Das Buch von der Riviera (eBook)

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2019 | 1. Auflage
176 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-30045-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Buch von der Riviera -  Erika Mann,  Klaus Mann
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Eine Liebeserklärung an die Côte d'Azur. Sie waren jung, verwöhnt und berühmt. Als Klaus und Erika Mann 1931 einen Reiseführer über die Riviera verfassten, war ihnen das öffentliche Interesse sicher. Mit sichtlichem Vergnügen berichten sie aus dem wilden Marseille, dem mondänen Cannes und natürlich aus Monte-Carlo. Leicht und ironisch plaudern sie über Orte und Menschen, ihre bevorzugten Restaurants und lassen uns an ihren Begegnungen mit Künstlerfreunden und anderen Prominenten jener Zeit teilhaben. Ein faszinierendes Dokument über die Riviera zu Beginn der dreißiger Jahre - mit zahlreichen historischen Fotos.

wurde am 9. November 1905 in München geboren. Sie arbeitete zunächst als Schauspielerin und Journalistin. Anfang 1933 gründete sie in München das Kabarett 'Die Pfeffermühle'; wenige Wochen später ging sie mit der gesamten Truppe ins Exil. Ab 1936 lebte sie überwiegend in den USA, als Vortragsrednerin und Publizistin. Während des Zweiten Weltkriegs wirkte sie unter anderem an den Deutschland-Programmen der BBC mit und war Kriegsberichtserstatterin für die Alliierten. 1952 kehrte sie mit den Eltern zurück nach Europa. Am 27. August 1969 starb sie in Zürich.

wurde am 9. November 1905 in München geboren. Sie arbeitete zunächst als Schauspielerin und Journalistin. Anfang 1933 gründete sie in München das Kabarett "Die Pfeffermühle"; wenige Wochen später ging sie mit der gesamten Truppe ins Exil. Ab 1936 lebte sie überwiegend in den USA, als Vortragsrednerin und Publizistin. Während des Zweiten Weltkriegs wirkte sie unter anderem an den Deutschland-Programmen der BBC mit und war Kriegsberichtserstatterin für die Alliierten. 1952 kehrte sie mit den Eltern zurück nach Europa. Am 27. August 1969 starb sie in Zürich. Geboren am 18.11.1906 in München als ältester Sohn Thomas und Katja Manns. Klaus Mann schrieb mit 15 Jahren erste Novellen. Es folgten die Gründung eines Theaterensembles mit Schwester Erika, Pamela Wedekind und Gustaf Gründgens, 1929 unternahm er eine Weltreise «rundherum». In der Emigration (mit den Stationen Amsterdam, Zürich, Prag, Paris, ab 1936 USA) wurde er zur zentralen Figur der internationalen antifaschistischen Publizistik. Er gab die Zeitschriften «Die Sammlung» (1933-35) und «Decision» (1941-42) heraus, kehrte als US-Korrespondent nach Deutschland zurück. 1949 beging er aus persönlichen und politischen Motiven Selbstmord, nachdem er in dem von Pessimismus erfüllten Essay Die Heimsuchung des europäischen Geistes noch einmal zur Besinnung aufgerufen hatte. Mann sagte sich früh vom Daseinsgefühl der Eltern-Generation los und stellte die Lebenskrise der «Jungen» in der stilistisch frühreifen Kindernovelle und in der Autobiographie des Sechsundzwanzigjährigen Kind dieser Zeit dar. Seine bedeutendsten Romane schrieb Mann im Exil: Symphonie Pathétique, Mephisto. Roman einer Karriere, und Der Vulkan. In der Autobiographie Der Wendepunkt gelangt Klaus Manns Diktion zu Reife und gelassener Sachlichkeit. Er sprach stellvertretend für eine Generation, die in den 20-er Jahren ihre prägenden Eindrücke empfing, mit einem engagierten Freiheitsbewusstsein zu neuen Ufern aufbrechen wollte und zwischen den Fronten einer zerrissenen Nachkriegswelt an der Machtlosigkeit des Geistes verzweifelte.

Marseille


In Marseille mit dem Zug anzukommen ist so komfortabel wie irgendwo, denn Sie nehmen am Bahnhof ein Taxi und sind nach einer etwas aufregenden kleinen Fahrt in Ihrem Hotel. Die Einfahrt mit dem Wagen hingegen trägt schon einen leicht katastrophalen Charakter.

Marseille gehört zu den Städten, die größer sind, als es ihnen zukommt; das heißt: größer, als man es von ihnen erwartet. Das eigentliche Marseille liegt übersichtlich und zusammengedrängt, man erfaßt seine Konstruktion beim ersten Spaziergang. Die imposante und vielgerühmte Hauptstraße, die «Canebière» heißt, bildet sein Zentrum und Rückgrat; sie teilt es ein und macht es übersichtlich. Sie mündet auf den Alten Hafen, wie ein Strom ins Meer; oben wird sie von der stattlichen Rue de Rome gekreuzt. Geschäftsstraßen laufen ihr parallel oder schneiden sie. Sie verflechten sich ineinander, machen Bogen und Ecken, werden zum Gassengewirr. Aber an der Canebière kann man sich immer wieder orientieren.

Der Hafen und die untere Hälfte der Canebière mit ihrer Umgebung ist das Marseille, in dem man sich auskennt. Die Vorstädte aber sind endlos ausgebreitet, ungegliedert und amorph.

Sie sind schrecklich häßlich und beinahe ohne Charakter. Nur wenn man sehr genau hinsieht – besser noch, hinriecht, denn Marseille hat einen sehr besonderen und unvergeßlichen Geruch –, geht einem die Ahnung auf, daß diese schmutzstarrende, von lärmenden Fahrzeugen überfüllte Peripherie doch schon zu der einzigartigen Stadt gehört, vielleicht der abenteuerlichsten Stadt Europas.

Wenn Sie von Avignon kommen, ist die Straße über Salon der über Aix vorzuziehen: sie ist hübscher. Die Einfahrt ist in beiden Fällen dieselbe. Wenn es sich trifft, daß Sie zwischen fünf und sieben Uhr abends ankommen, ist es besonders teuflisch. So ausgedehnt diese Vorstädte sind, so bis zum Platzen voll von Menschen und ratternden Vehikeln aller Art –, Verkehrsordnung gilt nicht. Sie können genau so gut rechts vorfahren, wie links. Nur der Trambahn eigentlich prinzipiell links, was bei uns zulande bekanntlich eine der aller unverzeihlichsten Sünden ist; und wenn es einen kleinen Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden Gefährt gibt, wird es im Getriebe weiter nicht viel Aufsehen machen. Erschrecken Sie nicht, wenn die Trambahnen hupen, wie sie es eigentlich nicht tun sollten, – sie haben dadurch etwas von Zwittern und Mißgeburten – so als wollten Hunde plötzlich wiehern –; das gehört zu den Besonderheiten dieser Stadt. – Gönnen Sie sich erst eine gruselige Sensation und stellen Sie sich vor, Sie müßten in dem kleinen Hotel wohnen, das dort in der finsteren Ecke liegt und so pompös «Hôtel de Paris et de Rome» heißt, weil eine Kapitale nicht genügt –, und wie es sich schlummert, so ganz auf Wanzen gebettet. Dann leuchtet Ihnen – Sie hätten es kaum noch für möglich gehalten – ein Triumphbogen entgegen; Sie biegen, wirklich triumphierend, in die Rue de Rome ein; und von der Rue de Rome endlich, endlich in die Canebière.

Da Sie leider Ihren Baedeker vorsichtshalber außer diesem Büchlein mit sich führen, finden Sie an Hotels eine reiche Auswahl. Ich weiß nicht, ob Sie wohlhabend genug sind, im Hôtel de Noailles abzusteigen, das seine luxuriöse Front der Canebière zuwendet – trösten Sie sich, wenn es zufällig im Moment nicht geht, eigentlich ist es unten am Hafen viel netter.

Dort kommen vor allem zwei Hotels für Sie in Frage, das Hotel Beauvau und das Grand-Hôtel de Genève. Letzteres hat sehr maßvolle Preise. Sie bekommen schon für 30 fr. ein Zimmer, das sogar sauber ist. Versuchen Sie eines zu erwischen, das einen Balkon mit dem Blick auf den Hafen hat; es ist ein bezaubernder Blick. Das Hotel Beauvau hat eine feinere Tradition und herrschaftlichere Räumlichkeiten; es ist auch ein bißchen teurer. Die arrivierte Literatur bevorzugt es; diesen Winter hatte Jean Cocteau sich vorübergehend dort niedergelassen und einige der Zimmer, die Sie für 60 fr. nach ihm mieten können, mit seinen Geräten und seinen Träumen erfüllt. – Ein kleines Ehrendenkmal nebenbei für Monsieur Leflondre, den Nachtportier des Beauvau. Er ist so versiert, wie würdevoll und gefällig und der empfehlenswerteste Guide durch die Mysterien des Alten Hafens. – Außer diesen beiden käme vielleicht noch das etwas bescheidenere Hôtel Méditeranée für Sie in Frage, das auf der anderen Seite des Hafens, dem Beauvau schräg gegenüber, liegt.

Wenn Sie mit dem Auto gekommen sind, bringen Sie es am zweckmäßigsten in die Garage de L’Opéra, Rue Sainte. Das ist ziemlich nahe von Ihrem Hotel und nach einigem Suchen werden Sie es sicher finden, wenn nicht gar Leflondre mit Ihnen kutschiert. Verwechseln Sie nicht die Börse mit der Oper, dazu neigt man im Anfang, weil beide gleich konventionell und stattlich repräsentativ aussehen. In beiden wird Lärm gemacht, aber die Garage liegt also hinter dem Gebäude, wo man dafür zahlt, ihn zu hören.

La Canebière, gegen 1900

Wenn Sie des Wagens los und ledig sind, wollen Sie sich gewiß mit einem Wermut oder einer Tasse Schokolade erfrischen (es ist nun nachmittags fünf Uhr). Sie haben die Wahl zwischen den großen Kaffeehäusern der Canebière, wo Sie von glasbedeckten Veranden aus Gelegenheit haben, das muntere Treiben des Volkes zu beobachten; (dicke französische Bourgeois und geschminkte Kleinbürgerdamen schieben sich zwischen Matrosen und Kolonialsoldaten dahin;) oder Sie wählen einen etwas friedlicheren Aufenthalt – zum Beispiel die Cintra-Bodega, die unten am Hafen liegt, im selben Gebäude wie das Hotel Beauvau, und die Ihnen gewiß gefallen wird, denn sie ist gemütlich braun getäfelt und es gibt dort ausgezeichneten Sherry und Porto, das ist eine Spezialität des Hauses, von dem Niederlassungen auch in Paris, Lyon und sonstwo existieren. – Wenn Sie sich gestärkt haben, wollen Sie aber ein bißchen in der Stadt herumschauen. Sie schlendern wieder an der Börse vorbei, kaufen beim großen Zeitungskiosk ein deutsches Journal, erfahren, daß bei uns die Preissenkung gewiß nächste Woche beginnen soll; schlendern getröstet weiter; die Canebière nimmt Sie auf, trägt Sie weiter in der Flut ihres enormen Verkehrs. Sie lösen sich aus ihr, dieser bunten Flut, um im Büro der American Expreß Company nachzufragen, ob Post für Sie da ist (denn dorthin haben Sie schlauerweise Ihre Korrespondenz geleitet). Lassen Sie sich’s nicht verdrießen, daß es nur zwei Rechnungen sind, schlendern Sie weiter.

Man bummelt so herum, geht zum Friseur und in die Läden. Avis für die Damen: in Südfrankreich, speziell in Marseille, wenn irgend möglich, nicht zum Friseur gehen. Alles sieht soweit recht proper aus, – feine Gerätschaften, nette Menschen. Aber es geht zu, wie wenn Buster Keaton etwas unternimmt, Kaffee kocht, Holz spaltet. Mit sachlicher Miene verdirbt man uns, meine Damen, die Frisuren, – schneidet alles kurz und klein, macht Locken, wo wir keine mögen, tut uns Seife ins Haar, ohne sie wieder zu entfernen, gibt uns fettes Haarwasser, da wir trockenes lieben, – ich weiß selber nicht, wieso, aber es ist kein Staat zu machen mit den Friseuren in Südfrankreich. Shampoon mitnehmen, selber waschen, oder, allenfalls, dem Frisierladen des Noailles-Hotels die Chance lassen, uns Lügen zu strafen. Was die Läden angeht, in denen wir das Geld ausgeben, das wir nicht mehr haben wollen, so gibt es hübsche Ledersachen zum Beispiel, – fürs Auto, für die Reise, fürs Hotelzimmer in der Maison Allemande, Rue Haxo, unweit der Canebière. Oder Spitzenzeug, feines, belgisches für wenig Geld im Haus Bonhomme Verot, Rue de l’Académie. In dieser Straße sind überhaupt die Spitzen daheim, sie liegen wie Obst vor den Läden auf dem Tisch, hängen hinunter aufs Pflaster, bunte und weiße, auch Gobelins und Teppiche, – das sieht schon beinah afrikanisch aus. Wenn man da ein bißchen weitergeht, kommt man auf den großen Fischmarkt, – Halles Charles de la Croix, Rue Vacon. – Aber die ernsthaften Läden sind auf der Canebière, oder auch in der Rue St. Ferréol. Dort haben wir sogar eine Etamfiliale. Achtung, die Damen, die bloß Etamstrümpfe mögen! Kleider würde ich nicht kaufen in Marseille. Die, mit denen man uns lockt, sind alle nicht besonders schön, und es kommen so besonders schöne, wenn wir etwas weiter sind, etwas näher an Cannes.

Inzwischen ist es Zeit zum Abendessen geworden. Sie grübeln, welches Restaurant das originellste sein könnte, und werden am ersten Abend doch bei Basso landen, das ist wieder unten am Hafen. Kommen Sie frühzeitig, dann erwischen Sie noch einen Tisch an den Fenstern der ersten Etage. Von dort aus übersehen Sie den ganzen Alten Hafen samt allen Muschelverkäufern und buntem Volk, bis zur Schwebebrücke, die ihre imposante Eisenkonstruktion in einen abendlich verklärten Himmel hebt. Es ist eine schöne Stunde, um zu sitzen und dem Getriebe zuzuschauen. Der Abend kommt hier in großer Klarheit herauf.

Sie werden eine Bouillabaisse bestellen, weil sie klassisch ist (Sie wissen: die scharfe Suppe, in der alles schwimmt, wenn Sie Glück haben, sogar Languste); sie ist bei Basso gar nicht so besonders gut; – eine sehr versierte Dame – ihr Beruf ist doch wirklich im Augenblick Nebensache – verriet uns, daß sie dort aus Konserven hergestellt wird. Die Langusten sind fast so teuer, wie bei Kempinsky, was eigentlich...

Erscheint lt. Verlag 16.4.2019
Zusatzinfo Zahlr. s/w Originalfotos; mit 1 4-farb. Karte
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Cannes • Cote d'Azur • Die Manns • Erika Mann • Familie Mann • Frankreich • Französische Riviera • illustriert • Klassiker • Klaus Mann • Marseille • Mephisto • Monaco • Monte Carlo • Nizza • Nostalgisch • Reiseliteratur • Riviera
ISBN-10 3-644-30045-3 / 3644300453
ISBN-13 978-3-644-30045-3 / 9783644300453
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