Schatten der Provence (eBook)

Ein neuer Fall für Albin Leclerc
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
432 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491004-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schatten der Provence -  Pierre Lagrange
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Ein neuer Fall für Commissaire Albin Leclerc Die Vergangenheit wirft dunkle Schatten über die Provence Commissaire Albin Leclerc kommt nicht zu seinem wohlverdienten Ruhestand. Denn der Überfall auf einen Kunsttransport mit wertvollen Gemälden findet ausgerechnet kurz vor Carpentras statt. Der Coup geht schief, die Polizei entdeckt im Versteck der Räuber einen unbekannten Cézanne und einen Van Gogh. Alles weist darauf hin, dass sie aus einem geheimen Depot mit Nazi-Raubkunst stammen. Zum Ärger der beiden Polizisten Theroux und Castel mischt sich Albin mit seinem Mops Tyson in ihre Ermittlungen ein. Dabei ist er ihnen immer einen Schritt voraus. Als es plötzlich Tote gibt, gerät Albin ins Visier der Täter. Plötzlich geht es für ihn um Leben und Tod...

Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.

Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.

Prolog


Marseille, Januar 1943 bis August 1944

Die Explosionen ließen die Fenster vibrieren und das Geschirr im Schrank klirren. Der Junge erbebte und zuckte so heftig mit der Hand, dass die Holzeisenbahn aus den Gleisen fuhr und umfiel. Sein Name war Baptiste. Er hatte das Spielzeug vor drei Wochen zu Weihnachten bekommen. Er weinte und hielt sich gegen den Lärm die Ohren zu. Er lief zu seiner Mutter, die im Sessel saß und strickte. Sie sah mit ernster Miene zum Fenster hinaus und betrachtete die Kondenswassertropfen, die innen an der Scheibe hinabliefen. Nur manchmal zuckte ihr Auge, wenn es erneut ohrenbetäubend krachte und ein weiteres Gebäude in der Altstadt einstürzte.

Baptiste klammerte sich an ihre Beine und drückte das Gesicht in ihren Schoß. Er drehte den Kopf zur Seite und sah hinüber zum Vater, der unbeweglich auf dem Sofa saß und Zeitung las. Seine Hände waren groß. Sie zitterten ein wenig, während er mit dem Zeigefinger die Zeilen auf der Titelseite entlangfuhr.

In dem Text stand, dass die Polizei eine Ausgangssperre verhängt hatte, während das Quartier am Alten Hafen gesprengt wurde. Es hieß, dass alles abgerissen werde, damit schöne neue Wohnungen gebaut werden können. Der Stadtteil hatte einen sehr schlechten Ruf. In Le Panier, dem mittelalterlichen Korbmacherviertel, herrschte das Verbrechen. Alles war vom Rotlichtmilieu geprägt. Dort wohnten viele Immigranten und Juden. Im Le Panier versteckten sich außerdem viele Widerstandskämpfer. Es gab ein unübersichtliches Gewirr aus schmalen Gassen und kleinen Plätzen, das von der Polizei und den deutschen Besatzern schlecht zu kontrollieren war. Angeblich sollte es in der Neujahrsnacht einen Anschlag gegeben haben, woraufhin die Nazis durchgesetzt hatten, dass das gesamte Quartier dem Erdboden gleichgemacht und gesäubert werden sollte. Was nun seit einigen Tagen geschah. Eigentlich hatten die Deutschen ein viel größeres Gebiet am Hafen sprengen wollen, sich aber von der Präfektur auf eine Fläche von vierzig Hektar herunterhandeln lassen, wenn sie sich im Gegenzug nicht die Hände schmutzig machen mussten. Das erledigten nun die Franzosen, während die Wehrmacht die Aktion lediglich überwachte und sicherte.

Insgesamt wurden vierzigtausend Menschen polizeilich überprüft und fast dreißigtausend Bewohner vorübergehend nach Fréjus evakuiert. Sechstausend Menschen wurden festgenommen, fast achthundert Juden deportiert und am Ende rund eintausendfünfhundert Gebäude gesprengt.

Eine ganze Kleinstadt.

Der Junge wusste von alledem nichts. Aber er hatte beim Milchholen kürzlich gesehen, wie die deutschen Soldaten alles abriegelten. Überall hatte es lautes Geschrei gegeben. Schüsse knallten. Die Echos waren über die Straßen und Plätze gehallt. Er hatte gesehen, wie Menschen aus den Häusern getrieben und wie Vieh auf Lastwagen verladen wurden, die dann eilig fortfuhren.

Die Straßen der Stadt waren voll von Uniformierten, Motorrädern mit Maschinengewehren und sogar Panzern gewesen. Baptiste hatte aufgeschnappt, dass es eine große Razzia gab – ohne zu wissen, was genau das eigentlich war – und dass Zigtausende Bürger überprüft, verhaftet und weggebracht wurden. Niemand wusste, wohin. Abends hatte Baptiste seine Eltern belauscht und gehört, wie sein Vater der Mutter davon erzählte, dass er einen Zug mit Waggons voller Menschen gefahren hatte. Am selben Tag hatte sein Vater sich betrunken.

Jetzt faltete er die Zeitung zusammen und stand auf. Er ging durch das Wohnzimmer zum Teppich, auf dem die Schienen der Holzeisenbahn in einem Kreis aufgebaut waren. Er ging in die Hocke, nahm die Lok auf und setzte sie behutsam wieder in die Spur. Er winkte Baptiste zu sich und sagte, dass ein Lokomotivführer niemals sein Führerhaus verlassen dürfe und es seine heilige Aufgabe sei, die Fracht sicher ans Ziel zu bringen – was auch immer um ihn herum geschehe.

»Der Zug«, sagte der Vater zu Baptiste, »muss immer weiterrollen.«

Wenige Wochen später nahm er Baptiste mit zur Arbeit. Es war ein ungewöhnlich kalter Märztag. Beim Atmen bliesen schneeweiße Wolken aus ihren Mündern. In dem Bahnhof Saint Charles und davor wimmelte es nur so von deutscher Wehrmacht und Polizei. Die Soldaten trugen graue Mäntel, Stahlhelme und Gewehre. Einer fuhr dem Jungen lächelnd durch die Haare, als der Vater seinen Ausweis vorzeigte und sagte, wer er war und wohin er wollte. Der Soldat nickte, zwinkerte dem Jungen zu und sah gleichzeitig freundlich und traurig aus. Vielleicht hatte er auch einen Sohn in seinem eigenen Land und vermisste ihn.

Baptiste folgte seinem Vater. Sie bestiegen die Lok, die bereits vibrierte und schnaufte wie ein aufgeregtes Tier, das nur darauf wartete, losgelassen zu werden. Baptiste lächelte. Er liebte es, neben seinem Vater im Führerhaus zu stehen und auf all die Instrumente und Hebel zu blicken, deren Funktion sich ihm nicht erschloss und die er sich im Leben nicht trauen würde, auch nur mit den Fingern zu berühren. Später einmal, wenn er selbst ein Mann war, würde er vielleicht auch eine solche Lok führen dürfen.

Schließlich fuhren sie los, ohne Waggons. Sie nahmen die Strecke, die in Richtung Paris aus Marseille hinausführte, und ließen die Stadt hinter sich, die noch vor einem Jahr eine freie Zone unter der Vichy-Regierung gewesen war. Vor Weihnachten waren die Deutschen dann doch eingerückt, weil sie von Nordafrika aus eine Invasion in der Provence befürchteten – mit der Hafenstadt Marseille als Dreh- und Angelpunkt.

Die Lok hielt an einem kleinen Bahnhof in der Gegend von Rognac, das an einem großen Binnensee lag, dem Étang de Berre. Dort standen drei Waggons auf den Schienen. Neben dem Bahnhofsgebäude parkten fast zehn Opel Blitz. Die Auflieger der LKWs waren mit Planen überspannt. Baptiste sah überall deutsche Soldaten. Sie trugen Maschinenpistolen. Einige waren damit beschäftigt, Gegenstände in die Waggons zu tragen. Der Junge sah große Kisten, die offensichtlich so schwer waren, dass sie zum Teil von drei Männern geschleppt werden mussten. Er sah zusammengerollte Teppiche, wuchtige Spiegel, die reich verziert waren. Er sah Möbel, die wirkten, als stammten sie aus einem Schloss. Er sah Statuen aus Marmor und Bronze.

Und er sah Bilder – Gemälde in allen möglichen Größen. Einer der Soldaten hob gerade ein weiteres von der Ladefläche eines LKWs. Baptiste stockte der Atem. Seine Augen weiteten sich. Noch nie in seinem jungen Leben hatte er ein solches Gemälde gesehen. Es hatte die Ausmaße einer Tischplatte. Der Nachthimmel war in so blauen Farben gemalt, dass sie selbst auf die Distanz zu leuchten schienen. Darauf tanzten Funken, Spiralen und andere verrückte Muster über einem Haus, aus dem goldenes Licht fiel. Es war, als brannten die wirren Kreise und bewegten sich und als fiele pures, gleißendes Gold aus den Fenstern des Gebäudes, das ein Gasthaus sein mochte.

Baptiste sah ein weiteres Gemälde, das von zwei Soldaten getragen wurde. Es war kleiner als das wilde blaue Bild und zeigte ein gänzlich anderes Motiv. Fast erschien es, als habe jemand mit der Schere ein Stück aus der Landschaft herausgeschnitten und in einen Rahmen gesteckt. War das wirklich Malerei oder eine Fotografie? Nein, das konnte nicht sein, denn das Bild war ja farbig. Farbige Fotos gab es nicht, hatte der Vater einmal erzählt, und in dem Bild schienen sämtliche Töne der Natur vorzukommen – jene Töne, die es an einem heißen Tag im Dunst des Nachmittages gab. Baptiste kannte die Landschaft: Es waren die Montagne Sainte-Victoire. Die Familie hatte einmal einen Ausflug in diesen Gebirgszug unternommen.

Dann verschwand auch dieses Bild in einem der Waggons. Baptiste bekam den Mund nicht zu. Er wollte den Vater am Hemdzipfel zupfen und fragen, was es mit all diesen Schätzen auf sich hatte, die von den LKWs verladen wurden. Doch der Vater sprach gerade mit einem Offizier, an dessen Mantelaufschlägen Totenkopfembleme befestigt waren. Er nickte immer wieder und erklärte dem Deutschen etwas über eine Wegstrecke und Weichen, die zu stellen seien, und zeigte auf einer Karte, wo er mit der Lok anhalten könne. Der Offizier sah sich alles sehr genau an und gab dann Anweisungen auf Deutsch an seine Leute weiter, worauf die Motorräder mit den Beiwagen angelassen wurden und die Gespanne mit röhrenden Motoren fortfuhren. Dann wurden die Waggons an der Lok befestigt. Als alles erledigt war, kam der Offizier zurück, gab dem Vater ein Zeichen zur Abfahrt, lächelte und warf Baptiste eine Tafel Schokolade zu. Der Junge würde sie nicht essen. Er hatte Angst davor, dass mit der Süßigkeit etwas nicht in Ordnung sein könnte. Der Deutsche hatte Totenköpfe an der Uniform und an der Mütze gehabt – und Totenköpfe, das hatte Baptiste in der Schule gelernt, waren das Symbol für Gift.

Baptiste legte die Schokolade zur Seite. Ihm lagen Hunderte Fragen auf der Zunge, aber der Vater schwieg, und deswegen traute sich der Junge nicht, auch nur eine einzige zu stellen. Stattdessen schwieg auch er und sah zum Fenster hinaus.

Eine Zeitlang fuhren sie auf der Hauptroute, wie der Vater Baptiste erklärte. Sie kamen an eine Gabelung, wo ein Motorradgespann und zwei deutsche Soldaten neben einer Weiche standen und diese entweder bewachten oder eigens für die Lok umstellten. Jedenfalls bog die Lok nun ab auf ein anderes Gleis. Hier sah die Strecke aus, als werde sie kaum genutzt. Schließlich gelangten sie an eine weitere Abzweigung, wo wiederum ein Motorrad wartete. Von nun an ging es auf einer mit Unkraut und Büschen dicht...

Erscheint lt. Verlag 24.4.2019
Reihe/Serie Ein Fall für Commissaire Leclerc
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Carpentras • Commissaire • Commissaire Albin Leclerc • Frankreich • Hund • Krimi • Krimi Frankreich • Krimi Neuerscheinungen 2019 • Krimi Provence • Krimi-Serie • Mops • Provence • Urlaub • Wein
ISBN-10 3-10-491004-9 / 3104910049
ISBN-13 978-3-10-491004-8 / 9783104910048
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