Wer sein Herz riskiert (eBook)

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2018 | 1. Auflage
352 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-86827-737-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wer sein Herz riskiert -  Tamera Alexander
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Nashville, Tennessee, 1871: Alexandra Jamison ist eine junge Südstaatlerin aus gutem Hause. Seit ihr Verlobter David bei einem tragischen Eisenbahnunglück ums Leben kam, ist sie fest entschlossen, ihrem Leben eine neue Wendung zu geben. Gegen den Willen ihrer Eltern, die sie mit einem betagten Gentleman verheiraten wollen, bewirbt sich Alexandra um eine Stelle als Lehrerin. An einer neugegründeten Schule will sie ehemalige Sklaven unterrichten. Doch ihrem Traum stellen sich unerwartete Hindernisse entgegen. Da begegnet sie Sylas Rutledge, einem attraktiven, aber ungehobelten Eisenbahnbesitzer aus Colorado. Er nimmt ihre Berufung ernst und unterstützt sie. Doch kann es sein, dass Sylas in den mysteriösen Unfall verwickelt war, der David das Leben kostete?

Tamera Alexander ist für ihre historischen Romane schon mehrfach mit dem Christy Award ausgezeichnet worden, dem bedeutendsten christlichen Buchpreis in den USA. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei erwachsenen Kindern in Nashville.

Kapitel 1

Nashville, Tennessee
9. August 1871


Alexandra Jamison hatte sich immer eine Schwester gewünscht. Doch stattdessen hatte sie drei Brüder, alle älter als sie. Zwei hatten das Aussehen und das Temperament ihres Vaters geerbt. Jacob, der dritte und ihr Lieblingsbruder, war anders gewesen. Als könnte die Welt diese Abweichung von der Norm nicht ertragen, hatte der Krieg sich ihm auf dem Schlachtfeld entgegengestellt. Und gewonnen. Allein schon deshalb und aus tausend anderen Gründen würde sie diesem Krieg nie vergeben.

Ihre anderen zwei Brüder waren ihrem Zuhause und dem Schatten ihres Vaters so bald wie möglich entflohen. Wenn sie das doch nur auch könnte!

Doch vor ihrem Haus in der Sycamore Lane – die von großen Bäumen gesäumte Hauptstraße, in der einige der vornehmsten Häuser von Nashville standen – parkte eine Kutsche, die Alexandra daran erinnerte, dass die Pläne ihres Vaters für sie nicht vorsahen, sie entfliehen zu lassen. Es sah viel eher danach aus, als sollte sie vom Regen in die Traufe kommen. Ein Mann, der fast dreimal so alt war wie sie, wartete im Büro. Sie sah im Geiste seinen Gehstock mit Marmorgriff, der neben seinem Stuhl am Bücherregal lehnte. Fairerweise musste sie zugeben, dass sie Horace Buford noch nie mit einem Gehstock gesehen hatte, aber sie war ziemlich sicher, dass in seiner sehr nahen Zukunft ein solcher Stock auf ihn wartete. Sie war fest entschlossen, diese Zukunft nicht mit ihm zu teilen, auch wenn ihr Vater darin anderer Meinung war als sie.

Ihre Mutter würde seinen Standpunkt stillschweigend unterstützen und nie laut aussprechen, was sie selbst von der Sache hielt. Falls sie überhaupt eine eigene Meinung hatte. Das war ein weiterer Grund für Alexandras Frustration.

Alexandra liebte ihre Mutter; sie konnte sie nur einfach nicht verstehen. Manchmal hatte sie das Gefühl, als kenne sie ihre Mutter kaum.

Für das alles, dachte Alexandra, während sie die Stufen zur Veranda hinaufstieg, bräuchte man eine Schwester. Um mit ihr Geheimnisse, Kummer und Ängste zu teilen. Und die Frustration, die unweigerlich damit verbunden war, dass sie versuchte, die zwei Menschen, denen sie ihr Leben verdankte, zu respektieren. Aber wie sollte sie das machen, wenn sich die Hoffnungen und Pläne ihrer Eltern für ihr Leben so sehr von ihren eigenen Vorstellungen unterschieden?

Sie hätte erwartet, dass sie das alles mit 25 Jahren hinter sich gelassen hätte. Aber das Leben war ganz anders gekommen, als sie erhofft hatte.

Als sie die Treppe zum Haus emporstieg, bemerkte sie die Astern in den Töpfen auf der obersten Treppenstufe. Sie sahen frisch gegossen aus, zeigten aber trotzdem unter der glühenden Augustsonne Erschöpfungserscheinungen. Sie konnte das gut nachempfinden. Sie fühlte sich auch ziemlich ausgelaugt. Sie hätte sich gerne um die Sitzung der Nashviller Frauenliga an diesem Vormittag gedrückt, aber ihre Mutter hatte darauf bestanden, dass sie daran teilnehmen sollte, und gleichzeitig behauptet, ihr selbst mache die Hitze zu sehr zu schaffen, um sie zu begleiten.

„Der Name Jamison muss vertreten sein, Alexandra“, hatte sie gesagt. „Immerhin gehören wir zu Nashvilles Gründungsfamilien und müssen über alles, was geschieht, auf dem Laufenden sein. Der Tratsch, den man dort hört, ist immer sehr informativ.“

Dieses ganze Gerede, wer wen heiratete, was zum Tee am besten serviert wurde, was laut der Frauenzeitschrift Godey’s Lady’s Book die neueste Mode war … Obwohl die Liga routinemäßig eine Reihe lohnenswerter Aktionen unternahm, um den Bedürftigen zu helfen, interessierten Alexandra die Themen und das ganze Drumherum der Nashviller Gesellschaft einfach nicht mehr.

Nicht nach David. Nicht nach Dutchman’s Curve.

Sie legte die Hand auf den Haustürgriff und spürte, wie sie sich innerlich wappnete. Dieses Haus war für sie schon lange kein sicherer Zufluchtsort mehr. Besonders dann nicht, wenn sie wusste, dass ihr Vater zu Hause war. Ging es allen Töchtern mit ihren Vätern so?

Noch eine Frage an die Schwester, die sie nicht hatte.

Er war nicht einverstanden gewesen, dass ihre Wahl auf David gefallen war. David war Lehrer gewesen. Ein begabter Lehrer. Aber das war für Vater nicht prestigeträchtig genug gewesen.

Das schöne Messingschild neben der Haustür mit dem Namen ihres Vaters glänzte stärker als sonst. Er musste Melba beauftragt haben, es heute Morgen zu polieren, was nur eines bedeuten konnte:

Er hatte einen potenziellen Mandanten zu Besuch. Alexandra warf einen Blick hinter sich auf die Kutsche und fasste Mut, dass im Haus vielleicht doch nicht der alte Mr Horace Buford auf sie wartete.

Sie öffnete gerade die Tür, als das durchdringende Pfeifen eines Zuges die Morgenluft durchschnitt. Das schrille Geräusch ließ sie zusammenzucken und weckte Erinnerungen, die sie lieber nicht an die Oberfläche lassen wollte. Bilder von zerborstenen Eisenbahnwaggons und verletzten und toten Menschen. Kreischende Räder und knirschender Stahl, so laut, dass man es in drei Kilometern Entfernung immer noch gehört hatte. Sie kniff fest die Augen zusammen, als die Trauer sie erneut überrollte.

Morgen würde sich dieses schreckliche Ereignis jähren. Wie konnte bloß so viel Zeit vergangen sein? Besonders, da sich ein Teil von ihr immer noch an jenem schrecklichen Morgen auf der Dutchman’s Curve gefangen fühlte …

„Solange ein geliebter Mensch in deinen Erinnerungen lebt, ist er nie wirklich tot“, hieß es. Aber das war eine Lüge. David war tot. Und er würde nie zurückkommen.

Das Pfeifen ertönte erneut, dieses Mal klang es näher. In ihren Erinnerungen stieg wieder der beißende Geruch von Rauch und Asche auf und sie konnte den unheimlichen Ruck des Zuges fühlen, als der Waggon, in dem sie gefahren war, aus den Gleisen sprang. Und sie konnte immer noch Davids geschundene, teilweise verbrannte Leiche sehen, die neben die anderen auf das Maisfeld gelegt worden war.

Sie eilte ins Haus und warf die Tür hinter sich zu, hatte aber Mühe, die quälenden Bilder und Geräusche auszusperren.

„Miss Alexandra, ist alles in Ordnung?“

Mit pochendem Herzen hob Alexandra den Blick. „Melba“, flüsterte sie. Sie sah die tiefe Besorgnis in den Augen der alten Frau.

„Was ist los, Kind? Werden Sie krank?“

Alexandra schüttelte den Kopf. „Mir geht es gut. Mir ist nur ein wenig zu heiß, das ist alles.“ Erinnerte sich denn niemand, was morgen für ein Tag war? Melba hatte es doch sicher nicht vergessen.

„Draußen ist es heute heiß wie in einem Backofen, Ma’am. Sie hätten einen Schirm mitnehmen sollen.“

Als sie den Anflug eines Lächelns in Melbas Gesicht sah, versuchte Alexandra, ebenfalls einen Scherz zu machen. „Sie wissen, wie sehr ich Schirme liebe, Melba.“

Die ältere Frau lachte und der melodische Klang gab Alexandra das Gefühl, zu Hause zu sein. „Sie haben diese Dinger schon als Kind nicht gemocht. Aber Ihre Mama sah das anders. Sie hat Sie gezwungen, überallhin einen Schirm mitzunehmen.“

„Wie könnte ich das vergessen!“

Alexandra legte ihre Handtasche auf einen Seitentisch und schaute zu, wie Melba einen Strauß frisch geschnittener Blumen aus dem Garten in der antiken Vase auf dem Tisch drapierte. Die frühere Sklavin war genauso ein Teil ihres Lebens wie alle anderen in diesem Haus. In vielerlei Hinsicht sogar noch mehr. Weil Melba Dinge sah, die ihre Eltern nicht sahen. Schon als kleines Mädchen hatte Alexandra ihr nie etwas vormachen können.

Ganz ähnlich wie eine andere Sklavin, die sie als Kind gekannt hatte. Eine Sklavin, die sie von ganzem Herzen geliebt hatte.

Sie hörte Stimmen aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters. „Ein potenzieller Mandant?“, fragte sie leise.

Melba nickte. „Der Mann ist neu in der Stadt, hat Ihr Papa gesagt.“

Ihr Vater hatte sein Büro vor vier Monaten aus der Stadtmitte hierher verlegt. Als Grund hatte er genannt, dass das Gebäude dort nicht richtig in Ordnung gehalten würde. Aber Alexandra vermutete insgeheim, dass der Umzug finanzielle Gründe hatte. Der Krieg war seit sechs Jahren zu Ende und die Geschäfte in Nashville schienen wieder besser zu laufen. Aber die vielen Anwälte waren anscheinend immer noch nicht regelmäßig ausgelastet.

Die Bürotür öffnete sich und ihr Vater steckte den Kopf heraus. „Alexandra, du bist zu Hause. Gut. Würdest du bitte ins Büro kommen? Ich brauche deine Hilfe.“

„Natürlich.“

Er schob die Tür wieder zu.

Sie war klug genug, ihn nicht warten zu lassen, und wischte schnell den Straßenstaub von ihrem Kleid.

„Warten Sie, ich helfe Ihnen, Ma’am.“ Melba trat hinter sie und strich mit der Hand kräftig über die Rückseite ihres Rocks. „Da morgen ein besonderer Tag ist, Miss Alexandra, könnten wir vielleicht Ihr blaues Kleid wieder herausholen. Oder das blaugrüne mit dem weißen Spitzenkragen, der so gut zu Ihren blonden Haaren passt. Wenn Sie dazu bereit sind.“

Alexandra drehte sich um. „Ich wusste, dass Sie daran denken würden.“

Melba seufzte und legte ihre Hand auf ihr Herz. „Diesen Tag wird diese alte Frau nie vergessen.“

Alexandra umarmte sie und genoss es, wie sich Melbas Arme stark und beschützend um ihre Schultern legten. Und sie genoss ihren Geruch. Sie roch nach frischem Kaffee und...

Erscheint lt. Verlag 1.1.2018
Übersetzer Silvia Lutz
Sprache deutsch
Original-Titel To wager her heart
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Christlicher Roman • Eisenbahn • Freigelassene Sklaven • Glaube • Historischer Liebesroman • Lehrerin
ISBN-10 3-86827-737-4 / 3868277374
ISBN-13 978-3-86827-737-1 / 9783868277371
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