Neuweltkameliden (eBook)

Haltung, Zucht, Erkrankungen
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2018 | 4. Auflage
256 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-221211-4 (ISBN)

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Neuweltkameliden -
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Lamas und Alpakas dienen - abgesehen von reiner Hobbyhaltung - einer steigenden Anzahl von Haltern und Züchtern als Existenzgrundlage. Erfahren Sie in diesem Standardwerk über Neuweltkameliden alles über Haltung und Fütterung der Tiere. Lernen Sie wichtige Zusammenhänge zwischen Anatomie und Verdauung oder Verhalten und dem richtigen Handling. Planen Sie Zucht und Wollproduktion der Tiere zuverlässig und störungsfrei. Eignen Sie sich aus dem deutlich erweiterten Krankheitskapitel umfassendes Wissen über die verschiedenen Erkrankungen - von Adenokarzinom bis Zahnwurzelabszess - sowie deren Diagnostik und Therapie an.

1 Zoologie, Domestikation und Verbreitung von Neuweltkameliden


M. Gauly

1.1 Zoologie


Die südamerikanischen Kameliden (Neuweltkameliden) der Gattung Lama gehören gemeinsam mit den Altweltkamelen (Gattung Camelus) zur Familie der Kamelartigen (Camelidae) und damit zur Ordnung der Paarhufer (Artiodactyla) und der Unterordnung der Schwielensohler (Tylopoda).

Die Gattung Lama umfasste nach früheren Annahmen der Systematiker vier Arten, nämlich das wild lebende Guanako (Lama guanicoe) und Vikunja (Lama vicugna) sowie deren domestizierte Nachfahren Lama (Lama glama) und Alpaka (Lama pacos). Alle weisen einen Chromosomensatz von 2n=74 auf. Andere Systematiker waren dagegen schon längere Zeit der Auffassung, dass es sich um zwei Gattungen (Lama und Vicugna) mit den vier Arten L. guanicoe (Guanako), L. pacos (Alpaka), L. glama (Lama) und Vicugna vicugna (Vikunja) handelt. Molekulargenetische Untersuchungen bestätigten die Annahme, dass die Familie der Camelidae zwei Gattungen umfasst, allerdings mit jeweils zwei Arten, nämlich die Gattung Lama mit den Arten L. guanicoe (Guanako, ▶ Abb. 1.1) und L. glama (Lama, ▶ Abb. 1.4) und die Gattung Vicugna mit den Arten V. vicugna (Vikunja, ▶ Abb. 1.2) und V. pacos (Alpaka, ▶ Abb. 1.3) ▶ [7] ▶ [16]. Die Arten können untereinander fruchtbare Nachkommen erzeugen. Da dies nach der Definition der Tierzuchtwissenschaft bei Arten nicht bzw. nur in Ausnahmefällen möglich ist, werden sie in der Tierzuchtliteratur häufig nicht als solche bezeichnet.

Zu den Altweltkameliden gehören das einhöckrige Dromedar (Camelus dromedarius) sowie das zweihöckrige Trampeltier oder baktrisches Kamel (Camelus bactrianus).

Abb. 1.1 Lama guanicoe (Guanako).

Abb. 1.2 Vicugna vicugna (Vikunja).

Während zur Zeit der Ankunft der Spanier in Südamerika (1492 n.Chr.) etwa 50 Millionen Guanakos den Kontinent bevölkerten, wird deren heutige Gesamtzahl auf ca. 1 500 000–2 200 000 bei einem Anteil von 1 000 000–1 500 000 adulten Tieren geschätzt. Die Population hat damit nach einer zwischenzeitlichen Bedrohung wieder ein sehr stabiles Niveau erreicht. Das Verbreitungsgebiet reicht vom Norden Perus über die Ost- und Westhänge der Kordilleren und Patagonien bis nach Feuerland. Der Lebensraum umfasst neben Graslandschaften auch Buschgebiete, Baumsavannen und Trockenregionen vom Meeresspiegel bis zu Höhen von mehr als 4000 m. Der größte Teil der Tiere lebt in Argentinien, während in Peru, Bolivien und Chile nur kleinere Bestände in Form verstreuter Herden existieren.

Abb. 1.3 Vicugna pacos (Alpaka).

Abb. 1.3a Suri.

Abb. 1.3b Huacaya.

Abb. 1.4 Lama glama (Lama), links: Wolltyp, rechts: Scara scullo.

Molekulargenetische Untersuchungen belegen, dass Guanakos nicht, wie ursprünglich aufgrund der räumlichen Verteilung sowie morphologischer Kennzeichen angenommen, in vier Unterarten bzw. Subpopulationen, sondern nur in zwei unterteilt werden können. Diese sind das bis in den Norden vorkommende Hochland-Guanako (Lama guanacoe cascilensis) sowie der bis in den Süden (Patagonien, Feuerland und Südargentinien) vorkommende größere Vertreter, das Flachland-Guanako (Lama guanacoe guanacoe). Zu dieser Unterart werden nun auch das in Chile verbreitete Lama guanacoe huanacus sowie das in Nordargentinien vorkommende Lama guanacoe voglii gezählt ▶ [9].

Nachdem es in den letzten Jahrhunderten durch extreme Bejagung zu einem bedrohlichen Rückgang der Bestände gekommen war, sollen heute wieder ca. 350 000 Vikunjas in Südamerika leben. Das Vikunja hat allerdings ein wesentlich kleineres Verbreitungsgebiet als das Guanako: Es kommt in den Hochanden Perus (größtes Vorkommen), Ecuadors, Boliviens (bis hin zur nördlichen Provinz Atacama), Argentiniens und Chiles in Höhen zwischen 3700 und 5500m vor. Topografisch handelt es sich um ein hochgelegenes Steppengebiet, welches oberhalb der Baumgrenze, aber unterhalb der Schneegrenze in trocken-kaltem Klima liegt. Auch beim Vikunja werden Unterarten bzw. Subpopulationen beschrieben. Im Norden finden sich Tiere (Vicugna vicugna mensalis), die durch eine Schulterhöhe von unter 70cm, eine kräftigere Vliesfarbe und das Fehlen der weißen Brustfahne gekennzeichnet sind. Das im Süden verbreitete Vicugna vicugna vicugna weist dagegen Schulterhöhen von durchschnittlich 70cm auf, ist von blasserer Farbe und zeigt die charakteristische Brustfahne aus 20–30cm langen, seidig-weißen Haaren.

1.2 Abstammung und Domestikation


Paläontologische Funde deuten darauf hin, dass die Ahnen der Familie Camelidae ursprünglich aus Nordamerika und der Zeit des Eozän (vor 30–35 Millionen Jahren) stammen, wobei Poebrotherium als die älteste bekannte Gattung gilt. Das vor 16–6 Millionen Jahren lebende Procamelus wurde lange Zeit als der letzte gemeinsame Ahne der Alt- und Neuweltkameliden angenommen. Heute wird vermutet, dass das vor 17,5–6 Millionen Jahren lebende Aepycamelus den letzten gemeinsamen Ahnen repräsentiert ▶ [4]. Die Trennung in Lamini (vermutlich zwei Gruppen) und Camelini, die direkten Vorgänger der Alt- und Neuweltkameliden, wird auf die Zeit vor 11 Millionen Jahren datiert ▶ [3]. Von Nordamerika aus wanderten dann vor ca. 3 Millionen Jahren Teile der Lamini nach Südamerika und die Camelini nach Asien ▶ [11]. Fossilienfunde belegen, dass bis zum Ende des Pleistozäns (vor ca.1,8 Millionen Jahren) das Guanako und das Vikunja die einzigen überlebenden Vertreter der Gruppe Lamini waren. Andere Funde aus verschiedenen archäologischen Ausgrabungsstätten (Telarmachay Rockshelter, 4420m NN in Zentralperu) belegen auch, dass Guanako und Vikunja schon vor 12 000 Jahren jagdlich genutzt wurden. Zwischen 5200–4000 v.Chr. konzentrierten sich die vormals universellen Jäger sogar einseitig auf das Erlegen dieser Spezies, wobei deutlich mehr Vikunjas als Guanakos erbeutet wurden.

Hinweise auf die Domestikation (Haustierwerdung) des Lamas sind für die Region Telarmachay auf eine Zeit vor 6000–7000 Jahren datiert ▶ [13] ▶ [14]. Das älteste nachweisbare Domestikationszentrum ist die Pampas-Region um den See Junin im Zentralen Hochland Perus. Ausgrabungsstätten in Argentinien und Chile deuten die mögliche Existenz mehrerer Domestikationsstandorte für das Lama an. Die Domestikation des Alpakas wird auf den Zeitraum 4000–3500 v.Chr. datiert.

Zur zeitlichen Einordnung der Domestikation werden die organischen Überreste von Tieren, die bei archäologischen Ausgrabungen in den Hochanden gefunden wurden, genutzt. Danach dominierte zunächst die Kamelidenhaltung zur Fleischproduktion, vergleichbar z.B. den Domestikationsabläufen der Rinder und Schafe. Die Nutzung der Wolle bzw. Fasern erfolgte erst zu einem späteren Zeitpunkt. Textilreste deuten ein mögliches Vorkommen von spezialisierten textilfaserproduzierenden Tieren (Alpaka) vor ca. 3000 Jahren an.

Aufgrund des starken Anstiegs krankheitsbedingter Verluste unter neugeborenen Tieren (vermehrte Knochenfunde junger Tiere an den Ausgrabungsstätten) wird angenommen, dass es ab ca. 3500 v. Chr. zu einer intensiveren Herdenhaltung und möglicherweise Pferchhaltung der Tiere kam. Diese Haltungsformen breiteten sich ausgehend von den Hochanden in die Andentäler, nach Nordchile (ca. 1800 v.Chr.) sowie später entlang der Pazifikküste Perus aus ▶ [12] ▶ [14].

Im Gegensatz zu der frühen Entwicklung domestizierter Populationen im Zentralen Hochland vollzog sich der Wandel in der Nutzung der Kameliden vom Jagdwild zum Haustier im südlichen und nördlichen Hochland sowie der Nordküste wesentlich später. In der Region Ayacucho im südlichen Hochland gehen die Spuren, die auf eine Überführung der Tiere in den menschlichen Hausstand hinweisen, auf den Zeitraum zwischen 3100 und 1750 v.Chr. zurück. Vergleichbares gilt für die Region um den Titicacasee. Im Norden wurden Funde, die auf das Vorkommen domestizierter Kameliden hindeuten, auf den Zeitraum zwischen 700 und 500 v.Chr. datiert. In den nördlichsten Regionen, wie z.B. Pinchincha oder Guitarrero Cave, sind größere Kamelidenpopulationen erst um 100 n.Chr. nachweisbar. Unklar ist allerdings, ob die Haustierhaltung von Lamas und Alpakas durch aus dem Zentralen Hochland in den Norden emigrierte Hirten und Bauern eingeführt wurde oder ob sie sich dort selbstständig entwickelte. Gegenwärtig wird von verschiedenen Domestikationszentren ausgegangen ▶ [14]. Für die Nordküste wird anhand von Nutzungsstudien der Beginn der Domestikation auf 900–1000 v.Chr. geschätzt. In diesem Zeitraum kam es vermutlich zur Ansiedlung neuer Volksgruppen an der Küste, welche...

Erscheint lt. Verlag 10.10.2018
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Veterinärmedizin
Schlagworte Neuweltkameliden • Tiermedizin • Veterinärmedizin
ISBN-10 3-13-221211-3 / 3132212113
ISBN-13 978-3-13-221211-4 / 9783132212114
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