Brunos Reise -  Claudia J. Schulze,  Anke Hartmann

Brunos Reise (eBook)

und andere Geschichten
eBook Download: EPUB
2018 | 10. Auflage
200 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7460-4240-4 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
5,49 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Etwas ließ Bruno, den Bären, nie los: Das war die Sehnsucht nach der Heimat seiner Vorfahren. Eine Sehnsucht, die er selbst nicht richtig verstand. Brunos Heimweh wuchs mit den Jahren und wurde schließlich in ihm so groß und so schmerzhaft, dass ihm gar nichts anderes übrig blieb, als sich auf den Weg zu machen. Im Mai begann Brunos Wanderung ... Ähnlichkeiten mit noch lebenden, bereits verstorbenen, oder zum Zeitpunkt der Herausgabe dieser Geschichten noch nicht geborenen Personen und / oder Tieren sind (wie in allen guten Geschichten) rein zufällig. Autorin: Claudia J. Schulze, Konstanz, Offenburg & Strasbourg, Illustrationen: Anke Hartmann, Leipzig

Dr. Claudia J. Schulze, Studium der Philosophie, Psychologie, Pädagogik, Literaturwissenschaften und Journalismus in Karlsruhe, Freiburg, Konstanz und Zürich. Weiterbildung in Klinischer Psychologie, Trauerbegleitung, Bibliotherapie und Kunsttherapie. Arbeitet in eigener Praxis (Auch Online-Termine möglich), sowie als Schriftstellerin und als Sprecherin. Weiterbildung in Trauma-Forschung. Derzeit Arbeit sie an einem internationalen Forschungsprojekt.

Schnuppe und das Einhorn


Es gab zwischen dem Schwarzwald und der Nordsee kein einziges Mädchen, das frecher war als Schnuppe. Ihren richtigen Namen hatten alle schon vergessen. Man nannte sie nur Schnuppe. Schnuppe sah eigentlich ganz niedlich aus, doch sie hatte es faustdick hinter den Ohren. Sie spuckte nach anderen Kindern, und manchmal rempelte sie ganz wildfremde Menschen, auch Erwachsene, auf der Straße an und schrie: „Du stinkst!“ Schnuppes Mutter weinte oft, denn sie wusste sich keinen Rat mehr mit ihrer wilden Tochter. Ganz besonders schlimm war es nach dem Umzug geworden. Schnuppes Vater war mit Laura, ihrer Schwester wieder nach Amerika gezogen, wo er noch eine Familie hatte. Irgendwie war Schnuppe davon überzeugt, dass das ihre Schuld war.

Daran änderte noch nicht einmal Mamas neuer Freund Manfred etwas, der wirklich nett war. Sicherlich wäre Papa hier geblieben, wenn sie anders gewesen wäre. Und natürlich auch ihre Schwester Laura.

Zumindest glaubte das Schnuppe. In Wahrheit war es so, dass nichts, was Schnuppe hätte tun können, ihn daran gehindert hätte zu gehen. Manchmal kann man einfach überhaupt nichts tun und muss zusehen wie solche Dinge passieren, auch wenn einen das traurig macht – oder wütend. Schnuppe war meistens nur wütend.

Bei der bekannten Kinderpsychologin, Frau Prof. Dr. Hühnerklein, hatte Schnuppe alle Hefte und Bücher zerfetzt, die im Wartezimmer lagen.

Sie hatte die schönen blauen Spielbälle zerbissen und sogar noch nach der alten Katze getreten, die sich vor Frau Dr. Hühnerkleins Fenster auf der Treppe gesonnt hatte.

Und obwohl Frau Dr. Hühnerklein sonst immer sehr geduldig mit Kindern war, hatte sie Schnuppe daraufhin kurzerhand am Kragen gepackt und an die Luft gesetzt.

Kurzum: Schnuppe kam einfach mit niemandem zurecht, und keiner konnte Schnuppe leiden. Meistens kümmerte das Schnuppe nicht.

Sie spuckte einfach aus, wenn sie jemanden sah oder rollte gefährlich mit den Augen.

Doch manchmal war Schnuppe auch traurig. In diesen Augenblicken wünschte sie sich, dass sie wenigstens einen einzigen Freund auf der Welt hätte. Aber wie sollte das funktionieren?

Sie wusste ja selbst, dass sie schwierig war. Manchmal hatte sie gar keine Lust mehr unter Menschen zu gehen. Aber zuhause hätte sie sich entweder ständig mit Mama gestritten oder sich ganz schrecklich gelangweilt.

Daher streifte sie an den Tagen, an denen sie nicht einmal mehr richtig Lust darauf hatte Leute zu erschrecken, durch den Wald am Stadtrand. Das machte wenigstens Spaß.

Mit der Zeit wurde ihr Radius immer größer, und sie drang tiefer und tiefer in den Wald ein.

Manchmal, an den helleren Sommerabenden, kletterte Schnuppe sogar nachts heimlich aus dem Fenster um in den Wald zu gehen. Sie verbrachte dort häufig viele Stunden, manchmal sogar bis kurz vor Sonnenaufgang.

Schnuppe lebte allein mit ihrer Mutter am Stadtrand, so dass es kein Problem war abends schnell über das Feld bis hin zum Waldrand zu laufen ohne bemerkt zu werden.

Das Wichtigste war jedes Mal rechtzeitig und unbemerkt um halb sieben, kurz vor dem Frühstück zurückzukommen.

Normalerweise war es auch bei Dunkelheit kein Problem für sie wieder zurückzufinden. Sich draußen in der Natur zu orientieren gehörte zu ihren Stärken. Doch heute war es anders. Sie fand den Rückweg einfach nicht mehr. Vielmehr hatte sie das Gefühl sich immer weiter von zuhause zu entfernen. Sie bekam es etwas mit der Angst zu tun, doch dann stampfte sie auf und sagte laut: „Ist mir doch schnuppe!“ So war sie damals auch zu ihrem Namen gekommen. Schnuppe lief also immer weiter und versuchte unerschrocken zu sein. Plötzlich sah sie etwas vor sich auf der Lichtung, das selbst ihr die Sprache verschlug. Es war ein Baumstamm, auf den jemand ein Einhorn geschnitzt hatte. Dieser Baumstamm war ihr noch nie zuvor aufgefallen. Entweder war sie noch nie hier gewesen, oder aber die Schnitzerei war neu.

Schnuppe ging näher heran, um zu sehen ob bereits Verwitterungen zu erkennen waren oder ob die Schnitzerei tatsächlich ganz frisch war.

Schließlich fuhr sie mit der Hand über das geschnitzte Einhorn und bemerkte, dass es völlig glatt, unversehrt und ganz neu zu sein schien.

Sie fühlte jede kleine Rille in dem gedrechselten Horn. Ganz vertieft befühlte und untersuchte sie dieses kleine Meisterwerk. Doch in diesem Augenblick hörte sie ein Geräusch. Sie zuckte zusammen, denn direkt hinter diesem Stamm war noch etwas. Schnuppe hielt den Atem an und staunte: Es war das Schönste, was sie überhaupt jemals gesehen hatte: ein strahlend weißes Pferd, nein, kein normales Pferd.

Es handelte sich, daran bestand überhaupt kein Zweifel, um ein echtes Einhorn. Sein Fell leuchtete so silbrig-weiß in der Dunkelheit als sei der Mond persönlich auf die Erde hinab gestiegen und habe sich in ein Einhorn verwandelt.

Schnuppe rieb sich ungläubig die Augen. Doch als sie genug gerieben hatte und erneut aufblickte stand es noch immer leuchtend da: das majestätischste, eleganteste Einhorn, das man sich überhaupt nur vorstellen konnte.

Vor lauter Aufregung hielt Schnuppe die Luft an, da sie es nicht wagte zu atmen.

Das Einhorn schien keine Notiz von Schnuppe zu nehmen und kaute an den Gräsern zu seinen Hufen.

Schnuppe konnte noch immer nicht glauben, was sie da sah.

Einhörner gibt es doch nur im Märchen dachte sie noch. Da hob das Einhorn den Kopf und sah zu ihr herüber. Schnuppe erschrak.

Das Einhorn sah ihr nun direkt in die Augen. „Guten Tag“, sagte es dann mit einer ruhigen, freundlichen und sanften Stimme. „Mein Name ist Esmeralda“, es neigte den Kopf ein wenig, „und wie heißt du?“

„Schn….uppe“, stammelte Schnuppe recht verzweifelt und bohrte mit dem Finger verlegen auf ihrem Arm herum. „Das kann nicht sein“, sagte das Einhorn mit strahlenden braunen Augen. „Ein so zauberhaftes Mädchen wie du hat doch sicher einen ganz wunderbaren Namen, so wie …“ Esmeralda sah Schnuppe fragend an und legte den Kopf schief. „Mia“, sagte Schnuppe leise. „Mein wirklicher Name ist Mia.“ Sie senkte den Kopf. „Ich hatte ihn schon beinahe vergessen.“

„So einen wunderschönen Namen kann man unmöglich vergessen“, erwiderte das Einhorn mit seiner sanften Stimme. „Komm, Mia, steig auf meinen Rücken. Ich möchte dir etwas zeigen.“

Esmeralda senkte ihren Kopf und machte sich etwas kleiner, so dass Schnuppe leichter auf ihren Rücken kommen konnte.

Ohne lange zu überlegen kletterte Schnuppe auf Esmeraldas Rücken. Zunächst trabte das Einhorn erst langsam, damit sich das Mädchen auf seinem Rücken nach und nach an es gewöhnen konnte. Doch dann ritten sie in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit durch die Nacht. Dennoch war es bequem wie in einer Wiege.

Irgendwann schlief Schnuppe einfach auf Esmeraldas Rücken ein. Sie hielt sich an der langen weißen Mähne fest und das helle Licht des Mondes schien auf beide herunter. Es war friedlich und schnell zugleich, wie sie da durch die Nacht ritten. Doch dann wurde Schnuppe vom einem ganz plötzlichen Ruckeln wach. Esmeralda war zum Stehen gekommen.

Verwundert sah sich Schnuppe um. Es schien sich um ein kleines Dorf zu handeln, welches von merkwürdigen Wesen bewohnt wurde. „Das sind Trolle“, sagte Esmeralda ruhig. Sie leben hier ganz versteckt vor Menschenaugen, doch dir möchte ich sie zeigen. „Warum gerade mir?“ wollte Schnuppe wissen. „Du wirst schon sehen, Mia“, sagte Esmeralda. Sie nannte sie absichtlich „Mia“.

Irgendwie gefiel das Schnuppe ziemlich gut.

Fast könnte sie sich wieder an ihren wirklichen Namen gewöhnen. Sie verstand gar nicht mehr so richtig wie er ihr hatte abhandenkommen können. Doch die Trolle machten ihr Angst. Sie rollten mit den Augen, mit furchtbar großen, ziemlich glubschigen Augen. Sie spuckten und tobten und schrien sich an, sie lachten zu laut, und ihre Scherze erschienen sehr plump. Sie warfen fluchend Ziegen und Mistgabeln durch die Luft und trieben dabei auch sonst noch so allerlei Schabernack.

Mia grub sich tiefer in Esmeraldas Mähne und beobachtete die wilden Trolle aus der Sicherheit heraus, die von Esmeraldas warmem Rücken ausging. Ihre Hände waren tief in Esmeraldas Mähne vergraben, was ihr einen guten Halt gab, was gut war. Sie mochte das wilde Treiben nämlich nicht, und sie befürchtete, dass einer der Trolle auf sie aufmerksam werden könnte.

Daher machte sie sich auf Esmeraldas Rücken so klein wie es überhaupt nur ging.

Glücklicherweise waren die Trolle viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie sich um ein kleines Mädchen gekümmert hätten. „Hier möchte ich nicht bleiben, Esmeralda“, wisperte sie leise.

Esmeralda nickte mit dem Kopf, blähte die Nüstern und galoppierte weiter.

Nach einiger Zeit gelangten sie an einen vollkommen anderen Ort. Von weitem schon sah sie wunderschöne Elfen. Alles an ihnen schien zu glitzern und zu leuchten.

Eine...

Erscheint lt. Verlag 8.2.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch
ISBN-10 3-7460-4240-2 / 3746042402
ISBN-13 978-3-7460-4240-4 / 9783746042404
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 6,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Stefanie Rietzler; Nora Völker-Munro; Fabian Grolimund

eBook Download (2023)
Hogrefe AG (Verlag)
14,99