Eine Tüte buntes Glück (eBook)
400 Seiten
MIRA Taschenbuch (Verlag)
978-3-95576-800-3 (ISBN)
Für Frederike sind die Sommer ihrer Kindheit untrennbar mit Dänemark und dem Geschmack von Oma Hennis selbstgemachten Bonbons verbunden. Doch diese süßen Zeiten sind lange vorbei. Mit gemischten Gefühlen kehrt Frederike auf die Insel Fünen zurück, um das Haus ihrer Familie für den Verkauf zu renovieren. Gleich am ersten Tag trifft sie auf ihre Jugendliebe Rasmus, und nach einem holprigen Start funkt es erneut zwischen ihnen. Zusammen mit ihm entdeckt sie das Eiland und auch ihre alte Leidenschaft fürs Bonbonkochen neu. Bald reift in Frederike der Plan, in Dänemark einen kleinen Bonbonladen zu eröffnen. Aber ausgerechnet Rasmus könnte diesen Traum zerstören ...
Kim Henry ist das Pseudonym des deutsch-dänischen Autorinnen-Duos Nicole Wellemin und Corinna Vexborg. Corinna und Nicole lernten sich 2011 in einem Hobby-Schriftstellerforum kennen und stellten bald fest, dass sie die Leidenschaft für romantische Geschichten mit Happy End teilen. Seither lassen sie das Internet zwischen der dänischen Insel Fünen und dem bayerischen München glühen. Über eine Entfernung von über tausend Kilometern hinweg entstanden auf diese Weise zahlreiche Romane, von denen einige es bereits auf die BILD-Bestsellerliste geschafft haben.
1. Kapitel
Frederike schmeckte die salzige Meeresluft. Sofort musste sie an die herrlichen Sahnebonbons aus ihrer Kindheit denken und seufzte laut. Tief vergrabene Erinnerungen an Oma Henni und laue dänische Sommernächte drängten an die Oberfläche. Und an Morfar. Wenn sie in Frankfurt war, dachte sie an Opa Mikkel als ihren Großvater. Jetzt, auf dem Weg nach Norden, fielen ihr wieder die dänischen Begriffe ein. Morfar hieß übersetzt der Vater ihrer Mutter. Die Vorstellung von Rendstrup Strand ohne ihn war kalt und grau wie das Wetter. Seitdem Frederike den Nord-Ostsee-Kanal hinter sich gelassen hatte, regnete es. Nein, das war nicht ganz richtig. Es regnete nicht einfach nur. Ein Wolkenbruch folgte auf den nächsten und beschränkte die Sicht auf unter zwanzig Meter. Und das Anfang August.
Dabei war Frederike überzeugt gewesen, dass sie alles ausreichend geplant hatte, um sicher und bequem in Rendstrup Strand anzukommen. Sie hatte den Peugeot noch mal durchchecken lassen, ehe sie am Vortag sorgfältig gepackt und das Auto beladen hatte. Dann war sie ganz früh am Morgen aufgebrochen, lange bevor in Frankfurt der Berufsverkehr einsetzte. Den Schlüssel zu Morfars Haus hatte sie gut sichtbar auf das Armaturenbrett gelegt, damit sie sich nicht alle zehn Minuten fragen musste, ob sie daran gedacht hatte, ihn einzustecken.
Sie war noch nie selbst mit dem Auto nach Dänemark gefahren. Als sie noch klein gewesen war, hatte ihre Mutter Mathilde sie einige Male, ohne eine Pause zu machen, bis nach Rendstrup kutschiert.
Gleich nach der Ankunft war Mathilde umgedreht, kaum dass sie ihre Tochter praktisch aus dem Wagen geworfen hatte.
Jetzt, wo Frederike selbst hinter dem Lenkrad saß, sah alles anders aus als in der Erinnerung. Zumindest, was man bei diesem Mistwetter erkennen konnte. Das hatte auch dafür gesorgt, dass Frederike erst später als beabsichtigt die Autobahnbrücke über den Kleinen Belt erreichte. Auf dieser Brücke, die die Meerenge überspannte und die Insel Fünen mit dem dänischen Festland verband, begann für sie die Heimkehr.
Gab es noch Leute, die sich an sie erinnerten?
Auf fünischer Seite wurde der Verkehr deutlich weniger. Dennoch merkte Frederike, dass sie immer langsamer wurde. Nicht wegen des Regens. Alles in ihr schien sich zu verkrampfen, weil ihr Herz sich gegen die Weiterfahrt sträubte. Sie stand kurz vor einem Panikanfall. Was, wenn niemand sie mehr hier haben wollte? Nicht mal auf Morfars Beerdigung war sie gewesen. Von einem Tag auf den anderen hatte sie Fünen den Rücken gekehrt. Weil Søren es so gewollt hatte, nachdem sie seinen Heiratsantrag angenommen hatte.
Und nun kam sie zurück. Achtzehn Jahre, vergangen in einem Wimpernschlag.
Ihre Augen brannten. Die letzte größere Ortschaft auf dem Weg nach Rendstrup war Kerteminde, und das Brennen in ihren Augen verschärfte sich, sobald durch das halb offene Beifahrerfenster ein Hauch von Waffelduft hereindrang. Der Geruch ihrer Kindheit. Bilder von glücklichen, unbeschwerten Tagen schossen Frederike durch den Kopf. Mit den Fahrrädern waren Mille, Søren, Rasmus und sie nach Kerteminde gefahren, um sich im Vaffelhuset Eis zu holen und auf sonnenwarmen Pflastersteinen zu sitzen.
Welcher Teufel hatte sie geritten, hierherzukommen? Sie fühlte sich, als würde sie sich selbst geißeln, und alles nur wegen eines idiotischen Werbeplakats in einem Reisebüro, das sie gesehen und danach nicht mehr hatte vergessen können. Das Werbeplakat. Jeden Tag lief Frederike auf ihrem Weg zur Arbeit an dem kleinen Reisebüro vorbei. Jeden Tag waren die Aushänge eine willkommene Ablenkung von den Gedanken an die acht Stunden am Fließband der Keksfabrik, wo sie seit einem guten Jahr arbeitete. Normalerweise hingen in dem Schaufenster Werbeplakate für Kreuzfahrten oder Urlaube in Südostasien. Doch an jenem Morgen war das anders gewesen. Den einsamen Leuchtturm am Strand hatte sie sofort erkannt. So oft war sie selbst in dem Naturschutzgebiet ganz im Norden der dänischen Insel gewesen, dass sie die Überschrift gar nicht gebraucht hätte.
Willkommen auf Fünen. Wo Dänemark blüht.
Dazu das Bild des Kaps von Fünen mit leuchtend gelbem Ginster, so weit das Auge reichte, und mild in der Meeresbrise wehendem Dünengras, in dem sich vereinzelt violette Lupinen vor dem Wind duckten. Die Sehnsucht war so plötzlich gekommen, dass Frederike stehen bleiben musste, weil ihre Beine drohten nachzugeben. Erst als Passanten sie ansprachen, ob es ihr gut ginge, hatte sie bemerkt, dass sie am ganzen Körper zitterte. Da hatte sie gewusst, dass sie etwas unternehmen musste. Zwei Jahre lang hatte sie den Kopf in den Sand gesteckt. Was genug war, war genug.
Die Durchgangsstraße in Kerteminde führte am Strand vorbei, wo ungeachtet des Regens ein paar Leute mit ihren Hunden spazieren gingen. Eine Gruppe Kajaks schaukelte auf den Wellen herum, und sogar ein Kitesurfer war unterwegs. Frederike fröstelte bei dem Anblick. Im nächsten Moment ertönte das schrille Quietschen von Bremsen. Sie verriss das Lenkrad, und der Wagen prallte gegen die Bordsteinkante.
Schwer schluckte sie, schüttelte ihre leichte Benommenheit ab und bemerkte jetzt, wovon der Anblick des Strandes sie abgelenkt hatte: Rot-weiße Schranken und Absperrbänder teilten die Straße. Die Gegenspur war gesperrt und der Verkehr rollte auf sie zu. Keine Ampel, die wäre ihr schon weiter weg aufgefallen. Hier setzte man darauf, dass die Verkehrsteilnehmer sich einigten, wer als Erster die Baustelle passieren durfte.
Nur wenige Zentimeter vor ihrer Motorhaube war ein riesiger Volvo zum Halten gekommen, dessen Xenon-Scheinwerfer sie grell anstrahlten.
Ein Mann stieg aus dem SUV, knallte seine Tür zu, offensichtlich wütend auf sie. Mit wenigen Schritten war er neben ihr und klopfte gegen die Scheibe.
Resigniert ließ sie das Fenster runter.
»Haben Sie die Baustelle nicht gesehen?«
Beim Klang seiner Stimme verstärkte sich das Gefühl von Nachhausekommen in ihr. Søren hatte nach ihrer Hochzeit nie mehr Dänisch mit ihr gesprochen, und sie hatte sich so weit von der Sprache ferngehalten, wie es ihr möglich war. In Frankfurt war das nicht besonders schwer. Doch jetzt, hier, mit dem Duft von klarem Regen, der kleine Krater in sauberen Sand schlug, und mit dem Rauschen der Wellen, die an die Küste rollten, erinnerte sie sich mit jeder Faser ihres Körpers.
»Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Ich hab nicht aufgepasst«, stammelte sie. Ihr Dänisch war ganz schön eingerostet.
Sie konnte den Fahrer nicht mal anschauen, da ihr die Situation zu peinlich war. Sie hätte nicht hierher zurückkehren dürfen. Schon gar nicht allein mit dem Auto. Was hatte sie denn erwartet? Dass alles sie kalt lassen würde, was sie einmal geliebt und so lange nicht gesehen hatte?
»Rikke?«
Es dauerte, ehe das Wort in ihr Bewusstsein drang. Der Mann, der aus dem Volvo gestiegen war, hatte es gesagt, allerdings dauerte es, ehe sie realisierte, was er gesagt hatte. Nur hier nannten die Menschen sie so. Rikke.
Sie hob den Kopf.
Er hatte die Hände ins offene Fenster gestützt, sich vorgebeugt, um sie besser anmotzen zu können, und jetzt … starrte er sie bloß an, als sei sie ein Geist.
Vermutlich schaute sie ihn genauso an. »Rasmus?« Achtzehn Jahre lang hatte sie sich verboten, an dieses Gesicht zu denken, und nun brauchte es nur einen Blick, einen einzigen Blick, und ihr Herz erkannte ihn. Wenn sie schon etwas fühlen musste, wollte sie ihn wenigstens hassen. Doch nicht einmal das gelang ihr. Er hatte nie etwas falsch gemacht, bis auf das eine Mal. Ihre Finger kribbelten, so sehr wollte sie ihn berühren, sich vergewissern, dass er wirklich echt war.
Seine Augen waren so grau wie früher. Ein bisschen wie die Farbe des Gefieders junger Möwen, aber nicht ganz. Sie hatte Jahre damit verbracht, etwas zu finden, das dieselbe Farbe hatte wie die Augen von Rasmus Martensen. Gefunden hatte sie nie etwas.
Er drückte die Lippen fest zusammen, alle Farbe wich aus seinen hohen Wangenknochen. Sein Gesicht war über die Jahre gereift. Er war nicht mehr der Junge, mit dem sie damals die dänischen Sommer verbracht hatte, er war ein Mann. Winzige Lachfalten in den Augenwinkeln, Dreitagebart auf den Wangen und dem kantigen Kinn. Ein praktischer rotblonder Kurzhaarschnitt, und oben aus dem dunkelblauen Pullover schaute der Kragen eines Hemdes hervor, das die Farbe seiner Augen hatte. Sie entdeckte einen Wassertropfen, der an seinen langen, rotblonden Wimpern hing, herunterfiel und über Rasmus’ regennasses Gesicht rann, als er blinzelte.
»Hej«, stieß er gepresst hervor. »Damit habe ich nicht gerechnet.«
Sie konnte nur schlucken. Ihn nur anstarren, während die Fragen in ihrem Kopf sich überschlugen und gegen die Ketten kämpften, in die sie sie achtzehn Jahre lang gelegt hatte. Warum? wollte sie wissen. Wieso? Weshalb? Was hat sich zwischen uns gestellt?
Allerdings hielten die Ketten, und das war gut so, denn das Gesicht des Mannes, den sie als Jungen gekannt hatte, war das eines Fremden.
Er stand wie festgenagelt da, bis … ja, bis jemand hinter ihnen hupte, weil der Volvo die Einfahrt in die durch die Baustelle verengte Straße blockierte.
»Ist ja gut!« Ohne ein weiteres Wort an Frederike richtete Rasmus sich auf, winkte dem Ungeduldigen zu und kehrte zu seinem Wagen zurück.
Kaum hatte sie den Zusammenprall mit ihrer Vergangenheit hinter sich gebracht, rissen die Wolken auf und gaben den Blick auf einen Himmel frei, der eine sternenklare Nacht...
Erscheint lt. Verlag | 3.9.2018 |
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Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Belletristik • Bonbonladen • bücher für frauen • Bücher Neuerscheinungen 2018 • Dänemark • Deutsche Autoren • eBook • feel good • Frauenroman • Garteninsel • la deutsche vita • Liebesgeschichte • Liebesroman • liebesroman ebook • Meer • Rezepte • Romance • romantisch • Sommerroman • Strand • Tanja Janz • Urlaubsbücher • Urlaubslektüre • Wohlfühlroman |
ISBN-10 | 3-95576-800-7 / 3955768007 |
ISBN-13 | 978-3-95576-800-3 / 9783955768003 |
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