Ich bin viele (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
464 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-22481-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich bin viele -  Dennis E. Taylor
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Bob kann es nicht fassen. Eben hat er noch seine Software-Firma verkauft und einen Vertrag über das Einfrieren seines Körpers nach seinem Tod unterschrieben, da ist es auch schon vorbei mit ihm. Er wird beim Überqueren der Straße überfahren. Hundert Jahre später wacht Bob wieder auf, allerdings nicht als Mensch, sondern als Künstliche Intelligenz, die noch dazu Staatseigentum ist. Prompt bekommt er auch gleich seinen ersten Auftrag: Er soll neue bewohnbare Planeten finden. Versagt er, wird er abgeschaltet. Für Bob beginnt ein grandioses Abenteuer zwischen den Sternen - und ein gnadenloser Wettlauf gegen die Zeit ...

Dennis E. Taylor war früher Programmierer und arbeitete nachts an seinen Romanen. Mit »Ich bin viele«, dem Auftakt seiner BOBIVERSE-Reihe, gelang ihm schließlich der Durchbruch, sodass er sich nun ganz dem Schreiben widmen kann.

01

Bob Version 1.0

»Sie … werden mir also den Kopf abschneiden.« Ich musterte den Verkaufsberater mit hochgezogener Augenbraue. Damit wollte ich ihn aus der Reserve locken. Ich wusste es, er wusste es, und ich wusste, dass er es wusste.

Er grinste mich an und war bereit, bei dem Spiel mitzuspielen, solange ich und mein Geldbeutel ihm unsere Aufmerksamkeit schenkten. »Mr. Johansson …«

»Nennen Sie mich doch bitte Bob. Sonst habe ich noch das Gefühl, dass Sie mit meinem Vater sprechen.«

Der Vertreter von CryoEterna – laut seinem Namensschild hieß er Kevin – nickte und deutete auf das große Plakat, auf dem der kryonische Prozess in allen grausigen Einzelheiten dargestellt war. Ich bemerkte seinen Armani-Anzug und den Hundert-Dollar-Haarschnitt. Anscheinend ließ sich mit der Kryonik Geld verdienen.

»Bob, es hat keinen Sinn, den ganzen Körper einzufrieren. Denken Sie daran, es geht darum, auf neue Behandlungsmethoden zu warten, mit denen man das kurieren kann, was Sie getötet hat. Sobald man dazu in der Lage ist, Ihre Leiche wiederzubeleben, wird es wahrscheinlich auch möglich sein, einen komplett neuen Körper für Sie wachsen zu lassen. Tatsächlich wird das sogar einfacher sein, als den alten wieder zusammenzuflicken.«

Das klingt derart verrückt, dass es wahrscheinlich genau so kommen wird. »Okay, Kevin, Sie haben mich überzeugt.« Ich warf einen Blick auf die Unterlagen, die er vor mir ausgebreitet hatte. »Zehntausend Dollar Vorschuss, jährliche Zahlungen, Versicherung …« Kevin wartete geduldig und ohne mich zu unterbrechen ab, bis ich die Informationen überflogen hatte. Mein plötzlicher Wohlstand war mir zwar ziemlich zu Kopf gestiegen, aber nach knapp einem Jahrzehnt als Ingenieur und Geschäftsinhaber war es mir in Fleisch und Blut übergegangen, immer zuerst das Kleingedruckte durchzulesen, bevor ich einen Vertrag unterschrieb.

Als ich das Gefühl hatte, nichts übersehen zu haben, unterzeicnete ich, stellte einen Scheck aus und schüttelte Kevin die Hand.

»Sie sind jetzt ein Kunde von CryoEterna Inc.«, sagte er und reichte mir eine Visitenkarte. »Lassen Sie die immer in Ihrer Brieftasche. Wenn Sie sterben, wird man uns kontaktieren. Und sobald Sie für tot erklärt sind, werden wir …«

»… mich köpfen.«

»Genau. Und Ihren Kopf einfrieren, bis die Medizin so weit fortgeschritten ist, dass wir Sie wieder zurückholen können. Die Erläuterungen, wie Sie Ihr Vermögen in einem Treuhandfonds anlegen, finden Sie in den Informationsbroschüren.« Kevin reichte mir einen dicken, leuchtend blauen Ordner mit einem dezenten Wolkenmuster. Auf dem vorderen Deckel prangte das Logo der Firma. »Die offiziellen Dokumente werden wir ausdrucken und Ihnen mit der Post nach Hause schicken. Willkommen bei CryoEterna.« Damit streckte er die Hand aus, und ich schüttelte sie erneut.

Als ich das CryoEterna-Verkaufsbüro verließ, machte ich einen kleinen Freudensprung. Der Treuhandfonds war längst eingerichtet, aber ich hatte Kevin nicht verraten wollen, dass ich mich bereits vor unserem Gespräch zur Unterschrift entschieden hatte. So einfach hatte ich ihm seinen Job nun auch wieder nicht machen wollen. Ich war mir nicht sicher, ob ich gerade eine besonders schlaue Investition in meine Zukunft getätigt hatte oder ob das Ganze eine unsagbar dämliche Geldverschwendung darstellte. Aber eigentlich war es mir egal. Die Kaufsumme, die Terasoft für mein IT-Unternehmen hinlegen wollte, würde mir bis an mein Lebensende ein gutes Auskommen ermöglichen – und nun auch darüber hinaus.

Ganz zu schweigen von meinem stark verbesserten Lebensstandard. Ich war von Anfang an jedes Jahr bei der Vortex SF-Convention in Las Vegas gewesen, aber dieses Mal gehörte ich nicht mehr zum einfachen Fußvolk. Während ich die zwei Blocks von der CryoEterna-Niederlassung zum Convention-Hotel lief, zog ich den VIP-Pass aus der Tasche und hängte ihn mir um den Hals. Mit diesem Ausweis genoss ich einige Vergünstigungen. So musste ich beispielsweise bei Autogrammstunden nicht in der Schlange warten. Außerdem durfte ich in verschiedene Lounge-Bereiche, hatte Anspruch auf reservierte Plätze in den Panels und noch vieles mehr. Für Jenny hatte ich das gleiche Ticket gekauft …

Und da war sie wieder. Ich hatte an die Frau, deren Name nicht genannt werden durfte, gedacht. Abrupt blieb ich mitten auf dem Gehweg stehen. Dabei handelte ich mir böse Blicke von den Leuten hinter mir ein und auch ein paar Beleidigungen von einem Möchtegern-Jedi-Ritter. Ich holte ein paar Mal tief Luft, um eine aufsteigende Panikattacke zu vertreiben. Diesmal dauerte es nicht lange, bis ich mich wieder gefasst hatte. Alles reine Übungssache. Diese Angstzustände befielen mich immer noch mehrmals am Tag, aber das war gar nichts verglichen mit der Zeit unmittelbar nach der Trennung. Es fühlte sich an, als hätte ich einen schmerzenden Zahn, den ich immer wieder mit der Zungenspitze betastete, obwohl ich wusste, dass es wehtun würde.

Ich riss mich zusammen. Worüber hatte ich doch gleich noch nachgedacht? Ach ja. Damit sich der VIP-Pass auch richtig lohnte, hatte ich einen Platz für ein paar unmittelbar aufeinanderfolgende Panels reserviert. Das erste mit dem Titel Die Erforschung der Galaxis würde in fünfzehn Minuten beginnen. Einer der angekündigten Redner war Lawrence Vienn, ein populärer und sehr umtriebiger Science-Fiction-Autor, der dem Genre mit vielen seiner Ideen neues Leben eingehaucht hatte.

Ein paar Minuten später war ich im Convention Center und hatte die Seminarräume gefunden. Die Offiziellen an der Tür hatten die VIPs bereits zu ihren Plätzen gebracht und waren gerade dabei, die anderen einzulassen, als ich keuchend und schnaufend auftauchte und mit meinem Pass winkte. Nach einem flüchtigen Blick auf mein Ticket führte mich einer von ihnen hinein.

Ich hatte zwar einen festen Sitzplatz, aber während ich in den Raum eilte, stand jemand direkt vor mir auf und ging hinaus. Als ich mich ohne zu zögern auf den freien Stuhl setzte, warf mir meine Sitznachbarin einen erstaunten Blick zu. Vielleicht dachte sie ja, ihr bisheriger Nebenmann wäre ein Gestaltwandler.

Ich drehte mich um und beobachtete, wie die Türen aufschwangen und das einfache Volk hereinströmte. Nach einer Weile ließen die Serviceleute am Einlass niemanden herein, um nicht den ZORN DES FEUERSCHUTZBEAUFTRAGTEN zu riskieren. Die Hotels in Las Vegas waren normalerweise mit guten Klimaanlagen ausgestattet – niemand wollte Konferenzteilnehmer, die abgelenkt waren oder sich unwohl fühlten –, aber viele der heutigen Besucher steckten bereits viel zu lange in ihren Kostümen. Ich versuchte, durch den Mund zu atmen, und hoffte, dass die Lüftung noch mit dem dichten Mief fertigwerden würde.

In typischer Convention-Manier hatten die Veranstalter wenig Wert auf Ästhetik gelegt. Die Tische und Stühle waren von der einfachen, zusammenklappbaren Sorte, und die Informationen über die Veranstaltung standen auf einem großen Whiteboard. Mit schwarzer Farbe. Bunte Stifte wären wahrscheinlich zu aufwendig gewesen.

Aber das war allen egal.

Der Moderator, ein kleiner, rundlicher schwarzer Mann mit Dauergrinsen bat um unsere Aufmerksamkeit. »Guten Tag, sehr geehrte Wesen. Heute werden wir einen Vortrag von Lawrence Vienn hören …« Spontane Jubelrufe zwangen ihn zu einer Pause. »… der uns erklären wird, welche technologischen und wirtschaftlichen Schritte erforderlich sind, um interstellare Sonden in den Weltraum zu schießen. Danach hören wir Dr. Steven Carlisle …« Erneut brandete Jubel auf. »… der über die Biologie außerirdischen Lebens sprechen wird. Wir freuen uns auf ein großartiges Panel. Aber genug von meiner Seite. Ich übergebe jetzt das Wort an Mr. Vienn.«

Auf seine Ankündigung folgte mehrminütiger Applaus. Lawrence wartete ihn geduldig ab und winkte hin und wieder ins Publikum. Schließlich endete der Beifall, und ich war gespannt, was er erzählen würde.

Ein paar Stunden später schnüffelte ich an meiner Kleidung, um sicherzugehen, dass sich der Geruch des Raums nicht darin festgesetzt hatte. Während des zweiten Panels hatte es sogar noch mehr gemuffelt als beim ersten. Wenn das Thema nicht so interessant gewesen wäre, hätte ich mich sofort verdrückt. Aber eine Diskussion über Von-Neumann-Sonden konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen.

Ich beschloss, mich nicht umzuziehen, bevor ich meine Angestellten, die bald meine Exangestellten sein würden, zum Mittagessen traf.

Nachdem ich das Convention Center verlassen hatte, begab ich mich zu dem Restaurant, in dem wir uns verabredet hatten, und amüsierte mich über das Spektakel um mich herum. Science-Fiction-Conventions breiteten sich unweigerlich immer auch auf die Straßen der Umgebung aus. Überall spazierten Sturmtruppler, Chewbaccas und Crewmitglieder der Enterprise herum. Fantrauben verstopften die Gehsteige und überquerten die Straßen nicht nur dort, wo es Ampeln gab. Ich sah mehrere erhobene Mittelfinger und Gesten, die autoerotische Handlungen andeuteten. Was für ein Spaß! Die Fans verstopften rund um die Uhr die Straßen, aber das Servicepersonal in den Bars und Restaurants beschwerte sich nicht. Nerds gaben meistens zu viel Trinkgeld. Allerdings hatte ich gehört, die Casinobesitzer seien weniger glücklich über die Besucherfrequenz an den Spieltischen. Die meisten Nerds kannten sich eben mit Wahrscheinlichkeitsrechnung aus.

Ich schaffte es ins Restaurant, ohne irgendwelche Körperteile zu...

Erscheint lt. Verlag 9.7.2018
Reihe/Serie Bobiverse
Übersetzer Urban Hofstetter
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel We are Legion - Bobiverse Book 1
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Aliens • eBooks • Fremde Welten • Künstliche Intelligenz • Per Anhalter durch die Galaxis • Science-Fiction-Abenteuer • Weltraum
ISBN-10 3-641-22481-0 / 3641224810
ISBN-13 978-3-641-22481-3 / 9783641224813
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