Tod nach Terminplan / Die Insel (eBook)

2 Kriminalromane
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
156 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-11365-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tod nach Terminplan / Die Insel -  Thomas Narcejac,  Pierre Boileau
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Die beiden kurzen Romane, die in diesem Band vereinigt sind, stellen bei aller Verschiedenheit hinsichtlich Aktion und Schauplatz in gewisser Weise Variationen zu einem Thema dar: Ein Mann erschlägt den Ehemann seiner Geliebten. Er bringt den Toten an einen Ort, wo er mit Sicherheit gefunden werden muß - bald gefunden werden muß; das ist sehr wichtig für den Mörder ... Er wartet. Er wartet und wartet, und dann kommt ein Brief. Der Tote hat geschrieben ... Ein anderer Mann kommt nach einem Vierteljahrhundert wieder zurück in seine Heimat, auf eine kleine bretonische Insel. Es hat sich nichts verändert. Und doch ist alles anders geworden. Der Mann bekommt Streit mit seiner Geliebten. Sie stürzt über den Rand der Klippen in den Abgrund. Sie ist tot, festgeklemmt zwischen den Felsen. Aber am nächsten Morgen ist sie spurlos verschwunden ... Der Tod eines Menschen tritt für mehrere andere zum falschen Zeitpunkt ein, und die Leichen verschwinden auf rätselhafte Weise. Der Titel «Tod nach Terminplan» paßt zu beiden Geschichten.

Die beiden französischen Autoren Thomas Narcejac (1908-1998) und Pierre Boileau (1906-1989) haben zusammen zahlreiche Kriminalromane verfasst. Ihre nervenzerreißenden Psychothriller haben viele Regisseure zu spannenden Filmen inspiriert, am bekanntesten sind wohl «Die Teuflischen» und sein amerikanisches Remake «Diabolisch» und «Vertigo - Aus dem Reich der Toten», sicher einer der besten Filme von Alfred Hitchcock.

Die beiden französischen Autoren Thomas Narcejac (1908–1998) und Pierre Boileau (1906–1989) haben zusammen zahlreiche Kriminalromane verfasst. Ihre nervenzerreißenden Psychothriller haben viele Regisseure zu spannenden Filmen inspiriert, am bekanntesten sind wohl «Die Teuflischen» und sein amerikanisches Remake «Diabolisch» und «Vertigo – Aus dem Reich der Toten», sicher einer der besten Filme von Alfred Hitchcock. Die beiden französischen Autoren Pierre Boileau (1906–1989) und Thomas Narcejac (1908–1998) haben zusammen zahlreiche Kriminalromane verfasst. Ihre nervenzerreißenden Psychothriller haben viele Regisseure zu spannenden Filmen inspiriert, am bekanntesten sind wohl «Die Teuflischen» und sein amerikanisches Remake «Diabolisch» und «Vertigo – Aus dem Reich der Toten», sicher einer der besten Filme von Alfred Hitchcock.

Zwei Frauen unterhielten sich leise in dem Häuschen. An den Bratspill gelehnt, drehte sich ein Zollbeamter eine Zigarette. Mainguy betrachtete seinen mitgenommenen Koffer mit den abgestoßenen Ecken und sein Saxophon, das in der Schutzhülle sehr komisch aussah. Er schämte sich. Fast ohne es zu merken, war dieses Gefühl der Scham in ihm aufgekommen. Bei seiner Abreise hatte er eine unbändige Freude gespürt. Und was war davon geblieben? Während der Fahrt durch Frankreich – je näher er seiner Heimat kam – war diese Freude immer geringer geworden. Und dann erst hatte er die Müdigkeit gespürt. Es waren nicht nur die Strapazen der Reise, sondern eine gewisse Resignation, die ihn schon seit langem niederdrückte und sein Gesicht zerfurcht hatte. Oft wurde er gefragt – vor allem von Hilda: ‹Was hast du eigentlich?› Nichts. Ihm fehlte wirklich nichts. Er war eben der letzte Mainguy. Sicher war es das Blut der Mainguys, das ihm so zu schaffen machte. Und jetzt schämte er sich. Er gehörte nicht auf dieses Boot, das leise schaukelte, dessen Rhythmus sich die beiden Frauen und der Zollbeamte anpaßten, während er dauernd Halt suchen mußte. Er hatte vergessen, wie das Meer war. Er war eine Landratte geworden. Vielleicht nicht einmal das. Eher so etwas wie ein Hanswurst. Eines Tages hatte er die winzige Insel verlassen, die sich noch hinter dem Horizont verbarg. Wenn er doch nur in Hamburg geblieben wäre! Was versprach er sich eigentlich von dieser Flucht? Er würde auf die Insel gehen. Gut! Er würde sich bei den Mignots ein Zimmer nehmen, wenn das Gasthaus noch existierte. Und dann? Spazierengehen? … Man geht nicht auf einer Insel spazieren, die so klein ist, daß man das Meer rundherum sehen kann. Aber was dann? … Sein Elternhaus, die Gräber besuchen? Vielleicht lebten die Brüder seines Vaters noch? Wie alt mochten sie sein? Er versuchte, ihr Alter nachzurechnen. Sein Vater war 1912 geboren. Er war der Jüngste. Ferdinand, der Älteste, mußte in den Sechzigern sein, und Guillaume etwa achtundfünfzig. Eigentlich waren sie gar nicht so alt. Der Krieg und dann die Besetzung … Sein Vater und Ferdinand waren nach England gegangen, allein in einem kleinen Boot. Schon bei ihrer Abfahrt hatten sie ausgesehen wie Schiffsbrüchige. Mainguy konnte sich an seinen Onkel Ferdinand kaum noch erinnern, auch an seinen Vater nicht. Damals war er noch sehr klein. Aber er hatte die Abreise der beiden nicht vergessen. Er sah alles noch ganz deutlich vor sich. Zum Beispiel wie der Anker aus dem Wasser auftauchte, als das Boot von der Mole ablegte. Seine Mutter weinte … Mainguy kramte in seinen Erinnerungen. Vielleicht hatte er wegen dieser Erinnerungen alles hingeworfen dort oben in Hamburg. Ob die beiden Brüder noch lebten oder tot waren, interessierte ihn im Moment wenig. Aber der kleine Mainguy von damals hätte alles darum gegeben, das Vergangene wiederzufinden. Er war ein ernster, aufrichtiger Junge und so begabt, daß die Nonne, bei der er in die Schule gegangen war, oft gesagt hatte: ‹Dieser da, Madame Mainguy, wird es einmal weit bringen …!› Ach, wenn er doch diese vielen Jahre des Umherziehens auslöschen könnte! Wenn er doch noch einmal von vorne anfangen könnte hier auf dieser Insel! Nicht auf der Insel, die das Ziel von Touristen war, sondern seine Insel, die ihm ganz allein gehörte, mit ihrem Wind, ihren Wellen und ihrer Einsamkeit. Manchmal hatte sich Hilda über ihn lustig gemacht. ‹Na, träumst du wieder?›… Oder sie sagte auch auf deutsch zu ihren Kunden: ‹Oh, diese Bretonen! Man könnte meinen, sie seien aus dem Paradies vertrieben worden!› Dann war er wieder in die Wirklichkeit zurückgekehrt. Weil er Musiker von Beruf war, lebte er nur nachts. Er sah nur Gesichter, die durch Lampen und Dekoration phantastisch und fremd wirkten. Er trug enge, schwarze Hosen und ein grünes Hemd mit weiten Ärmeln. Und er spielte stundenlang zwischen einem verrückten Trompeter und einem lässigen Kontrabassisten, während der Schlagzeuger hinter ihm den Rhythmus schlug. Sein Saxophon war das Beste und Schönste, was er besaß. Es redete seine Sprache. Es war sein Herz, seine Seele. Mit seinen heiseren Tönen konnte es jeden zum Weinen bringen. Er hatte es mitgenommen, damit kein anderer darauf spielen würde. Aber in den letzten Sonnenstrahlen hier auf dem Boot, das aussah wie ein Hochseeschlepper, wirkte es plötzlich deplaciert. Wenn einer Mainguy gefragt hätte: ‹Gehört das Ding da Ihnen?› hätte er vielleicht nein gesagt. Wie sollte das weitergehen? … Die Mignots … Das Gasthaus … Eine Zeitlang würde sein Geld reichen. Man würde nett zu ihm sein. Einen Mainguy, der nach so langer Zeit zurückkehrt, würden sie mit offenen Armen aufnehmen. Außerdem war da ja auch noch sein Haus. Wahrscheinlich war es verfallen … Er konnte nicht genau sagen, wo es lag. Irgendwo am Ende der Hauptstraße im Dorf. War das richtig: Dorf, Hauptstraße? … Es gab hier ja nur eine Handvoll Menschen, die sich auf der Insel festklammerten wie Muscheln an einem Wrack. Er wußte, wie viele Bewohner die Insel hatte, denn das hatte er in einem Reiseführer gelesen. Dreihundert. Die Männer waren alle Fischer. Im Führer stand auch etwas von prähistorischen Steinen. In seiner Erinnerung aber war die Insel flach und kahl, ohne einen Baum. Es gab nur den Wind. Ihn würde er nie vergessen. Es war nicht das Geräusch des Windes, sondern seine fühlbare Intensität. Die Insel war in den Wind gebettet wie eine Nuß in ihre Schale. Er war immer da. Wenn man schlafen ging, pfiff er durch die Fensterritzen. Und wenn man nachts aufwachte, hörte man ihn ununterbrochen rauschen wie Wasser in einer Regenrinne. Und am Tag war er da mit der gleichen Kraft, fuhr einem um die Beine oder versetzte einem einen Stoß in den Rücken. Mainguy brauchte nur die Augen zuzumachen, dann war er wieder der kleine Junge, der in einer Felsenhöhle lag und dem Wind über sich lauschte. Manchmal rasend und brüllend, dann wieder sanft und feucht …

Mainguy setzte sich auf eine Kiste. Er war also gekommen, um Verlorenes wiederzufinden, um gesund zu werden. Er wollte gesund werden. Natürlich würde er immer wieder arbeiten, in Vannes, in Lorient … Er würde auf dem Festland arbeiten, und sooft es ging, würde er auf die Insel kommen … Das Haus würde er reparieren, alles wieder in Ordnung bringen. Diese Häuser aus Granit gehen nicht kaputt. Endlich würde er zu Hause sein, auf seinem Land. Und endlich würde er Hamburg vergessen. Er würde nicht länger Hildas Sklave sein.

Die Frauen hatten immer noch die Köpfe zusammengesteckt und unterhielten sich. Der Zollbeamte drehte sich eine neue Zigarette. Der Diesel tuckerte gleichmäßig. Mainguy schlug den Takt mit dem Fuß und improvisierte in Gedanken ein Solo für sein Saxophon. Das, was er nicht mit Worten ausdrücken konnte, spielte er auf dem Saxophon. So summte er mit geschlossenen Lippen, nur für sich, die melancholische Melodie einer Heimkehr, bis er die Insel in der Ferne sah. Wie ein Schiff, das vor Anker lag. Zuerst war es nur ein blasser Umriß am Horizont. Und dann zeichneten sich die Häuser ab, dicht um einen Glockenturm gedrängt, der eher einem Festungsturm ähnelte. Die Wellen hatten weiße Schaumkronen. Mainguy war aufgestanden. Er stützte sich auf die Reling und schützte mit einer Hand seine Augen vor den fast horizontal einfallenden Strahlen der untergehenden Sonne. Er sah die kurze Mole und ein paar festgemachte Boote. In nicht einmal einer Stunde würde das Licht in allen Leuchtbojen und Türmen brennen. Er sah die Leuchttürme vor sich, und die Erinnerung daran schnürte ihm die Kehle zu. Sobald es dunkel wurde, würden sie sich über das Meer hinweg miteinander unterhalten. Wenn man aus dem Haus trat und bis zum Ende des kleinen Gartens ging, hinter dem schon der Strand begann, sah man die Leuchtfeuer links oberhalb der Chaussée des Cardinaux. Die einen schienen auf gleicher Höhe mit dem Wasserspiegel zu sein. Die anderen waren geheimnisvoller. Sie leuchteten einen Augenblick und erloschen dann wieder. Und wenn sie wieder aufleuchteten, kam das Licht von einer anderen Stelle, als man es erwartete. Man müßte sie dauernd beobachten. Vielleicht wanderten sie, wenn man ihnen den Rücken zukehrte. Ein bißchen unheimlich war das schon. Mainguy wußte, daß er sofort an den Strand laufen würde, sobald er angekommen war. Es war wie ein Rendezvous, das er auf keinen Fall verpassen durfte. Er mußte mit so vielen Dingen Wiedersehen feiern. Wie beschäftigt würde er sein! Die Leuchttürme, die Höhle …

Sie war zwar bloß eine kleine Vertiefung, aber für ihn war sie damals eine richtige Höhle. Der Boden bestand aus ganz feinem Sand. Wie taub war er. Bei Flut schickte das Meer ganz kleine durchsichtige Wellen hinein, die den Sand braun färbten. Und wenn das Wasser zurückging, hinterließ jede Welle ihren Abdruck. Wasserflöhe hüpften wie Heuschrecken auf dem Sand. Ob er seine Höhle wiederfinden würde? …

Das Boot stieß einen langgezogenen Schrei aus. Nur Schiffe haben Stimmen wie Tiere, die es nicht mehr gibt. Auf der Mole konnte man Silhouetten erkennen, die sich bewegten. Mainguy ging zu seinem Koffer. Er schob sein Saxophon unter den Arm. Aber das Anlegen hat seine bestimmten Riten, die peinlich genau eingehalten werden müssen. Der Steuermann auf seiner schmalen Brücke nahm sich Zeit … Rückwärts … Langsam vorwärts … Das erste Tau wird vom Bug aus an Land geworfen. Das Boot nähert sich der Mole, umgeben von einem Schaumteppich … Von hinten wird das zweite Tau geworfen. Das Boot steht still. Für Mainguy war die lange Reise zu Ende. Er ging über den Landesteg und setzte seinen Fuß auf seine Insel. Als er davonging, fühlte er, wie sich alle...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2018
Übersetzer Marianne Caesar
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Frankreich • Mord • Spannung
ISBN-10 3-688-11365-9 / 3688113659
ISBN-13 978-3-688-11365-1 / 9783688113651
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