Johannisfeuer (eBook)

Ein Südfrankreich-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
352 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31961-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Johannisfeuer -  Yann Sola
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Die finstersten Seiten der Côte Vermeille. Eine geheimnisvolle, stumme Frau, ein toter Priester, spektakuläre Bergbesteigungen, ein neuer, vierbeiniger Gefährte und menschliche Abgründe: Es verspricht ein ereignisreicher Sommer zu werden. Der vierte Fall bringt Perez, den wohl ungewöhnlichsten und beliebtesten Privatermittler und Kleinganoven Südfrankreichs, an seine Grenzen.Der Bewegungsmuffel Perez hat leichtsinnigerweise seiner Stieftochter versprochen, mit ihr den Gipfel des Canigou in der Nähe von Perpignan zu besteigen, wenn dort Ende Juni das Johannisfeuer entzündet und ein rauschendes Fest gefeiert wird. Auf einem Spaziergang, den er zur Vorbereitung in den Bergen unternimmt, findet er den leblosen Körper einer jungen Frau, die seit mehr als sechs Jahren vermisst wird. Sie erwacht im Krankenhaus, spricht aber nicht. Als nahe Montpellier ein weiteres Mädchen gefunden wird, glaubt Perez nicht an einen Zufall. Was verbindet die beiden Frauen? Haben sie etwas mit der ominösen Glaubensgemeinschaft zu tun, die auch im beschaulichen Banyuls-sur-Mer um Jünger wirbt? Bald muss er feststellen: Dieser Fall ist groß, viel zu groß für einen Hobbydetektiv wie ihn. Doch Perez wäre nicht Perez, würde ihn diese Erkenntnis von den Ermittlungen abhalten!

Yann Sola ist das Pseudonym des Romanautors Werner Köhler. Er lebt und arbeitet in Deutschland und an der Côte Vermeille, im äußersten Südwesten Frankreichs, in unmittelbarer Nähe zur spanischen Grenze. Bislang erschienen drei Bände der in Südfrankreich spielenden Krimiserie rund um den charismatischen Kleinganoven und Hobbymittler Perez: »Tödlicher Tramontane« (2016), »Gefährliche Ernte« (2017) und »Letzte Fahrt« (2018).

Yann Sola ist das Pseudonym des Romanautors Werner Köhler. Er lebt und arbeitet in Deutschland und an der Côte Vermeille, im äußersten Südwesten Frankreichs, in unmittelbarer Nähe zur spanischen Grenze. Bislang erschienen drei Bände der in Südfrankreich spielenden Krimiserie rund um den charismatischen Kleinganoven und Hobbymittler Perez: »Tödlicher Tramontane« (2016), »Gefährliche Ernte« (2017) und »Letzte Fahrt« (2018).

Kapitel 6


Perez stieg die Stufen zu seiner Wohnung hinauf. Hippy, der leichtfüßig an ihm vorbeigeschossen war, erwartete ihn winselnd auf dem oberen Treppenabsatz.

»Gibt kein Fresschen, weißt du doch«, brummte er.

Normalerweise verließ Perez das Haus am späten Vormittag, um im Catalan zu frühstücken und kehrte erst irgendwann in der Nacht wieder heim, wenn er nicht bei Marianne schlief. Seiner Überzeugung nach blieb nur zu Hause, wer krank war – und das war er das letzte Mal im Alter von siebzehn Jahren gewesen. Das Gewese, das manche Menschen um die eigenen vier Wände machten, war ihm völlig unverständlich. Er kannte Leute, die darauf bestanden, einen Balkon oder gar einen Garten zu haben. Wozu? Wenn man an der frischen Luft sein wollte, konnte man sich doch auf die Terrasse eines Cafés setzen.

An diesem Spätnachmittag erschien ihm allerdings sein eigener Körpergeruch derart streng – was er auf den Stress des Erlebten zurückführte, denn für gewöhnlich roch er, selbst wenn er transpirierte, völlig neutral –, dass er sich frisch machen wollte.

Nach der schnellen Dusche verspürte er nur noch eins: einen gewaltigen Appetit. Zweimal schon hatte er in der Zwischenzeit mit Haziem telefoniert, nur um sicherzustellen, dass auch ja noch alle Gerichte der Karte verfügbar waren. Wäre eins zur Neige gegangen, hätte er sich vorsorglich die letzte Portion reserviert, schließlich konnte er noch nicht abschätzen, auf was er später Lust haben würde. Genau genommen hätte er die jeweils letzten drei Portionen sperren müssen, denn er hatte sich mit Marianne und Stéphanie verabredet, die ebenfalls noch nicht gegessen hatten. Sie würden sich ausgiebig stärken und dabei sicher eine Menge Gesprächsstoff haben.

 

Als er wenig später mit knurrendem Magen und knurrendem Hund das Conill betrat – Hippy hatte einen Artgenossen vor der Tür getroffen –, traf er auf eine Gästerunde, die er nicht erwartet hatte. An einem Fünfertisch saßen zwei junge Burschen, etwa dreizehn oder vierzehn Jahre alt, daneben eine elegant gekleidete Dame jenseits der sechzig und eine etwa vierzigjährige, ebenso attraktive Frau. Am Kopfende schließlich thronte ein hagerer, aus dem Elsass zugezogener Typ, rothaarig und mit einer von Sommersprossen übersäten Haut.

»Monsieur le Commissaire«, rief Perez und winkte. »Was machen Sie denn hier? Mesdames, bonsoir«, wandte er sich an die Frauen. »Die jungen Herren! Gibt es etwas in der Familie Boucher zu feiern? Sind Sie etwa schon wieder befördert worden?«

»Ah, Perez, da sind Sie ja endlich. Habe die ganze Zeit von Ihnen und Ihrer Neigung zum Lukullischen gesprochen, das kann man doch so sagen? Und über den fabelhaften Creus. Sie wissen ja, dass meine Frau den über alles liebt. Das«, er wies auf die Tischgesellschaft, »ist meine Familie, aber das haben Sie ja schon erraten, bei Ihrem kriminalistischen Gespür. Auch davon habe ich schon viel erzählt.«

Perez war gar nicht glücklich über diese Gäste. Zu Beginn, als Boucher gerade erst nach Banyuls versetzt worden war, hatte er Haziem gebeten, ihn abzuweisen, falls er einen der begehrten Tische zu ergattern suchte. Nach und nach hatte er diese Regel gelockert. Dass die Bouchers hier nun in Mannschaftsstärke hockten, war für sich genommen nicht schlimm. Aber Perez gefiel nicht, dass Boucher, immerhin Vertreter der Staatsmacht, über seinen Delikatessenhandel sprach, den er am Rande der Legalität und komplett an der Steuer vorbei betrieb. Er wollte vor allem nicht, dass er über den Creus sprach, den er ausschließlich unter der Hand verkaufte. Ein Wein, dessen Trauben im Land wuchsen und von seinem Vater ebenfalls in der Gemarkung Banyuls gekeltert wurden, allerdings im Verborgenen, denn offiziell führte Perez die gesamte Ernte nach Spanien aus. Im Nachbarland wusste davon niemand, der Wein verschwand einfach im kleinen Grenzverkehr, ein Taschenspielertrick, der seinem Erfinder Perez über zweihundert Euro die Flasche einbrachte, denn den Mythos des Creus hatte er sorgsam aufgebaut. Weinfanatiker rissen ihm die streng limitierte Menge aus den Händen – zu welchem Preis auch immer.

Natürlich wusste Boucher von alldem nichts, trotzdem hatte es Perez einen Schauer über den Rücken gejagt, als er den Elsässer über den Creus reden gehört hatte.

Und es gab noch ein weiteres Problem mit Bouchers Anwesenheit. Die übrigen Gäste des von Haziem geleiteten Conill amb Cargols waren zum großen Teil Winzer und Winzerinnen, in jedem Fall Banyulencs, und die mieden aus grundsätzlichen Erwägungen den Kontakt mit der Polizei. Die einzige Ausnahme bildeten die beiden Dorfpolizisten Moskowicz und Leblanc, die im Zweifelsfall immer zu ihren Landsleuten hielten.

Also würde Perez Haziem bitten, künftig doch wieder zur restriktiven Tischvergabepolitik zurückzukehren, schließlich durfte er weder sein Geschäft noch seinen guten Ruf aufs Spiel setzen.

 

All das schoss ihm durch den Kopf, während Boucher keckerte wie eine Möwe. Perez hatte gelernt, dieses verhasste Geräusch als Lachen zu verstehen.

»Der Geburtstag meiner Schwiegermutter«, sagte der Kommissar, als er sich wieder eingekriegt hatte. Dabei zeigte er auf die Ältere der beiden Frauen.

Charme kann man nicht lernen, dachte Perez und flötete: »Das glaube ich nicht!« Er strahlte die Dame an. »Wenn das stimmen würde, dann wäre Madame Boucher Ihre Tochter. Unmöglich, Boucher, Sie veralbern mich. Die Damen sind Schwestern, vermute ich …«

Das Gesülze stoppte erst, als Perez einen Arm auf der Schulter spürte. Marianne war unbemerkt hinter ihn getreten. Da er sie nicht hatte abholen können, hatte sie in Perpignan den Zug nehmen müssen und war nun direkt vom kleinen Bahnhof oben in den Weinbergen gekommen. Entsprechend abgekämpft sah sie aus.

Perez stellte sie der Familie Boucher vor. Der Kommissar nickte heftig. Wahrscheinlich hatte er auch schon über Marianne Finken gesprochen. So langsam kam Perez sich wie ein Tier im Zoo vor. Er kürzte die Sache ab.

»Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit und einen schönen Abend«, sagte er und zog Marianne hinter sich her zu seinem reservierten Tisch direkt beim Tresen, hinter dem Haziem arbeitete.

Es war ein kleines Lokal. Nun mussten sie die ganze Zeit darauf achten, dass der Elsässer nichts von dem aufschnappte, was sie besprachen.

 

Nachdem Marianne aufgewühlt von den im Krankenhaus verbrachten Stunden erzählt und Perez seine Eindrücke vom Anwesen der Granados und seine Meinung zum Text auf deren Anrufbeantworter zum Besten gegeben hatte, aßen sie, was Haziem ihnen auftrug.

Der Küchenchef hatte seinem Chef und Freund nur in die Augen zu schauen brauchen, um zu wissen, wie es um ihn stand.

»Setz dich, geht gleich los«, hatte er ihn angewiesen und daraufhin Teller um Teller in die Mitte des Tisches gestellt.

Der Maghrebiner wusste, dass die Familie nichts mehr liebte, als von jedem Gang zu naschen. Private Teller waren im Hause Finken-Perez als spießig verpönt. Einzig Hippy hatte seinen eigenen Napf und seine eigene Menüfolge, die ihm direkt zu ihren Füßen serviert wurde. Hunde, die nur einen Gang aßen, bemitleidete Perez. Zu Beginn ihres gemeinsamen Lebens hatte der Hund durchaus Schwierigkeiten mit den kleinen Portionen gehabt, hatte dann aber, als eine nach der anderen vor ihm abgestellt worden war, das Prinzip verstanden. Inzwischen hatte er sich nicht nur daran gewöhnt, sondern regelrecht damit angefreundet. Mit ihm war eine neue Generation Vierbeiner auf die Bühne des domestizierten Haustiers getreten: der Gastrohund.

Seine zweibeinige Familie machte sich über eine Platte Jabugo-Jabugo her, das war der feinste Schinken, der in der Salamanca produziert wurde. Sie aßen verschiedene Croquetas, mit Blutwurst, Manchego oder Stockfisch gefüllt. Eine kalte, exzellente Gazpacho wurde aufgetragen, gefolgt von einigen Tellern Muscheln, Coques im eigenen Sud, mit altem Jerez-Sherry abgeschmeckt, Schwertmuscheln in Kräuterbutter, dazu mit Aioli und mie de pain gratinierte Miesmuscheln. Schließlich brachte Haziem noch ein ausgezeichnetes Taboulé sowie eine sanft unter der Salzkruste gegarte Dorade Royale.

Danach war Perez einigermaßen wiederhergestellt. Dabei war ihm nicht einmal aufgefallen, dass die beiden Frauen am Tisch seinem unstillbaren Heißhunger schon eine Weile nur mehr staunend zugesehen hatten. Stéphanie hatte nach der Gazpacho die Segel gestrichen, während Marianne nach den Muscheln das Besteck demonstrativ von sich weggeschoben hatte. Perez hingegen dachte noch intensiv über eine Käseplatte nach, schließlich hatten er und Hippy, das wurde gerne vergessen, intensiv Sport getrieben.

Während des Essens hatte Perez Marianne mit einem Gedanken überrascht, den sie im Flüsterton besprochen und am Ende für sehr gut befunden hatten.

Also stand Perez noch vor der Käseplatte auf und trat erneut an Bouchers Tisch.

»Wie wäre es mit einer Zigarette, Kommissar Boucher?«

Boucher, der als Ausdauersportler nur wenig Verständnis für die Nikotinsucht übrig hatte, folgte Perez dennoch in die warme Luft der südfranzösischen Sommernacht. Haziem brachte ihnen zwei Gläser Wein, sie stießen an und Perez rauchte seine Zigarette.

»Wie konnten Sie es nur im Elsass aushalten, Boucher?«, fragte Perez, während er die...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2019
Reihe/Serie Perez ermittelt
Perez ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 4. Band • Côte Vermeille • frankreich-krimi • Humor • Mord • Privatermittler Perez • Regionalkrimi • Sekte • Südfrankreich-Krimi • Urlaubskrimi
ISBN-10 3-462-31961-2 / 3462319612
ISBN-13 978-3-462-31961-3 / 9783462319613
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