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Warum haben Sie gelogen, Sir? (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
222 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-10670-7 (ISBN)
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Michael Sibley ist unschuldig und kann es beweisen. Er hat seinen ehemaligen Schulkameraden John Prosset nicht umgebracht. «John Prosset war mein Freund», sagt er bei der Polizei aus. Warum verschweigt er, daß er Prosset gehaßt hat? Er erklärt, er habe den Ermordeten in der letzten Zeit nicht mehr gesehen. Aber die Polizei weiß es besser. Immer tiefer verstrickt sich Sibley im Netz seiner eigenen widersprüchlichen Aussagen, so daß ihn der Inspektor endlich fragen muß: «Warum haben Sie gelogen, Sir?» Die Antwort auf diese Frage liegt aber viel weiter in der Vergangenheit als der Mord an John Prosset, dessen Michael Sibley schließlich angeklagt wird.

John Bingham, 1908 als einziger Sohn von Lord Clanmorris in York, England, geboren, war ursprünglich Journalist und zeitweiliger Mitarbeiter des «Punch». Bingham gehörte viele Jahre zur internationalen Spitzenklasse der Autoren von Spannungsliteratur. In seinen Büchern erwies er sich immer wieder als Meister dieser Gattung, obgleich er oft auf harte Aktionen und laute Effekte verzichtete. Er starb 1988.

John Bingham, 1908 als einziger Sohn von Lord Clanmorris in York, England, geboren, war ursprünglich Journalist und zeitweiliger Mitarbeiter des «Punch». Bingham gehörte viele Jahre zur internationalen Spitzenklasse der Autoren von Spannungsliteratur. In seinen Büchern erwies er sich immer wieder als Meister dieser Gattung, obgleich er oft auf harte Aktionen und laute Effekte verzichtete. Er starb 1988.

1. Kapitel


Manchmal hatte ich schwer arbeiten müssen, aber ich hatte Erfolg gehabt und jetzt war ich oben, ich hatte es geschafft. Ich hatte eine gute Stellung, Abnehmer für meine nebenberuflichen schriftstellerischen Arbeiten, ein kleines privates Einkommen, und ich hatte Kate. Ich hatte sie jetzt sicher, und sie hatte mich, und die Zukunft gehörte uns. Es lag nur an uns, vorwärtszukommen.

Es gibt Menschen, die allein mit dem Leben fertigwerden, es macht ihnen gar nichts aus; sie schwärmen sogar von ihrer Selbstgenügsamkeit. Andere brauchen eine menschliche Zuflucht, zu der sie fliehen können, wenn sie Kummer haben, oder ganz einfach jemanden, zu dem sie abends, nach des Tages Last und Mühe, zurückkehren können. Dem armen Lehrer Ackersley ging es so und Geoffrey, dem indischen Seemann, und Kate ebenfalls. Die scheue und zartfühlende Kate war ein Mensch, der nicht mit sich allein sein konnte.

Aber es war ihr Schicksal gewesen, einen großen Teil ihres Lebens allein leben zu müssen. Es muß da einmal ein kurzes und leidenschaftliches Zwischenspiel mit einem jungen Mann in einem der Büros gegeben haben, in denen sie gearbeitet hat; hinterher gab es nichts mehr. Nichts und niemanden, bis ich auftauchte. Und ich, der sie zuerst bedauert hatte, liebte sie am Ende. Es war eine Geschichte mit einem glücklichen Ende.

Ich summte zufrieden vor mich hin, als ich an diesem lieblichen Sommerabend Harrington Gardens zuschlenderte. Es war eine jener Stimmungen, in der man sich der Schönheit der kleinen, alltäglichen Dinge genau bewußt ist. Ich nahm wahr, wie die Bewegung einer kleinen Wolke das Sonnenlicht über eine rote Kaminkappe, dann über die Hauswand und den Weg entlangjagte, so daß ein verkümmerter Fliederbaum und ein paar Lorbeerbüsche plötzlich in einem frischen Grün aufleuchteten. Die ganze graue Wüste der stockverzierten Häuser schien vor Wärme und Freundlichkeit zu glühen.

Eine gelblichbraune Katze saß auf den Treppenstufen eines Hauses und leckte sich die Pfoten, und als ich zu einem Fenster hochblickte, sah ich ein Mädchen auf einer Leiter stehen und hübsche saubere Gardinen aufhängen. Während ich vorbeiging, sah sie auf die Straße hinunter, unsere Blicke trafen sich, und sie lächelte. Nicht kokett, nur um zu zeigen, daß sie wußte, wie lustig sie aussah, während sie auf dieser wackeligen Leiter stand, daß sie sich aber nichts daraus machte, weil es ein so lieblicher Abend war und so schön zu leben. Ich setzte meinen Weg fort und erreichte endlich meine Wohnung.

Ich hatte die Absicht, an diesem Abend zu Hause zu bleiben, um eine Kurzgeschichte zu beenden, und ich hatte mich in meinem ganzen Leben nie besser gefühlt; ich war zum Schreiben aufgelegt gewesen. Als Schriftsteller wußte ich, daß langen Perioden der Faulheit oft kurze Perioden folgen, in denen man in der richtigen Stimmung ist. Wie dem auch sei, es gibt Zeiten, in denen man besser zum Schreiben aufgelegt ist als sonst, und ich hatte das Gefühl, daß ich an diesem Abend besonders gut arbeiten würde.

Wenige Augenblicke nachdem ich in mein Zimmer gegangen war, klopfte das Dienstmädchen Ethel, das auf meine Rückkehr gewartet haben mußte, an die Tür.

Sie berichtete, daß zwei Männer, die ihren Namen nicht angegeben hatten, am Nachmittag dagewesen seien und nach mir gefragt hätten. Als ihnen gesagt wurde, daß ich nicht da sei, erklärten sie, daß sie gegen acht Uhr abends zurückkommen wollten.

«Haben sie gesagt, um was es sich handelt?»

«Nein. Sie haben nur gesagt, hoffentlich ist er dann zu Hause; es ist wichtig.»

«Wie sahen sie aus?»

Sie zuckte die Schultern. «Ganz gewöhnlich. Der eine war in mittleren Jahren und der andere ziemlich jung.»

Ich kannte ein paar französische Zeitungskorrespondenten, mit denen ich manchmal einen Abend verbrachte, aber ich fand es unwahrscheinlich, daß sie erwarten würden, mich während des Nachmittags zu treffen.

«Glauben Sie, daß es Engländer waren?»

«O ja! Es war nichts Komisches an ihnen.»

«Nun, ich werde den ganzen Abend zu Hause sein. Schicken Sie sie sofort herein, wenn sie kommen, ja?»

Nachdem ich mir die Sache überlegt hatte, kam ich zu dem Schluß, daß es Polizeibeamte gewesen sein mußten. Vielleicht wollten sie ein paar Einzelheiten über Prosset haben. Noch wahrscheinlicher aber war der Hauptzweck ihres Besuches, mir zu sagen, daß ich als Zeuge bei der gerichtlichen Untersuchung zu erscheinen hätte. Es war mir egal. Gerichtliche Untersuchungen jagten mir keinen Schrecken ein. Ich hatte als Zeitungsreporter Hunderten beigewohnt.

Ich werde den Schock nie vergessen, den ich bekam, als ich die Zeitung öffnete und las, wie Prosset ums Leben gekommen war. Es stand nicht sehr viel darüber drin. Nur ein kleiner Absatz, in dem es hieß, daß die Leiche eines Mannes, den man als John Prosset, wohnhaft in London, Oxford Terrace, identifiziert hatte, in den ausgebrannten Trümmern seines Wochenendhauses in Ockleton, Sussex, aufgefunden worden war. Die Entdeckung wurde von einer Frau gemacht, die dreimal in der Woche zum Putzen kam.

Ich schickte sofort unseren Lokalkorrespondenten hin, und gegen Mittag rief er mich an. Aber er sagte, daß er im Augenblick nur wenig berichten könne. Der Polizei zufolge waren eine leere Whiskyflasche und zwei oder drei Bierflaschen in der Nähe der Leiche gefunden worden. Eine Untersuchung stand bevor. Man nahm an, daß er ungefähr seit Mitternacht tot war.

«Sind Sie selbst zum Wochenendhaus gegangen?» fragte ich.

«Nein, das nicht. Ich hatte etwas anderes zu tun. Es schien sich nicht zu lohnen. Er hat das Wochenende allein verbracht, hat sich augenscheinlich einen angesäuselt und dabei das Haus in Brand gesteckt. Es ist nichts weiter drin in der Geschichte, aber wenn Sie wollen, kann ich ja hingehen.»

Ich sagte ihm, daß er es nicht tun solle. Später bereute ich es bitter. Hätte ich ihn hingeschickt, wäre vielleicht manches anders gekommen. Aber die Tatsache bleibt bestehen, daß ich nichts Überraschendes in dem Bericht des Korrespondenten sah, nachdem der Schock über Prossets Tod vorüber war. Ich wußte, daß er den Whisky liebte.

Ich hatte den kleinen Flaschenhaufen an der Hintertür erst am Samstag gesehen, einen Tag also, bevor Prosset in Flammen und Rauch umkommen mußte. An diesem Samstag war ich bei ihm gewesen. Vorher hatte ich den Besuch abgesagt, dann aber war ich schließlich doch gefahren und bis zum frühen Sonntagmorgen geblieben, um anschließend zurückzufahren.

Wäre ich dageblieben, überlegte ich, wäre es wahrscheinlich nie geschehen. Dann wäre Prosset noch am Leben.

 

Ich musterte sie neugierig, als sie erschienen.

Der Chefinspektor war ein breitschultriger Mann, gut über Mittelgröße. Ich würde sagen, er war Ende der Vierzig. Er hatte einen runden Schädel mit kurzgeschorenem blonden Haar, das sich an den Schläfen leicht zurückzog, und ein ziegelsteinrotes, so scharf rasiertes Gesicht, daß es Hygiene und gute Gesundheit geradezu auszustrahlen schien. Seine Gesichtszüge waren regelmäßig, Nase und Kinn scharf geschnitten, aber seine Lippen waren dünn, und der Haupteindruck, den man von ihm bekam, war der eines unbeugsamen Charakters, der Sympathie oder jedes noch menschlichere Gefühl schon lange nicht mehr kannte. Seine Augen waren nicht groß, doch von einer merkwürdigen, sehr hellbraunen Farbe, und er schien sehr selten mit den Wimpern zu zucken. Es sah so aus, als hätte er Angst, seine Augen auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zu schließen und sich dadurch womöglich etwas entgehen zu lassen.

Er machte auf mich nicht den Eindruck eines Mannes, der auch nur eine einzige dieser kleinen liebenswürdigen Gewohnheiten oder launigen Redensarten besitzt, die man bei Polizeibeamten sonst oft findet. Er trug einen anständigen, gutgeschnittenen Anzug mit Nadelstreifen, weißes Hemd mit steifem Kragen und dunkelgrauem Schlips, einen schwarzen Homburg und dunkelgraue Handschuhe. Er hatte eine schwarze Aktentasche bei sich.

Der Sergeant war ein ganz anderer Typ. Er war schlank und dunkel, um die Zweiunddreißig herum, und wenn er sprach, bemerkte ich, daß in seiner Stimme der singende Rhythmus der Leute aus Wales schwang. Sein Teint war gelblich, die Nase ziemlich ausgeprägt. Er hatte große dunkle Augen und trug ein militärisch gestutztes Bärtchen. Um seinen grauen Flanellanzug richtig zur Geltung kommen zu lassen, trug er einen grünen Schlips mit dünnen weißen Streifen, der aussah wie der Schlips eines Cricketclubs oder einer Schule, und braune Schuhe. Auch er hatte Handschuhe an.

Sie machten den Eindruck eines erstklassigen Arbeitsteams. Der Inspektor wirkte wie eine kompetente, erbarmungslose, gründliche Polizeimaschine, bewandert in den Routinemethoden der Aufdeckung von Verbrechen. Der Sergeant schien der geistig Elastischere, Subtilere, Phantasievollere zu sein. Sein keltisches Blut mochte dabei mitspielen.

Nachdem ich die Tür geschlossen hatte, stellte der Ältere sich und seinen Kollegen vor, und während er es tat, steckte er die rechte Hand in die Jackentasche und holte seine in einem Lederetui steckende Erkennungsmarke heraus und steckte sie wieder ein. Die Bewegung war glatt und sanft; man hatte den Eindruck, einen Mann vor sich zu haben, der so viele Jahre seines Lebens damit verbracht hatte, die gleichen Dinge zu tun, daß sie ihm zur zweiten Natur geworden waren. Man konnte ihn sich vorstellen, wie er tagein, tagaus sagte: «Polizei!» und gleichzeitig die schnelle Bewegung mit seiner Erkennungsmarke machte.

Wahrscheinlich hatte noch nie jemand den Mut aufgebracht, sich diese Marke zu näherer Prüfung zeigen zu lassen. Eigentlich könnte er genausogut eine Wäschemarke vorzeigen, schoß es mir durch den Kopf.

Der Inspektor...

Erscheint lt. Verlag 17.11.2017
Übersetzer Walter Kolbenhoff
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Britisch • Journalist • Klassiker • Klassischer Kriminalroman • Kreuzverhör • Krimi • Mord • Mordermittlung • Schriftsteller • Unschuldig
ISBN-10 3-688-10670-9 / 3688106709
ISBN-13 978-3-688-10670-7 / 9783688106707
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