Wir sehen dich (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
432 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43463-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wir sehen dich -  Stephanie Marland
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Der Killer wird gestalkt. Oder ist es umgekehrt? Das Leben von Clementine Starke spielt sich fast nur online ab. Reale soziale Kontakte fallen ihr schwer. Auf einer Social-Media- Seite namens >True Crime London< lässt sie sich in die Suche nach einem Serienmörder hineinziehen. Um an Informationen u?ber den Fall zu gelangen, geht sie immer größere Risiken ein, verschafft sich Zugang zu einem versiegelten Tatort, hackt die Polizeicomputer, u?berwacht den Leiter der Ermittlungen, Dominic Bell. Was sie dabei u?ber das Schicksal der Opfer erfährt, geht ihr zunehmend unter die Haut. Was sie nicht ahnt: Der Killer hat sie längst im Visier - er ist ihr näher, als sie glaubt. Killer hat sie längst im Visier - er ist ihr näher, als sie glaubt.

Stephanie Marland hat zehn Jahre an der Universität gearbeitet und u.a. darüber geforscht, wie Menschen in einer virtuellen Umgebung online interagieren. Sie hat einen MA in Creative Writing an der City University London gemacht und ist außerdem eine bekannte Krimibloggerin.

Stephanie Marland hat zehn Jahre an der Universität gearbeitet und u.a. darüber geforscht, wie Menschen in einer virtuellen Umgebung online interagieren. Sie hat einen MA in Creative Writing an der City University London gemacht und ist außerdem eine bekannte Krimibloggerin.

Clementine


Heute Morgen wurde es spannend.

Ich bin einen Kaffee und zwei Zigaretten weit in meinem Tag, als die Nachricht auf Twitter auftaucht. Es ist 5:42. Das Licht der Straßenlampen gibt den Blick auf das Chaos aus Säcken und Tonnen in der St. John Street an einem Müllabfuhrtag frei, nicht aber das zunehmende Ausmaß an Dreck. .

Von meinem Dachzimmer im vierten Stock aus spähe ich auf die Fleischlieferwagen hinab, die zum Smithfield Market rumpeln, dann wende ich mich wieder meinem Laptop zu und lese den Tweet ein zweites Mal.

@DeathStalker Der Lover hat wieder zugeschlagen. Frauenleiche nahe Angel gefunden. Bullen schon vor Ort.

Mit einem langen Zug an meiner Zigarette beobachte ich, wie sich die Antworten häufen: neun, dreizehn, einundzwanzig. True-Crime-Fans schlafen nie. Sie lauern permanent auf einen neuen Fall, eine neue Leiche, den nächsten Adrenalinschub. Fast alle sind Fantasten. Fast alle – aber ich glaube, nicht alle.

Ich drücke die Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus und klicke CrimeStop an, ein auf True-Crime-Fans spezialisiertes soziales Netzwerk. Die Homepage lädt hoch. Ihr Logo, ein blutbespritztes Mikroskop, ist mir so vertraut wie die Leute, die sich in diesem virtuellen Raum herumtreiben.

Das Icon in der Ecke des Bildschirms zeigt dreiundzwanzig Nachrichten an. Ich klicke darauf.

Nachricht von Death Stalker in True Crime London

Kommentare von Mysteries Solved, Blood City und zwanzig weitere

Ich klicke auf die erste Nachricht und gelange so in den privaten Bereich für die in London lebenden Fans von Verbrechen. Ganz oben erscheint Death Stalkers Post:

Eilmeldung: Hat der Lover zum dritten Mal zugeschlagen?

Meine Insiderquelle sagt, die Frau war völlig unkenntlich. Um die Leiche herum waren Rosenblätter verstreut. Hat der Lover von London wieder zugeschlagen? Bilder folgen.

Es sind drei Fotos. Die Qualität ist nicht übermäßig, aber sie sind mit Geotag versehen. Das erste zeigt die Fassade eines Stadthauses aus rotem Backstein, im Erdgeschoss befindet sich ein Takeaway, darüber Wohnungen. Der Bürgersteig davor ist mit Polizeiband abgesperrt.

Auch die beiden anderen sind Außenansichten. Eine vom Hauseingang: drei Steinstufen, dahinter eine schwarze Tür, über dem Messingtürknauf die Hausnummer 43. Das letzte Foto zeigt ein Fenster im ersten Stock. Ich vergrößere es durch Doppelklick, aber Gardinen verhindern jeden Blick ins Innere. Bildunterschriften gibt es keine, aber das ist egal, es ist klar, was die Fotos zeigen. Death Stalker, der inoffizielle Anführer der Londoner True-Crime-Gruppe, ist am Tatort.

Ich lese die Nachricht noch einmal und frage mich, was für eine Insiderquelle er hat. Und dann, mit einem Blick auf das Avatarfoto neben seinem Nickname – der Umriss eines Gesichts, zu dunkel, um Gesichtszüge oder selbst das Geschlecht zu erkennen – wer er oder sie ist. Jung oder alt? Männlich oder weiblich? Online kann man sein, wer man will.

Ich klicke zurück zum ersten Foto, zoome hinein, betrachte eingehend das Fenster des Takeaway, in dem sich die Umgebung spiegelt. Hinter dem grellen Fotoblitz ist schwach die Silhouette einer Person sichtbar. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Das Foto ist zu dunkel, um Einzelheiten auszumachen, aber zwei Dinge kann ich erkennen: erstens, der Fotograf trägt ein Hoodie, und zweitens, es ist ein Mann.

Ich sehe dich.

Über den Karton vom Thailänder von gestern hinweg greife ich nach meinem Notizbuch, notiere mir den Wortlaut von Death Stalkers Post und was an den Fotos interessant war. Neben die dürftige Beschreibung der Person, die sich in dem Schaufenster gespiegelt hat, schreibe ich: hat sein Geschlecht zu erkennen gegeben – aus Versehen oder absichtlich?

Sollte es ein Fehler sein, dann ist es der erste, den er begeht, seit ich ihn beobachte, und das tue ich schon lange. Vor neunzehn Monaten habe ich angefangen, Daten für meine Doktorarbeit zu erheben. Damals war CrimeStop nur eine von vielen Webadressen auf meiner Liste, und True-Crime-Fans waren lediglich Menschen, anhand derer ich meine Hypothese prüfen wollte: dass es, egal was im Internet spekuliert wurde, niemals möglich sein würde, Verbrechen durch Crowdsourcing aufzuklären.

Durch True Crime London geriet meine Überzeugung ins Wanken. Oder genauer: durch Death Stalker. Er weiß Dinge, die der Öffentlichkeit eigentlich unbekannt sein sollten, hat durch ermittlungsnahe Kontakte Zugriff auf geschützte Daten. Er verfügt über polizeiliche Kenntnisse zu den Fällen, steckt aber nicht in deren bürokratischen und ethischen Fesseln. Das eröffnet ihm und jedem, der sich ihm anschließt, die Chance, einen Fall schneller zu lösen als die Polizei.

Seither hat sich eine neue Frage in meinen Geist eingenistet: Könnte diese lose Gemeinschaft von True-Crime-Fans einen laufenden Mordfall lösen?

Ich glaube, das Potenzial hat sie – und einige von ihnen scheinen das ebenfalls zu glauben. Während der Zeit, in der ich sie beobachte, haben schon mehrere Mitglieder durchblicken lassen, dass sie sich gern mal ein aktuelles Verbrechen vornehmen würden. Jedes Mal, wenn in den Medien ein Vorfall von Inkompetenz oder Korruption bei der Polizei bekannt wird, kocht diese Debatte wieder hoch. Mit jedem Mord des Lovers wurde sie ernsthafter.

Death Stalkers Nachricht bekommt mehr und mehr Likes. Das Interesse steigt. Ich kopiere das Geotag in Google Maps. Es zeigt mir eine Seitenstraße im hinteren Bereich der Islington High Street. Der Lover wird kühner – hier ist es gewagt zu morden, zu jeder Tages- und Nachtzeit herrscht reger Fußgänger- und Autoverkehr.

In den vergangenen vier Wochen gab es schon zwei solcher Morde, einen in Camden, einen in Crouch End. Zwei Frauen, beide wurden in ihren Betten gefunden, bei gedämpftem Licht und brennenden Kerzen, um ihre nackten Leichen verstreute Rosenblätter. Jetzt, sechs Tage nach dem letzten Mord, scheint sich ein dritter ereignet zu haben. Die Mordfrequenz steigt.

Oben auf dem Bildschirm erscheint mit einem Ping eine Benachrichtigung:

Nachricht von Death Stalker in True Crime London

Frage: Können wir den Mörder finden, bevor es ein weiteres Opfer gibt? Bei den Behörden wird heftiger gespart denn je. Das Polizeibudget geht gegen Null. Die Met kann diesen Lover-Serienkiller nicht kriegen, denen fehlen einfach die Ressourcen. Wird Zeit, dass wir auf den Plan treten. Wer macht mit?

Unter der Frage schießen die Kommentare auf.

Bloodhound Einverstanden! Die Regierung hat doch keinen Plan, wie sie das mit der Polizei regeln soll. Liegt m.E. am Brexit. Da muss was getan werden. Vielleicht kann unsere Aktion den Typen in Whitehall ja klar machen, wie schlimm es steht. Ich bin dabei.

CrimeQueen Geile Idee @DeathStalker – von mir aus sofort! @Witness_Zero will vllt auch mitmachen, ich weiß, dass er den Fall verfolgt.

Justice League Ist das schon ein Serienkiller? Müssen es dafür nicht vier Morde sein?

Robert »chainsaw« Jameson @JusticeLeague Nein, von Serienkillern redet man ab 3 Morden mit einem zeitlichem Abstand dazwischen, ergo ist der Lover einer.

Justice League @Robert»chainsaw«Jameson Ich nehme alles zurück. @DeathStalker Sieht für mich auch so aus, als würde die Met nicht genug Ressourcen in den Fall stecken. Der Kerl muss gestoppt werden, das wird ja immer verheerender. Ich bin bereit zu helfen.

Robert »chainsaw« Jameson Scheißgeschichte. Ich bin natürlich dabei, @DeathStalker

Witness_Zero OK, bin dabei

Ghost Avenger Echt bitter, dass die Met nicht mehr Leute auf den Fall ansetzen kann. Die Morde sind so charakteristisch! Warum finden sie keine Spur? So ganz passt mir’s nicht, voll auf Herr der Fliegen zu machen, aber ich seh auch keinen anderen Weg. Der Kerl darf nicht noch einen Mord begehen. Ich schließe mich an.

DeathStalker Nach meiner Zählung sind wir jetzt sieben, die bereit sind, selbst zu ermitteln. Ich würde das Team gern auf acht begrenzen. Einen Platz gibt’s also noch – hier ist der letzte Aufruf zum Mitmachen. Jemand Interesse?

Ich werfe einen Blick aus meinem verdreckten Fenster, sehe die Sonne über die Dächer der Häuserzeile gegenüber blitzen. Bald wird der Rest von London aufwachen. Zum Frühstück wird die Story bei allen Mainstreammedien in den Schlagzeilen sein. Wenn ich mitmachen will, muss ich mich jetzt entscheiden.

DeathStalker hat dich in eine private Gruppe eingeladen: Fallakte: Der Lover

Um die Einladung anzunehmen, klicke hier

Das ist Wahnsinn. Ich forsche nur über diese Dinge, ich gehöre nicht dazu. Ich studiere Psychologie und Mensch-Computer-Interaktion. In meiner Doktorarbeit ergründe ich das Verhältnis zwischen theoretischen Konzepten von Eigenidentität und wie Individuen ihre Identität online gestalten, aufrechterhalten und anpassen.

Ehrlich ist im Netz niemand. Sei es, dass sie nur ihr Avatarfoto aufhübschen oder künstlich verschlanken, oder dass sie sich witzig und sorglos geben, um über ihre innere Traurigkeit hinwegzutäuschen. Oder sie verstecken ihre Schwäche hinter Hass und Verachtung, sprühen Gift, um von ihren...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2018
Reihe/Serie Clementine Starke
Übersetzer Christine Blum
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte 1. Fall • Chat-Gruppe • Chat-Gruppr • Clementine Starke • Crime Thriller Girl • Dominic Bell • englische Krimis • kulturpass • London • online Identität • Selbstjustiz • Serienkiller • Serienmörder • Social Media • Stalker • True Crime
ISBN-10 3-423-43463-5 / 3423434635
ISBN-13 978-3-423-43463-8 / 9783423434638
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