Was in heller Nacht geschah (eBook)

Psychothriller

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
352 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44230-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Was in heller Nacht geschah -  Karen Winter
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Nach ihrem erfolgreichen Debüt mit dem Psychothriller 'Wenn du mich tötest' legt die Bestseller-Autorin Karen Winter nun mit atmosphärischer Psycho-Spannung aus dem hohen Norden nach. Schauplatz ihres neuen Thrillers: die Lofoten, die Insel der Götter, wie die alten Wikinger die skandinavische Inselgruppe auch nannten. Raffiniert und atmosphärisch dicht lässt Karen Winter den Leser in 'Was in heller Nacht geschah' zwischen Wahrheit, Täuschung und Fiktion hin- und herschwanken. Wem vertraut man, wenn die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen? Psychologische Hochspannung vor atmosphärischer Skandinavien-Kulisse! Als die erfolgreiche Autorin Judith Wagner auf die Lofoten zurückkehrt - den Schauplatz ihres aktuellen Buches, scheint sie sich plötzlich in Szenen ihres eigenen Romans zu befinden. Immer wieder gerät sie in Situationen und begegnet Menschen, die sie sich selbst ausgedacht hat... Sie beginnt an ihrem Verstand zu zweifeln: Ist es die karge Abgeschiedenheit der Inselgruppe, die raue, fast unwirkliche Schönheit der hellen Polarnächte, die ihren Geist verwirrt? Bis Judith begreift, wie alles zusammenhängt - ihre Erlebnisse, ihr Roman und der schweigsame Norweger Rune, den die Schatten der Vergangenheit fest im Griff haben und um den sich verstörende Gerüchte ranken - ist es beinahe zu spät.

Karen Winter ist eine erfolgreiche Spannungsautorin, die seit vielen Jahren mit ihren Thrillern auch die Leser in Frankreich und den Niederlanden begeistert. Sie lebt in Hamburg. Zusammen mit ihrem Mann bereist sie, beruflich wie privat, die Welt. Ihre abenteuerlichen Reisen sind die perfekte Inspirationsquelle für ihre abgründigen psychologischen Romane und äußerst brisanten Thriller.

Karen Winter ist eine erfolgreiche Spannungsautorin, die seit vielen Jahren mit ihren Thrillern auch die Leser in Frankreich und den Niederlanden begeistert. Sie lebt in Hamburg. Zusammen mit ihrem Mann bereist sie, beruflich wie privat, die Welt. Ihre abenteuerlichen Reisen sind die perfekte Inspirationsquelle für ihre abgründigen psychologischen Romane und äußerst brisanten Thriller.

Wenn Knut Kristensen nicht mit Touristen sprechen wollte, gab er einfach vor, sie nicht zu verstehen. Wenn überhaupt, antwortete er auf ihre Fragen in dem selbst für Norweger schwer zu verstehenden Dialekt der Lofoten, und in achtundneunzig Prozent der Fälle verfehlte diese Taktik ihre Wirkung nicht. Sicher spielte auch sein Alter eine Rolle in dieser Komödie. Nach siebeneinhalb Jahrzehnten sah Knut älter aus, als er tatsächlich war, verwittert wie ein Stück Treibholz, und nur wer ihm länger in die Augen schaute, erkannte, dass er nicht der schlichte Fischer war, für den er sich ausgab. Aber die wenigsten Touristen wagten das. Und das war gut so. Es verschaffte Knut die gewünschte Freiheit.

›Du erinnerst mich an Yoda‹, hatte Rune vor nicht langer Zeit zu ihm gesagt, nachdem er Zeuge einer solchen Begegnung geworden war.

›Yoda? Wer ist Yoda?‹

›Ein Filmheld aus meiner Jugend.‹ Rune hatte ihm auf seinem Handy eine kurze Videosequenz gezeigt von einem verhutzelten Wesen mit breitem grünem Kopf und viel zu großen Ohren, das sich, gestützt auf einen Stock, ungelenk vorwärtsbewegte.

›Das ist ja wohl lächerlich‹, hatte Knut empört abgewehrt.

›Lächerlichkeit ist der erste Eindruck, den er vermittelt, da gebe ich dir recht, aber de facto weiß er seine Gefährlichkeit genauso geschickt zu verbergen wie du.‹

Gegen seinen Willen war Knut geschmeichelt gewesen. ›Du hältst mich also für gefährlich?‹

Anstatt einer Antwort hatte Rune nur gelacht und dabei seiner Mutter so ähnlich gesehen, dass es Knut einen Stich versetzt hatte. Seine Schwester wäre in diesem Jahr achtzig geworden, und er vermisste sie schmerzlich.

Das war das Unangenehme am Alter. Menschen, die einen ein Leben lang begleitet hatten, starben und hinterließen eine Lücke, die von der nachwachsenden Jugend nur unzureichend geschlossen wurde. Natürlich stand Rune ihm nah, beinahe wie ein Sohn, aber es trennte sie eine ganze Generation, Rune war zwanzig Jahre jünger als er, ein Mann in der Blüte seines Lebens. Knut erinnerte ihn gern daran, wenn er ihn wieder einmal dabei ertappte, wie er abends allein mit einem Bier in seiner kräftigen Hand auf der Veranda seines Hauses saß und sein Blick über die halbmondförmige Bucht von Fredvang schweifte.

›Du vergeudest deine Zeit, Junge‹, pflegte er dann häufig zu sagen.

›So wie du, nehme ich an‹, war in der Regel die knappe Antwort.

Am Klang von Runes Stimme konnte Knut sofort erkennen, wie viel sein Neffe getrunken hatte. Meistens war es zu viel, dann zog Knut sich diskret zurück. Aber seine Intervention war auch an guten Tagen fraglich. Das wusste er wohl. Wer war er, Rune Ratschläge geben zu wollen? Ausgerechnet er, der sich ein Leben lang gegen Konventionen gewehrt hatte. Wenn er nur daran dachte, wie oft seine Schwester versucht hatte, ihn zu verheiraten. Glücklicherweise hatte es kaum Frauen vom Festland gegeben, die sich ein Leben auf den Inseln vorstellen konnten. Und die, die von den Inseln stammten, kannten Knut zu gut oder hatten zu viel über ihn gehört, um sich auf ihn einzulassen.

Doch die Zeiten hatten sich geändert. Die Lofoten waren zum Sehnsuchtsort unzähliger Menschen geworden. Die Besucher kamen in einem nicht abreißenden Strom, einer Prozession von Gläubigen gleich, sogar im Winter. Knut verdiente gut daran, und seit Rune auf die Inseln zurückgekehrt war, versuchte er, seinen Neffen in seine Geschäfte einzubinden, aber bislang ohne Erfolg.

Knut blickte aus dem Küchenfenster, über die Wiesen, die sich bis zum Wasser erstreckten. Über drei Generationen hatten die Kristensens mehr als einhundert Hektar des wenigen Landes auf Moskenesøya und Flagstadøya in ihren Besitz gebracht, das sich bewirtschaften ließ, das meiste davon war mittlerweile verpachtet und vielleicht schon bald verkauft, weil es niemanden gab, der es übernehmen würde. Weil Knut der Letzte der alten Garde war, und Rune der Einzige, der hätte nachfolgen können.

Müßige Gedanken, mahnte Knut sich und stemmte sich aus dem Küchenstuhl hoch. Das Aufstehen fiel ihm schwer an diesem Morgen, und er fragte sich, warum er sein Alter mehr als sonst spürte, jeder einzelne Knochen, jedes Gelenk schien sich gegen die Bewegung zu wehren. Lag es am Wetter? Der Nebel hing tief über der Bucht von Fredvang, und er meinte, schon die feuchte Kälte zu spüren, die ihn erwartete, wenn er das Haus verließ. Er schob die Gardine zur Seite. Zwölf Grad zeigte das Außenthermometer am Fenster. Hochsommer auf den Lofoten. Vielleicht sollte er einfach sitzen bleiben und in der Küche einheizen.

»Komm schon«, motivierte er sich selbst. »Gleich wird es besser. Du musst nur erst in Bewegung kommen.«

»Führst du inzwischen Selbstgespräche?«

Knut sah zur Tür. Rune musste den Kopf einziehen, um nicht gegen den Türrahmen zu stoßen. Knut hatte ihn nicht hereinkommen hören. Aber das wollte nichts heißen, auch sein Gehör funktionierte in letzter Zeit nicht immer zuverlässig.

»Dahin kommst du auch noch, wenn du so weitermachst«, raunzte er. »Was willst du überhaupt hier?«

»Ich wollte sehen, wie es dir geht. Ich fahre gleich raus für ein paar Tage …«

Knut zog eine Augenbraue hoch. »Hast du dir das gut überlegt? Es soll Sturm geben.«

»Wird schon nicht so schlimm werden.«

»Na, du musst es wissen.« Knut rieb sich die Arme, machte einen unsicheren Schritt.

Rune beobachtete ihn mit gerunzelter Stirn. »Warum bleibst du nicht drin, wenn es dir nicht gut geht?«

»Ich habe zu tun«, knurrte Knut. Die Besorgnis in Runes Stimme gefiel ihm nicht.

»Es wird schon nicht so dringend sein«, erwiderte Rune.

»Es ist Hochsaison«, hielt Knut dagegen. »Wenn ich auf dem Campingplatz nicht nach dem Rechten sehe, geht alles drunter und drüber, und außerdem reist heute die Frau an, der ich die Wohnung in Gretas Haus vermietet habe.« Knut warf einen Blick auf die Uhr neben dem Herd. »Die Fähre war schon da. Ich frag mich, warum die Deutsche noch nicht hier aufgekreuzt ist?«

»Vielleicht hat sie sich verfahren.«

Knut schnaubte. »In Fredvang gibt es nur zwei Straßen. Wer sich hier verfährt, ist nicht lebenstauglich.«

»Na, das wirst du sicher herausfinden«, bemerkte Rune abschließend. »Wir sehen uns spätestens Freitag.« Das helle Blau seiner Augen leuchtete in seinem bärtigen Gesicht, als er seinem Onkel zum Abschied zuzwinkerte.

»Pass auf dich auf«, murmelte dieser. Es bereitete ihm Sorge, dass Rune niemanden hatte, der auf ihn wartete, zu dem er zurückkehren konnte. Das ließ ihn im Zweifelsfalle waghalsiger agieren als nötig. Und wofür? Für ein paar verdammte Fische mehr. Dafür musste er draußen auf dem Meer nicht sein Leben riskieren.

Wenn du schon nicht dein Erbe annehmen willst, solltest du, verdammt noch mal, zurück auf deine Bohrinseln, lag es Knut deshalb nicht das erste Mal auf der Zunge. Doch er schwieg, obwohl er wusste, dass sie unten in Stavanger, der Ölhauptstadt des Landes, ständig Männer mit Runes Erfahrung suchten.

Rune hatte mit diesem Kapitel seines Lebens abgeschlossen. Sagte er. Stattdessen lebte er von der Hand in den Mund von dem bisschen Geld, das ihm die Fischerei einbrachte. Mit gesenktem Kopf hörte Knut, wie die Haustür ins Schloss fiel, gleich darauf blickte er dem weißen Pick-up seines Neffen nach, bis er ihn nicht mehr sehen konnte, humpelte schließlich in den Flur und zog seine Jacke an. Sein alter Landrover war an diesem Morgen genauso widerspenstig wie sein Körper, aber schließlich sprang der Wagen an, jedoch nicht, ohne eine große blaue Rauchwolke auszustoßen. Langsam fuhr Knut ans südliche Ende der Bucht. Der schmale Landstrich zwischen dem Meer und den steil ansteigenden Hängen war hier gerade breit genug für die enge Straße und das kleine, von einem verwitterten Zaun umschlossene Grundstück mit dem alten zweistöckigen weißen Holzhaus. Zwei Apfelbäume und eine Kiefer trotzten dem Wind und der Salzluft, im hohen Gras darunter blühten hellblaue Schlüsselblumen und farbenprächtige Lupinen. Orangegelbe Kapuzinerkresse rankte an dem verwitterten Holzzaun. Zwischen Haus und Schuppen lag ein Stapel Treibholz. Knut runzelte die Stirn, während er den Wagen am Straßenrand parkte. Es wäre gut gewesen, noch einmal zu mähen. Ein bisschen aufzuräumen.

Die Tür des Schuppens flog auf. Ein Wesen stolperte hustend heraus, ein staubiger, blauer Arbeitsoverall schlotterte um den dünnen Körper, das Haar war unter einem schmutzigen roten Kopftuch versteckt, das Gesicht verborgen unter Atemmaske und Schutzbrille.

Knut suchte unwillkürlich Deckung in der Erwartung, dass der Schuppen gleich in die Luft fliegen würde, aber nichts dergleichen geschah. Greta Amundsen riss sich lediglich keuchend Brille und Maske vom Gesicht, befreite ihr zerzaustes, blondes krauses Haar von dem Kopftuch und stöhnte: »Oh, mein Gott!«

Dann erst nahm sie Knut wahr, und ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr hageres Gesicht. »Knut! Guten Morgen!«, rief sie. »Schon gefrühstückt?«

Er stieg die wenigen Stufen zur Gartenpforte hinauf. Beim Näherkommen bemerkte er die Schmutz- und Staubspuren in Gretas Gesicht, die die Konturen der eben abgesetzten Brille und Maske auf ihrer Haut nachzeichneten.

»Was zum Teufel machst du schon wieder?«, fragte er.

Sie lächelte noch immer. »Ich probiere etwas aus.«

»Willst du es mir zeigen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Morgen vielleicht.«

Er folgte ihr ins Haus. Sein Elternhaus. Als Greta damals eingezogen war, hatte sie die Räume möbliert übernommen, sie hatte nicht lange bleiben wollen. Nur ein paar Wochen. Inzwischen jährte sich ihr Einzugstermin zum zehnten Mal, und das alte Mobiliar hatte sie nach und nach...

Erscheint lt. Verlag 29.1.2018
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller-Autorin • Bohrinsel • Einsamkeit • Fiktion • Lofoten • Norwegen • Norwegen-Thriller • Psychologischer Thriller • Psycho-Thriller • Rache • Realität • Skandinavien • Skandinavien-Thriller • skandinavische Inselgruppe • Spannung • Umweltkatastrophe • Wahn • Wirklichkeit
ISBN-10 3-426-44230-2 / 3426442302
ISBN-13 978-3-426-44230-2 / 9783426442302
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