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Wenn eine Tote mit zwei Männern lebt (eBook)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
126 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-11369-9 (ISBN)
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Marylène hat sich nie durch besondere Willensstärke ausgezeichnet. Im Gegensatz zu ihrer Kusine Simone hat sie sich in ihrer Wahlheimat, der Insel Réunion, wohl gefühlt und gar keine Lust gehabt, wie Simone alljährlich nach Europa zu reisen. Aber sie, Marylène, war schließlich auch verheiratet. Bei ihr hatte Onkel Victor Lehoux nichts einzuwenden gehabt, während ihm für seine Tochter kein Mann gut genug gewesen war. Aber dann hatte der Onkel einen Schlaganfall erlitten und war schwer behindert. Die Firma auf Réunion wurde verkauft, und die ganze Familie - der Onkel, Simone, Marylène und ihr Mann Philippe - beschloß, endgültig nach Paris zu ziehen. Und dann war auf dem Flug dorthin die Maschine bei der Zwischenlandung in Djibouti abgestürzt. Simone war dabei umgekommen, und nur wie durch ein Wunder hatten Marylène, Philippe und der nun geistig völlig verwirrte Victor Lehoux die Katastrophe überlebt. Der Geist des alten Mannes hatte sich geweigert, den Tod der einzigen Tochter hinzunehmen; als Marylène sich über ihn gebeugt hat, flüsterte er: «Simone.» Und bei Simone ist es geblieben. «Laß ihn in dem Glauben», hatte Philippe ihr eingeredet. «Die Wahrheit würde ihn umbringen. Du tust ein gutes Werk.» Die Behörden in Djibouti haben ihr provisorische Ausweispapiere gegeben. Auf den Namen Simone Lehoux. Und jetzt ist sie dabei, sich mit diesen Unterlagen eine Geburtsurkunde ausstellen zu lassen, die sie endgültig als Simone Lehoux ausweist. Womit sie zur Kusine ihres eigenen Mannes wird. Mit zitternden Knien steht Marylène Aussel vor dem Standesamt in Paris. Sie glaubt, jeder müsse ihr ansehen, daß sie dabei ist, eine Urkundenfälschung zu begehen. Und zwar aus rein altruistischen Gründen - daß sie sich dabei ein Riesenvermögen aneignet, daran hat sie überhaupt nicht gedacht ...

Die beiden französischen Autoren Thomas Narcejac (1908-1998) und Pierre Boileau (1906-1989) haben zusammen zahlreiche Kriminalromane verfasst. Ihre nervenzerreißenden Psychothriller haben viele Regisseure zu spannenden Filmen inspiriert, am bekanntesten sind wohl «Die Teuflischen» und sein amerikanisches Remake «Diabolisch» und «Vertigo - Aus dem Reich der Toten», sicher einer der besten Filme von Alfred Hitchcock.

Die beiden französischen Autoren Thomas Narcejac (1908–1998) und Pierre Boileau (1906–1989) haben zusammen zahlreiche Kriminalromane verfasst. Ihre nervenzerreißenden Psychothriller haben viele Regisseure zu spannenden Filmen inspiriert, am bekanntesten sind wohl «Die Teuflischen» und sein amerikanisches Remake «Diabolisch» und «Vertigo – Aus dem Reich der Toten», sicher einer der besten Filme von Alfred Hitchcock. Die beiden französischen Autoren Pierre Boileau (1906–1989) und Thomas Narcejac (1908–1998) haben zusammen zahlreiche Kriminalromane verfasst. Ihre nervenzerreißenden Psychothriller haben viele Regisseure zu spannenden Filmen inspiriert, am bekanntesten sind wohl «Die Teuflischen» und sein amerikanisches Remake «Diabolisch» und «Vertigo – Aus dem Reich der Toten», sicher einer der besten Filme von Alfred Hitchcock.

1


«Nein, nein», wehrte Maître Bréjon ab, «bemühen Sie sich nicht. Ich kenne den Weg.»

Victor Lehoux versuchte aufzustehen, indem er sich gleichzeitig auf seinen Stock und den Rand des Schreibtisches aufstützte. Der Notar wollte ihm behilflich sein.

«Nicht doch, ich bitte Sie», stammelte Lehoux.

Ein häßliches Grinsen entstellte seinen Mund. Sein linkes Auge war halb geschlossen. Sein linker Arm hing wie ein toter Ast herab. Es gelang ihm, sich zu erheben. Mit einer Geste schob er den Freund beiseite.

«Fillol besteht darauf, daß ich versuche, ganz allein fff … fer … fertig zu werden.» Er stotterte bei dem Wort. «Er ist ein guter Arzt, der Dr. Fillol.»

Er sprach mit verzerrter Stimme; seine Lippen bewegten sich wie die eines alten Gauls, der auf der Trense kaut. Mit schleifenden Füßen machte er ein paar Schritte.

«Ich freue mich … daß alles … geregelt ist. Besser, wenn man alles … im voraus … regelt, nicht wahr?»

«Gewiß», sagte der Notar im ermunternden Tonfall, den man Schwerkranken gegenüber anschlägt. «Alles wird bestens laufen, Sie werden schon sehen. Wenn Sie sich drüben eingerichtet haben, braucht Simone nur zu schreiben.»

Lehoux blieb stehen und hob Maître Bréjon den Kopf schräg entgegen.

«Die arme Simone! … Was für ein Leben werde ich ihr bereiten!»

«Sie werden eine Krankenschwester nehmen. Und außerdem, zum Teufel, Sie können sich wieder hochrappeln.»

Lehoux zog langsam ein Taschentuch heraus und wischte sich über den Mund. Sobald er sprach, bildeten sich Speichelbläschen auf seinen Lippen.

«Ich weiß, was ich weiß», sagte er. «Es hat mich mehr erwischt, als man glaubt … Also, mein lieber Freund, vielen Dank … für alles.»

«Sie lassen sich doch wieder mal hier sehen?»

«Nein. Die Reise ist zu anstrengend … Philippe wird mich … auf dem Laufenden halten. Was wollen Sie, ich hab das Meine geleistet … Das ist zu Ende … alles.»

«Ich werde beim Abflug auf dem Flugplatz sein.»

Lehoux richtete sich am Stock empor. «Zu liebenswürdig … Aber, nein … Dieses Abschiednehmen nimmt mich zu sehr mit.»

«Das glaube ich gern. Zumal Sie nach so langer Zeit alle Welt kennen. Seit gut zwanzig Jahren sind Sie jetzt hier?»

«Seit fünfundzwanzig, fast sechsundzwanzig Jahren.»

Lehoux wandte sich halb zur Bucht um, blickte auf die Palmen und auf den Rasen, auf dem sich ein Rasensprenger drehte. «Es fällt schwer, fortzugehen», seufzte er.

«Sie hätten sich auch hier zur Ruhe setzen können.»

«Nein. Ich will … meinen Nachfolgern … nicht im Weg sein. Außerdem wird meine kleine Simone in Paris leichter einen Mann finden als hier … So gern würde ich sie unter die Haube gebracht sehen … Jetzt meine einzige Sorge …»

«Bleiben Sie nicht so lange stehen; es ermüdet Sie … Ich wünsche Ihnen alles, alles Gute für Ihre neue Existenz … Wir werden oft an Sie denken.»

«Danke.»

«Nur Mut! Nur Mut!»

Der Notar schüttelte lange Lehoux’ gesunde Hand und ging. Simone wartete auf ihn im kleinen Salon.

«Entschuldigen Sie die Unordnung. Manches kommt mit … manches bleibt hier; ich bin ganz durcheinander. Wie fanden Sie ihn?»

Wie ähnlich sie ihm ist, dachte Maître Bréjon. Die gleichen grauen Augen, das gleiche Kinn. Sieht nicht besonders umgänglich aus!

«Na ja», sagte er. «Gar nicht so schlimm. Er macht sich Ihretwegen Sorgen.»

«Setzen Sie sich einen Augenblick. Oder haben Sie es eilig?»

Sie griff nach dem Päckchen Zigaretten, das auf dem mit einem goldenen Drachen verzierten Ebenholztisch lag.

«Ich biete Ihnen keine an; Sie sind vernünftig. Ich rauche eine ganze Packung täglich. Armer Papa! Ich bin achtundzwanzig, und er macht sich Sorgen um mich! Es ist rührend.»

Sie zündete sich eine Zigarette an.

«Manchmal kann’s einem aber auch auf die Nerven gehen.»

Sie zog tief den Rauch ein und blies ihn in kleinen Stößen wieder aus; den blauen Dunst vor ihrem Gesicht wedelte sie mit den Fingerspitzen wie ein Spinnengewebe weg.

«Diese Übersiedlung gefällt mir nicht. Fillol ist ein Esel. Seine Methoden sind altmodisch und überholt. Einen Gehirnschlag kann man nicht bloß mit Pillen und Spritzen kurieren. Sobald wir in Paris sind, konsultieren wir einen Professor. Papa ist so verändert … er hat Erregungszustände wie ein Greis. Und das bei ihm! Er hat sogar Momente, wo er nicht mehr alle beisammen hat! Er verwechselt Tage und Daten. Wenn man daran denkt, wie er gewesen ist …»

«Was mir nicht ohne Gefahr für ihn scheint», sagte der Notar, «ist dieser abrupte Bruch mit allen seinen Gewohnheiten. Hat er denn wenigstens noch irgendwelche Bekannte in Paris?»

«Niemand. Seit seiner Ankunft hier ist er nie mehr dort gewesen.»

«Doch – ich bitte, meine indiskrete Frage zu entschuldigen – wenn ihm in Paris etwas zustieße, würde er dann damit einverstanden sein, fern von seiner Frau bestattet zu werden? In seinem Testament ist nichts darüber erwähnt.»

«Das ist ihm völlig gleichgültig; wir haben darüber gesprochen. Er will in Paris begraben werden, in der Gruft seiner Eltern und ganz ohne Zeremonie. Mama wird natürlich hier bestattet bleiben. Wundert Sie das? … Aber Mama ist schon seit mehr als zehn Jahren tot. Und mein Vater war immer so beschäftigt! Für Gefühle hat er nie viel Zeit gehabt, wissen Sie.»

«Und Sie selbst? Verlassen Sie uns auch endgültig?»

«Ich weiß nicht. Offengestanden weiß ich es nicht. Papa hat eine große Wohnung im 17. Arrondissement gekauft … Sie sind sicher im Bilde?»

«Ja, natürlich. Übrigens ein gutes Geschäft!»

«Er hat sie ganz neu möblieren lassen. Wir nehmen nur wenig von hier mit … Mein Zimmer, darauf hab ich bestanden … und dann ein paar Familiensachen. Werde ich mich dort drüben wohl fühlen? Das ist eine andere Frage. Ich denke, ich werde ab und zu mal herkommen. Ich habe nicht die Absicht, Marylène völlig im Stich zu lassen … Darf ich Ihnen etwas anbieten? Einen Schluck Whisky?»

Sie erhob sich und stieg über Kisten, um hinauszugehen.

Ein Mädchen, das mehr als zehn Millionen besitzt, dachte der Notar. Eine glänzende Partie! Dort drüben wird es an Bewerbern nicht fehlen.

Er tat ein paar Schritte in dem Zimmer, in dem bereits Teppiche und Bilder fortgeräumt waren. In Gedanken spazierte er durch das ganze Haus, besuchte den geräumigen Speisesaal im Kolonialstil, das riesige Vestibül mit seinen Flugzeugmodellen: Compagnie Lehoux. Der Mann, der allgemein nur Monsieur Victor genannt wurde, konnte wirklich stolz sein! Er hatte da ein Unternehmen aufgebaut, dem jedermann zunächst das Scheitern vorausgesagt hatte. Die Compagnie Lehoux! Ein Dutzend Flugzeuge … Trampdampfer … Fischereischiffe … einen bedeutenden Handel mit den Nachbarinseln, vor allem aber mit Madagaskar. In Saint-Pierre auf Réunion, wenige Stunden von Tamatava, Tananarivo und auch von Diégo-Suarez entfernt …

Ein Jammer, all das aufzugeben, wenn auch für einen guten Preis; es einer Aktiengesellschaft zu überlassen, bei der amerikanisches Kapital bald die ausschlaggebende Rolle spielen würde. Das Wohnhaus wenigstens würde in französischen Händen bleiben, wenn Rendel, der Plantagenbesitzer, sich endlich zum Kauf entschlösse. Vier große Zimmer im ersten Stock, zwei Badezimmer; ein prachtvolles Besitztum, ohne den Garten und die Nebengebäude mitzurechnen: Schwimmbecken, Garage, zwei Wagen … Lehoux wollte fortgehen, wie er einst gekommen war: nur mit einem Koffer in der Hand. Doch bei seiner Ankunft war er ein Bankrotteur gewesen, jetzt fuhr er als reicher Mann ab. Der Notar nahm wieder Platz, als er Simones Schritt im Nebenzimmer hörte.

«Wird sich Ihr Vetter Philippe nicht ein wenig verraten und verkauft vorkommen? … Er gerät in eine etwas heikle Lage: Schwiegersohn des früheren Chefs … na ja, vielleicht nicht eigentlich Schwiegersohn … ich neige immer dazu, in Marylène Ihre Schwester zu sehen … Ich weiß, Philippe ist nur ein Neffe … also Neffe des ehemaligen Chefs … Wird ihm das gegenüber der neuen Leitung nicht zum Nachteil gereichen? Wenn ein Betrieb in andere Hände übergeht, wird das Personal gewöhnlich ausgewechselt … Bitte reichlich Wasser. Danke.»

«Das stimmt», sagte Simone. «Er ist auch nicht sehr glücklich dabei. Ich glaube, er hat in der letzten Zeit ein bißchen viel nach seinem eignen Kopf gehandelt. Als er erfuhr, daß Papa verkaufen wollte, dachte er einen Augenblick daran, alles hinzuwerfen; das habe ich von Marylène. Doch wo wird er eine bessere Stellung finden? Marylène hat ihn beschwichtigt.»

Maître Bréjon hatte es nicht eilig, aufzubrechen. Er liebte es, die kleinen Geheimnisse anderer Leute zu beschnuppern. Es gehörte zu seinem Beruf.

«Ich könnte mir denken, daß diese Trennung sehr schmerzlich für Ihre Kusine ist.»

Simone schien das Für und Wider zu erwägen.

«Eigentlich kenne ich Marylène gar nicht besonders gut. Doch, ich glaube schon, daß es ihr nahe geht. Darum nehmen wir sie ja auch für drei Wochen nach Frankreich mit. Schon seit langem haben sie keine richtigen Ferien mehr gemacht. Marylène ihrem Haus zu entreißen, ist gar nicht so leicht, wissen Sie. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so zurückgezogen, so häuslich lebt.»

«Im Gegensatz zu Ihnen», bemerkte der Notar lächelnd.

«Allerdings», gestand sie....

Erscheint lt. Verlag 21.9.2018
Übersetzer Justus Franz Wittkop
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Erbschaft • Falle • Frankreich • Spannung • Verwechslung
ISBN-10 3-688-11369-1 / 3688113691
ISBN-13 978-3-688-11369-9 / 9783688113699
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