Maigret und die Tänzerin -  Georges Simenon

Maigret und die Tänzerin (eBook)

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2019 | 1. Auflage
240 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70067-8 (ISBN)
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Um vier Uhr morgens erscheint die Stripteasetänzerin Arlette vom Nachtclub Picratt's volltrunken auf dem Kommissariat in Montmartre. Sie hat im Club ein Gespräch belauscht: Eine Gräfin soll ermordet werden, mehr weiß sie nicht. Um neun Uhr zieht Arlette am Quai des Orfèvres ihre Aussage zurück. Um elf Uhr wird sie erdrosselt aufgefunden. Wenig später ist auch die morphiumsüchtige Gräfin Farnheim tot. Um den Mörder zu finden, muss Maigret die Schattenseiten von Paris ergründen. Maigrets 36. Fall spielt an der Place Pigalle und in Montmartre.

GEORGES SIMENON, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Liège, ist der 'meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, mit einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts' (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und über 150 Erzählungen), seine Rastlosigkeit und seine Umtriebigkeit bestimmten sein Leben: Um einen Roman zu schreiben, brauchte er selten länger als zehn Tage, er bereiste die halbe Welt, war zweimal verheiratet und unterhielt Verhältnisse mit unzähligen Frauen. 1929 schuf er seine bekannteste Figur, die ihn reich und weltberühmt machte: Kommissar Maigret. Aber Simenon war nicht zufrieden, er sehnte sich nach dem 'großen' Roman ohne jedes Verbrechen, der die Leser nur durch psychologische Spannung in seinen Bann ziehen sollte. Seine Romane ohne Maigret erschienen ab 1931. Sie waren zwar weniger erfolgreich als die Krimis mit dem Pfeife rauchenden Kommissar, vergrößerten aber sein literarisches Ansehen. Simenon wurde von Kritikern und Schriftstellerkollegen bewundert und war immer wieder für den Literaturnobelpreis im Gespräch. 1972 brach er bei seinem 193. Roman die Arbeit ab und ließ die Berufsbezeichnung 'Schriftsteller' aus seinem Pass streichen.  Von Simenons Romanen wurden über 500 Millionen Exemplare verkauft, und sie werden bis heute weltweit gelesen. In seinem Leben wie in seinen Büchern war Simenon immer auf der Suche nach dem, 'was bei allen Menschen gleich ist', was sie in ihrem Innersten ausmacht, und was sich nie ändert. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.

GEORGES SIMENON, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Liège, ist der "meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, mit einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts" (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und über 150 Erzählungen), seine Rastlosigkeit und seine Umtriebigkeit bestimmten sein Leben: Um einen Roman zu schreiben, brauchte er selten länger als zehn Tage, er bereiste die halbe Welt, war zweimal verheiratet und unterhielt Verhältnisse mit unzähligen Frauen. 1929 schuf er seine bekannteste Figur, die ihn reich und weltberühmt machte: Kommissar Maigret. Aber Simenon war nicht zufrieden, er sehnte sich nach dem "großen" Roman ohne jedes Verbrechen, der die Leser nur durch psychologische Spannung in seinen Bann ziehen sollte. Seine Romane ohne Maigret erschienen ab 1931. Sie waren zwar weniger erfolgreich als die Krimis mit dem Pfeife rauchenden Kommissar, vergrößerten aber sein literarisches Ansehen. Simenon wurde von Kritikern und Schriftstellerkollegen bewundert und war immer wieder für den Literaturnobelpreis im Gespräch. 1972 brach er bei seinem 193. Roman die Arbeit ab und ließ die Berufsbezeichnung "Schriftsteller" aus seinem Pass streichen.  Von Simenons Romanen wurden über 500 Millionen Exemplare verkauft, und sie werden bis heute weltweit gelesen. In seinem Leben wie in seinen Büchern war Simenon immer auf der Suche nach dem, "was bei allen Menschen gleich ist", was sie in ihrem Innersten ausmacht, und was sich nie ändert. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.

1


Der Polizist Jussiaume, der bei seinem allnächt- lichen Rundgang fast immer auf die Minute an derselben Stelle vorbeikam, nahm das Kommen und Gehen der Passanten genauso beiläufig wahr wie die Anwohner eines Bahnhofs die Ankunft und Abfahrt der Züge.

Vor dem Schneeregen hatte Jussiaume einen Augenblick in einem Hauseingang an der Ecke Rue Fontaine und Rue Pigalle Schutz gesucht. Der rote Schriftzug vom Picratt’s war einer der wenigen im Viertel, die noch erleuchtet waren. Wie eine große Blutlache spiegelte er sich auf dem nassen Pflaster.

Es war Montag, der Tag, an dem es auf dem Montmartre immer ziemlich ruhig ist. Jussiaume hätte genau sagen können, in welcher Reihenfolge die meisten Lokale schlossen. Jetzt sah er, wie auch das Neonlicht am Picratt’s erlosch und der kleine, korpulente Wirt, der sich einen beigefarbenen Regenmantel über den Smoking gestreift hatte, heraustrat, um die Läden herunterzukurbeln.

Eine schmale Gestalt, vermutlich ein Junge, glitt an den Mauern entlang und verschwand dann in der Rue Pigalle in Richtung Rue Blanche. Kurz darauf gingen zwei Männer, der eine mit einem Saxophonkoffer unter dem Arm, zur Place Clichy hinauf.

Fast unmittelbar danach kam ein weiterer Mann, den Kragen seines Mantels hochgeschlagen, und ging zum Carrefour Saint-Georges.

Der Polizist Jussiaume kannte zwar die Namen all dieser Leute nicht, ja kaum ihre Gesichter, aber genauso wie Hunderte andere hatten sie ihre Bedeutung für ihn.

Er wusste, gleich würde eine Frau in einem sehr kurzen, hellen Pelzmantel und auf übertrieben hohen Absätzen aus dem Lokal kommen und dann schnell weitergehen, als hätte sie frühmorgens um vier allein Angst auf der Straße. Bis zu dem Haus, in dem sie wohnte, waren es nur etwa hundert Meter. Sie musste läuten, weil die Tür zu dieser Stunde verschlossen war.

Schließlich kamen noch die beiden Mädchen, wie immer zusammen. Halblaut miteinander sprechend, gingen sie bis zur nächsten Straßenecke, wo sie sich nur ein paar Meter von ihm entfernt trennten. Die ältere und größere der beiden ging mit schwingenden Hüften die Rue Pigalle bis zur Rue Lepic hinauf, wo er sie bisweilen in dem Haus hatte verschwinden sehen, in dem sie wohnte. Die andere dagegen zögerte einen Augenblick, als wollte sie ihn ansprechen, und ging dann, statt die Rue Notre-Dame-de-Lorette zu nehmen, wie sie es eigentlich hätte tun müssen, zu der Bar an der Ecke Rue de Douai, in der noch Licht brannte.

Sie trug keinen Hut und wirkte angetrunken. Im Schein einer Laterne schimmerte ihr hellblondes Haar wie Gold. Sie ging langsam, blieb hin und wieder stehen und sah aus, als spräche sie mit sich selbst.

Der Wirt fragte sie wie ein alter Bekannter:

»Kaffee, Arlette?«

»Mit Rum.«

Und sofort verbreitete sich der typische Geruch erhitzten Rums in der Bar. An der Theke standen zwei, drei Männer, die sie aber nicht beachtete.

Der Wirt erklärte später:

»Sie machte einen sehr erschöpften Eindruck.«

Vermutlich trank sie deshalb noch einen zweiten Kaffee, diesmal mit doppeltem Schuss. Sie hatte Mühe, das Geld aus ihrer Handtasche zu holen.

»Gute Nacht.«

»Gute Nacht.«

Der Polizist Jussiaume sah sie wieder herauskommen, und als sie jetzt die Straße hinabging, schwankte sie noch stärker als beim Hinaufgehen. Auf seiner Höhe angekommen, erkannte sie ihn, wandte sich ihm zu und sagte:

»Ich möchte im Kommissariat eine Meldung machen.«

»Kein Problem«, antwortete er. »Sie wissen ja, wo es ist.«

Es war fast gegenüber, sozusagen hinter dem Picratt’s, in der Rue de La Rochefoucauld. Beide konnten sie die blaue Laterne und die an der Mauer lehnenden Fahrräder der Streifenpolizisten sehen.

Im ersten Augenblick glaubte er, sie würde nicht hingehen. Aber dann überquerte sie doch die Straße und betrat das Gebäude.

Es war schon halb fünf, als sie das schummrige Büro betrat, in dem nur Wachtmeister Simon und ein junger Polizeibeamter anwesend waren. Wieder sagte sie:

»Ich möchte eine Meldung machen.«

»Ich bin ganz Ohr, Schätzchen«, erwiderte Simon, der seit zwanzig Jahren im Viertel Dienst tat und seine Kundschaft kannte.

Sie war stark geschminkt, aber das Make-up war ein wenig verwischt. Unter ihrem falschen Nerz trug sie ein schwarzes Satinkleid, und da sie nicht sehr fest auf den Füßen stand, hielt sie sich mit beiden Händen an der Balustrade fest, die den für das Publikum bestimmten Bereich abgrenzte.

»Es geht um ein Verbrechen.«

»Jemand hat ein Verbrechen begangen?«

An der Wand hing eine große Uhr, auf die sie unverwandt starrte, als würde ihr der Stand der Zeiger etwas verraten.

»Ich weiß nicht, ob es schon begangen worden ist.«

»Nun, dann ist’s ja kein Verbrechen.«

Der Wachtmeister zwinkerte seinem jungen Kollegen zu.

»Es wird wahrscheinlich begangen. Es wird bestimmt begangen.«

»Wer hat dir das gesagt?«

Sie schien angestrengt nachzudenken.

»Die beiden Männer eben.«

»Was für Männer?«

»Gäste. Ich arbeite im Picratt’s.«

»Dacht ich mir doch, dass ich dich schon mal gesehen habe. Du ziehst dich dort aus, oder?«

Der Wachtmeister hatte sich zwar die Vorführungen im Picratt’s noch nie angesehen, aber er kam jeden Morgen und jeden Abend an dem Schaukasten vorbei, in dem ein großes Bild der Frau hing, die jetzt vor ihm stand, neben kleineren Fotos der zwei anderen Tänzerinnen.

»Also da haben dir zwei Gäste von einem Verbrechen erzählt?«

»Nicht mir.«

»Wem denn?«

»Sie haben miteinander gesprochen.«

»Und du hast es mitangehört?«

»Ja. Ich habe aber nicht alles verstanden, weil eine Wand dazwischen war.«

Auch das verwunderte Wachtmeister Simon nicht. Wenn er morgens an dem Nachtclub vorbeikam, stand die Tür offen, weil gerade sauber gemacht wurde. Er konnte dann in den dunklen, ganz in Rot gehaltenen Raum sehen, mit der glänzenden Tanzfläche und den kleinen Nischen ringsum, die durch Wände voneinander getrennt waren.

»Erzähl! Wann war das?«

»Heute Nacht, vor zwei Stunden etwa. Ja, es muss zwei Uhr gewesen sein. Ich war erst einmal aufgetreten.«

»Was haben die beiden Gäste denn gesagt?«

»Der Ältere hat gesagt, er werde die Gräfin kaltmachen.«

»Was für eine Gräfin?«

»Das weiß ich nicht.«

»Wann?«

»Wahrscheinlich heute.«

»Hatte er keine Angst, dass du ihn hören könntest?«

»Er wusste nicht, dass ich auf der anderen Seite der Wand war.«

»Warst du allein?«

»Nein. Mit einem anderen Gast.«

»Den du kennst?«

»Ja.«

»Wer ist das?«

»Ich weiß nur seinen Vornamen. Er heißt Albert.«

»Hat er es auch gehört?«

»Das glaube ich nicht.«

»Warum hat er es nicht gehört?«

»Weil er meine beiden Hände festgehalten und geredet hat.«

»Von Liebe?«

»Ja.«

»Und du, du hast gehört, was man sich in der anderen Nische erzählt hat? Kannst du dich genau an die Worte erinnern?«

»Nicht genau.«

»Bist du betrunken?«

»Ich habe getrunken, aber ich weiß, was ich sage.«

»Trinkst du jede Nacht so viel?«

»Nicht so viel.«

»Hast du mit Albert getrunken?«

»Nur eine Flasche Champagner. Ich wollte nicht, dass er noch mehr ausgibt.«

»Ist er nicht reich?«

»Er ist jung.«

»Ist er in dich verliebt?«

»Ja. Er möchte, dass ich nicht mehr auftrete.«

»Du warst also mit ihm zusammen, als die beiden Gäste kamen und nebenan Platz nahmen.«

»Ja, genau.«

»Hast du sie nicht gesehen?«

»Als sie gegangen sind, hab ich sie von hinten gesehen.«

»Sind sie lange geblieben?«

»Vielleicht eine halbe Stunde.«

»Haben sie mit deinen Kolleginnen Champagner getrunken?«

»Nein, ich glaube, sie haben Cognac bestellt.«

»Haben Sie gleich von der Gräfin gesprochen?«

»Nicht gleich. Anfangs habe ich nicht auf ihre Worte geachtet. Das Erste, was ich verstanden habe, war so etwas wie: ›Verstehst du, sie hat noch den größten Teil ihrer Juwelen, aber bei dem Leben, das sie führt, wird das nicht mehr lange so sein.‹«

»Was war das für eine Stimme?«

»Eine Männerstimme. Die Stimme eines älteren Mannes. Als sie gingen, habe ich gesehen, dass einer von ihnen klein und dick war, mit grauen Haaren. Der muss es gewesen sein.«

»Warum?«

»Weil der andere jünger war und die Stimme nicht wie die eines jungen Mannes geklungen hat.«

»Wie war er angezogen?«

»Darauf habe ich nicht geachtet. Dunkel, glaube ich. Vielleicht schwarz.«

»Hatten sie ihre Mäntel an der Garderobe abgegeben?«

»Vermutlich.«

»Er hat also gesagt, die Gräfin habe noch einen Teil ihrer Juwelen, aber bei dem Leben, das sie führe, werde das nicht mehr lange so sein.«

»Ja, das hat er gesagt.«

»Und dann hat er gesagt, wie er sie umbringen will?«

Sie war sehr jung, viel jünger jedenfalls, als sie erscheinen wollte. Manchmal sah sie aus wie ein kleines Mädchen, das gleich den Kopf verliert. Dann blickte sie hilfesuchend zur Uhr, als erhoffte sie sich von dort eine Eingebung. Sie schien sehr müde zu sein und sich kaum noch auf den Beinen halten zu können. Der Wachtmeister roch den mit Parfum vermischten leichten Schweißgeruch, den ihre Achselhöhlen verströmten.

»Und dann hat er gesagt, wie er sie umbringen will?«, wiederholte er.

»Ich weiß nicht mehr. Sehen Sie, ich war ja nicht allein und konnte nicht die ganze Zeit zuhören.«

»Hat Albert an dir...

Erscheint lt. Verlag 11.4.2019
Reihe/Serie George Simenon
Georges Simenon
Übersetzer Hansjürgen Wille, Barbara Klau, Cornelia Künne
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 36. Fall • Filmvorlage • Gräfin • Montmartre • Mord • Morphium • Nachtclub • Place Pigalle • Stripteasetänzerin
ISBN-10 3-311-70067-8 / 3311700678
ISBN-13 978-3-311-70067-8 / 9783311700678
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