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Stille Lügen (eBook)

Flint und Cavalli ermitteln in Georgien. Kriminalroman. Ein Fall für Flint und Cavalli (4)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
384 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-30637-0 (ISBN)
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12,99 inkl. MwSt
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Die Entwicklungshelferin Isabelle Jenny verschwindet spurlos. Und der Buchhalter der Organisation »Teamwork«, für die sie tätig ist, wird tot zu Hause aufgefunden. Selbstmord? Staatsanwältin Regina Flint nutzt ihre Ferien im Südkaukasus, um nach ihrer ehemaligen Schulfreundin zu suchen, doch sie stößt auf eine Mauer des Schweigens. Warum verkehrt Isabelle in Kreisen, die sie früher gemieden hat: mit Auslandschweizern, der georgischen Oberschicht, Gewerkschaftsleuten? Der Aufenthalt wird für Regina Flint und den rekonvaleszenten Kriminalpolizisten zum Albtraum, als die georgische Polizei sie in Untersuchungshaft nimmt.

Petra Ivanov verbrachte ihre Kindheit in New York. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz absolvierte sie die Dolmetscherschule und arbeitete als Übersetzerin, Sprachlehrerin und Journalistin. Heute ist sie als Autorin tätig und gibt Schreibkurse an Schulen und anderen Institutionen. Ihr Debütroman Fremde Hände erschien 2005. Ihr Werk umfasst Kriminalromane, Thriller, Liebesromane, Jugendbücher, Kurzgeschichten und Kolumnen. Petra Ivanov hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. zweimal den Zürcher Krimipreis (2010 und 2022).

Petra Ivanov verbrachte ihre Kindheit in New York. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz absolvierte sie die Dolmetscherschule und arbeitete als Übersetzerin, Sprachlehrerin und Journalistin. Heute ist sie als Autorin tätig und gibt Schreibkurse an Schulen und anderen Institutionen. Ihr Debütroman Fremde Hände erschien 2005. Ihr Werk umfasst Kriminalromane, Thriller, Liebesromane, Jugendbücher, Kurzgeschichten und Kolumnen. Petra Ivanov hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. zweimal den Zürcher Krimipreis (2010 und 2022).

1


Als die Sonne hinter den Gipfeln des Südkaukasus unterging, breiteten sich die Schatten wie Totenflecken über der Schlucht aus. Obwohl das Gebirge die Stadt Bordschomi vor extremen Temperaturen schützte, fröstelte Frank Bolay. Das Hotel Zar Franco lag oberhalb der Stadt, umgeben von Orientfichten und Rhododendren. Von seinem Platz auf der Terrasse aus sah Bolay auf die Parkanlage entlang des Flusses Mtkwari, wo sich die Heilquellen mit ihrem natürlichen Mineralwasser befanden. Diesen Quellen verdankte Bordschomi seine Berühmtheit und Frank Bolay seinen Reichtum. Westeuropäer, und immer öfter auch Russen, die den Ort zu Badekuren aufsuchten, schätzten die gehobene Atmosphäre des Zar Franco und waren bereit, für den Luxus zu zahlen. Sie glaubten an die Heilkraft des Mineralwassers, das Bolay den Hotelgästen in Halbliterflaschen anbot.

Frank Bolay selbst trank Evian. Jetzt füllte er sein Glas nach und sah sich nach der Bedienung um. Tanja Begiaschwili schnitt hinter der Bar Zitronen. Als sie in seine Richtung blickte, tippte Bolay mit dem Zeigefinger auf die Evianflasche, als Hinweis darauf, dass sie leer war. Tanja Begiaschwili bemerkte die Geste nicht. Eine dunkle Haarsträhne hatte sich aus dem engen Knoten gelöst, den sie vorschriftsgemäß trug. Sie leckte sich den Saft vom Finger und griff nach der nächsten Zitrone.

Bolay packte seine leere Evianflasche, durchquerte die Hotelbar und stellte die Flasche auf  Tanja Begiaschwilis Schneidebrett. Die junge Frau sah überrascht auf. Bolay wusste, dass er mit seiner Größe von 1,72 Metern und seinem schmächtigen Körperbau niemanden beeindruckte. Umso stärker achtete er darauf, dass seine Hemden tadellos gebügelt waren und seine Anzüge perfekt saßen.

Er befahl Tanja Begiaschwili, mit ihm zu kommen. Sie legte ihr Messer auf die Ablage und ließ sich in die Küche führen. Dort bedeutete ihr Bolay, ihm in die Vorratskammer zu folgen. Die junge Frau schüttelte den Kopf. Sie wollte sich nicht allein in einen Raum mit ihm begeben. Bolay packte sie am Arm und schob sie vor sich durch die Tür. Der armenische Hilfskoch wandte sich ab und widmete sich seinen Kräutern.

Bolay schloss die Tür. »Wie oft habe ich Sie auf die Hygienevorschriften aufmerksam gemacht?«

Tanja Begiaschwili starrte auf ihre Füße.

»Antworten Sie!«

»Oft«, flüsterte Tanja Begiaschwili.

Bolay nickte. »Kommen Sie nach Ihrer Schicht zu mir ins Büro. Ich werde Ihren Austritt vorbereiten.«

Tanja Begiaschwilis dunkle Augen füllten sich mit Tränen. Bolay spürte, wie ihm das Blut durch den Körper schoss. Tanja Begiaschwili war am schönsten, wenn sie weinte. Georgische Frauen, sinnierte er, waren dafür geboren zu weinen. Er fuhr Tanja Begiaschwili mit dem Daumen über die nasse Wange und legte seine Hand auf ihren Nacken. Ihre Unterlippe zitterte, und sie versuchte kaum merklich zurückzuweichen.

Mit der anderen Hand strich Bolay über ihren Arm. Als er bei ihren Fingerspitzen ankam, hörte er, wie sie den Atem anhielt. Er ließ sich Zeit, um den Moment voll auszukosten. Er erinnerte sich daran, wie ihm im vergangenen Herbst eine Rothirschkuh am Eingang des Bordschomi Kharagauli Nationalparks vors Auto gesprungen war. Das Tier hatte ins Licht seiner Scheinwerfer gestarrt, bockstill bis auf seinen Schwanz, der zuckte, als wolle er ohne Körper fliehen. Das Bellen der Hirschkuh beim Aufprall hatte die Nacht zum Leben erweckt.

»Irgendwo muss noch Salz sein, verdammt!« Die Stimme des Kochs erfüllte die Vorratskammer. »Ich habe selber …« Matthieu Junod verstummte, als er seinen Chef sah. Über sein Gesicht huschte ein Ausdruck von Ekel, den er zu verbergen versuchte.

Bolay wischte eine weitere Träne von Tanja Begiaschwilis Wange und wandte sich an Junod. »Frau Begiaschwili geht es heute nicht besonders gut.« Dann drehte er sich wieder zu Tanja Begiaschwili. »Kommen Sie nach der Arbeit bei mir im Büro vorbei. Ich werde sehen, was ich tun kann.«

Als das Taxi vor der Schweizer Botschaft hielt, trat Pierre-Richard von Arburg einen Schritt vom Fenster zurück. Er griff sich an den Krawattenknoten, ließ seine Hand aber wieder fallen, ohne ihn zu lockern. Unten auf der Straße stiegen die Fahrgäste aus. Die Wache vor dem Tor zeigte zum Eingang. Kurz darauf klingelte das Telefon. Bevor von Arburg sein Büro verließ, sprühte er sich Mundspray auf die Zunge.

Von Arburg deutete eine Verbeugung an und hieß die Besucher in Tiflis willkommen. Er hatte sich Regina Flint kräftiger vorgestellt. Laut den Erkundigungen, die er über sie eingezogen hatte, war sie eine unbeugsame Staatsanwältin, standhaft, ehrlich und geradlinig. Die Gestalt, die vor ihm stand, erschien ihm zu zerbrechlich, um Gewaltdelikte zu verfolgen.

Regina Flint erwiderte seinen Händedruck. »Danke, dass Sie sich für uns Zeit nehmen.«

»Selbstverständlich«, lächelte von Arburg. Er wandte sich an den Polizisten, der Regina Flint begleitete, und bat ihn, Platz zu nehmen. Auch Bruno Cavalli sah weniger bedrohlich aus, als von Arburg aufgrund seines Rufes vermutet hatte. Seine matten Augen starrten an von Arburg vorbei, als er sich auf den Stuhl fallen ließ.

»Kann ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee? Orangensaft?«, fragte von Arburg.

»Wasser bitte«, antwortete Regina Flint.

»Herr Cavalli?«

»Kaffee.«

Nachdem von Arburg die Bestellung weitergeleitet hatte, nahm er am Kopf des Besprechungstisches Platz und fragte nach ihrem Hotel. Regina beschrieb den Neubau, bis die Getränke gebracht wurden.

»Herr von Arburg, ich habe Ihnen am Telefon angedeutet, weshalb wir hier sind.«

Pierre-Richard von Arburg bemerkte die Veränderung in Regina Flints Stimme. Sie wurde sachlich. Zwischen ihren Augenbrauen bildete sich eine kleine Falte. Als sie sich nach vorn beugte, griff von Arburg automatisch zum Mundspray in seiner Tasche. Er zwang sich, seine Hand wieder auf den Tisch zu legen. »Ich erinnere mich. Sie suchen eine vermisste Person.«

»Isabelle Jenny. Sie arbeitet für das Hilfswerk Teamwork. Kennen Sie die Organisation?«

Von Arburg nickte. »Ein kleines Schweizer Hilfswerk, das hauptsächlich in Osteuropa tätig ist.«

»Ausschließlich. Es wurde 1989 von Schweizer Slawistikstudenten gegründet, die sich für den Frieden in Osteuropa einsetzen wollten. Die Friedensarbeit ging immer mehr in Entwicklungszusammenarbeit über. Seit fünf Jahren ist Teamwork hauptsächlich im Südkaukasus tätig. Isabelle Jenny hat das Programm in Georgien aufgebaut.«

Von Arburg nahm einen Schluck Kaffee. »Eine noble Aufgabe.«

»Isabelle Jenny flog am 28. April von Zürich nach Tiflis, seither hat niemand sie gesehen.«

»Darf ich fragen, warum Sie sich als Zürcher Staatsanwältin mit diesem Fall beschäftigen? In der Regel werden Vermisstmeldungen über die Sektion für konsularischen Schutz des EDA an uns weitergeleitet.«

»Wir sind privat hier. Es gibt bis jetzt keinen Hinweis darauf, dass Isabelle Jenny etwas zugestoßen ist. Doch ihre Mutter ist besorgt. Angeblich telefoniert Isabelle jeden Sonntagabend nach Hause. Der 28. April war ein Donnerstag. Sie hat sich weder am 1. Mai noch gestern gemeldet.«

»Dann hat die Mutter der vermissten Frau Sie also privat engagiert? Zusammen mit Herrn Cavalli?« Von Arburg blickte zum Polizisten, der aufsah, als er seinen Namen hörte.

»Isabelle Jenny ist eine alte Schulkollegin von mir«, erklärte Regina Flint. »Als ihre Mutter von unseren Ferienplänen erfuhr, bat sie mich, Isabelle aufzusuchen.«

Von Arburg wandte sich an Bruno Cavalli. »Ist etwas außergewöhnlich an Isabelle Jennys Verschwinden?«

»Möglicherweise.«

»Haben Sie schon mit den georgischen Behörden Kontakt aufgenommen?«

»Nein, noch nicht«, erwiderte Regina Flint. »Sind sie kooperativ?«

»Die Zusammenarbeit ist manchmal schwierig«, antwortete von Arburg. »Aber ich werde schauen, was ich für Sie tun kann. Wie lange sind Sie in Tiflis?«

»Noch zwei Tage. Anschließend fahren wir nach Batumi ans Meer.«

»Ein wunderschöner Ferienort.« Von Arburg stand auf und nahm die Visitenkarte, die Regina Flint ihm reichte. Er versprach, sich so bald als möglich zu melden. Dann begleitete er sie zum Ausgang. Als er die Tür hinter ihnen zustieß, holte er seinen Mundspray hervor.

Im Hotel legte sich Cavalli hin. Sobald er die Augen schloss, befand er sich in Gedanken wieder im Taxi. Der Lada war im Zickzackkurs durch Tiflis gerast, um Schlaglöchern und Autofahrern auszuweichen. Regina hatte ihn vor der Reise gewarnt, doch er hatte nicht auf sie gehört. Zu verlockend war die Vorstellung gewesen, der Untätigkeit zu entfliehen. Wochenlang hatte er nichts anderes getan, als zu schlafen und zu spazieren. Sein Arzt hatte ihn nach der Schussverletzung drei Monate krankgeschrieben. Als Reginas Freundin Leonor wegen eines Krankheitsfalls in der Familie ihre Reise absagte, ergriff Cavalli die Gelegenheit und begleitete Regina an Leonors Stelle nach Georgien. Seine Kräfte ließen jedoch schneller nach, als er sich eingestehen wollte.

Cavalli presste den rechten Arm gegen seine Brust und rutschte zur Bettkante. Das Hämmern in seinem Kopf setzte wieder ein. Neben dem Bett waren Medikamente...

Erscheint lt. Verlag 1.1.2017
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Asien • Entwicklungshilfe • Georgien • Hilfswerke • Kaukasus • Kriminalroman • Schweiz • Spannung • Zürich
ISBN-10 3-293-30637-3 / 3293306373
ISBN-13 978-3-293-30637-0 / 9783293306370
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