Vespasian: Das Blut des Bruders (eBook)
624 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40646-9 (ISBN)
Robert Fabbri, geboren 1961, lebt in London und Berlin. Er arbeitete nach seinem Studium an der University of London 25 Jahre lang als Regieassistent und war an so unterschiedlichen Filmen beteiligt wie «Die Stunde der Patrioten», «Hellraiser», «Hornblower» und «Billy Elliot - I Will Dance». Aus Leidenschaft für antike Geschichte bemalte er 3 500 mazedonische, thrakische, galatische, römische und viele andere Zinnsoldaten - und begann schließlich zu schreiben. Mit seiner epischen historischen Romanserie «Vespasian» über das Leben des römischen Kaisers wurde Robert Fabbri in Großbritannien Bestsellerautor.
Robert Fabbri, geboren 1961, lebt in London und Berlin. Er arbeitete nach seinem Studium an der University of London 25 Jahre lang als Regieassistent und war an so unterschiedlichen Filmen beteiligt wie «Die Stunde der Patrioten», «Hellraiser», «Hornblower» und «Billy Elliot – I Will Dance». Aus Leidenschaft für antike Geschichte bemalte er 3 500 mazedonische, thrakische, galatische, römische und viele andere Zinnsoldaten – und begann schließlich zu schreiben. Mit seiner epischen historischen Romanserie «Vespasian» über das Leben des römischen Kaisers wurde Robert Fabbri in Großbritannien Bestsellerautor. Anja Schünemann studierte Literaturwissenschaft und Anglistik in Wuppertal. Seit 2000 arbeitet sie als freiberufliche Übersetzerin der verschiedensten Genres und hat seitdem große Romanprojekte und Serien von namhaften Autorinnen und Autoren wie Philippa Gregory, David Gilman sowie Robert Fabbri aus dem Englischen ins Deutsche übertragen. Historische Romane sind eines ihrer Spezialgebiete: Von der Antike bis zum Mittelalter, in die frühe Neuzeit sowie bis ins 20. Jahrhundert verfügt sie über einen reichen Wissensschatz, der ihre Übersetzungen zu einem gelungenen Leseerlebnis macht.
Prolog
Der dichter werdende Nebel zwang die Turma aus zweiunddreißig Legionären, ihre Pferde zum Schritt zu bremsen. Das Schnauben der Tiere und das Klimpern des Zaumzeugs klangen gedämpft durch den Dunst, der die kleine Einheit umfing.
Titus Flavius Sabinus zog seinen feuchten Mantel fester um die Schultern und verfluchte im Stillen das elende Klima hier im Norden. Zugleich verfluchte er seinen direkten Vorgesetzten, General Aulus Plautius, den Oberbefehlshaber der römischen Invasionsstreitmacht in Britannien, weil dieser ihn unter solch widrigen Bedingungen zu einer Besprechung beordert hatte.
Der Befehl war völlig überraschend gekommen. Als der Bote, ein Tribun aus Plautius’ Stab, am Vorabend mit einem einheimischen Führer im Winterlager der XIIII Gemina am Mittellauf des Tamesis eingetroffen war, hatte Sabinus mit letzten Befehlen für die bevorstehende Feldzugsaison gerechnet. Warum sollte Plautius von ihm verlangen, fast achtzig Meilen nach Süden zu reiten, um ihn im Winterquartier der II Augusta zu treffen, der Legion seines Bruders Vespasian? Es erschien seltsam, nachdem die Legati aller vier Legionen erst vor einem Monat im Hauptquartier ihres Generals in Camulodunum zusammengekommen waren.
Natürlich konnte der Tribun ihm nicht den Grund für dieses außerordentliche Treffen verraten. Er war ein junger Mann von nicht einmal zwanzig Jahren, den Sabinus seit der Invasion vor zwei Jahren kannte. Sabinus erinnerte sich an die vier Jahre, die er selbst in diesem Rang in Pannonien und Africa gedient hatte. Seine Oberbefehlshaber hatten ihm kaum jemals Einzelheiten anvertraut. Ein Tribun mit schmalen Streifen aus dem Ritterstand war der rangniederste Offizier, und von ihm wurde erwartet, zu lernen und fraglos zu gehorchen. Jedenfalls trug das eingerollte Dokument, das der junge Mann überbrachte, Plautius’ persönliches Siegel, also blieb Sabinus nichts anderes übrig, als sich fluchend dreinzufügen. Plautius war ein Mann, der Säumigkeit und Ungehorsam nicht duldete.
Widerstrebend überließ Sabinus das Kommando über die XIIII Gemina seinem neu eingetroffenen obersten Tribun Gaius Petronius Arbiter und ritt im Morgengrauen mit einer Eskorte, dem Boten und seinem Führer gen Süden. Es versprach, ein frostiger, aber klarer Tag zu werden. Erst als sie am frühen Nachmittag hinauf auf die Ebene ritten, die sie jetzt überquerten, begann sich der Nebel zu senken.
Sabinus warf einen Blick auf den einheimischen Führer, einen rotgesichtigen Mann mittleren Alters, der zu seiner Rechten auf einem stämmigen Pony ritt. Die Witterung schien ihm nichts anzuhaben. «Kannst du dich bei diesem Nebel überhaupt noch orientieren?»
Der Brite nickte, dass sein langer Schnurrbart schaukelte. «Dies ist das Land meines Stammes, der Dobunner. Ich habe hier oben gejagt, seit ich reiten gelernt habe. Die Ebene ist ziemlich flach und eintönig, wir müssen uns nur in südlicher Richtung halten, mit leichtem Einschlag nach Westen, dann gelangen wir hinunter ins Territorium der Durotrigen hinter der römischen Frontlinie. Morgen Mittag erreichen wir das Lager der Legion an der Küste.»
Sabinus ging darüber hinweg, dass der Mann ihn nicht mit «Herr» angeredet oder sonst irgendwelche Achtung vor seinem Rang an den Tag gelegt hatte. Er wandte sich an den Tribun zu seiner Linken. «Traut Ihr seinen Fähigkeiten, Alienus?»
Alienus’ jugendliches Gesicht nahm einen respektvollen Ausdruck an. «Absolut, Herr. Er hat mich zu Eurem Lager geführt, ohne ein einziges Mal vom Weg abzukommen. Ich weiß wirklich nicht, wie ihm das gelingt.»
Sabinus musterte den jungen Mann kurz und entschied, dass seine Meinung nicht zählte. «Wir werden hier unser Nachtlager aufschlagen.»
Der Führer wandte sich erschrocken an Sabinus. «Wir können nicht draußen auf der Ebene schlafen.»
«Warum nicht? Eine feuchte Mulde ist so gut wie die andere.»
«Nicht hier. In dieser Gegend wandeln bei Nacht die verlorenen Seelen. Sie suchen nach einem Körper, von dem sie Besitz ergreifen können, um in diese Welt zurückzukehren.»
«Blödsinn!», versetzte Sabinus trotzig. Doch ihn beschlich ein leises Unbehagen, denn er hatte es vor seinem Aufbruch versäumt, seinem Schutzgott Mithras das passende Opfer zu bringen – im Lager der XIIII Gemina hatte es keinen geeigneten Stier gegeben. Stattdessen hatte er einen Widder geopfert, aber ihm war nicht recht wohl dabei gewesen.
Der Führer beharrte: «In einer bis zwei Stunden können wir die Ebene hinter uns lassen, und dann durchqueren wir einen Fluss. Die Toten werden uns nicht folgen, denn sie können über keine Gewässer queren.»
«Außerdem hat General Plautius ausdrücklich verlangt, dass wir bis morgen Mittag bei ihm sind», erinnerte Alienus ihn. «Wir müssen so lange weiterreiten, wie wir können, Herr.»
«Euch behagt wohl diese Geschichte von den verlorenen Seelen nicht, Tribun?»
Alienus ließ den Kopf hängen. «Nicht besonders, Herr.»
«Vielleicht wäre eine Begegnung mit ihnen Eurer Kühnheit ja förderlich.»
Alienus erwiderte nichts.
Sabinus warf einen Blick über die Schulter. Gerade konnte er das Ende ihrer kurzen Kolonne wieder schwach erkennen. Der Nebel schien sich ein wenig zu lichten. «Also gut, wir reiten weiter. Aber nicht aus Angst vor den Toten, sondern um pünktlich beim General zu sein.» In Wirklichkeit fürchtete der abergläubische Teil von Sabinus das Übernatürliche ebenso, wie sein praktischer Anteil Plautius’ Zorn fürchtete, wenn er den General warten ließ. Deshalb war er froh, seinen Befehl zurückziehen zu können, ohne das Gesicht zu verlieren. Niemand sollte denken, dass er an die zahlreichen Geschichten von Geistern glaubte, die angeblich diese fremde Insel bewohnten. Doch das Gerede von den verlorenen Seelen gefiel ihm nicht, und noch weniger gefiel ihm die Vorstellung, die Nacht in ihrem Reich zu verbringen. Während seiner Zeit in diesem nördlichen Land hatte er viele solche Geschichten gehört, genug, um zu glauben, dass wenigstens in manchen ein Körnchen Wahrheit steckte.
Seit vor achtzehn Monaten Camulodunum gefallen war und die Stämme im Südosten Britanniens kapituliert hatten, hatte Sabinus die XIIII Gemina und ihre Auxiliarkohorten stetig nach Westen und Norden geführt. Plautius hatte ihm befohlen, die zentrale Tieflandregion der Insel zu sichern, während die VIIII Hispana an der Ostküste hinaufmarschiert war und Vespasians II Augusta sich zwischen dem Tamesis und der Küste den Weg nach Westen erkämpft hatte. Die Legio XX war in Reserve gehalten worden, um das bereits eroberte Land zu sichern und die anderen Legionen zu unterstützen, falls sie in Bedrängnis gerieten.
Es war ein zähes Vorankommen gewesen, denn die Stämme hatten aus den Fehlern von Caratacus und seinem Bruder Togodumnus gelernt. Die beiden hatten die Legionen kurz nach der Landung in direktem Kampf zurückschlagen wollen, da sie zahlenmäßig überlegen waren – eine Taktik, die desaströs gescheitert war. In den zwei Tagen, in denen sie versucht hatten, den Vormarsch der Römer am Fluss Afon Cantiacii aufzuhalten, waren mehr als vierzigtausend ihrer Krieger gefallen, darunter auch Togodumnus. Das hatte die Entschlossenheit der Briten im südöstlichen Teil der Insel tief erschüttert, und die meisten hatten wenig später kapituliert. Nicht so Caratacus. Er war mit mehr als zwanzigtausend Kriegern nach Westen geflohen, und viele, die sich nicht der römischen Herrschaft beugen wollten, hatten sich ihm angeschlossen.
Eine leichte Brise kam auf und wehte in Böen von Osten nach Westen, sodass der Nebel vor ihnen zu wirbeln begann und es rechts von Sabinus aufklarte. Er richtete sich im Sattel auf, erleichtert, dass die Sicht besser wurde, wenn auch nur ein paar Dutzend Schritt weit in eine Richtung. Er murmelte ein Gebet zu Mithras, bat ihn, mit seinem Licht die Düsternis dieser nebligen Insel zu erhellen und ihm beizustehen … Da gewahrte Sabinus flüchtig etwas aus dem Augenwinkel, doch als er sich umschaute, war es verschwunden. Der Wind trieb den Nebel wieder über das Land, und ihm kamen Zweifel, ob er tatsächlich eine Bewegung gesehen hatte. Vielleicht war auch nur seine Phantasie angeregt durch die Schauergeschichten, die sich schwer wieder aus seinen Gedanken verbannen ließen. Hatte man sie einmal gehört, setzten sie sich fest.
Aus politischen Gründen hatte Plautius nördlich des Tamesis zwei Monate lang haltmachen und warten müssen, bis Kaiser Claudius kam und das Verdienst und den Ruhm für die Eroberung Camulodunums einheimste. Indessen hatte die XIIII Gemina westwärts entlang des Flusses die Gegend ausgekundschaftet. Und in dieser Zeit hatte Sabinus von seinen Offizieren die ersten Berichte über seltsame Erscheinungen und widernatürliche Vorfälle gehört: Ein Legionär war sterbend aufgefunden worden, gehäutet und dennoch in seiner Uniform. Seine letzten Worte waren gewesen, Dämonen hätten ihm die Haut von den Gliedern gefressen. Ein anderer hatte tot dagelegen, völlig blutleer, aber ohne eine Wunde am Körper oder eine Spur davon, dass der Lebenssaft in den Boden gesickert wäre. Immer wieder wurden geisterhafte Gestalten in langen Gewändern gesichtet, von denen ein übernatürliches Leuchten ausging, vor allem nahe der Grabhügel der Alten und der vielen Monumente aus Holz und Stein, die anscheinend ebenso wie die heiligen Haine Zentren der barbarischen Religion der Briten waren.
Anfangs hatte Sabinus diese Berichte der...
Erscheint lt. Verlag | 18.6.2019 |
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Reihe/Serie | Die Vespasian-Reihe |
Die Vespasian-Reihe | |
Übersetzer | Anja Schünemann |
Zusatzinfo | Mit 1 s/w Karte |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Schlagworte | Abenteuer • Ben Kane • Bernard Cornwell • Britannien • Bruder • Claudius • David Gilman • Druiden • Italien • Kaiser • Kampf • Kämpfe • Messalina • Rom • Sabinus • Schlacht • Schwert • Simon Scarrow • Thron • Tribun • Vespasian |
ISBN-10 | 3-644-40646-4 / 3644406464 |
ISBN-13 | 978-3-644-40646-9 / 9783644406469 |
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