Das Weingut. In stürmischen Zeiten (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
688 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-22641-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Weingut. In stürmischen Zeiten -  Marie Lacrosse
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In den dunklen Gassen Prags fordert ein skrupelloser Killer seine Gegner zu einem teuflischen Spiel heraus ...
Weißenburg im Elsass im Jahr 1870: Die junge Waise Irene kommt als Dienstmädchen in das Herrenhaus des reichen Weinhändlers Wilhelm Gerban. Dessen Sohn Franz glaubt an die Ideale der französischen Revolution, wofür sein Vater wenig Verständnis hat. Als Irene auf Franz trifft, verlieben die beiden sich leidenschaftlich ineinander. Doch nicht nur Standesschranken und familiäre Intrigen stehen ihrer Beziehung im Wege. Auch am europäischen Horizont ziehen dunkle Wolken auf: Ein furchtbarer Krieg bricht aus. Gegen alle Widerstände kämpfen die beiden jungen Leute um ihr Glück. Bis das Schicksal unbarmherzig zuschlägt ...

Vor der Kulisse des Kriegs von 1870/71 zeichnet Marie Lacrosse ein beeindruckendes Bild der bürgerlichen Verhältnisse der Zeit.

Marie Lacrosse hat in Psychologie promoviert und arbeitete viele Jahre hauptberuflich als selbstständige Beraterin überwiegend in der freien Wirtschaft. Ihre Autorentätigkeit begann sie unter ihrem wahren Namen Marita Spang und schrieb erfolgreich historische Romane. Heute konzentriert sie sich fast ausschließlich aufs Schreiben. Ihre Trilogie »Das Weingut « wurde ebenso zu einem großen SPIEGEL-Bestseller wie die »Kaffeehaus«-Saga. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in einem beschaulichen Weinort. Weitere Romane der Autorin sind bei Goldmann in Vorbereitung.

Prolog

Heidelberg, Februar 1851

Das Krähen des Säuglings riss sie aus dem Erschöpfungsschlaf, in den sie nach der schweren Geburt für einige Minuten gesunken war. Mühsam richtete sie sich auf den Ellenbogen auf und blickte umher. Kein Lichtstrahl fiel durch das trübe Milchglas des kleinen Fensters zu ihrer Rechten, draußen herrschte mittlerweile finstere Nacht.

Als sie sich vorbeugte, um den Vorhang zurückzuziehen, der ihr Bett rechter Hand auf Kopfhöhe umgab, schoss ein rasender Schmerz durch ihren Unterleib. Mit einem leisen Schrei sank sie zurück in die Kissen.

Wenig später wurde der Vorhang zur Seite gezogen. Ohne ein Lächeln tauchte das Gesicht ihrer Tante Erna vor ihr auf. Es zeigte den Ausdruck Fleisch gewordener Missbilligung.

»Was gibt es, Klara?« Auch die Stimme ihrer Tante klang hart. »Du sollst ruhen, damit wir diese unwürdige Örtlichkeit so schnell als möglich verlassen können.«

»Bitte!« Die junge Frau leckte sich über die spröden, aufgesprungenen Lippen. »Bitte, ich will das Kind doch nur einmal sehen. Ist es ein Junge oder ein Mädchen?«

Ihre Tante schüttelte den Kopf. »Es ist ein Bastard«, antwortete sie brutal. »Das weißt du genauso gut wie ich, und mehr musst du nicht wissen!«

»Bitte, um Christi willen, ich bitte dich! Ich will es nur einmal halten! Ich habe es neun Monate in meinem Leib getragen! Es ist mein Kind!«

»Ich habe Nein gesagt! Das gehört nicht zu den Gepflogenheiten dieses Hauses! Wir müssen schon genug dafür bezahlen, dass deine Schande unentdeckt bleibt, Klara!«, betonte die Tante den Namen in verächtlichem Tonfall. Es war nicht der richtige Vorname der Wöchnerin. Wie jeder Tochter aus gutem Hause, die die Dienste dieser Anstalt in Anspruch nahm, hatte man ihr am Tag der Aufnahme einen Decknamen zugewiesen.

»Bitte!« Klaras Stimme wurde lauter. »Bitte! Ich schreie das ganze Haus zusammen, wenn ich das Kind nicht sehen darf!«

Der Ausdruck im Gesicht ihrer Tante wandelte sich von Missbilligung zu unverhohlener Verachtung und kaltem Zorn. »Hättest du geschrien, bevor dieser Bastard gezeugt wurde, hättest du wohlgetan! Aber damals hast du es vorgezogen, dich in sündiger Lust zu wälzen! Nun füge dich in dein Schicksal. Ich werde dir einen Schlaftrunk bringen lassen. Wir reisen so bald wie möglich ab!«

Mit diesen Worten trat sie vom Bettrand zurück und riss den Vorhang mit einer herrischen Bewegung wieder zu.

Tränen der Empörung und Demütigung rannen der jungen Frau über die Wangen. Noch einmal versuchte sie, sich aufzurichten, noch einmal warf sie der Schmerz zurück auf ihr schweißdurchtränktes Lager. Nicht einmal die Laken hatte man nach der stundenlangen Tortur der Geburt gewechselt. Nur das blutige Ledertuch, das man ihr untergeschoben hatte, war entfernt worden.

Verzweifelt lauschte sie auf die Geräusche um sich herum. Sie hörte den Säugling leise im Nebenraum weinen, der von ihrer Kammer abging, und erkannte nun auch die Stimmen der Hebamme und der Schwester, die sie während der Geburt betreut hatten. Wasser plätscherte. Wahrscheinlich wurde das Kind gerade gebadet. Doch niemand reagierte auf ihr leises Rufen, obwohl die Tür zwischen ihrer Kammer zum Nebenraum offen stand. Klara fühlte sich völlig hilflos. Einmal mehr verfluchte sie die Abgeschiedenheit ihres Zimmers.

Da niemand ihre wahre Identität kennen sollte, hatte sie in diesem »Haus für gefallene Mädchen«, wie ihre Tante es nannte, den kleinen Raum für sich allein. Ihre Leidensgenossinnen, die aus ärmeren Verhältnissen stammten, lagen dagegen in einem großen Schlafsaal. Von deren Schicksal hatte ihr Schwester Agnes erzählt. Die mütterlich wirkende Frau war die einzige Person, die in den zwei Monaten ihres Aufenthaltes ein freundliches Wort an sie gerichtet hatte.

Wie oft hatte sich Klara in diesen endlosen Wochen nach der Gesellschaft der Frauen und Mädchen gesehnt, die vom gleichen Unglück heimgesucht worden waren! Wie gerne hätte sie ihr weiches Federbett in der kleinen Kammer mit einem der harten Strohlager im großen Saal getauscht, den sie tief verschleiert jeden Sonntagmorgen durchquert hatte, wenn man sie zur heiligen Messe führte. Auch in der kleinen zugigen Kapelle musste sie abseits in dem unbequemen geschnitzten Chorgestühl sitzen, während sie den Worten des Priesters lauschte, der seiner ausschließlich weiblichen Gemeinde in jeder Predigt ihren sündigen Lebenswandel vorhielt.

Allerdings hätte Schwester Agnes ihr sagen können, dass das Geschwätz und Geplauder, nach dem sich Klara so sehnte, auch im großen Schlafsaal streng unterbunden wurde. Dass die Frauen und Mädchen dort, solange sie dazu fähig waren, tagsüber harte Arbeit verrichten mussten. Sie webten oder spannen zwölf Stunden lang, die Geschickteren klöppelten Spitze oder bemalten Holzspielzeug. Klara konnte nicht wissen, dass keine dieser Unglücklichen dafür Verständnis aufgebracht hätte, dass sich das Fräulein in der Kammer langweilte, weil man ihr außer der Bibel nicht einmal Bücher zugestanden hatte. Dass sie für das nahrhafte Essen, das man ihr dreimal am Tag servierte, beneidet worden wäre: Weizenbrot mit Marmelade zum Frühstück, Hühnchen und frisches Gemüse zu Mittag, Käse und Wurst zum Abendessen, so viel sie begehrte. Während sich die armen Bewohnerinnen der Anstalt mit einem faden Haferbrei am Morgen, einer dünnen Gemüsesuppe am Mittag und hartem Brot mit Quark oder Schmalz am Abend begnügen mussten.

»Schließlich sind diese Frauen nicht einmal zahlende Gäste, sondern liegen der Wohlfahrt auf der Tasche.« In diesem oder ähnlichem Tenor hätte Tante Erna über ihre Leidensgenossinnen gesprochen, wenn Klara je das Gespräch mit ihr darüber gesucht hätte. Die Häme und Verachtung, mit der diese sich im Bewusstsein ihrer eigenen altjüngferlichen Tugend über »die in Schande Geratenen« äußerte, wäre dabei wahrscheinlich noch deutlicher als sonst zum Ausdruck gekommen.

Jetzt krähte der Säugling wieder heftiger. »Sch, sch, alles ist gut«, hörte Klara die beruhigende Stimme der Hebamme, der unmittelbar Tante Ernas schnarrende folgte.

»Sind wir hier drin jetzt endlich fertig? Ich sehne mich nach einer anständigen Mahlzeit und dem Frieden meines Zimmers.«

»Sofort, meine Gnädigste. Sie müssen mich nur noch zur Mutter Oberin begleiten und die Übergabe des Kindes an unsere Anstalt bescheinigen.«

Nein, sie sollen es noch nicht wegbringen! Mit letzter Kraft zog Klara an ihrem Bettvorhang, doch niemand im Raum schien es zu bemerken oder zu beachten. Dann hörte sie, wie die Tür ihrer Kammer geöffnet und geschlossen wurde und sich die Schritte mehrerer Personen den Gang hinunter entfernten. Sie war allein. Verzweifelt begann sie zu schluchzen.

Das ganze Elend der letzten furchtbaren Monate brach wie eine Lawine über sie herein. Die Tante hatte von sündiger Lust gesprochen, in der sie sich gewälzt habe. Stattdessen hatte sie nur Entsetzen und Scham empfunden, als der Mann, dem sie vorbehaltlos vertraut hatte, völlig unvermutet über sie hergefallen war. Er hatte ihre Schreie mit einem Kissen erstickt, während er ihre Röcke hochschob, ihren Schlüpfer zerriss und brutal in sie eindrang. Der hilflos Weinenden drohte er hinterher, sie in Schimpf und Schande aus dem Haus zu werfen, sollte sie auch nur ein Sterbenswörtchen von dem verraten, was in dieser Nacht geschehen war. Klara glaubte ihm das aufs Wort.

Wie gerne hätte sie geschwiegen und alles verdrängt und vergessen! Doch dann begann diese merkwürdige Übelkeit, die sie jeden Morgen heimsuchte. Um die Taille herum wurde sie fülliger, sodass sie nicht mehr so eng geschnürt werden konnte und all ihre Kleider weiter gemacht werden mussten. Ihre Brüste schwollen an.

In ihrer Unschuld konnte sie sich diese Veränderungen ihres mädchenhaften Körpers anfangs gar nicht erklären. Bis ihre Schwester, alarmiert durch die Zofe, die Klara täglich aufwartete, ihr eines Morgens auf den Kopf zusagte, dass sie schwanger sei. Und dabei den Vater des Kindes gleich mit benannte. In ihrer grenzenlosen Verwirrung hatte Klara den Verdacht ihrer Schwester bestätigt.

Unmittelbar danach setzte hinter der gutbürgerlichen Fassade ihres Heims hektisches Treiben ein. Nachdem der langjährige Hausarzt der Familie unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit die Schwangerschaft bestätigt hatte, tagte der Familienrat. Klara war davon ausgeschlossen, ihr wurde nur das Ergebnis mitgeteilt.

»Du wirst in Begleitung von Tante Erna zunächst aufgrund deiner schwachen Konstitution einen Kuraufenthalt in Baden-Baden antreten. Dort kennt euch niemand. Sobald dein Zustand sich nicht länger verbergen lässt, wird Tante Erna dich in eine Gebäranstalt nach Heidelberg bringen. Dort wird das Kind zur Welt kommen, ohne dass dein richtiger Name jemals genannt werden wird. Nach der Geburt verbleibt es im der Anstalt angeschlossenen Waisenhaus. Du selbst verbringst zwei weitere Monate in Baden-Baden und kehrst dann als genesen nach Hause zurück.«

Ein Blick in die unerbittlichen Gesichter rings um den polierten Nussbaumtisch zeigte Klara sofort, dass jeder Widerspruch zwecklos war. Man hatte über ihr Schicksal und das des Ungeborenen unwiderruflich entschieden.

Während der folgenden Monate in Baden-Baden durfte Klara mit niemandem in Kontakt treten. »Möchtest du dich und die Familie endgültig in Verruf bringen?«, hielt ihr die gestrenge Tante vor, als sie Klara beim Plaudern mit einem jungen Offizier erwischte. Er hatte sie im Speisesaal des vornehmen Kurhotels angesprochen, während sich Tante Erna im Büro der Hausdame über die...

Erscheint lt. Verlag 23.7.2018
Reihe/Serie Das Weingut
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte eBooks • Elsass • Ende des 19. Jahrhunderts • Familiensaga • Frauenroman • Frauenschicksal • Gesellschaftsroman • günstig • Historische Romane • Historischer Roman • Liebesroman • Neuheit • Pfalz • Serie • SPIEGEL-Bestseller • Weinberge • Weinhandlung
ISBN-10 3-641-22641-4 / 3641226414
ISBN-13 978-3-641-22641-1 / 9783641226411
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