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Tatverdacht (eBook)

Meyer und Palushi ermitteln in Kosovo. Kriminalroman. Meyer und Palushi ermitteln (1)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
480 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-30962-3 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
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Camp Casablanca in Kosovo: Der Swisscoy-Soldat Fabian Zaugg wird beschuldigt, eine Bardame vergewaltigt zu haben. Der Soldat bestreitet die Tat, doch die Spuren zeichnen ein anderes Bild. Seine Schwester in der Schweiz beauftragt den Anwalt Pal Palushi mit der Verteidigung, in der Hoffnung, dass dieser als gebürtiger Kosovare mehr Licht in die Angelegenheit bringen kann. Pal Palushi bittet die Ex-Polizistin Jasmin Meyer, vor Ort zu recherchieren. Diese merkt schon bald, dass weit mehr hinter den Anschuldigungen steckt, als es den Anschein macht. Hat Fabian Zaugg etwas gesehen, das nicht für seine Augen bestimmt war? Oder schützt er einen Kameraden? Je tiefer Jasmin Meyer gräbt, desto undurchsichtiger wird die Geschichte.

Petra Ivanov verbrachte ihre Kindheit in New York. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz absolvierte sie die Dolmetscherschule und arbeitete als Übersetzerin, Sprachlehrerin und Journalistin. Heute ist sie als Autorin tätig und gibt Schreibkurse an Schulen und anderen Institutionen. Ihr Debütroman Fremde Hände erschien 2005. Ihr Werk umfasst Kriminalromane, Thriller, Liebesromane, Jugendbücher, Kurzgeschichten und Kolumnen. Petra Ivanov hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. zweimal den Zürcher Krimipreis (2010 und 2022).

Petra Ivanov verbrachte ihre Kindheit in New York. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz absolvierte sie die Dolmetscherschule und arbeitete als Übersetzerin, Sprachlehrerin und Journalistin. Heute ist sie als Autorin tätig und gibt Schreibkurse an Schulen und anderen Institutionen. Ihr Debütroman Fremde Hände erschien 2005. Ihr Werk umfasst Kriminalromane, Thriller, Liebesromane, Jugendbücher, Kurzgeschichten und Kolumnen. Petra Ivanov hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. zweimal den Zürcher Krimipreis (2010 und 2022).

2


Verdammt, Mini, was soll das?«

Jasmin Meyer ignorierte ihren Bruder und startete den Tiguan. Sie hörte ein Knattern im Motorraum und schüttelte den Kopf. Der Wagen hatte erst 5000 km zurückgelegt, und schon war die Parkbremse defekt.

»Mini!«, rief Bernie erneut quer durch die Werkstatt. »Beweg deinen Arsch hier rüber!«

Jasmin schaltete den Motor ab, rutschte vom Fahrersitz und öffnete die Haube. Sie wollte gerade anfangen, das Steuergerät auszubauen, da tauchte ihr Bruder neben ihr auf. In der Hand hielt er eine Bestellung, die er Jasmin unter die Nase hielt.

»Bist du taub, oder was?«, fragte Bernie. »Was soll der Scheiß?«

»Kannst du nicht lesen?«, fragte Jasmin gereizt. »Und hör auf, mich ›Mini‹ zu nennen.«

Schon als Kinder hatten ihre älteren Brüder sie Mini genannt. Dabei war sie mit ihren 1,65 m nicht einmal besonders klein. Doch in den Augen von Bernie und Ralf würde sie immer die kleine Schwester bleiben. Auch mit 34 Jahren noch.

»Du bist diejenige, die ein A nicht von einem B unterscheiden kann!«, konterte Bernie, auf ihre Legasthenie anspielend. »Also schieb dir deine Sprüche anderswohin.«

Jasmin packte einen Ring-Gabelschlüssel und schlug damit nach dem Formular in Bernies Hand. Mit grimmiger Genugtuung beobachtete sie, wie es zerriss. Noch lieber hätte sie Bernie zu Boden gehen sehen. Fluchend wich ihr Bruder zurück.

»Warum hast du ein neues AGR bestellt?« Bernie kam einen Schritt näher und baute sich vor ihr auf. »Ich hab gesagt, der Motor des Golfs braucht eine Generalüberholung!«

Jasmin antwortete nicht.

»Hier bin ich der Chef«, sagte Bernie, während er die zwei Hälften des Bestellformulars zerknüllte. »Wenn ich dir einen Auftrag gebe, führst du ihn aus, kapiert? Ich befehle, du parierst. Dein Dickschädel geht mir langsam auf den Geist. Kein Wunder, hat dich die Polizei rausgeschmissen. Weiber!«

Jasmin schnappte nach Luft. Dass er ihr die Schuld daran gab, alles verloren zu haben, was ihr wichtig gewesen war, zog ihr den Boden unter den Füßen weg. Noch schlimmer war, dass sie tief in ihrem Inneren genauso dachte wie er. Sie spürte den Verlust und die Angst, das Leben nicht mehr in den Griff zu bekommen. Die Wut, die in ihr aufstieg, ließ sie mit den Zähnen knirschen. Sie zwang sich, ruhig zu atmen und sich auf das eigentliche Problem zu konzentrieren.

»Nur das Abgasrückführventil ist defekt«, presste sie hervor. »Der Motor ist okay.«

Bernie schüttelte den Kopf. »Es kommt Öl ins Abgassystem. Das ist überhaupt nicht okay.«

»Der Motor bringt die volle Leistung«, widersprach Jasmin. »Der TDI hat 220 000 km drauf, was erwartest du? Bei dieser Laufleistung verkokt das AGR gern. Das fängt schon beim Anschluss am Auspuffkrümmer an.«

»Scheiße, Mini, das reicht! Wenn ich sage, der Motor wird überholt, dann will ich nicht, dass du nur das AGR austauschst!«

Jasmin kniff die Augen zusammen. »Und wenn ich sehe, dass das nicht nötig ist, mach ich es nicht! Das kostet den Kunden einige Tausend Franken!«

»Davon bezahl ich dir deinen Lohn!«

Jasmin betrachtete Bernies roten Kopf. In der Werkstatt war es still geworden. Neugierige Mechaniker lauschten dem Streit gebannt. Seit vier Monaten arbeitete sie hier. Kein Tag verging, ohne dass es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und Bernie kam. Er provozierte sie nicht absichtlich, doch es ging ihm offensichtlich nicht in den Kopf, dass sie ihm ebenbürtig war. Genau wie er hatte sie ursprünglich eine Lehre als Automechaniker absolviert. Schon kurz nach der Abschlussprüfung hatte sie sich jedoch bei der Polizei beworben, wo sie innerhalb weniger Jahre zur jüngsten Sachbearbeiterin beim Dienst Kapitalverbrechen aufgestiegen war. Dennoch hatte sie sich weiterhin für Motoren interessiert. Sie las regelmäßig Fachzeitschriften und schraubte in ihrer Freizeit an ihrem Motorrad herum.

»Weißt du was, Bernie? Du kannst mich mal.« Äußerlich ruhig, wischte sie sich die Hände am Overall ab. »Das Steuergerät des Tiguans ist defekt. Es muss ersetzt werden. Bestell ein neues. Die Parkbremse ist übrigens elektrohydraulisch, nicht elektronisch, wie du aufs Auftragsformular geschrieben hast. Sie wird von einer elektrischen Pumpe betrieben.« Ohne zurückzublicken, marschierte sie auf die Garderobe zu.

»Mini!«, rief ihr Bernie nach. »Wohin gehst du?«

In der Garderobe streifte sie den Overall ab, nahm ihren Motorradanzug vom Haken und zog ihn über. Unter ihren Stiefeln hatte sich eine Pfütze gebildet. Sie schüttelte das Wasser ab und schlüpfte hinein. Zuletzt stülpte sie sich entschlossen den Helm über den Kopf und stapfte zum Ausgang. Bernie rannte ihr nach. Sie zeigte ihm den Mittelfinger.

Als Jasmin die Kraft ihrer Ducati spürte, war es um ihre Selbstbeherrschung geschehen. Sie gab Gas und raste über den Parkplatz. Ihre Monster war zwar schon über sieben Jahre alt, dennoch wummerte der Motor immer noch in einem unvergleichlichen Stakkato. Drehzahlen unter 3000 pro Minute waren für diese Maschine eine Beleidigung.

Um zehn Uhr vormittags hatte sich der Berufsverkehr beinahe aufgelöst. Jasmin bog in die Hauptstraße ein und wechselte auf die Überholspur. Hundert Meter vor ihr befand sich ein Blitzkasten. Sie kannte alle Standorte im Kanton Zürich. Als sie darauf zufuhr, schaltete sie, ohne die Geschwindigkeit zu verringern, in den zweiten Gang. Abrupt schloss sie das Gas, bremste hinten und zog mit dem Zeigefinger die Kupplung, um gleich darauf die Drehzahl auf 8000 zu erhöhen, ehe sie die Bremse löste und forsch einkuppelte. Das Vorderrad kam problemlos hoch. Sie grinste, als sie geblitzt wurde. Auf dem Foto würde ihr Nummernschild wegen des Winkels nicht zu erkennen sein. Ihre ehemaligen Kollegen beim Kapitalverbrechen hätten sie anhand der Duc und der Kleidung erkannt. Doch vor der Verkehrspolizei musste sie sich nicht fürchten.

Sie überholte eine Kolonne wartender Autos und hielt ungeduldig vor einer roten Ampel. Nur wenige Zweiradfahrer wagten sich im November noch auf die Straße. Die glatte Fahrbahn war ihnen zu gefährlich, die frühe Dämmerung erhöhte das Risiko, von anderen Verkehrsteilnehmern übersehen zu werden. Das hinderte Jasmin nicht daran, das Gas voll aufzudrehen, als die Ampel auf Grün wechselte. Jasmin fuhr auf eine Kreuzung zu; leichter Regen setzte ein. Ohne zu überlegen, wählte sie die Spur, die in die Innenstadt führte. Die Wohnung ihrer Mutter, wo sie vor einem halben Jahr Unterschlupf gefunden hatte, lag in der entgegengesetzten Richtung. Jasmin hatte sich dorthin zurückgezogen, um ihre Wunden zu lecken. Diese waren zwar noch nicht verheilt, doch es war Zeit, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Ihre Mutter konnte ihr ebenso wenig helfen wie Bernie, der ihr mit dem Job in der Garage einen Dienst hatte erweisen wollen. Edith Meyer war nie besonders fürsorglich gewesen. Dafür hatte sie schlicht keine Zeit gehabt. Als ihr Mann kurz nach Jasmins Geburt verschwunden war, hatte sie neben ihrer Arbeit als Kellnerin im »Hirschen« zusätzlich an Banketten ausgeholfen, um sich und die drei Kinder durchzubringen. In den wenigen freien Stunden, die ihr geblieben waren, hatte sie die Hausarbeit erledigt. Gerieten Jasmin, Ralf oder Bernie jedoch in Not, so war sie immer für sie da gewesen. Wenn nötig, kämpfte sie für sie wie eine Löwin für ihre Jungen.

Ohne bewusst eine Entscheidung getroffen zu haben, bretterte Jasmin auf einen sanierten Altbau an der Löwenstraße zu. Nachdem sie den Motor abgestellt hatte, blieb sie sitzen und starrte auf das Messingschild an der Mauer. »Pal Palushi« stand neben den Namen zweier weiterer Anwälte, die sich eine Kanzlei im dritten Stock des Gebäudes teilten. Regen tropfte vom Visier ihres Helms, doch Jasmin regte sich nicht. Als Pal vor einer Woche angerufen hatte, um ihr einen Auftrag zu unterbreiten, hatte sie ohne Kommentar aufgelegt. Sie war überzeugt gewesen, sein Angebot sei nur ein weiterer Versuch, ihr zu helfen. Jasmin wollte kein Mitleid. Wenn sie wieder dort anknüpfen wollte, wo ihre Beziehung zu Pal abgebrochen war, brauchte sie seinen Respekt. Doch mit ihrem kindischen Benehmen trug sie nicht gerade dazu bei, sich Achtung zu verschaffen, gestand sie sich widerwillig ein. Zumindest könnte sie sich anhören, worum es ging.

Langsam stieg sie vom Motorrad. Sie nahm den Helm vom Kopf; dabei fielen ihr die schwarzen Halbmonde unter ihren Fingernägeln auf. Sie hatte die Werkstatt so überstürzt verlassen, dass sie sich nicht einmal die Hände gewaschen hatte. Sie zuckte mit den Schultern und stieß die Tür auf. Statt den Lift zu nehmen, joggte sie die drei Stockwerke hoch, um die Durchblutung in ihren von der Kälte steifen Gliedern anzuregen. Vor der Kanzlei strich sie sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht, klingelte kurz und trat ein.

»Ist er frei?«, fragte sie die Sekretärin am Empfang, ohne stehen zu bleiben.

Lisa Stocker sprang auf. »Einen Moment! Herr Palushi …«

Jasmin steuerte auf das Büro am Ende des Gangs zu. Um diese Zeit hatte Pal selten Besprechungen. Entweder war er am Gericht, oder er saß vor dem PC. Da die Tür geschlossen war, ging sie davon aus, dass er Schreibarbeiten erledigte. Ohne anzuklopfen, betrat sie sein Büro.

Ein verärgerter Ausdruck huschte über...

Erscheint lt. Verlag 1.1.2017
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Balkankriege • Frau • Internationale Schutztruppen • Jasmin Meyer • Kosovo • Kriminalroman • Pal Palushi • Schweiz • Spannung • Zürich
ISBN-10 3-293-30962-3 / 3293309623
ISBN-13 978-3-293-30962-3 / 9783293309623
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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