Fiona: Unten im Dunkeln (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
576 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40476-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fiona: Unten im Dunkeln -  Harry Bingham
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Fiona auf hoher See. Im Sturm braut sich etwas zusammen. Und in der Tiefe des Meeres schlummert ein tödliches Seekabel. Ein Ingenieur, erhängt in seiner Wohnung. Selbstmord? Ein weiterer Toter, gefunden zwischen den Klippen. Unfall? So sehen es die Kollegen vom Dezernat für Schwerverbrechen, doch Fiona Griffiths sieht eine Spur. Und die führt in die Tiefen des Meeres: Ein neues, ultraschnelles Atlantikkabel - könnte man die Daten nur Millisekunden vor den anderen abzweigen, man würde jede Börse sprengen. Wer so etwas plant, geht über Leichen. Auch Fiona entkommt nur knapp dem Tod und wird von dem Fall abgezogen. Doch so leicht lässt sich eine Fiona Griffiths nicht an ihren Schreibtisch verbannen. Also heuert sie heimlich und unter falschem Namen auf einem Trawler an: als Smutje. Kochen kann Fiona wirklich nicht. Aber in einem ungeheuren Sturm ein ungeheures Verbrechen verhindern, das kann sie.

 Harry Bingham ist gebürtiger Londoner. Er studierte in Oxford Politik und Wirtschaft, beschäftigte sich danach mit dem ökonomischen Wiederaufbau Osteuropas und brach schließlich eine Karriere bei der Bank J.P. Morgan ab, um Bücher zu schreiben. Seine Thriller um die einzigartige Fiona Griffiths aus Cardiff erregten international Begeisterung und wurden in Großbritannien Vorlage einer Fernsehserie.

 Harry Bingham ist gebürtiger Londoner. Er studierte in Oxford Politik und Wirtschaft, beschäftigte sich danach mit dem ökonomischen Wiederaufbau Osteuropas und brach schließlich eine Karriere bei der Bank J.P. Morgan ab, um Bücher zu schreiben. Seine Thriller um die einzigartige Fiona Griffiths aus Cardiff erregten international Begeisterung und wurden in Großbritannien Vorlage einer Fernsehserie. Kristof Kurz lebt und arbeitet als freiberuflicher Übersetzer und Redakteur in München und hat unter anderem Werke von Robert Galbraith, Harry Bingham und Simon Scarrow ins Deutsche übertragen.

Kapitel 1


März 2013

Regen.

Nein, eigentlich nicht wirklich Regen, eher so ein feiner Nebel. Ein Netz aus Feuchtigkeit, das sich auf die Haare legt. Auf die Kälber, die auf den unteren Weiden grasen, sodass ihr Fell glänzt. Auf Eschen und Weiden, die grünen Knospen am Ende jedes Zweiges schimmern im Licht. Selbst der stachlige Weißdorn lässt sich von der Stimmung anstecken. Er sieht verschwommen, weich und fast zerbrechlich aus.

Ich bin auf Gwyns Bauernhof, schon seit drei Wochen. Iestyn, der Knecht, der mittlerweile die meisten schweren Arbeiten hier erledigt, zeigt mir, wie man einen Dieselmotor wartet.

«Siehst du den Schlauch da? Der geht bald in die Brüche.»

Er deutet auf eine dreckige Gummiröhre. Der Motor, den wir gerade reparieren, gehört zu einem 1988er Massey Ferguson. Eine Seitenblende des Traktors wird nur noch von einem Stück Schnur an Ort und Stelle gehalten. Die Fahrertür liegt hinter uns in der Hecke.

Ich stimme ihm zu.

«Der Kühlerschlauch, siehst du? Das ist ein Diesel, und ein Diesel muss ordentlich gekühlt werden.»

Ich sage nichts. Ich schätze, dass er meinem Gesichtsausdruck entnehmen kann, wie gut ich mich mit so etwas auskenne.

Iestyn – Blaumann, hübsche braune Locken und blaue Augen – tritt einen Schritt zurück. Regen fällt auf seine Schultern und Arme, wird von dem groben Baumwollstoff aufgesogen.

«Ein Diesel hat keine Zündkerzen. Der wird nicht durch einen Funken gezündet, sondern indem man die Mischung komprimiert, also Kraftstoff und Luft, beides verdichtet man so stark, dass die Temperatur steigt, und – wamm! – Zündung. An und für sich ein gutes System, überhitzt nur leicht. Ohne Kühlung geht der Motor drauf.»

Er ist ein guter Lehrer. Ein Naturtalent. Jetzt zeigt er mir, wo die Zylinder sind. Wie der Kühler die Teile kühlt, die er kühlen soll. Unter seiner Aufsicht baue ich den Schlauch aus. Er ist in der Tat brüchig, und ich ersetze ihn. Iestyn erklärt mir die Geheimnisse der Dichtung, weiht mich in die Mysterien des Ölfilters ein. Anfangs stelle ich mich etwas ungeschickt an, aber bald wird mir bewusst, wie viel Spaß es macht, eine von Öl und Dreck verklebte Mutter mit einem Schraubenschlüssel so richtig festzuziehen. Oder sie mühsam aufzuschrauben, bis das saubere Metall unter dem Schmutz zum Vorschein kommt. Oder den Ölfilter zu wechseln und den Luftfilter zu überprüfen.

Wir arbeiten eineinhalb Stunden lang. Dann wird der Regen stärker, düstere Wolken hängen über den Hügeln, und Gwyn ruft uns zum Mittagessen. Es ist zwar erst elf, aber wir sind schon seit fünf auf den Beinen.

Keine Ahnung, warum ich hier bin.

Der offizielle Grund lautet: Urlaub. Fortbildungsurlaub, um genau zu sein. In Kürze werde ich den ersten Teil meiner OSPRE-Prüfung absolvieren – eine notwendige Voraussetzung für meine Beförderung zum Detective Sergeant. Theoretisch sollte ich also gerade über den etwa 1300 Seiten Fachliteratur sitzen und pauken, ob ich uniformiert sein muss, wenn ich jemanden davon abhalten will, zu einem Rave zu gehen. Oder wie alt man sein muss, um jemanden im Gebrauch einer Armbrust zu unterweisen. Aber irgendwie kann ich mich hier schlecht auf armbrustbewehrte Raver konzentrieren. Hier müssen Ablaufrinnen geräumt und Traktoren repariert werden.

Und um ehrlich zu sein: Nach meinem letzten großen Fall lief es nicht gerade toll für mich. Ich habe meine Verlobung mit Dave «Buzz» Brydon gelöst, den ich seitdem für den bestaussehenden, nettesten, stärksten und geduldigsten Mann halte, dem ich je begegnet bin oder begegnen werde. Es war verrückt, Schluss zu machen, und gleichzeitig bedauere ich es keine Sekunde. Danach hatte ich nicht mal den Ansatz einer Beziehung. Ein richtig schönes Verbrechen hätte mich vielleicht dafür entschädigen können, aber auch hier: nada. Es gab nur eine Entführung, die sich interessant anließ, dann allerdings schnell langweilig wurde, und einen einigermaßen brauchbaren Fall von häuslicher Gewalt. Mehr nicht. Ich musste den Papierkram für mehrere anstehende Gerichtsverhandlungen erledigen und durfte ein wenig bei Operation Tinker aufräumen, bei der ich zuletzt mitgewirkt habe, aber auch das war nichts Aufregendes. Und da ich so nervig wie eine Fruchtfliege auf der Suche nach Obst war, warf mir DCI Jackson, mein Vorgesetzter im Dezernat für Schwerverbrechen, einen Haufen ungeklärter Fälle auf den Tisch; die sollte ich durchsehen. Eigentlich mag ich solche Aufträge ja, weil ich auf eigene Faust herumschnüffeln darf. Leider hält sich meine Begeisterung diesmal in Grenzen.

Aber das gilt mehr oder weniger für mein Leben im Allgemeinen. Seit letztem Oktober balanciert meine Psyche am Rande ihrer ganz persönlichen Finsternis. Sie ist zwar noch nicht in dieses Loch gefallen, allzu sicher darf sie sich aber auch nicht wähnen. Es fühlt sich an wie damals in Cambridge, als die gelben Zähne des Todes in jedem Schatten lauerten, bereit zum Zuschnappen.

Das ist nicht gut.

Es war ein langer, kalter und ungemütlicher Winter. Meine persönlichen Ermittlungsprojekte machen kaum Fortschritte.

Die Verbrechensstatistiken sind grauenvoll.

Und ich will keine Detective Sergeant werden.

Gwyn tischt uns das Lamm von gestern Abend mit Ofenkartoffeln und einem Berg gebuttertem Grünkohl auf. Wir hauen rein, als wären wir am Verhungern.

Gwyn ist die ältere Schwester meiner Mutter. Sie hat den Bauernhof geerbt, als ihre Eltern – meine Großeltern – im Abstand von neun Monaten beide das Zeitliche segneten. Er: Arbeitsunfall, sie: Schlaganfall. Gwyn war früher Tierarzthelferin in Abergavenny und mit dem Inhaber eines örtlichen Holzhandels verheiratet. Als sie hierherzog, um sich um ihre Mutter und den Bauernhof zu kümmern, blieb er mit seinen Kanthölzern und druckimprägnierten Zaunlatten im Tal zurück. Vier Jahre später ließen sie sich offiziell scheiden.

Gwyn ist inzwischen über sechzig. Sie hat weißes Haar, blaue Augen, ist dünn wie ein Haselnussstecken und immer noch so lebhaft wie die beiden Whippets, die früher durch ihre Küche rannten. Wenn ich sie fragen würde, ob ich hier raufziehen und lernen darf, wie man einen Bauernhof führt, um ihn irgendwann zu übernehmen, hätte sie wohl nichts dagegen.

Hier oben leben, weitab von der Stadt, im blauen Licht dieser Hügel. Beobachten, wie sie sich erst grün und dann golden und dann wieder grün färben, während die Jahre verwehen wie Laub im Wind.

Das wäre womöglich besser für mich. Könnte schon sein.

Nach dem Essen will ich wieder mit Iestyn nach draußen gehen, doch Gwyn hält mich in ihrer brüsken Art davon ab. «Du bist nicht hier, um meinen Zaun zu reparieren», sagt sie. «Du sollst für deine Prüfung lernen.» Damit schickt sie mich auf mein Zimmer.

Vom Fenster im ersten Stock aus sehe ich Gwyn und Iestyn zu den oberen Feldern gehen. Zwei dunkle Gestalten und ein Collie, der munter durch den Farn hüpft.

Natürlich lerne ich nicht.

Ich habe die Akten der ungeklärten Fälle aus dem Büro mitgenommen.

Die meisten dieser Verbrechen sind furchtbar öde. Waren es von Anfang an.

Nur zwei Fälle erregen meine Aufmerksamkeit.

Zum einen ein Unfalltod, bei dem der Gerichtsmediziner einen winzigen Zweifel anmeldete. In einer regnerischen Nacht vor achtzehn Monaten ist ein Wachmann, der ein paar Pints zu viel intus hatte, auf der Gower-Halbinsel von einer Klippe gefallen. Auf Anhieb würde man hier denken: Bier und Klippen passen eben nicht zusammen. Allerdings kannte der Wachmann den Pfad sehr gut, und im Autopsiebericht heißt es: Verletzung am unteren rechten Scheitelbein, wahrscheinlich während des Falls durch Kontakt mit Felsen verursacht. Ort des Aufpralls nicht eindeutig zu ermitteln.

Das hört sich nur mäßig spannend an. Der Bericht bestätigt, dass der Wachmann tatsächlich in den Tod gestürzt ist. Der Großteil der Verletzungen – gebrochene Knochen, Schnittwunden, Blutergüsse und so weiter – spricht dafür. Auch an der Todesursache gibt es keine Zweifel: ein Schlag auf den Hinterkopf, der ihm den Schädel spaltete, sodass sein Gehirn in das trübe Wasser der Swansea Bay floss. Aber diese spezielle Wunde – Verletzung am unteren rechten Scheitelbein – erschien dem Gerichtsmediziner offenbar rätselhaft genug, dass er wenigstens in einer Randbemerkung darauf aufmerksam machen wollte.

Ich schaue mir die Fotos vom Kopf des Toten an.

Und der sieht genauso aus, wie man es vom Schädel eines Wachmanns erwartet, der betrunken eine beinahe senkrechte Felswand hinuntergestürzt ist. Nur dass da, an der oberen rechten Schädelseite, eine – vielleicht tödliche, sicher lebensgefährliche – Delle zu sehen ist, die auf einen Schlag mit einem schweren, viereckigen Gegenstand hindeutet: Die Delle weist einen Winkel von fast genau neunzig Grad auf.

So wie eine Wunde, die entstehen würde, wenn man jemandem eins mit der Brechstange überzieht.

Verdächtig? Unverdächtig?

Schwer zu sagen. Die Wunde ist nicht mal zwei Zentimeter lang, dann geht sie in andere, größere Verletzungen über. Die Klippe war fünfunddreißig Meter hoch. Da kann man sich auf dem Weg nach unten alle möglichen interessanten Blessuren zuziehen.

Außerdem hatte das Opfer – Derek Moon – eine feste Arbeitsstelle und keine Geldprobleme. Er war verheiratet, spielte in seiner Freizeit Fußball und hatte eine kleine Tochter. Wurde nie straffällig. Und auch nie ausfällig – auch dann nicht, wenn er betrunken...

Erscheint lt. Verlag 22.1.2019
Reihe/Serie Fiona Griffiths
Übersetzer Kristof Kurz
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Cotard-Syndrom • Entführung • Kunstdiebstahl • Mord • Psychische Erkrankung • Verbrechen • Wales • weiblicher Ermittler
ISBN-10 3-644-40476-3 / 3644404763
ISBN-13 978-3-644-40476-2 / 9783644404762
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99