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Die Todesbotin (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019
512 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-19883-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
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Berlin ist ein gefährliches Pflaster ... doch das wahre Böse lauert vor den Toren der Stadt!
Berlin-Neukölln: Ein Deutschtürke liegt erschossen in seinem Handyladen. Kurz darauf findet man nach einer Explosion in einer verlassenen Kinderklinik die Leiche eines jungen Flüchtlings. Spuren legen eine Verbindung zu dem Mord in Neukölln nahe. Der Staatsschutz vermutet einen terroristischen Hintergrund und reißt beide Fälle an sich. Viktor Puppe und seine Kollegen vom Berliner LKA verfolgen eine ganz andere Spur, die sie zu einer zwielichtigen »völkischen Siedlung« vor den Toren der Stadt führt. Viktor schleust sich in die Gemeinschaft ein und ist bei den Ermittlungen von nun an auf sich allein gestellt ...

Thomas Elbel, geboren 1968 in Marburg, studierte Rechtswissenschaften in Göttingen, Hannover und den USA. Er arbeitete u.a. für eine amerikanische Anwaltskanzlei, das Bundesministerium des Innern und das Land Berlin. Seit 2011 bekleidet er eine Professur für Öffentliches Recht an der Hochschule Osnabrück. In seiner Freizeit singt er klassischen Bariton und schreibt Romane. Thomas Elbel lebt mit seiner Familie in Berlin.

1


»Keen schöner Anblick, so wat.«

Mit diesen Worten schob sich Schmulke, der Teamleiter der Spurensicherung, zwischen Viktor und den Leichnam. Viktor nickte stumm. Es fiel ihm schwer, den Blick vom Kopf des Mannes zu lösen, der da vor ihm auf dem Boden lag. Das Bild, das sich ihm hier darbot, wirkte absurd.

Abgesehen von dem kleinen Loch oberhalb des linken Auges war das Gesicht intakt. Etwas blutig, aber unversehrt.

Doch der Hinterkopf fehlte nahezu komplett. An seiner Stelle schimmerte durch eine Blutlache die Struktur des Fischgräten-Laminats hindurch. Als hätte jemand auf dem Boden das Foto einer Leiche deponiert, der man zuvor einen Teil entfernt hatte. Eher eine Art gruselige optische Täuschung. Viktor trat einen Schritt zur Seite, sodass er in die Öffnung hineinschauen konnte.

»Wo befindet sich denn sein …?« Er brachte den Satz nicht fertig.

»Da hinten.« Schmulke wies mit einem Finger zur Wand neben dem Schauregal, in dem sich lauter Handyzubehörkrempel stapelte. Die quietschgelbe Raufaser daneben sah aus, als hätte sie jemand mit einem schmutzig roten Farbbeutel beworfen, nur dass unter den Farbflecken bei näherer Betrachtung hier und da graue Bestandteile von eher geleeartiger Konsistenz enthalten waren. Sogar das Regalglas hatte einige Spritzer abgekriegt.

»Ha. Und da is ooch schon die Kugel«, bemerkte Schmulke triumphierend.

Im Zentrum des Blutflecks war ein markantes Loch in der Wand zu sehen. Schmulke zauberte eine Art längliche Pinzette aus einer unsichtbaren Öffnung seines Overalls und begann, damit in dem Loch in der Wand herumzustochern. Schließlich zog er etwas Glänzendes heraus und hielt es Viktor unter die Nase. Der Aufprall hatte das Projektil deformiert, »aufgepilzt« nannten das die Ballistiker.

»Es handelt sich um eine Neun-Millimeter, nicht wahr?«, fragte Viktor.

Schmulke nickte und schürzte anerkennend die Lippen. »Der neue Kolleje lernt schnell. Hülse is übrijens noch uff da Flucht. Eventuell einjesammelt. Aba wir suchen unvadrossn weita.« Er fischte ein Beweisbeutelchen hervor und ließ die Kugel hineinfallen, bevor er sie in eine Plastikkiste legte, in der schon weitere Asservate steckten.

»Alter, komm mal hierher. Das musst du sehen.«

Ken und Begüm, seine neuen oder eigentlich gar nicht mehr so neuen Kollegen. Sie waren vor ein paar Minuten durch eine Tür hinter der Theke im Hinterzimmer des kleinen Souterrainladens verschwunden. Schmulke schaute ihn amüsiert an und nickte kurz mit dem Kopf zur Seite, als wollte er sagen: Na jetzt aber los.

Viktor mochte den Mann. Ein etwas angejahrter Rock ’n’ Roller mit Zopf, Harley und ewiger Verlobten, deren getuntes Dekolleté sie alles andere als dezent zur Schau stellte. So ein Leben-und-Leben-Lassen-Typ. Ein ruhender Pol in jeder noch so chaotischen Umgebung. Viktor legte zwei Finger zum Gruß an die Stirn und bahnte sich einen Weg um die Leiche herum. Es war keine leichte Übung, der Blutlache auf dem Boden auszuweichen. Hinter der Theke stand Schmulkes Kollege und fotografierte.

»Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Viktor etwas lauter als gewollt.

Der Mann zog für einen Sekundenbruchteil die Bierwampe in seinem Einwegoverall ein. Grinsend tauchte Viktor unter dem Kameraobjektiv durch, das ihm immer noch den Weg versperrte. Er liebte seinen Beruf und die Menschen, die ihn ausübten. Mit überschwänglichem Entgegenkommen musste hier niemand rechnen, nicht in dieser Stadt und schon gar nicht bei der Polizei dieser Stadt.

Damals, vor einer gefühlten Ewigkeit, als er sich aus sehr persönlichen Gründen einen Job in einer Mordkommission des Berliner LKA quasi erschlichen hatte, wäre er im Traum nicht daraufgekommen, dass er am Ende einmal genau dort kleben bleiben würde. Jetzt – ein halbes Jahr später – konnte er es sich gar nicht mehr anders vorstellen. Hier waren Menschen am Werk, die dem Chaos und der Grausamkeit, die sich an Orten wie diesen breitmachten, ihr trotziges Phlegma entgegensetzten.

Viktor bückte sich unter dem Rahmen der winzigen Tür zum Hinterraum hindurch und wäre beinah gestürzt, konnte sich aber gerade noch an einem Billy-Regal festhalten, das prall mit technischem Zubehör gefüllt war.

»Vorsicht, Stufe.« Kriminalkommissarin Begüm Duran wandte sich einen Sekundenbruchteil zu spät ab, um ihr Grinsen zu verbergen.

Viktor hatte keine Ahnung, womit er sich diese renitente Antipathie verdient hatte. Eindeutig einer der weniger erfreulichen Aspekte seines Jobs. Dabei hatte er Begüm sogar den Hals gerettet, damals in jenem turbulenten Winter, der sein Leben auf den Kopf gestellt hatte.

Ein kräftiger Griff von hinten in den Schritt weckte ihn aus der deplatzierten Nostalgie.

»Alles Wichtige noch dran, junger Padawan?«, erklang eine dröhnende Stimme in seinem Rücken.

Viktor wandte sich um.

Ken.

Der schrägste Kriminalhauptkommissar, den das LKA Berlin oder möglicherweise die Polizei der ganzen Republik zu bieten hatte. Sohn einer deutschen Krankenschwester und eines japanischen Diplomaten. Punk und kriminalpolizeilicher Klassenclown, der mit intellektuellem Höchstniveau aufwarten konnte.

»Deine Sorge um meine Zeugungsfähigkeit ist rührend, buchstäblich. Aber mir persönlich zu handfest, wieder buchstäblich.«

»Alter, tu doch nicht so, als ob du mit den Zwergnüsschen irgendwas ausrichten könntest«, antwortete Ken und drehte sich dann zu Begüm um. Ihre Kollegin inspizierte den mutmaßlichen Arbeitsplatz des Toten, eine Mischung aus Elektronik-Werkbank und Schreibtisch. »Kann er damit vögeln, Begüm?«

»Woher soll ich das bitte schön wissen?«, knurrte die Angesprochene, ohne sich umzudrehen.

Mit gespieltem Entsetzen im wohlgenährten Samuraigesicht wandte Ken sich wieder Viktor zu.

»Alter, habt ihr etwa immer noch nich …? Jetzt aber mal ran an die Bouletten, Leute. Diese ständige pubertäre Spannung zwischen euch stört mein kriminalistisches Mojo. Die müsst ihr abbauen, und das geht nur per Vollkontakt. Fragt den Erfinder des Plattenkondensators.«

Viktor war froh, dass Begüm ihnen den Rücken zudrehte. Immerhin blieb ihr dadurch verborgen, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Kens Humor changierte wie immer mühelos zwischen englischem Herrenklub und Reeperbahnanreißer, bei deutlichem Schwerpunkt auf Letzterem. Wer mit ihm mehr Zeit verbrachte, musste lernen, derartige Bemerkungen »wegzuignorieren«, um auf Kens eigene Worte zurückzugreifen.

»Und was bitte wolltest du mir zeigen?«, fragte Viktor.

»Ach ja. Komm her!« Ken ergriff sein Handgelenk und zog ihn dann zu einem zweiten Regal an der Rückseite des Raumes, als wäre Viktor ein trödelndes Kind und Ken die ungeduldige Mutter. Es war über und über gefüllt mit Büchern und Zeitschriften, wovon Ken jetzt eine herauszog und ihm unter die Nase hielt.

»Abgefahren, oder?«

Viktor starrte verständnislos auf das quietschbunte Cover eines Comichefts. »Äh. Ich verstehe nicht. Hat das irgendwas mit dem Fall zu tun?«

»Fall?« Ken runzelte die Stirn. »Mann, das ist eine 1971er-Ausgabe von DCs Roter Blitz. Das erste aus der Reihe, wo sie mal ein Crossover mit Mercury versucht haben. Der war von der Konkurrenz bei Marvel Comics als das Gegenstück zu Roter Blitz gedacht. Die Reihe ist nach zwei Ausgaben wieder eingestellt worden. Das Ding hat ab-so-lu-ten Seltenheitswert. Das muss ich mir gleich mitnehmen.« Er rollte das Comicheft zusammen und steckte es in die Beintasche seiner Cargopants, aus der es deutlich sichtbar herausragte.

»Ich möchte dir nicht zu nahe treten. Aber ist das nicht … Diebstahl?«, fragte Viktor ziemlich entgeistert.

»Der Typ …«, Ken wies mit dem Daumen in Richtung Tür zum Vorzimmer, »… will es bestimmt nicht zurück.«

»Nun, aber da gibt es ja möglicherweise irgendwelche Erben«, erwiderte Viktor.

»Pff. Anwaltsscheiße. Verklag mich doch, Herr Doktor VON Puppe.« Damit ging Ken zum Regal zurück und wühlte sich dort weiter durch die Zeitschriften. »Mal gucken, was für Schätzchen der Typ da noch so versteckt hat«, murmelte er dabei halblaut.

Viktor schüttelte seufzend den Kopf. »Quicksilver«, sagte er in Kens Richtung.

»Was?«, knurrte ihm sein Partner über die Schulter zu.

»Das Gegenstück zu Roter Blitz bei Marvel hieß nicht Mercury, sondern Quicksilver. Die Crossover-Reihe mit den beiden ist erst nach drei Ausgaben eingestellt worden, nämlich nachdem der Zeichner zu einer Werbeagentur gewechselt ist.«

Ken fuhr herum. Sein Mund war vor Erstaunen geradezu plakativ geöffnet. Dann lachte er schallend los. »Siehst du?«, rief er Begüm zu. »Allein dafür hat es sich gelohnt, dass Richter ihn eingestellt hat. Und du bist dir wirklich sicher, dass du ihn nicht ranlassen willst? Also, ich fand das jetzt echt sexy.«

Im Stillen fragte sich Viktor, ob Ken es auch dann noch »sexy« gefunden hätte, wenn er wüsste, wo er dieses Spezialwissen erworben hatte. Es stammte aus einem Referat über die »Amerikanische Trivialkultur des 20. Jahrhunderts«, das er im Deutsch-Leistungskurs in der zwölften Klasse seines Elite-Internats gehalten hatte.

»Hört ihr jetzt endlich mal eine Sekunde mit dieser scheiß-nervigen Bro-Kacke auf?«, brüllte Begüm so laut, dass Viktor zusammenzuckte.

»Warum denn so gereizt, Oberkommissarin Duran?«, fragte Ken und stellte damit die Frage, die Viktor auf der Zunge lag. Miese Laune schien Begüms Normalzustand seit Geburt zu sein, wie Ken mal gesagt hatte, aber jetzt klang sie schärfer als üblich.

Doch Begüm, die auf einem Schreibtischstuhl saß und auf dem mutmaßlichen Handy des Opfers herumwischte, blieb ihnen jegliche Reaktion...

Erscheint lt. Verlag 18.3.2019
Reihe/Serie Viktor Puppe
Viktor Puppe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Andreas Gruber • Berlin • eBooks • Explosion • Heimatkrimi • Krimi • Kriminalromane • Krimis • LKA • Max Bentow • Mord • Thriller • Viktor Puppe • Völkische Siedlung
ISBN-10 3-641-19883-6 / 3641198836
ISBN-13 978-3-641-19883-1 / 9783641198831
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