben und sein Bruder verschwunden war, war er allein mit seiner Nichte Mischka zurückgeblieben.

Sobald die Mühle in Sichtweite kam, verlangsamten die Dörfler ihren Schritt. Dort irgendwo lauerte der Werwolf, und auch wenn sie sich gemeinsam...

Erscheint lt. Verlag 31.1.2019
Übersetzer Sophia Marzolff
Sprache deutsch
Original-Titel Olomoucký bestiář
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte 13. Jahrhundert • Bestarium • Böhmen • Detektiv • Hetzjagd • Historische Krimis • Historischer Kriminalroman • Historische Romane • Historischer Roman • Knappe • Krimi • Kriminalroman • Mähren • Mittelalter • Mittelalter (8.-15. Jh.) • Mord • Mörder • Osteuropa • Otto • Ritter • Tschechien • Ulrich von Kulm • Werwolf
ISBN-10 3-7325-6144-5 / 3732561445
ISBN-13 978-3-7325-6144-5 / 9783732561445
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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