Begutachtung von Pflegebedürftigkeit (eBook)

Praxishandbuch zur Pflegebedarfseinschätzung bei Erwachsenen

Anne Meissner (Herausgeber)

eBook Download: PDF
2018 | 1. Auflage
368 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-95748-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Begutachtung von Pflegebedürftigkeit -
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Pflegebedürftigkeit im Sinne der Sozialgesetzgebung zu begutachten und begründete Empfehlungen für einen Pflegegrad abzugeben, sind entscheidende Schritte für Betroffene, damit sie Leistungen aus dem Pflegeversicherungsgesetz beziehen können. Gleichzeitig dreht das neue Verständnis von Pflegebedürftigkeit bisher Wohlbekanntes um 180 Grad. Die Veränderungen verunsichern alle Beteiligten. In der Praxis sind Pflegegrade den Betroffenen verständlich zu erklären oder begründet in Frage zu stellen. Auf Hochschulebene ist das neue Verständnis von Pflegebedürftigkeit und dessen Bedeutung für die berufliche Pflege zu vermitteln. Auf Forschungsebene sind die Besonderheiten bei der Anwendung zu untersuchen. Deshalb ist es notwendig, das Thema Begutachtung von Pflegebedürftigkeit aus Sicht von Wissenschaft und Recht verständlich darzustellen. Gleichzeitig gilt es, der Praxis klare Fakten an die Hand zu geben, damit im Einzelfall optimal argumentiert und unterstützt werden kann. Das umfassende Fachbuch von Anne Meißner klärt offene Fragen für Pflegegutachter, Pflegepraktiker, Pflegemanager, Lehrende und Studierende. Es bietet einen Überblick über ausgewählte Aspekte rund um das neue Verfahren, wie • die Entwicklung der Pflegebegutachtung • das Handlungsfeld der Gutachtenerstellung • die rechtlichen Grundlagen der Begutachtung bei Pflegebedürftigkeit • die Elemente und Fallstricke des Begutachtungsprozesses • die fachlichen Grundlagen der Begutachtung bei Pflegebedürftigkeit • Empfehlungen und Ausblicke.

Inhalt, Geleit- und Vorwort 6
Hinweise und Aufbau dieses Buches 21
1 Die Sachverständigentätigkeit 27
1.1 Sachkunde und persönliche Eignung 30
1.1.1 Aus -, Fort – und Weiterbildung 34
1.1.2 Auswahl der Sachverständigen 37
1.1.3 Qualität der Gutachten 40
1.2 Forschungsbedarf 41
1.3 Literatur 41
2 Allgemeine Rechtsgrundlagen der gutachterlichen Tätigkeit 43
2.1 Einholung von Sachverständigengutachten als Beweismittel 43
2.2 Erhebung des Sachverständigenbeweises im Besonderen 44
2.2.1 Einholung von Fachwissen 45
2.2.2 Auswahl des Sachverständigen 46
2.2.3 Verpflichtung des Sachverständigen zur Gutachtenerstattung 47
2.2.4 Form der Beauftragung 47
2.2.5 Pflichten nach Beauftragung 47
2.2.6 Schriftliches oder mündliches Gutachten 48
2.2.7 Mündliche Erläuterung des schriftlich erstatteten Gutachtens 48
2.3 Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit 49
2.4 Inhaltliche Anforderungen an ein gerichtliches Gutachten 50
2.4.1 Bindung an die Beweisfragen 50
2.4.2 Ausgangssachverhalt 51
2.4.3 Fachliche Subsumtion 52
2.4.4 Aufklärung des Sachverhalts 52
2.5 Aufbau des Sachverständigengutachtens 53
2.6 Haftung des Sachverständigen für unrichtige Gutachten 53
2.7 Pflegewissenschaftliche Gutachten für Sozialgerichte 55
2.8 Pflegewissenschaftliche Gutachten im Zivilprozess 57
2.9 Literatur 59
3 Pflegeversicherung und Pflegebedürftigkeit 1995–2016 61
3.1 Ein neuer Zweig in der Sozialversicherung entsteht 61
3.2 Der ursprüngliche Begriff von Pflegebedürftigkeit 61
3.3 Dominanz des Zeitbezuges 66
3.4 Vorgängervorschriften und Entwicklung 66
3.4.1 Strenge Verrichtungsbezogenheit 67
3.4.2 Begrenzung und sachgerechte Berücksichtigung 67
3.4.3 Verrichtung des Grundbedarfs 69
3.4.4 Notwendige Verrichtungen 70
3.5 Paradigmenwechsel 70
3.6 Literatur 71
4 Die Entwicklung des neuen Begriffs der Pflegebedürftigkeit und des Begutachtungsinstruments 73
4.1 Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff entsteht 73
4.2 Die Kritik am „alten“ Begriff der Pflegebedürftigkeit 73
4.3 Pflegewissenschaftliche Grundlagen des „neuen“ Begriffs der Pflegebedürftigkeit 75
4.4 Entwicklung eines neuen Begutachtungsinstruments 80
4.4.1 Anforderungen an das Instrument 81
4.4.2 Die modulare Struktur des Begutachtungsinstruments 82
4.4.3 Bewertung der Selbstständigkeit 84
4.4.4 Bewertungssystematik 85
4.5 Weitere Nutzungsoptionen der Begutachtungsergebnisse 88
4.6 Fazit 89
4.7 Literatur 90
5 Die Pflegeversicherung ab 2017 im Überblick 93
5.1 Übergangsregeln – ein geräuschloser Systemwechsel 93
5.1.1 Übergangsstichtag 93
5.1.2 Automatischer Übergang in einen Pflegegrad für bisherige Leistungsbezieher 93
5.1.3 Dauerhaftigkeit des übergeleiteten Pflegegrades 95
5.1.4 Der ambulante und teilstationäre Besitzstandsschutz 95
5.1.5 Der Besitzstandsschutz für den erhöhten Betrag des § 45 b SGB XI a. F., § 141 Abs. 2 SGB XI 96
5.1.6 Bestandsschutz in der stationären Pflege 98
5.1.7 Besitzstandsschutz für Einrichtungen ohne Vergütungsvereinbarung 101
5.1.8 Besitzstandsschutz für den Wohngruppenzuschlag 101
5.1.9 Besitzstandsschutz soziale Sicherung der Pflegeperson 101
5.1.10 Besitzstandsschutz für nach Landesrecht anerkannte niederschwellige Leistungserbringer 102
5.1.11 Besitzstandsschutz für sonstige Fälle 102
5.1.12 Übertragung der Besitzstandsschutz-Regelung auf die private Pflege-Pflichtversicherung 102
5.1.13 Besitzstandsschutz für Menschen mit Behinderungen 103
5.1.14 Fazit des automatischen Übergangs 103
5.2 Die Leistungen bei Pflegegrad 1, § 28a SGB XI 104
5.3 Die Härtefallregelung – besondere Bedarfskonstellation 105
5.4 Beratung 106
5.5 Die Entwicklung der Leistungsbeträge — Der Paradigmenwechsel des Gesetzgebers 111
5.6 Leistungen 116
5.6.1 § 36 SGB XI – ambulante Sachleistungen 116
5.6.2 § 37 SGB XI — ambulante Geldleistungen 117
5.6.3 § 37 Abs. 3 SGB XI — Beratungsbesuch 118
5.6.4 § 38a SGB XI — Zusätzliche Leistungen in ambulant betreuten Wohngruppen 119
5.6.5 § 39 SGB XI – Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson 122
5.6.6 § 41 SGB XI – Tages- und Nachtpflege 123
5.6.7 § 42 SGB XI – Kurzzeitpflege 124
5.6.8 § 43 SGB XI – vollstationäre Pflege 124
5.6.9 § 43a SGB XI — Leistungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe 126
6 Datenschutz und Schweigepflicht im Begutachtungsprozess 127
6.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 127
6.1.1 Recht auf informationelle Selbstbestimmung 128
6.1.2 Datenschutzgesetze 128
6.1.3 Sozialgesetzbuch und Sozialgeheimnis 129
6.1.4 Schweigepflicht 130
6.1.5 Datenschutz-Grundverordnung (ab Mai 2018) 130
6.1.6 Datenschutz im Begutachtungsprozess 131
6.1.7 Verschwiegenheit im Begutachtungsprozess 133
6.1.8 Einbindung externer Gutachter und Dienstleister 134
6.1.9 Einsicht und Weitergabe von Daten durch die Pflegekasse 135
6.1.10 Betroffenenrechte und Akteneinsicht 135
6.1.11 Umfang der Datenverarbeitung und Aufbewahrungsfristen 137
6.1.12 Exkurs: Einwilligung bei Qualitätsprüfungen 137
6.2 Gestaltung der IT-Sicherheit 138
6.2.1 Zutrittskontrolle 138
6.2.2 Zugangskontrolle 139
6.2.3 Zugriffskontrolle 140
6.2.4 Weitergabekontrolle 140
6.2.5 Eingabekontrolle 140
6.2.6 Auftragskontrolle 141
6.2.7 Verfügbarkeitskontrolle 141
6.2.8 Trennungsgebot 141
6.3 Literatur 142
7 Die Einschätzung des pflegerischen Unterstützungsbedarfs bei Menschen mit geistiger Behinderung 145
7.1 Begriffsbestimmung 145
7.1.1 Behinderung 145
7.1.2 Geistige Behinderung 148
7.2 Epidemiologie 149
7.3 Besondere gesundheitliche Risiken 150
7.4 Prävention und Gesundheitsförderung 151
7.5 Leitprinzipien von Pflege und Eingliederungshilfe 152
7.5.1 Pflege 153
7.5.2 Eingliederungshilfe 154
7.5.3 Gemeinsamkeiten von Eingliederungshilfe und Pflege 155
7.5.4 Abgrenzung zwischen Eingliederungshilfe und Pflege 155
7.6 Pflegerische Unterstützungsbedarfe von Menschen mit geistiger Behinderung 156
7.7 Teilhabeorientierung vs. selbstbestimmte Teilhabe 156
7.8 Anforderungen und neue Aufgaben 158
7.9 Literatur 160
8 Begutachtung von Pflegebedürftigkeit bei Personen mit demenziellen Erkrankungen 165
8.1 Problemlagen demenziell erkrankter Personen 166
8.2 Pflegebedürftigkeit (wieder) ganzheitlich denken 168
8.3 Konzeptionelle Überschneidungen 169
8.4 Die Begutachtungssituation anhand von zwei Fallbeispielen 171
8.4.1 Fallbeispiel Else W. 171
8.4.2 Fallbeispiel Herbert O. 179
8.4.3 Diskussion der Fallbeispiele 186
8.5 Offene Fragen und Anregungen 186
8.6 Fazit 189
8.7 Literatur 189
9 Die Perspektive des psychiatrischen Krankenhauses 191
9.1 Grundlegender Wandel – gestern wie heute 191
9.2 Pflegebedürftigkeit im psychiatrischen Krankenhaus 193
9.3 Herausforderungen bei der Begutachtung psychiatrisch kranker Menschen 197
9.3.1 Kenntnisstand psychiatrisch Pflegender zur Pflegebedürftigkeit 197
9.3.2 Erfahrungen Betroffener 200
9.4 Praktische Bedeutung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs für die psychiatrische Pflege 202
9.5 Fallbeispiel Luise A. 203
9.6 Fazit 213
9.7 Literatur 215
10 Begutachtung von Pflegebedürftigkeit im kulturellen Kontext 217
10.1 Einführung zum Migrationsgeschehen im Kontext Pflegebedürftigkeit 217
10.1.1 Bevölkerungsstruktur 217
10.1.2 Altersstruktur 218
10.1.3 Pflegebedürftigkeit 219
10.2 Die Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund 219
10.3 Gesundheitliche Situation von Menschen mit Migrationshintergrund 220
10.4 Inanspruchnahme von Pflegeangeboten 222
10.5 Besonderheiten im Begutachtungsprozess 223
10.6 Herausforderungen in der Begutachtungssituation 225
10.7 Zukünftige Entwicklungen 233
10.8 Anforderungen und Forschungsbedarf 233
10.9 Literatur 234
11 Sprach- und Kulturmittlung bei Menschen mit Migrationshintergrund – Ein Praxisbericht 237
11.1 Besondere Herausforderungen 237
11.2 Pflegebedürftige Menschen mit Migrationshintergrund in Bremen 238
11.3 Herausforderung: gelingende Kommunikation 239
11.3.1 Verwandte oder Bekannte übersetzen 240
11.3.2 Leistungserbringer übersetzen 240
11.3.3 Sprach- und Kulturmittlung 241
11.3.4 Amtssprache in Deutsch? 242
11.4 Einsatz von Dolmetschern in der Pflegebegutachtung 243
11.5 Schlüsselqualifikation der Zukunft: Transkulturelle Kompetenz 245
11.6 Fazit aus Bremen 246
11.7 Empfehlungen zum Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund in der Begutachtung 246
11.8 Literatur 248
12 Begutachtung pflegebedürftiger Sozialhilfeempfänger – Die Hilfe zur Pflege 249
12.1 Hilfe zur Pflege 249
12.2 Grundprinzipien der Sozialhilfe bei Pflegebedarf 249
12.3 Der Weg zu einem einheitlichen Pflegebedürftigkeitsbegriff 250
12.3.1 Unterschiede und Gemeinsamkeiten bis 2016 250
12.3.2 Harmonisierung und Herausforderungen ab 2017 252
12.3.3 Gesonderte Pflegebedarfsstellung 255
12.3.4 Pflegebedürftigkeit ? Pflegebedarf 255
12.3.5 Pflegebedarfe vom Sozialhilfeträger zu erheben 256
12.3.6 Bedarfsfeststellung als Kernkompetenz von Pflegefachkräften 257
12.4 Exkurs: Qualitätssichernde Funktion der Beratungsbesuche bei Sozialhilfeempfängern 258
12.5 Fazit 260
12.6 Literatur 260
13 Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen 263
13.1 Modul 5 263
13.1.1 Kriterien 1 bis 7 263
13.1.2 Kriterien 8 bis 11 264
13.1.3 Kriterien 12 bis 15 264
13.1.4 Kriterium 16 265
13.1.5 Summe, Punkte und gewichtete Punkte 265
13.2 Fallbeispiel Helene P. 266
13.3 Fallbeispiel Otto N. 268
13.4 Fallbeispiel Herbert H. 270
13.5 Fallbeispiel Katharina H. 272
13.6 Fallbeispiel Olga P. 274
13.7 Fallbeispiel Marianne S. 276
13.8 Fallbeispiel Peter W. 278
13.9 Literatur 279
14 Versorgung mit Hilfsmitteln – rechtliche und methodische Hinweise 283
14.1 Bedeutung von Hilfsmitteln in der Versorgung Pflegebedürftiger 283
14.2 Was sind Hilfsmittel im sozialversicherungsrechtlichen Sinn? 284
14.2.1 Hilfsmittelverzeichnis 287
14.3 Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Hilfsmitteln 288
14.3.1 Allgemeine sozialrechtliche Rahmenbedingungen der Hilfsmittelversorgung 288
14.3.2 Hilfsmittelversorgung durch die GKV 290
14.3.3 Hilfsmittelversorgung nach SGB XI 292
14.3.4 Produktbezogene Besonderheiten im Versorgungsprozess 294
14.4 Hinweise und Tipps zur Initiierung und Beantragung von Hilfsmitteln 295
14.4.1 Notwendigkeit einer ärztlichen Bescheinigung 296
14.4.2 Versorgungsmanagement (Case-Management) 297
14.5 Hilfsmittel abgelehnt: Was ist zu tun? 299
14.6 Evaluation und Begutachtung der Hilfsmittelversorgung 299
14.6.1 Hilfsmittelbegutachtung bei Pflegebedürftigkeit 302
14.6.2 Mögliche Probleme bei der Evaluation von Hilfsmitteln bei Pflegebedürftigkeit. 303
14.7 Herausforderungen und offene Fragen 304
14.8 Literatur 305
15 Kommunikation in der Begutachtung: Sensibel im Gespräch – kompetent im Dialog 309
15.1 Ausdrucksformen und Dialogmuster im Gesundheitswesen 309
15.1.1 Sprache in Health Care Marketing 310
15.1.2 Vorherrschende Muster im Gespräch 310
15.1.3 Selbstkompetenz, Flexibilität und Reflexion 311
15.1.4 Dimensionen der Kommunikationsstile – Laie vs. Profi 312
15.1.5 Sprachkultur und humane Dialogführung in der Begutachtung 313
15.2 Fachkompetenz in Sprache und Gespräch 315
15.2.1 Grundlagen für den humanen Dialog 315
15.2.2 Ausdrucksebenen der Kommunikation 317
15.2.3 Mit heilsamen Worten Begutachtungen gestalten 317
15.2.4 Professioneller Umgang mit Nähe und Distanz 318
15.3 Papillon – Ein Reflexionsmodell nach Sandra Mantz 319
15.3.1 Innere Haltung 319
15.3.2 Sprachlicher Ausdruck 321
15.4 Kommunikationsbrücken in der Begutachtungssituation 322
15.4.1 Schlüsselworte erkennen 322
15.4.2 Allgemeine Tipps – Das richtige Wort zur richtigen Zeit 325
15.4.3 Sensible Situation Begutachtungsgespräch – Mit neuem Blick 327
15.5 Fazit und Ausblick 334
15.6 Literatur 335
16 Ausblick Pflegekammer 337
16.1 Die Pflegekammer in Rheinland-Pfalz 338
16.2 Handlungsfeld Begutachtung 339
16.3 Aufgaben und Chancen 341
16.3.1 Der Blick nach nebenan 341
16.3.2 Der einzelne Bürger im Mittelpunkt 342
16.3.3 Unterstützung für den Berufsstand 342
16.3.4 Nutzen für Pflegeunternehmen und Politik 343
16.4 Fazit 344
16.5 Literatur 344
Abkürzungs-, Tabellen-, Abbildungs-, Autoren- und Sachwortverzeichnis 345

2 Allgemeine Rechtsgrundlagen der gutachterlichen Tätigkeit (S. 41-42)

Roland Uphoff und Joachim Hindemith

2.1 Einholung von Sachverständigengutachten als Beweismittel

Die Einholung von Sachverständigengutachten durch Gerichte ist heute ein weithin alltäglicher Vorgang, und zwar insbesondere im Zivilprozess. Je nach dem Gegenstand eines Rechtsstreits werden, wenn das Gericht zu einer sachgerechten Entscheidung kommen will, Gutachten ganz unterschiedlicher Thematik benötigt (typische Beispiele: Gutachten über Baumängel, Gutachten von Unfallursachenforschern über Ursachen und Ablauf eines Verkehrsunfalls, Gutachten zur Entstehung von Bränden, Gutachten über die Echtheit von Urkunden, Gutachten zu technischen Fragen, z. B. im Bereich des IT-Rechts). Die Praxis lehrt jedoch, dass die meisten Gutachten, die in Zivilprozessen eingeholt werden, medizinische Fragestellungen betreffen, wobei dieser Begriff hier sehr weit gefasst ist; er umfasst auch die typisch pflegewissenschaftlichen Fragen. Solche Fragen müssen im Bereich des Zivilprozesses vor allem dann gutachtlich geklärt werden, wenn die klagende Partei geltend macht, sie sei durch die beklagte Partei, z. B. ein Krankenhaus, gesundheitlich geschädigt worden und ein wesentlicher Teil des Schadens bestehe in vermehrten Bedürfnissen (§ 843 Abs. 1 BGB), die gerade daraus resultierten, dass sie infolge ihrer gesundheitlichen Schädigung pflegebedürftig geworden sei.

Spezifisch pflegewissenschaftliche Fragen können auch in einem Rechtsstreit vor einem Sozialgericht auftauchen. Erhalten Betroffene nicht den erwarteten Pflegegrad, so kann nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren bzw. bei privat Versicherten auch ohne ein Widerspruchsverfahren gegen die Entscheidung der Pflegekasse der Klageweg beschritten werden. In einem solchen Rechtsstreit wird dann die Einholung eines pflegewissenschaftlichen Gutachtens erforderlich.

Das Sachverständigengutachten ist ein Beweismittel. Der Sachverständigenbeweis, der in allen einschlägigen Prozessordnungen geregelt ist, steht im Prinzip in einer Reihe mit den anderen in den verschiedenen Prozessordnungen, insbesondere also in der Zivilprozessordnung, vorgesehenen Beweisarten (Augenschein, Zeugenbeweis, Sachverständigenbeweis, Urkundenbeweis, Beweis durch Parteivernehmung). Dass ein Rechtsstreit im Allgemeinen nicht ohne Beweisaufnahme entschieden werden kann, hat naheliegende Gründe. Es kommt sehr selten vor, dass die Parteien hinsichtlich des Sachverhalts, aus dem ihr Rechtsstreit entstanden ist, völlig einig sind und nur über eine Rechtsfrage streiten. Eher kommt es vor, dass die Parteien zwar über den Sachverhalt streiten, dass es aber auf die von ihnen gegebenen unterschiedlichen Darstellungen nicht ankommt. In den allermeisten Fällen ist hingegen der Sachverhalt streitig und es kommt für die Entscheidung auf die insoweit bestehenden unterschiedlichen Darstellungen an. In diesen Fällen kann das Gericht den Streit der Parteien nicht ohne Sachverhaltsaufklärung entscheiden. Es muss also eine Sachverhaltserforschung vornehmen. Dies geschieht im Wege der Beweisaufnahme. Sie erfolgt im Zivilprozess auf Antrag der Parteien, in allen anderen Verfahrensarten von Amts wegen.

In aller Regel geht es dabei zunächst um die Klärung von Fakten. Zeugen werden vernommen, weil sie (potenziell) Wahrnehmungen gemacht haben, die sie dem Gericht schildern sollen. Auch der Urkundenbeweis dient in den meisten Fällen (nicht immer) der Tatsachenfeststellung. Die Behandlungsunterlagen eines Arztes oder Krankenhauses, die in Arzthaftungsprozessen immer beigezogen werden, dienen dazu, den Behandlungsgang in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären. Augenschein und Parteivernehmung sollen ebenfalls der Sachverhaltsaufklärung dienen. Man muss allerdings sagen, dass der richterliche Augenschein im Zivilprozess eher ein Schattendasein führt. Es kommt z. B. vor, dass ein Gericht eine Unfallstelle besichtigt, um die örtlichen Verhältnisse besser erfassen zu können. Auch die Verletzungen, die z. B. ein Unfallopfer erlitten hat, können Gegenstand eines Augenscheinbeweises sein. Zu einer Parteivernehmung kommt es ebenfalls eher selten, weil die Voraussetzungen, unter denen eine Parteivernehmung zulässig ist, streng sind. Viel häufiger machen heute die Gerichte in den Fällen, in denen sich die maßgeblichen Vorgänge unter vier Augen abgespielt haben, von der Möglichkeit Gebrauch, die Parteien, und zwar meistens beide Parteien, ohne förmliche Parteivernehmung anzuhören (§ 141 ZPO). Die Ergebnisse einer solchen Anhörung kann das Gericht ebenso wie das Ergebnis einer Zeugenvernehmung frei würdigen.

Der Sachverständigenbeweis nimmt unter den anderen Beweisarten insofern eine Sonderstellung ein, als die Aufgabe des Sachverständigen in aller Regel nicht darin besteht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären; vielmehr soll der Sachverständige auf der Basis seiner besonderen Sachkunde dem Gericht bei der Beurteilung des Sachverhalts behilflich sein. Geht es also z. B. um die Frage, ob einem Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, so bedarf es zunächst in tatsächlicher Hinsicht der Klärung, wie der Arzt vorgegangen ist, was er also im Einzelnen getan oder veranlasst hat. Aufgabe des Sachverständigen ist es dann, dieses Vorgehen des Arztes fachlich zu würdigen. Erst auf der Basis einer solchen vorausgehenden fachlichen Bewertung kann das Gericht eine auf ihr aufbauende rechtliche Bewertung vornehmen.

Völlig trennscharf lässt sich diese Unterscheidung allerdings nicht durchführen. Häufig werden Sachverständige auch damit beauftragt, Tatsachen zu ermitteln, wenn dies nur aufgrund besonderer Sachkunde möglich ist. Das Gericht kann dem Sachverständigen z. B. aufgeben, einen Patienten zu untersuchen.

2.2 Erhebung des Sachverständigenbeweises im Besonderen

Die Normen, die die Erhebung des Sachverständigenbeweises im Rechtsstreit regeln, sind Bestandteil des Prozessrechts; sie finden sich demgemäß in verschiedenen Prozessordnungen. Für den Zivilprozess gelten §§ 402–414 der Zivilprozessordnung (ZPO). Im Strafprozess ist das Recht der Beweiserhebung durch Sachverständige in §§ 72–93 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Die einschlägigen Regelungen des Sozialgerichtsprozesses finden sich in §§ 103, 109, 118 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), wobei § 118 SGG eine Bezugnahme auf die einschlägigen Normen der ZPO enthält.

Erscheint lt. Verlag 15.1.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege
Schlagworte begutachten • Begutachtung • Begutachtungsprozess • Betroffene • Empfehlungen • Erwachsene • Gutachten • Gutachtenerstellung • Leistungen • Pflege • Pflegebedarfseinschätzung • Pflegebedürftig • Pflegebedürftigkeit • Pflegegrade • Pflegeprozess • Pflegeversicherung • Pflegeversicherungsgesetz • Praxishandbuch • Rechtliche Grundlagen • Sozialgesetzgebung • Veränderungen
ISBN-10 3-456-95748-3 / 3456957483
ISBN-13 978-3-456-95748-7 / 9783456957487
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