Kleines Brevier für Reisende und Sommerfrischler (eBook)

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2018 | 1. Auflage
159 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1626-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kleines Brevier für Reisende und Sommerfrischler - Theodor Fontane
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Ein wahres Trost- und Erbauungsbuch für alle Reisenden. Aus Fontanes Briefen und seinen unterhaltsamen Reiseschilderungen hat der Fontane-Experte Gotthard Erler die schönsten Äußerungen zum Thema Lust und Last des Reisens ausgewählt. Was den großstadtgestreßten Schriftsteller erboste, was ihm die Laune gründlich verdarb und woran er sich wieder aufrichtete, all das präsentiert er mit einer selbstironischen Brillanz, die dem Leser nichts als Vergnügen bereitet. Bei aller Sesshaftigkeit war Fontane ein reiselustiger Mensch. In europäischen Hauptstädten tat er sich ebenso um wie in unbedeutenden Provinznestern. Luxuriöse Badeorte boten ihm die Gelegeneheit, seiner Meisterschaft der Menschenbeobachtung zu frönen, während er sich in einfachen Sommerfrischen bei guter Luft und ausreichender Bewegung am besten erholte. Stoßseufzer über grobe Kellner, schändliches Essen und prmitive Quartiere wechseln mit dem Lob des wohltätigen Klimas und einer angenehmen Tischgesellschaft. Auch wenn er sich über manche Unzumutbarkeit erboste, so stand ihm doch der Gewinn des Reisens für Körper, Geist und Seele ganz außer Zweifel. Schließlich stärkten ihn ausreichender Schlaf und die Abwesenheit von Ärger so, dass er selbst über gewisse Eisenbahnzustände oder das schröpfende Gebaren bestimmter Kur- und Badeplätze hinwegsah. Was es allerdings mit dem Lokus im Levkojenbeet und ähnlichen 'Örtchen' auf sich hat, erfahren wir nur aus den Briefen an Ehefrau Emilie. Anderen Adressaten sind andere Themen vorbehalten. 'Ich glaube, daß das ganze moderne Reisewesen sehr reparaturbedürftig ist; auszuhalten ist die ganze Geschichte nur von denen, die so gesund und kreuzfidel sind, daß sie füglich auch zu Hause bleiben können.' Fontane an den Chefredakteur der 'Vossischen Zeitung' Friedrich Stephany, 28. Juli 1886

Theodor Fontane wurde am 30. Dezember 1819 im märkischen Neuruppin geboren. Nach vierjähriger Lehre arbeitete er in verschiedenen Städten als Apothekergehilfe und erwarb 1847 die Zulassung als »Apotheker erster Klasse«. 1849 gab er den Beruf auf, etablierte sich als Journalist und freier Schriftsteller und heiratete 1850 Emilie Rouanet-Kummer. 1855 bis Anfang 1858 hielt er sich in London auf, u. a. als »Presseagent« des preußischen Gesandten. Zwischen 1862 und 1882 kamen die »Wanderungen durch die Mark Brandenburg« heraus. Neben seiner umfangreichen Tätigkeit als Kriegsberichterstatter und Reiseschriftsteller war Fontane zwei Jahrzehnte Theaterkritiker der »Vossischen Zeitung«. In seinem 60. Lebensjahr trat er als Romancier an die Öffentlichkeit. Dem ersten Roman »Vor dem Sturm« (1878) folgten in kurzen Abständen seine berühmt gewordenen Romane und Erzählungen sowie die beiden Erinnerungsbücher »Meine Kinderjahre« und »Von Zwanzig bis Dreißig«. Fontane starb am 20. September 1898 in Berlin.

Vorwort


Topographie eines Reiselebens

»Mehr als Weisheit aller Weisen galt mir reisen, reisen, reisen«, bekennt der alte Fontane in dem melancholischen Gedicht »Meine Reiselust (früher und jetzt)«. Möglicherweise hatte er etwas von der ewigen Unrast seines Vaters geerbt, der ja, nach der spöttischen Meinung seines Sohns, am liebsten immer umhergefahren wäre, um eine neue Apotheke zu finden, ohne sie wirklich finden zu wollen. Vielleicht treibt Fontane auch eine psychische Disposition zu Veränderung und Ortswechsel, und nicht zufällig hat er hinreißend beschrieben, wie er schon als kleiner Junge eine nächtliche Fahrt im offenen Wagen als etwas Außerordentliches empfand: »mir war, als reisten wir in den Himmel«. Wie dem auch sei: sein ganzes Leben vollzieht sich in der Spannung von »unterwegs und wieder daheim«, und so ist er, verglichen mit den schreibenden Kollegen seiner Zeit, ein Autor, den es nie lange an seinem Schreibtisch hält. Auch der tägliche Spaziergang im Tiergarten, den er in den späten Tagebüchern penibel vermerkt, kann als Teil dieser Umtriebigkeit gelten.

Nach den Lehr- und Wanderjahren in Berlin, Burg, Leipzig, Dresden und Letschin (in deren Verlauf ein vierzehntägiger Abstecher nach England ihm 1844 erstmals einen Blick in die »Welt« verschafft) zwingt ihn zunächst die existentielle Sorge um den Unterhalt der Familie, sich »draußen« umzutun; denn ohne eigne Apotheke ist von der erlernten Pharmazie nicht zu leben. Er versucht es 1852 als Journalist in London, und von 1855 bis Anfang 1859 lebt er erneut, diesmal sogar im offiziösen Auftrag der preußischen Regierung, in der kritisch bewunderten britischen Metropole. Berufsbedingte Aufenthalte anderswo von dieser Dauer kommen später nicht mehr vor; allenfalls schickt ihn 1863 die Redaktion der »Kreuzzeitung« für ein paar Tage als Berichterstatter zu einer europäisch bestückten Landwirtschaftsausstellung nach Hamburg. Die meisten Reisen, schon in der England-Zeit beginnend, unternimmt Fontane, wie er das nennt, »von Metiers wegen«: also wegen konkreter Recherchen für schriftstellerische Arbeiten. Dazu gehören 1856 der Besuch in Oxford und 1857 der Ausflug nach Manchester, wo er sich eine ambitionierte Kunstausstellung ansieht, um darüber in der »Zeit« zu berichten; 1858 besucht er »sein« von Jugend an historisch-romantisch verklärtes Schottland. In den Jahrzehnten von 1859 bis 1889 durchstreift er die heimatliche Mark Brandenburg, und dazwischen, von 1864 bis 1871, lernt er Dänemark, das damals österreichische Böhmen und vor allem Frankreich kennen, wo er jeweils die Schlachtfelder der Bismarckschen Kriege besichtigt und beschreibt. Dabei greifen im Herbst 1870 französische Freischärler höchst unsanft in die sorgsam vorbereiteten Reisepläne des Schlachtenbummlers und Hobbystrategen ein; als vermeintlicher preußischer Spion wird er gefangengenommen und nach einem demütigenden Transport auf Oléron an der Westküste interniert; um ein Haar wäre er standrechtlich erschossen worden, denn immerhin führte der Zivilist einen geladenen Revolver bei sich.

Mit Beginn der siebziger Jahre, als sich Fontane als freier Schriftsteller durchzuschlagen beginnt, treten in zunehmender Dichte »Sommerfrischen« an die Stelle all solcher »Dienstreisen«: er muß seine strapazierten Nerven entspannen, seine durch winterliche Erkältungskrankheiten geschwächten Kräfte erneuern. Aus dem sommerlich-schwülen Berlin mit seiner »typhösen Kanalluft« flieht er regelrecht ins Gebirge oder an die See und gelegentlich nach Kissingen und Karlsbad. Auch zwei »Bildungsreisen« leistet er sich: 1874 hält er sich mit Frau Emilie fast ein Vierteljahr in Italien auf und kommt bis Neapel, 1875 fährt er allein nach Oberitalien. Allerdings sind diese Reisen immer Arbeitsurlaube: eine Novelle wird entworfen, ein Romanmanuskript überarbeitet, Druckfahnen sind zu korrigieren.

Von beruflichen und privaten Reisen her kennt Fontane mithin beträchtliche Teile Westeuropas von der Fingalshöhle bis zur Blauen Grotte, von Kopenhagen bis Wien, von London bis Rom, von Paris bis Prag und von der Atlantikinsel Oléron bis zum Ostsee-Eiland Usedom. Dreimal ist er in England und Frankreich, zweimal in der Schweiz und Italien, in Österreich und Dänemark. Seine Sommerfrischen sehen ihn mehrfach im Harz (Thale und Wernigerode), dann ziemlich regelmäßig im Riesengebirge (bevorzugt in Krummhübel), dazwischen auf Norderney und Föhr, in Warnemünde und Dobbertin. Und auf Dutzenden von »Kurzreisen« (oft an den Wochenenden und Feiertagen) trägt er, parallel dazu, das Material für die »Wanderungen durch die Mark Brandenburg« zusammen und erkundet die Szenerie für seine Romane.

Reise als literarischer Gegenstand

Kein Zweifel: Fontane ist ein welt-befahrener Mann (auch wenn »Welt« nur einen Teil Europas bedeutet) und ein reiseerfahrener Autor, der jeweils mit einem »ganzen Sack voll Münze« nach Hause kommt, um dort, wie er es formuliert, »die Goldpfennige von dem ganz gemeinen Dreier« zu scheiden. Die literarische Ausbeute seiner ausgedehnten Reisetätigkeit schlägt sich in einem bemerkenswerten Sektor seines Gesamtwerks nieder: in den fünf Bänden der »Wanderungen« (1861–1889), den autobiographisch bekenntnisreichen Berichten »Ein Sommer in London« (1854), »Jenseit des Tweed« (1860), »Kriegsgefangen. Erlebtes 1870« (1871), »Aus den Tagen der Okkupation« (1872) sowie in den dickleibigen drei »Kriegsbüchern« (1866, 1869/70 und 1872–1876). Ein Buch über Italien hat er demonstrativ nicht geschrieben, während sich Impressionen aus Dänemark, aus Thüringen und Mecklenburg in verstreut gedruckten Feuilletons finden.

Bereits in seinen erzählerischen Anfängen wird die Reise thematisiert (vor allem in der erst neuerdings aufgefundenen Erzählung »Zwei Poststationen«, aber auch in den aus dem Englischen adaptierten »Jagdgeschichten am Kap«), und Reisen haben auch in Fontanes eigentlichem Hauptwerk, seinen Romanen, eine auffällige Funktion; es gibt keinen, in dem nicht eine Hochzeitsreise, eine Dienst- und Urlaubsreise vorkommt oder wenigstens eine Landpartie dargestellt ist, und stets fällt solchen Ereignissen eine fast dramaturgische Aufgabe zu: die Italienreise der Melanie van der Straaten (»L'Adultera«), Holks Reise nach Kopenhagen (»Unwiederbringlich«), Effi Briests Kuraufenthalt in Schwalbach, Céciles Fahrt in den Harz, Frau von Carayons Besuch beim König in Paretz (»Schach von Wuthenow«), Lehnerts Flucht nach Amerika (»Quitt«), und in »Vor dem Sturm« erzählt Tante Schorlemmer gar von ihrem Leben auf Grönland.

Vor allem freilich in seinen Briefen hat sich das reisende Subjekt Fontane zum Thema »ausräsonniert«. Da er ein mitteilungsfreudiger, kommunikativer Mensch war, sind seine Briefe von den Reisen und über das Reisen ein richtiges Kompendium, das ebenso präzise wie amüsant Auskunft gibt über seine »Reisephilosophie« und seine »Reiseschicksale«. Reisen haben danach mit Neugier auf das Unbekannte zu tun, sie erweitern den geistigen Horizont und geben vernünftige Maßstäbe für das Verständnis von Heimat und Welt, von Preußen und Europa. Die Fremde lehre die Menschen, so sagt er 1872 in einem Essay über Willibald Alexis, nicht bloß sehen, sondern richtig sehen, und ihre Kenntnis bewahre sie vor der ridikülen lokalpatriotischen Verwechslung der Müggelberge mit dem Finsteraarhorn. Reisen zeigten Fontane, »daß hinterm Berg auch Leute wohnen« – diesen Satz hat er mehrfach als einleuchtende Metapher für tolerantes Denken in seinen Briefen gebraucht, bevor er ihn auch im »Stechlin«-Roman benutzt und mit den Worten präzisiert: »und mitunter noch ganz andre«. Diese Abgrenzung von regionaler Borniertheit findet in einer Äußerung von 1884 eine aufschlußreiche Ergänzung. Als nämlich die »Gefahr« besteht, daß das Sorgen- und Lieblingskind Mete nach Amerika gehen könnte, tröstet er seine Frau mit der Versicherung, es gäbe heutzutage keine Entfernungen mehr und man habe keine andere Heimat als die Erde.

Reisen haben für Fontane aber auch diesseits solcher kulturphilosophischer Überlegungen eine höchst praktische Bedeutung. Sie bringen geistige Auffrischung durch neue Eindrücke und interessante Bekanntschaften und – sie dienen der Wiederherstellung und Stabilisierung der Gesundheit. Gerade über diesen Aspekt läßt sich der ewig lufthungrige und geradezu bewegungssüchtige Fontane immer wieder aus und berät seine Familie und seine Freunde mit sentenziösen Empfehlungen (»Gute Gesundheit ist besser als eine Million«).

Bei alledem hat er schlichtweg das Abenteuer Reise geschätzt und gern heiter-ironisch in seinen Briefen darüber geplaudert. Dabei sind ihm, briefverborgen, druckreife Feuilletons gelungen, die er mit Vorliebe an seine Frau adressierte, die lange Zeit, mangels Geld für gemeinsame Unternehmungen, daheim bleiben mußte. Es ist köstlich zu lesen, mit wieviel subtilem Humor er sich als Opfer gegenüber der »Tücke des Objekts« zu schildern weiß. Mit hochgestimmten, poetischen Erwartungen will er 1870 die Kathedrale von Toul besichtigen, doch ein bedrohliches »Rumoren« in seinen Eingeweiden zwingt ihn zu schleuniger Rückkehr ins Hotel, wo ihm eine peinliche Suche nach der Toilette bevorsteht. Ähnlich ergeht es ihm 1889, als er, der große Richard-Wagner-Skeptiker, schon während der Ouvertüre zu »Parsifal« das Festspielhaus fluchtartig verlassen muß. Solche Banalitäten des Lebens, die ihm oft das »Reiseglück« trüben, hat er voller Witz geschildert: die Magenverstimmung seiner Frau in Thüringen, die Schwierigkeit mit Spiegeleiern in Frankreich.

Reisebericht als Kulturkritik

Zu diesen...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2018
Vorwort Gotthard Erler
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Essays / Feuilleton
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ankommen • Aufbrechen • Badeorte • Fontane • Reisebekanntschaften • Reiseerinnerungen • Reisen • Sommerfrische • Sommerfrischler • Theodor Fontane • Unterkünfte • Urlaub
ISBN-10 3-8412-1626-9 / 3841216269
ISBN-13 978-3-8412-1626-7 / 9783841216267
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