Der Entenmann (eBook)

von Spatzenklöten, aussterbenden Filzläusen und nekrophilen Enten. Mysteriöse Todesfälle aus dem Tierreich
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2018 | 1. Auflage
320 Seiten
Edel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-8419-0651-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Entenmann -  Kees Moeliker
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Als eine Stockente gegen ein Fenster des Naturhistorischen Museums in Rotterdam flog, blickte Kees Moeliker aufgeschreckt hinaus - um festzustellen, dass sich ein männlicher Artgenosse an dem soeben verstorbenen Erpel verging. Dass dieses Ereignis sein Leben verändern sollte, erwartete der Museumsdirektor nicht. Erst wurde seine Publikation über homosexuelle Nekrophilie bei Wildenten mit dem Ig Nobelpreis ausgezeichnet, einem Preis für Studien, die 'erst zum Lachen, dann zum Nachdenken' anregen. Mit dem Aufruf, seinem Museum vom Aussterben bedrohte Filzläuse zu schenken, errang er weltweite mediale Aufmerksamkeit. Seinen TED-Talk sahen im Internet fast 1,5 Millionen Menschen, der SPIEGEL brachte eine große Geschichte, In seinem Buch berichtet Moeliker nun über seine ungewöhnlichen Erfahrungen mit der Tierwelt. Im Mittelpunkt: die bizarrsten Todesarten der Tiere, die er in seinem Museum sammelt.

Kees Moeliker, Jahrgang 1960, ist Biologe, Direktor des naturhistorischen Museums von Rotterdam und European Bureau Chief von Improbable Research. Sein TED-Talk 'How a dead duck changed my life' wurde über 1,5-millionen Mal aufgerufen und seine Suche nach den letzten Filzläusen brachte ihm einen Auftritt in The Daily Show von Jon Stewart ein. Moeliker schreibt regelmäßig für die Tageszeitung NRC Handelsblad und das Magazin National Geographic.

Kees Moeliker, Jahrgang 1960, ist Biologe, Direktor des naturhistorischen Museums von Rotterdam und European Bureau Chief von Improbable Research. Sein TED-Talk "How a dead duck changed my life" wurde über 1,5-millionen Mal aufgerufen und seine Suche nach den letzten Filzläusen brachte ihm einen Auftritt in The Daily Show von Jon Stewart ein. Moeliker schreibt regelmäßig für die Tageszeitung NRC Handelsblad und das Magazin National Geographic.

Sind Sie der Entenmann?


Am Nachmittag des 2. Oktober 2003, einem Donnerstag, hält mir ein großer, korpulenter Mann mit freundlichem Gesicht eine schwere Eichenholztür auf und fragt mich völlig unvermittelt: „Are you the Duck Guy?“ Bin ich der Entenmann? Zögernd zeige ich ihm meinen ausgestopften Erpel, während ich das monumentale, mit viel Marmor ausgekleidete Foyer betrete. „The Duck Guy is here!“, ruft der Dicke. Ich bin im Sanders Theater, einer der heiligen Stätten der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, wo in wenigen Stunden eine besondere Feierlichkeit stattfinden wird: die jährliche Verleihung der Ig-Nobelpreise. Mit dem Preis werden Forschungsarbeiten ausgezeichnet, „die Menschen erst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen“. Ich gehöre zu den zehn Auserwählten, für meine Publikation über den ersten Fall von homosexueller Nekrophilie bei Stockenten.

IG-NOBELPREIS: EIN WITZ?


Angefangen hat mein Ig-Nobelpreisabenteur im April 2003. In einer E-Mail bat mich Marc Abrahams, der Redakteur des Fachblatts Annals of Improbable Research, ihm ein Exemplar meines „bemerkenswerten“ Entenartikels zukommen zu lassen. Ich kannte die Zeitschrift nicht, machte mir aber keine weiteren Gedanken darüber, da solche Anfragen nicht ungewöhnlich sind und die Kopien (ein Bündelchen aneinandergehefteter loser Seiten) damals noch routinemäßig mit der täglichen Post das Haus verließen. Heutzutage tauschen Wissenschaftler ihre Publikationen elektronisch als PDF aus.

Marc Abrahams, Moderator der Ig-Nobelpreis-Zeremonie seit 1991, präsentiert den Ig-Nobelpreis des Jahres 2016, der wie immer aus billigstem Material gefertigt wurde. (Howard Cannon)

Mitte Mai folgte eine weitere E-Mail von Abrahams: „Ihr großartiger Artikel über die tote Ente wurde dieses Jahr für den Ig-Nobelpreis nominiert. Die zehn Gewinner werden am 2. Oktober im Rahmen einer feierlichen Zeremonie an der Harvard University bekanntgegeben und ausgezeichnet. Es werden auch ,echte‘ Nobelpreisträger zugegen sein, um die Ig-Nobelpreise zu überreichen.“ Ob ich denn die Auszeichnung annehmen würde, wollte er zum Schluss noch wissen.

Ig-Nobelpreis? Harvard? Nobelpreisgewinner? Sollte das ein Witz sein? Dank des Internets1 erfuhr ich rasch, um was es sich da handelte. Seit 1991 vergibt die satirisch-wissenschaftliche Zeitschrift Annals of Improbable Research (AIR) alljährlich den Ig Nobel Prize an zehn Wissenschaftler (oder Gruppen davon) unterschiedlicher Fachgebiete, deren Forschungsarbeit „Menschen erst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringt“. Grob gesagt entsprechen die Kategorien denen des „echten“ Nobelpreises, dessen Gewinner traditionell eine Woche später in Stockholm bekanntgegeben werden. Ausgesucht werden die jährlichen Gewinner aus über 9000 Vorschlägen von einer Jury – dem Board of Governors, einem wechselnden Kreis von Forschern, Nobelpreisträgern, Journalisten, manchmal auch einem Knacki und immer einem zufälligen Passanten – unter Ägide von Marc Abrahams, dem geistigen Vaters des Preises.

Das Motto des Ig-Nobelpreises: Erst lachen, dann nachdenken; das Logo stellt den von seinem Sockel heruntergefallenen Denker dar. (Improbable Research)

Für die Herkunft des Begriffes Ig-Nobelpreis gibt es zwei Erklärungsversuche: Zum einen wurde der Preis angeblich nach dem legendären Erfinder Ignatius (Ig) Nobel benannt, der, wie er selbst behauptete, ein Nachfahre des noch berühmteren Alfred Nobel war. Laut einer anderen Auslegung ist „Ig“ eine Anspielung auf das englische ignoble, was genau das Gegenteil von „nobel“ bedeutet. Wie dem auch sei, mit den Ig-Nobelpreisen werden das Außergewöhnliche und Einfallsreichtum geehrt und versucht, das Interesse der Menschen für Wissenschaft und Technologie anzukurbeln – alles noble Ziele. Nachdem ich mir die Liste der früheren Preisträger und ihre ausgezeichneten Arbeiten angesehen hatte, nahm ich den Preis ohne zu zögern an. Am 2. Oktober wurde ich zur Zeremonie anlässlich der Verleihung des Ig-Nobelpeises im Sanders Theater der Harvard University erwartet und zwei Tage später zur Lesung am renommierten MIT, dem Massachusetts Institute of Technology. Da mir Stillschweigen auferlegt wurde, erzählte ich nur einigen engen Freunden davon. Im Naturhistorischen Museum von Rotterdam präparierten wir noch eine tote Stockente für die lange Reise – denn das Originalexemplar, Exponat NMR 9989-00232, wäre dafür zu empfindlich gewesen.

ERLESENE GESELLSCHAFT


Langsam trudeln die Organisatoren, Pressevertreter und anderen Ig-Nobelpreisträger im ältesten und imposantesten Treffpunkt von Harvard ein, Hände werden geschüttelt – ich befinde mich in erlesener Gesellschaft. Der Australier John Culvenor erhält den Ig-Nobelpreis für Physik für seine Forschungsarbeit, bei der er nach einer Methode suchte, mit der man Schafe am besten an die Stelle bekommt, an der sie geschoren werden sollen: down hill war sein Fazit, das er mit gediegenen physikalischen Berechnungen untermauerte. Der Österreicher Karl Schwärzler gewinnt mit seiner Geschäftsidee, das Fürstentum Liechtenstein als Ganzes für Firmenfeiern, Hochzeiten, Bar-Mizwas und andere Treffen zu vermieten, den Wirtschafts-Ig-Nobelpreis. Edward A. Murphy III ist gekommen, um den Ig-Nobelpreis für Ingenieurswissenschaften in Empfang zu nehmen, stellvertretend für seinen verstorbenen Vater Edward A. Murphy, Jr, der 1949 Murphy’s Gesetz formulierte, das besagt: „Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Aufgabe zu erledigen, und eine davon in einer Katastrophe endet oder sonst wie unerwünschte Konsequenzen nach sich zieht, dann wird es jemand genau so machen“, oder zusammengefasst: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Eleanor Maguire aus England erhält den Preis für Medizin für ihre Forschungsarbeit, mit der sie den Beweis erbrachte, dass (gewisse Teile der) Gehirne von Londoner Taxifahrern besser entwickelt sind als jene des durchschnittlichen Londoners. Stefano Ghirlanda, der auf überzeugende Art und Weise entdeckt hat, dass Hühner schöne Menschen bevorzugen, wird mit dem Ig-Nobelpreis für Interdisziplinäre Forschung geehrt. Philip Zimbardo, der Bekanntheit mit dem berüchtigten Stanford-Gefängnisexperiment erlangte, gewinnt den Psychologiepreis für seine schonungslose Feststellung, dass Politiker sehr einfache Persönlichkeitsstrukturen aufweisen. Mit dem Literatur-Ig-Nobelpreis ausgezeichnet wird John Trinkaus aus New York für seine sorgfältig zusammengetragene Datensammlung und die anschließende Veröffentlichung von über 80 detaillierten wissenschaftlichen Berichten zu Themen, die ihn aufgeregt haben, wie etwa: „Wie viel Prozent aller Pendler tragen Aktenkoffer“, „Wie viel Prozent aller Jugendlichen tragen ihre Baseballcaps mit der Klappe nach hinten statt nach vorne“ oder „Wie viel Prozent der Menschen an der Expresskasse eines Supermarks legen mehr Artikel aufs Band als erlaubt“.

Der Gewinner des Chemiepreises, der Japaner Yukio Hirose, läuft etwas verstört umher. Der freundliche Chemiker spricht kaum Englisch und hat, wie ich vermute, keinen Schimmer, wohin es ihn hier verschlagen hat. Hirose hat entdeckt, dass es in Japan ein einziges historisches Denkmal gibt, das nicht von Taubenkot überdeckt ist. Also wollte er wissen, warum das so ist. Es stellte sich heraus, dass das 123 Jahre alte Denkmal Arsen enthält, einen Stoff, der Tauben offenbar fernhält. Hirose rekonstruierte die Legierung aus Kupfer, Blei und Arsen und verwendete diese, um Tauben und andere lästige Vögel zu bekämpfen.

Lal Bihari aus Indien, dem der Friedenspreis für ein aktives Leben zuerkannt wird, obwohl man ihn offiziell für tot erklärt hat, ist als Einziger der Zeremonie ferngeblieben – da es ihm als Totem nicht gelungen war, einen Reisepass zu erhalten.

Das Medieninteresse ist riesig. Immer mehr wird mir bewusst, dass der Ig-Nobelpreis keineswegs Unsinn ist. CBS News interessiert sich sehr für meine Entengeschichte, nur der prüde Korrespondent bringt die Worte homosexual und necrophilia zunächst nicht über die Lippen. Erst als ich ihm den präparierten Erpel vor laufender Kamera zeige, gelingt es mir, ihn dazu zu bewegen.

DIE ZEREMONIE


Um 18.30 Uhr wird jedem von uns hinter den Kulissen eine eigene Hostess zugewiesen. Diese freundlichen, schwer aufgetakelten jungen Damen werden uns während der Show, denn das wird es ganz gewiss, begleiten. Unterdessen setzen drei echte Nobelpreisträger – Dudley Herschbach (Chemie, 1986), William Lipscomb (Chemie, 1976) und Wolfgang Ketterle (Physik, 2001) – in einem mehr oder weniger organisierten Chaos vor der eigentlichen Preisverleihung ihre Unterschriften unter die Urkunden der Gewinner. Sie haben sich einen Abend in ihrem vollen akademischen Kalender freigeschlagen und werden die Preise überreichen.

Als wir kurze Zeit später brav aufgereiht auf der Bühne stehen, werden uns zahlreiche Papierflugzeuge zugeworfen, die wir ebenso brav wieder in den Saal zurückwerfen. Das Theater ist proppenvoll: Sämtliche 1200 Plätze sind belegt, das Publikum ist begeistert. Meine Hostess führt mich zu einem Platz direkt hinter den Gewinnern des echten Nobelpreises. Meine ausgestopfte Ente habe ich immer in Reichweite. Neben mir sitzt ein älterer Herr in einem Tropenanzug, der ab und an aufsteht, um die Papierflugzeuge von der Bühne zu kehren. Er stellt sich mir vor als Professor Roy Glauber: „Wie immer bin ich auch heute Abend wieder fürs Kehren zuständig.“ Zwei Jahre später wird er für seinen Beitrag zur Quantentheorie, insbesondere der optischen Kohärenz, den (echten) Nobelpreis...

Erscheint lt. Verlag 7.9.2018
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Naturwissenschaften Biologie
Schlagworte Artenschutz • Aussterben • Biologie • Buch • Filzläuse • Insekten • Museum • Nager • Natur • Naturschutz • Nekrophilie • Niederlande • Nobelpreis • Ornithologie • Rotterdam • Sammlung • skurril • TEDtalk • Tierbuch • Tiere • Tod • Unterhaltsam • Vögel • Wissenschaft • Zoologie
ISBN-10 3-8419-0651-6 / 3841906516
ISBN-13 978-3-8419-0651-9 / 9783841906519
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