Verstrickung (eBook)

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
272 Seiten
Bebra Verlag
978-3-8393-4132-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verstrickung -  Edda Helmke
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Im beschaulichen Berliner Ortsteil Pankow wird der Manager einer Immobilienfirma brutal erschlagen. Ein politisches Motiv scheint auf der Hand zu liegen - doch bald ist sich Kommissar Schade da gar nicht mehr so sicher. Bei seinen Ermittlungen zwischen Bioläden, Szenecafés und Kunstgalerien stößt er auf ein Geflecht von Liebe, Hass und Korruption, in dem es von Verdächtigen nur so wimmelt. Selbst die Betreiberin des Wollladens 'Faden der Ariane', die dem Kommissar so hilfreich zur Seite steht, scheint ein dunkles Geheimnis vor ihm zu verbergen ... 'Ein unterhaltsamer, dichter Kriminalroman.' FOCUS ONLINE (über Edda Helmkes 'Der Tag nach dem Klassentreffen')

Edda Helmke, geboren 1964, kam Mitte der 1980er Jahre zum Studium der Germanistik und Anglistik nach Berlin. 1997 wurde sie mit dem Walter-Serner-Preis ausgezeichnet. Sie veröffentlichte mehrere Romane und Erzählungen, zuletzt die Kriminalromane 'Der Tag nach dem Klassentreffen' und 'Eine gefährliche Erbschaft'. Edda Helmke lebt heute in Berlin-Pankow, wo sie auch Kreatives und Biografisches Schreiben unterrichtet.

Edda Helmke, geboren 1964, kam Mitte der 1980er Jahre zum Studium der Germanistik und Anglistik nach Berlin. 1997 wurde sie mit dem Walter-Serner-Preis ausgezeichnet. Sie veröffentlichte mehrere Romane und Erzählungen, zuletzt die Kriminalromane "Der Tag nach dem Klassentreffen" und "Eine gefährliche Erbschaft". Edda Helmke lebt heute in Berlin-Pankow, wo sie auch Kreatives und Biografisches Schreiben unterrichtet.

Donnerstag, 7. August


Ariane bekam kaum Luft, so schwül war es. Heftig atmend lehnte sie sich gegen das steinerne Brückengeländer. Nach dem Unwetter der letzten Nacht war der Wasserstand höher als gewöhnlich. Außerdem hatte der Regen allerlei Unrat aus dem Ufergebüsch gelöst, der nun in der Panke trieb. Zum Beispiel einen braunen Herrenschuh, der, Ferse nach oben, aus dem Wasser ragte. Aber der Schuh trieb nicht. Der Schuh steckte fest.

Sie löste die Hände vom Geländer und ging, immer noch mit spürbar beschleunigtem Puls, auf die kleine Grünanlage, von der ein paar flache Betonstufen zum Flussbett führten. Fluss war leicht übertrieben war. Normalerweise war die Panke hier nicht mehr als ein sanft plätscherndes Bächlein. An warmen Sommertagen ließen die Anwohner ihre Kinder darin spielen.

Der Mann, dessen Fuß in dem Schuh steckte, lag bäuchlings im Wasser, ungefähr dreißig Zentimeter vom Ufer entfernt. Sie hätte ihn berühren können.

Sie ging in die Hocke und stützte ihre Unterarme auf die Schenkel, die vom Joggen leicht brannten. Sie spürte den Atem durch ihren Körper fließen, während sie sich zwang, den Toten anzusehen.

Er trug eine dunkle Stoffhose und ein weißes Hemd. Das braune Haar breitete sich in der leichten Strömung wie ein Fächer um seinen Kopf. An einer Stelle schimmerte hell die Kopfhaut durch. Das Hemd blähte sich in der Strömung rhythmisch auf, als wolle es signalisieren, dass es im Gegensatz zu seinem Träger noch lebte.

Sie schloss die Augen und konzentrierte sich wieder auf ihren Atem. Weglaufen ging nicht. Weglaufen hatte noch nie funktioniert.

Sie musste etwas tun. Aber was? Die Polizei rufen, oder die Feuerwehr?

Wen rief man in solchen Situationen eigentlich an?

Sie hatte nicht einmal ihr Handy dabei. Sie nahm es nie mit, wenn sie laufen ging.

Sie stieg die Stufen hoch und machte ein paar Dehnungsübungen auf der Wiese, um die Verkrampfung im Brustbereich zu lösen. Es funktionierte nicht. Ihre Brust war wie zugeschnürt.

Auf der anderen Seite der Ossietzkystraße sah sie zwei Jogger aus dem Schlosspark kommen. Sie riss beide Arme in die Höhe und winkte wie wild.

 

Die Frau, die ihm von innen die Ladentür aufschloss, trug ein enges, schwarzes Kleid und hochhackige Holzpantoletten. Das dunkle Haar hatte sie auf der Schädelmitte zu einem Knoten zusammengezwirbelt, aus dem zwei Stäbchen ragten, mit denen er unwillkürlich Stricknadeln assoziierte. Für die Inhaberin eines Wollfachgeschäftes sah sie eigentlich ziemlich sexy aus. Aber wegen der Brille war ihr Alter schlecht zu schätzen. Bei Frauen war vierzig seine magische Grenze.

»Frau Keppler?«

»Ariane Keppler«, erwiderte sie und gab ihm die Hand. »Kaffee?«

Er folgte ihr durch ein mit Wollknäueln vollgestopftes Hinterzimmer und stand vor der fettesten Kaffeemaschine, die er jemals in Privatbesitz vorgefunden hatte. Das Ding war mindestens fünftausend Euro schwer.

Sein Journalistenhirn begann umgehend zu rattern:

1.) War so eine Kaffeemaschine allen Ernstes steuerlich absetzbar, wenn man einen Wollladen hatte?

2.) Beruhte der Name des Geschäftes »Der Faden der Ariane« auf einem Defizit in griechischer Mythologie oder auf einem ausgeprägten Sinn für Selbstironie? (Er stand total auf Ironie. An der Selbstironie arbeitete er noch.)

4.) Gehörte sie zu diesen reichen Neu-Pankowerinnen, die sich von ihren schwergewichtigen Ehemännern kleine Hobbys wie zum Beispiel einen Wollladen finanzieren ließen? (Ja, vermutlich.)

3.) Wie alt war sie hinter ihrer Brille wirklich? (Die Wadenmuskulatur war für über vierzig jedenfalls spektakulär.)

»Schießen Sie ruhig schon mal los, Herr Lorenz.« Ariane Keppler kippte Bohnen aus einer Gourmetpackung in die Maschine.

Meik Lorenz arbeitete für die Freie Presse, eine links-alternative Tageszeitung, an einer Serie über Berliner Kiezfeste. Ursprünglich hatte er Pankow gar nicht auf dem Plan gehabt. Aber dann hatte Moni, seine Chefin, ihn auf die Florastraße aufmerksam gemacht. Die Florastraße war die einzige Straße in der Altstadt Pankow, wo der Altersdurchschnitt unter fünfzig lag. Laut Moni erlebte Alt-Pankow gerade eine große Zuwanderungswelle junger Familien. Eine Zielgruppe der FP, die ihm persönlich eher nicht so am Herzen lag. Ehrlich gesagt waren ihm Kleinkinder sogar ein Gräuel. Er durfte sich diese Haltung erlauben. Er war erst siebenunddreißig.

Die erste Portion Kaffee schnurrte in die Tasse und verbreitete betörenden Duft.

Er räusperte sich.

»Das Motto des diesjährigen Flora-Straßenfestes lautet ›Spiel und Spaß für Groß und Klein‹. Mit welchen Attraktionen werden Sie sich denn ins Programm einbringen?«

Sie reichte ihm seinen Kaffee, leider schwarz. Frauen ihres Kalibers nahmen weder Milch noch Zucker.

»Knäuelweitwerfen und Nadelfechten.«

»Echt?«

Sie grinste. »Kleiner Scherz. Mein Laden bleibt natürlich zu. Zuckerwatte auf Kaschmir macht sich nicht so gut …« Das Kling-Klang des Windspiels an der Ladentür unterbrach sie.

Sie ging nach vorn, er folgte ihr. Im Verkaufsraum stand eine Ordnungshüterin mit den berufstypischen eingefrorenen Gesichtszügen.

»Ist das Ihr Wagen da draußen im Parkverbot?«

Ariane Keppler trippelte auf ihren Holzabsätzen zum Schaufenster.

»Leider nicht.«

Der blaue Audi Cabrio war ihm vorhin schon aufgefallen. Sein Besitzer hatte vergessen, das Verdeck zuzumachen, und es hatte in der Nacht ziemlich geschüttet.

»Dann lass ich den jetzt abholen«, sagte die Politesse in entschiedenem Ton. »Oder kennen Sie jemanden in der Nachbarschaft, dem der gehören könnte?«

Ariane Keppler hob bedauernd die Schultern.

»Wenn man sich so einen Wagen leisten kann, sollte man vielleicht ein bisschen besser darauf aufpassen«, sagte er, als die Politesse gegangen war.

»Vielleicht.« Offensichtlich interessierte sie sich nicht für Autos.

»Also, was für Highlights erwarten uns auf dem diesjährigen Fest?«, nahm er den Faden wieder auf.

»Zum Beispiel Flora Couture, eine Modenschau der ansässigen Mode- und Designerläden.«

»Die da wären?«

»Die Boutique ›Bullerbü‹ am S-Bahnhof Pankow, die ›Knopfkiste‹ hier gegenüber und ›gut behütet‹, das Hut-Atelier in der Gaillardstraße. Lee-An Tau, die Inhaberin, war als Hutmacherin an den führenden Opernhäusern Europas tätig, unter anderem in Sydney.«

Beeindruckend. Nur dass Sydney leider nicht in Europa lag. Aber das sah man im guten alten Pankow vermutlich nicht so eng.

Er lächelte zuckersüß.

»Ich sehe, Sie sind international aufgestellt. Verraten Sie mir noch, wie Sie auf die Idee kamen, ausgerechnet ein Wollgeschäft in der Florastraße zu eröffnen? Bestimmt sind Sie eine leidenschaftliche Strickerin.«

Ihre Brauen zuckten über den Rand ihrer Nana-Mouskouri-Brille.

»Ganz bestimmt nicht! Ehrlich gesagt bin ich über Leprabinden nie hinausgekommen.«

Er hatte sich wohl verhört. »Leprabinden?«

»In den Achtzigern. Wir haben Tonnen davon gestrickt. Meine längste war viereinhalb Meter lang. Ich habe mehrere Knäuel dafür gebraucht.«

Alles klar. Sie verarschte ihn. Blöde Kuh!

Er reichte ihr die Hand.

»Wirklich hochinteressant. Aber ich glaube, ich muss mal weiterziehen.«

»Klar.« Sie griff in ein Körbchen auf der Ladentheke und hielt ihm eine Karte entgegen.

»Falls Sie Lust haben, bei unserer Modenschau mitzumachen, rufen Sie einfach an. Wir sind immer auf der Suche nach attraktiven männlichen Models.«

Vor dem Laden drehte er noch eine Runde um den blauen Audi. Was für ein Prachtstück! Der Fahrer musste besoffen gewesen sein, als er den mit runtergeklapptem Verdeck stehen gelassen hatte. Eine dünne Frau mit Adlernase und rostfarbenen Rasta-Nudeln auf dem Kopf beobachtete ihn von der gegenüberliegenden Straßenseite aus. Das musste Madeline Mittmann sein, die Inhaberin der »Knopfkiste«. Sie gehörte neben der Keppler, Lee-An Tau und Bente Köslick zum Organisationskomitee des diesjährigen Straßenfestes und wäre seine nächste potenzielle Interviewpartnerin gewesen. Leider waren Rasta-Frauen nicht so sein Ding. Sie stanken nach Räucherstäbchen und hatten total vorhersehbare Ansichten. Er probierte besser gleich die Chinesin.

 

Als der Typ von der Freien Presse gegangen war, rief Ariane als Erstes Lee-An an.

»Der Typ von der FP ist gerade gegangen. In einer halben Stunde dürfte er bei dir aufkreuzen. Falls Maddy ihn nicht an Ort und Stelle vernascht.«

...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2018
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Berlin • Krimi • Pankow
ISBN-10 3-8393-4132-9 / 3839341329
ISBN-13 978-3-8393-4132-2 / 9783839341322
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